Was immer noch viele Unternehmen unterschätzen: Menschen kaufen nicht rein rational, sondern ihr Entscheidungsprozess ist durch viele Faktoren abhängig.

Es gibt eine Vielzahl von emotionalen, kognitiven und verhaltensbezogenen Einflussfaktoren auf den Kaufentscheidungsprozess. Zum einen sind sie bewusst (also eher rational) und zum anderen unbewusst (irrational). 

Was klar ist: 

Der Kaufprozess muss kognitiv leicht sein, ohne groß Nachzudenken und sich schwer entscheiden zu müssen. 

Aber wenn Entscheidungen nicht rational ablaufen, nach welchen Kriterien entscheiden Kunden dann?

Dass alle planlos und emotional rumlaufen und entscheiden stimmt ja so auch nicht. 

Es gab 2008 eine recht groß angelegte internationale Studie, die genau dieser Frage auf den Grund gegangen ist. Diese “Große Internationale Preis-Studie” (GRIPS) fand in 16 Ländern und über 5 Kontinente verteilt statt. 

Dabei wurden fünf Typen identifiziert mit jeweils typischen Entscheidungsprozessen, die dann auf Branchen umgelegt wurden. Keiner von denen entscheidet rein rational, sondern folgt für sich einer bestimmten Psycho-Logik über Motiv, Kognition und Verhalten. 

Das macht das Ganze natürlich für Unternehmen interessant, da die Typen in ihren Entscheidungen somit vorhersehbar sind. 

Die 5 GRIPS-Typen im Überblick 

Der Schnäppchenjäger

Auch wenn der Name es anders vermuten lässt, geht es dem Schnäppchenjäger nicht darum, alles möglichst billig zu bekommen. Vielmehr vergleicht er intensiv, recherchiert  und möchte einfach das Gefühl haben, schlauer als andere eingekauft zu haben. 

Weil er eher “wegen” des Preises, statt “trotz” des Preises kauft, kann es passieren, dass er Produkte kauft, die ihm über den Weg gelaufen sind und er gar nicht braucht. Dabei kauft er durchaus teure Produkte, so lange er das Gefühl hat, dabei einen Reibach gemacht zu haben. 

Klar gibt es auch Schnäppchenjäger aus der Not heraus, allerdings ist die Mehrheit einer, weil sie Spaß daran hat. 

Der Schnäppchenjäger ist gut informiert über alle Neuerungen und Features, der auch gerne zum loyalen Kunden werden kann, solange man ihm immer wieder ein besonderes Angebot macht. 

Im B2B Bereich ist das übrigens der Einkäufer. 

Der Verlustaversive

Sehr vorsichtig, besonders aufmerksam und kritisch, was lustig ist, denn er interessiert sich gar nicht so sehr für das Produkt. Was dieser Kundentyp möchte und braucht ist die persönliche Beratung. 

Der Verlustaversive hat immer das Risiko im Kopf und Angst eine Fehlentscheidung getroffen zu haben. Er kennt sich selbst wenig im Markt aus und relativ schnell frustriert, wenn er nach wenigen Versuchen nicht das günstigste Angebot gefunden hat. 

Damit wird sein Entscheidungsfunnel durch viel Defensive geprägt. Er hat zu viel Sorge, auf ein Schnäppchen reinzufallen, bei dem er übers Ohr gehauen wird. 

Dieser Typ braucht mehr als den tatsächlichen Preis, hier ist alles an vertrauenserweckenden Faktoren gefragt, was ein Unternehmen bieten kann. Transparenz, Testimonials, Preisgarantien usw. 

Dabei hasst er Preisvergleiche wie die Pest und glaubt nicht an Schnäppchen. Eine Vielzahl an Produkten lässt ihn in die Überforderung gehen. Bei allem Neuen ist er erstmal kritisch und glaubt an die Verschwörung dahinter. 

Hier ist es echt schwierig: Auf der einen Seite achtet er bewusst zwar auf den Preis, aber sobald man betont der Günstigste zu sein, sorgt das eher für Zweifel. Holst Du diesen Typen allerdings richtig ab, dann ist er durchaus zahlungsbereit. 

Im B2B Bereich sind das die unerfahrenen und unsicheren Entscheider. 

