Was arturus24-Chef Ralf Kaufhold aus seiner Insolvenz gelernt hat

Was arturus24-Chef Ralf Kaufhold aus seiner Insolvenz gelernt hat

Sein Auftritt gehörte zu den meist diskutierten Vorträgen auf der ebay seller konferenz (esk19): Ralf Kaufhold, Geschäftsführer des Werkzeugversenders arturus24 setzte sich nur wenige Wochen nach der Eröffnung seines Insolvenzverfahrens zu Mark Steier auf die Bühne und berichtete schonungslos offen, warum sein Unternehmen scheiterte. Sein größter Fehler sei mangelndes Controlling gewesen, sagt der Händler – Grund genug für uns, genauer nachzufragen.

Vor rund zwei Jahren schien die Welt von arturus24 noch im Lot zu sein. Der Werkzeugversender aus dem nordrhein-westfälischen Korschenbroich hatte gerade ein neues, größeres Lager mit angeschlossenem Ladengeschäft bezogen, „Millionen-Investition in Männerparadies“ titelte die örtliche Lokalpresse damals.

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Die Geschäfte schienen gut zu laufen, 500 Bestellungen bearbeiten die rund 20 Mitarbeiter täglich. Doch eigentlich ist schon zu diesem Zeitpunkt absehbar, was zwei Jahre später bittere Realität sein wird.

„Als wir den Spaten für das neue Lager in die Erde gesteckt haben, war unser jährliches Umsatzwachstum von davor 30 Prozent schon auf fünf bis sechs Prozent eingebrochen“, erzählt arturus24-Geschäftsführer Ralf Kaufhold im shopanbieter.de-Podcast-Interview. „Und damit die Finanzierung für die neue Halle hinhaut, hätten wir unser Wachstum auf jeden Fall halten müssen.“

Der Bau der überdimensionierten Halle, der noch dazu ungeplante Zusatzkosten in sechsstelliger Höhe verursacht, bricht arturus24 letztlich das Genick; doch die Gründe für die Insolvenz des einst erfolgreichen Werkzeughändlers liegen tiefer.

„Wir waren sicher nicht das zahlengesteuertste Unternehmen“, sagt Ralf heute selbstkritisch. „Natürlich haben wir gewisse Kennzahlen angeschaut, wie die BWA, die Versandkostenstruktur, die Umsätze und Kosten auf den einzelnen Verkaufsplattformen. Wir haben unsere Kosten aber nur maximal auf Ebene der Artikelgruppen analysiert, nie auf den einzelnen Artikel runtergebrochen.“

Die Folge: Ohne es zu merken, verkauft der Werkzeughändler einige seiner Bestseller mit Verlust – eine Problematik, die Peter Höschl aus seiner Beratungstätigkeit nur zu gut kennt. „Viele Händler schauen sich ihre Kostenstruktur einfach nicht genau genug an und können deshalb den Deckungsbeitrag eines einzelnen Artikels oft nur schätzen“, so Peter. „Dadurch legen sie pro verkauften Artikel Geld drauf und erwirtschaften mit vermeintlichen Bestsellern unterm Strich faktisch Verlust.“

Auch einen zweiten typischen Fehler räumt Ralf heute ein: die fehlende Lager-Analyse. Das arturus24-Team sammelt über Jahre „Penner-Artikel“ in seinen Lagern an – also solche Produkte, die monatelang kaum oder gar nicht verkauft werden – und blockierte damit teuren Lagerplatz mit Artikeln, die nichts zum Umsatz beitrugen.

Mehr über seinen Weg in die Insolvenz und die Lehren, die er daraus gezogen hat, erzählt Ralf in unserem Podcast-Interview bei shopanbieter.de.

Das große Interesse an seiner Geschichte aus der Händlerschaft hat Ralf außerdem dazu bewogen, seine Erfahrungen als Berater anderen Händlern zur Verfügung zu stellen. Man kann ihn unter kaufholdralf@gmail.com   oder via Xing https://www.xing.com/profile/Ralf_Kaufhold3   kontaktieren.

Bildquelle: Gustavo Frazao @ bigstockphoto

6 Gedanken zu „Was arturus24-Chef Ralf Kaufhold aus seiner Insolvenz gelernt hat

  1. jAN

    Es bestätigt sich immer wieder: Händler (online wie offline) stellen eben nicht die intelligenteste Bevölkerungsgruppe dar. Die wenigsten haben studiert und/oder können strategisch denken. In meinen Augen sind viele Händler Schönwetterkapitäne, die keinen Plan B haben und bei sinkenden Umsätzen nur eines können: die Preise senken.

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    1. Händlerin

      Selten so einen Stuss gelesen. jAN wo nehmen Sie diese Binsenweisheit her? Sie denken wohl selber nicht gerne, daher urteilen Sie lieber. Glückwusch! Eigentor!

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  2. Peter Höschl (shopanbieter.de) Beitragsautor

    Finde ich persönlich gar nicht. Wie im richtigen Leben, lernt man doch im Geschäftsleben am meisten aus seinen Fehlern. Und Ralf war doch – unabhängig von der Insolvenz – lange Jahre ein erfolgreicher, zumindest erfahrener Händler. Spricht also per se erstmal für eine Eignung in beratender Tätigkeit. Heisst, er müsste wie wenige Andere wissen, wie man Versandprozesse optimiert, Marketing macht etc. pp.

    Zur Insolvenz führten, scheinbar vor allem zwei Dinge: Eine eklatante Fehleinschätzung (Bau Lagerhalle und Geschäftsentwicklung), sowie fehlendes Wissen beim Controlling. BTW: Fehlendes Wissen beim Controlling haben alle Händler. Und ich meine alle. Ein paar wenige Ausnahmen, bestätigen die Regel. Ich gehe kein Risiko ein, wenn ich darauf wette, dass ich bei jedem Händler, egal welcher Umsatzgröße, etliche und erhebliche Margenfresser finden würde.

    Ihm sind nun in sehr kurzer Zeit all diese Fehler vor die Füße gefallen. Womit wir wieder beim Spruch sind “Aus Fehlern lernt man”. Wichtig ist doch: Die Schlüsse die er gezogen hat und im Interview auch benennt, sind genau die richtigen. Also hat er ja ganz offensichtlich aus seinen Fehlern gelernt. er hat auch niemanden Anderem die Schuld für das Scheitern zugeschoben, keine Bank, keinen Lieferanten, keinem Amazon etc. pp.

    Gleichzeitig ist er immer noch ein erfahrener Händler, der sicherlich viel weiß.

    Ich kann natürlich nicht beurteilen ob er als Person als Berater geeignet ist, aber rein fachlich sollte er definitiv geeignet sein.

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  3. Max

    Hmm. Auf der einen Seite eine sehr interessante Story, nicht immer nur die goldene Fassade zu sehen, doch sich jetzt als Berater zu positionieren, empfinde ich jetzt als be- und überdenkenswert.

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