Planen GmbH-Gesellschafter, ihren Wohnsitz oder den Ort ihres gewöhnlichen Aufenthaltes ins Ausland zu verlegen, dann kann das schnell zu einer recht teuren Angelegenheit werden. Schuld daran ist die sogenannte Wegzugsbesteuerung, mit der der Gesetzgeber versucht, eine Kapitalflucht ins Ausland zu verhindern, indem stille Reserven einer Kapitalgesellschaft in Form von GmbH-Geschäftsanteilen auch im Inland steuerpflichtig sind.

Deshalb müssen sich natürliche Personen, die im Privatvermögen auch Anteile an einer Kapitalgesellschaft halten, vor einem Wegzug mit den möglichen steuerlichen Auswirkungen auseinandersetzen, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden.

In diesem Beitrag erfahren Sie, wer von der Wegzugsbesteuerung betroffen ist, wie sich die Höhe der Wegzugssteuer berechnet und welche Strategien möglich sind, um die Steuer zu vermeiden, zu verschieben oder zumindest in der Höhe zu reduzieren.

Definition: Was ist die Wegzugssteuer?

Nach § 6 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen (Außensteuergesetz bzw. AStG) wird beim Wegzug des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft ins Ausland ein fiktiver Veräußerungsvorgang unterstellt und für den Gesellschafter wird die Wegzugssteuer fällig.

Voraussetzung dafür, dass Wegzugssteuer fällig wird, ist ein mindestens 1-prozentiger Anteil des Gesellschafters an der Kapitalgesellschaft. Völlig unerheblich ist dabei, ob es sich bei der Gesellschaft um eine Kapitalgesellschaft nach deutschem oder ausländischem Recht handelt. Zudem spielt auch die Staatsangehörigkeit des Steuerpflichtigen keine Rolle. Betroffen sind also Personen, die ihren Wohnsitz ins Ausland verlegen wollen und die als Privatperson Anteile an einer Kapitalgesellschaft besitzen (z.B. Anteile an einer GmbH).

Da bei der Berechnung der Wegzugssteuer nur eine fiktive Veräußerung der Anteile unterstellt wird, d.h. der Gesellschafter diese nicht tatsächlich verkauft, fließt ihm auf der einen Seite keine Liquidität aus dem Verkauf zu, auf der anderen Seite muss er aber den Wertzuwachs seiner Beteiligung versteuern, d.h. es entsteht Einkommen ohne Geldfluss (im Fachjargon auch als „Dry Income“ bezeichnet).

Wer ist von der Wegzugsbesteuerung betroffen?

Betroffen von der Wegzugsbesteuerung ist jede Privatperson, die ihren Wohnsitz aus Deutschland ins Ausland verlagern will und eine Beteiligung von mindestens ein Prozent an einer Kapitalgesellschaft besitzt.

Seit Anfang dieses Jahres findet die Wegzugsbesteuerung persönliche Anwendung, wenn die betroffene Person innerhalb der letzten zwölf Jahre vor dem Wegzug mindestens sieben Jahre unbeschränkt in Deutschland steuerpflichtig gewesen ist (Vor 2022 waren es noch fünf von zehn Jahren).

Wie wird die Wegzugssteuer berechnet?

Als Teil der Einkommenssteuer wird zur Berechnung der Wegzugsbesteuerung ein fiktiver Unternehmensverkauf unterstellt, d.h. zur Berechnung der Wegzugssteuer muss der Unternehmenswert der Gesellschaft als Basis für die Steuerberechnung ermittelt werden. Das geschieht über das vereinfachte Ertragswertverfahren.

Berechnung der Wegzugssteuer mittels vereinfachtem Ertragswertverfahren

Zum besseren Verständnis stellen wir die Berechnungssystematik der Steuerlast des Gesellschafters nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren nachfolgend in allgemeiner Form vor. Individuelle Besonderheiten bleiben unberücksichtigt und sollten für jeden Einzelfall mit dem Steuerberater besprochen werden, für etwaige Fehler oder Ungenauigkeiten im Beispiel übernehmen wir deshalb auch keine Gewähr, dieses dient lediglich der Veranschaulichung!

Berechnung:

Basis bei der Berechnung der Wegzugsbesteuerung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren ist der von der Kapitalgesellschaft erzielte durchschnittliche Gewinn der drei Jahre vor dem Auslandsumzug des betroffenen Gesellschafters.

Dieser Durchschnittswert wird anschließend mit dem Faktor von 13,75 multipliziert und von diesem Wert sind 60 Prozent mit dem persönlichen Steuersatz des Gesellschafters zu versteuern.

Beispiel:

Ein GmbH-Gesellschafter besitzt 7 Prozent der Geschäftsanteile an der Gesellschaft. In den drei Jahren vor dem Wegzug ins Ausland hat die GmbH folgende Gewinne erwirtschaftet:

  • Jahr 1: 145.000 Euro
  • Jahr 2: 201.000 Euro
  • Jahr 3: 213.500 Euro

Der durchschnittliche Gewinn dieser drei Jahre liegt bei 186.500 Euro. Die Multiplikation mit dem Faktor 13,75 ergibt 2.564.375 Euro.

60 Prozent von 2.564.375 Euro sind vom Gesellschafter mit seinem persönlichen Steuersatz zu versteuern, damit also: 1.538.625 Euro.

Angenommen, der persönliche Steuersatz des Gesellschafters liegt bei 30 Prozent, dann beträgt die Wegzugssteuer aus seinem GmbH-Anteil 461.587,50 Euro.