Der Preisbereite

Wie der Name schon sagt – dieser Typ ist bereit für Marke, Image und Qualität Geld auszugeben. Der Typ ist aufgeschlossen für neue Angebote, Optionen und auch Innovationen. Er vergleicht schon auch gerne, im Grunde geht es ihm aber weniger um den Preis, als um das Produkt an sich. 

Ist der Typ überzeugt, dann gibt er gerne mal mehr Geld aus, als ursprünglich geplant. 

Gibt es einen Mehrwert ist alles in Butter. Letzlich geht es ihm um Spaß am kaufen. Oft findest Du hier auch den Ausspruch, sich mal was gönnen zu wollen. 

In diesem Typen wirst Du schnell auch einen dankbaren Abnehmer für zusätzliche Produkte, die zu seiner neuen Errungenschaft passen, finden. Dieser sprengt regelmäßig sein Budget. 

Im B2B ist das eher der erfahrene Entscheider, der sich sicher über die Qualitätsdimension ist. 

Der Gewohnheitskäufer

Fast schon langweilig mutet dieser Typ an, denn er ist weder großartig an Rabatten interessiert, noch hat er Lust auf langwierige Entscheidungen und intensive Preisverhandlungen. 

Das Qualitätsversprechen des Anbieters nimmt er ernst und verlässt sich darauf. Sympathie und Zuverlässigkeit, die aus Marke, Image und den bisherigen Erfahrungen resultieren, spielen bei ihm die größte Rolle. 

Solange mit dem Produkt alles in Ordnung war, sieht er keinen Grund zum Vergleich. Er sucht Konstanz. 

Kurz: Eine eigentliche Kaufentscheidung findet bei diesem Typ gar nicht mehr statt, denn objektive Preis- und Qualitätsunterschiede interessieren ihn einfach nicht. 

“Qualität hat ihren Preis” ist trotzdem sein Motto, obwohl er sich nur wenig auskennt. 

Was sehr einfach klingt, hat in der Praxis einen Haken: Hier darfst Du niemals eine preisbezogene Werbekampagne machen. Das schreckt ihn ab und im schlimmsten Fall erziehst Du ihn Dir zum Schnäppchenjäger. 

Im B2B Bereich findest Du diesen Typen häufig in Fachabteilungen sitzen. Einen Dienstleister, der hier gute Arbeit geleistet hat, macht man hier glücklich, denn der darf nach Möglichkeit ein Leben lang bleiben. 

Der Gleichgültige

Egaler geht es kaum. Er hat null Sorge über den Tisch gezogen zu werden, noch hat er Schnäppcheninteresse. Er hat auch keine Energie, um in Preisvergleiche einzusteigen. 

Er selbst sieht sich als bereits ausreichend informiert, weiß was er will und was es ihm wert ist. 

Preise und Vergleiche sprechen ihn nicht an. Er baut aber auch keine Emotion zum Produkt selbst auf, denn das ist für ihn nur Mittel zum Zweck. Er kauft recht emotionslos – er hat ein Problem und das muss gelöst werden. Dabei spielen Marke oder Produkte in seiner Begeisterungsskala keine Rolle. 

Er hat ein akutes Bedürfnis, das muss gestillt werden. Dabei sind Preis und Image unwichtig. 

Im B2B Bereich findest Du diesen Typus eher im Low-Budget-Sektor, wie an der Bestellung für Büromaterial. Hier sind ihm einfache Bestellprozesse wichtiger, als Preis und Produktqualität. 

Welcher Typ kauft bei Dir? 

Fotoquelle: F. Bauer, H. Kloth 

Hier siehst Du eine erste Einordnung ausgewählter Branchen. Vermutlich kannst Du, sobald Du den Überblick über die bestehenden Typen hast, ganz gut einschätzen, welche Typen bei Dir vorrangig einkaufen. 

In Hinblick auf die dominanten Kundentypen kann nun der Verkaufsprozess optimiert werden, damit Du dem Kunden bei seiner Entscheidung richtig helfen kannst. 

Denn wie immer: Der Shop mit seiner Produktdarstellung muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler. Die Kundensegment-Perspektive liefert Dir da einen sehr guten Ansatzpunkt.