Wie können GmbH-Gesellschafter die Wegzugssteuer vermeiden?

Wie das kleine Rechenbeispiel bereits zeigt, kann sich die Wegzugssteuer auf einen ziemlich hohen Betrag summieren, dem – wie bereits beschrieben – vorerst kein Geldfluss gegenübersteht.

Deshalb sind Strategien gefragt, um die Wegzugssteuer – zumindest teilweise – zu vermeiden, zu minimieren oder hinauszuzögern.

Wegzug vermeiden oder zeitlich begrenzen

Die vermutlich einfachste Lösung liegt auf der Hand: Drohen durch einen Umzug ins Ausland sehr hohe steuerliche Belastungen, können Sie sich die Frage stellen, ob der Umzug tatsächlich notwendig ist.

Beantworten Sie diese Frage mit Ja, dann sollten Sie als nächstes überlegen, ob der Wegzug nicht auf eine Zeit unter sieben Jahre begrenzt werden kann, da es für diesen Zeitraum bei einem Umzug innerhalb des Euroraums eine Rückkehrreglung gibt. Das bedeutet, dass die Wegzugsbesteuerung rückwirkend entfallen kann, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz innerhalb von sieben Jahren nach dem Wegzug wieder zurück nach Deutschland verlegt. Auf Antrag kann dieser Zeitraum nochmals um fünf Jahre verlängert werden.

Ein anderer Weg wäre zu prüfen, den Hauptwohnsitz in Deutschland nicht aufzugeben, also als Steuerinländer weiterhin in Deutschland unbegrenzt steuerpflichtig zu bleiben, so dass die Wegzugssteuer nicht anfällt. In diesem Fall sollten Sie aber unbedingt mit Ihrem Steuerberater prüfen, wie es sich in solchen Fällen mit Staaten verhält, mit denen Deutschland ein Doppelbesteuerungsabkommen unterhält, da hier zur Erfüllung der unbeschränkten Steuerpflicht in Deutschland möglicherweise weitere Anforderungen gelten.

Verkauf der Gesellschaftsanteile

Ist der Umzug ist Ausland unumgänglich und eine Rückkehr innerhalb der nächsten sieben Jahre unwahrscheinlich, kann der Gesellschafter zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung seine Gesellschaftsanteile vor dem Umzug veräußern. Dabei müssen Sie aber berücksichtigen, dass für den Verkauf der Anteile ebenfalls Steuern anfallen.

Beraten Sie sich deshalb in jedem Falle mit Ihrem Steuerberater, welche Variante für Sie aus steuerlicher Sicht günstiger ist: Der Verkauf der Gesellschaftsanteile vor dem Wegzug oder die Wegzugsbesteuerung nach dem endgültigen Umzug ins Ausland.

Anteilsübertragung an Familienmitglieder

Eine weitere Alternative zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung ist die Übertragung der Gesellschafteranteile an ein Familienmitglied vor dem Wegzug ins Ausland. Das beschenkte Familienmitglied muss dafür aber in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sein und dies zukünftig auch bleiben. Außerdem fällt in diesem Falle u.U. Schenkungssteuer an.

Ob Schenkungssteuer anfällt und – falls ja – ob das Schenkungsszenario aus steuerlicher Sicht günstiger ist als die Wegzugsbesteuerung, sollten Sie mit Ihrem Steuerberater besprechen.

Liquidation der Kapitalgesellschaft

Eine theoretische Möglichkeit zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung ist auch die Liquidation der Kapitalgesellschaft. Allerdings muss einer Liquidation zum einen auch die Mehrheit des Gesellschaftskapitals zustimmen, zum anderen ist zu prüfen, ob das aus wirtschaftlicher Sicht wirklich Sinn ergibt.

Umwandlung der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft

Wie eingangs erwähnt, betrifft die Wegzugsbesteuerung Kapitalgesellschaften. Eine weitere Möglichkeit zu deren Vermeidung wäre also die Umwandlung der Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft. In der einschlägigen Literatur wird hier beispielsweise oft die Umwandlung in eine GmbH & Co. KG – also eine Kommanditgesellschaft – empfohlen.

Außerdem besteht die Möglichkeit, die Anteile der Kapitalgesellschaft in das Betriebsvermögen einer Personengesellschaft einzubringen.

Beide Fälle sind in der Regel mit einem nicht unerheblichem Aufwand verbunden. Außerdem muss gewährleistet sein, dass die zukünftige Personengesellschaft ihren Sitz in Deutschland hat, da sonst bei einem Wegzug zwar keine Wegzugssteuer anfällt, dafür aber die sogenannte „Entstrickungssteuer“, ebenfalls mit dem Ziel, stille Reserven in der Gesellschaft aufzudecken und zu besteuern.

Fazit Wegzugsbesteuerung: Lassen Sie sich beraten!

Sie sehen also: Es gibt zwar zahlreiche Möglichkeiten zur Vermeidung der Wegzugsbesteuerung, die aber in den meisten Fällen komplex ausfallen, einiges an Aufwand verursachen und deshalb sorgfältig geplant und von Experten begleitet werden müssen.

Um Steuerfallen zu vermeiden und trotzdem die für Sie günstigste Variante zu finden, sollten Sie auf jeden Fall Rücksprache mit Ihre Steuerberater halten, um die individuell beste Lösung zu finden.

Sprechen Sie uns an, wir helfen Ihnen gern!