Viel zu selten wird über die politischen Aktivitäten berichtet, die unsere Branche berühren. Und irgendwie passieren die Dinge meistens, jedenfalls gefühlt, unter dem Radar und ohne, dass der KMU E-Commerce hätte mitbestimmen können. Das liegt vor allem an dem fehlenden Informationsfluss. Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann hat jedenfalls ein wichtiges Thema in den Bundesrat eingebracht. Und zwar soll der Bundesrat, so der Antrag, darüber nachdenken, was denn gegen die Flut an Fakeshops getan werden kann.

Zusammenfassung der vier Punkte

Die Risiken von Fakeshops haben zugenommen und müssen erkannt werden. Eine Maßnahme wäre es, dass eine Liste bekannter Fakeshops öffentlich zugängig gemacht werden soll. Viele Fakeshops laufen unter einer .de-Domain. Es muss geprüft werden, wie die Identität der Registrare sichergestellt werden kann. Des Weiteren soll die Frage diskutiert werden, wie denn Fakeshop-Domains gelöscht werden können.

Der Antrag von 5.11.2019 im Wortlaut

Entschließung des Bundesrates – Verbraucherschutz im Onlinehandel stärken – Fakeshops effektiv bekämpfen

Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:

  1. Der Bundesrat sieht die fortschreitende Verbreitung betrügerischer Onlineshops, sogenannter „Fakeshops“, als kritisch an. Er betrachtet mit Sorge, dass eine Vielzahl an Verbraucherinnen und Verbrauchern bereits einmal von einem Fakeshop betroffen gewesen sind. Angesichts der immer professioneller gestalteten Shops, die häufig auf Identitätsdiebstahl basierende real existierende Daten und Adressen verwenden, sieht der Bundesrat strukturelle Risiken für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass es zur Eindämmung von Fakeshops eines Zusammenwirkens verschiedener Maßnahmen bedarf. Gemeinsames Ziel muss ein sowohl präventiv als auch repressiv wirkender effektiver Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern vor Fakeshops sein.
  2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich dafür einzusetzen, dass der Marktwächter Digitale Welt des Verbraucherzentrale Bundesverbands e. V. (vzbv) eine öffentliche Liste von Fakeshops auf einer Webseite bereitstellt. Bei Zweifeln hinsichtlich der Seriosität eines Onlineshops können Verbraucherinnen und Verbraucher auf dieser Webseite nachprüfen, ob der in Rede stehende Shop als Fakeshop gelistet ist und sie können sich informieren, wie sie eigenständig einen Fakeshop identifizieren können. Dabei ist sicherzustellen, dass nur solche Shops aufgelistet werden, die nach einem Kriterienkatalog zweifelsfrei als Fakeshops identifiziert werden konnten. Der Bundesrat regt an, dass die Bundesregierung im Dialog mit dem Marktwächter Digitale Welt solche Kriterien zur Feststellung eines Fakeshops sowie die konkrete Ausgestaltung der Webseite erarbeitet.
  3. Die Bundesregierung wird gebeten zu prüfen, welcher Rechtsrahmen zur Einführung einer Identitätsprüfung im Rahmen der Registrierung von „.de-Domains“ geschaffen werden muss. Diese Domains genießen bei Verbraucherinnen und Verbrauchern besonderes Vertrauen und werden daher besonders häufig als Zieladressen von Fakeshops genutzt. Außerdem wird die Bundesregierung gebeten, Vorschläge zur Etablierung einer solchen Identitätsprüfung zu machen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darüber hinaus, sich auch auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass für weitere, internationale/europäische Domainregistrierungsprozesse eine Identitätsprüfung verpflichtend wird. Zusätzlich sollte geprüft werden, ob eine mit der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Einklang stehende öffentliche Abfrage der Domain-Inhaberdaten, nach Vorbild der vorherigen Whois-Abfrage der DENIC, eingeführt werden kann. Die Möglichkeit einer solchen allgemeinen Abfrage kann eine Grundlage für das große Vertrauen in die „.de-Domains“ schaffen.
  4. Neben diesen Maßnahmen erachtet der Bundesrat weitere, begleitende Ansätze für erforderlich. So sollte darauf hingewirkt werden, die beim Marktwächter Digitale Welt des vzbv eingehenden Informationen zu aktuellen Fakeshops besser nutzbar zu machen. Die Bundesregierung wird daher gebeten, für den Marktwächter Digitale Welt des vzbv auf Seiten der Ermittlungs- bzw. Strafverfolgungsbehörden einen konkreten Ansprechpartner zu vermitteln, an die der Marktwächter seine Informationen zu aktuellen Fakeshops übermitteln kann, um Synergieeffekte zu erzielen. Aus Sicht des Bundesrats sollten Akteure des Verbraucherschutzes und der Ermittlungs- bzw. Strafverfolgungsbehörden enger miteinander kooperieren. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung darüber hinaus, zu prüfen, ob und ggf., wie der Rechtsrahmen hinsichtlich der Voraussetzungen zur Löschung einer „.de-Domain“ durch das Deutsche Network Information Center (DENIC eG), die dafür zuständige Registrierungsstelle, angepasst werden muss.

Begründung:

Zum Entschließungsantrag allgemein und zu Ziff. 1:

Fakeshops im Sinne dieser Entschließung sind betrügerische Onlineshops, die nach vorheriger Zahlung (Vorkasse) durch die Verbraucherin bzw. den Verbraucher die vereinbarte Ware nicht liefern. Die wachsende Anzahl von Fakeshops und die immer vielfältigere und variantenreichere Ausgestaltung dieser unseriösen Onlineshops geben Anlass zur Sorge. Sie verunsichern nicht nur Verbraucherinnen und Verbraucher, sondern schaden auch seriösen Onlinehändlern. Untersuchungsergebnisse des Marktwächters Digitale Welt von August 2018 bestätigen dies: Danach hat jeder Vierte der befragten Internetnutzer in Deutschland mindestens einmal bestellte und bezahlte Ware nicht erhalten. Demnach kann bei schätzungsweise über vier Millionen Betroffenen von einem Betrug durch Fakeshops ausgegangen werden.

Die 14. Verbraucherschutzministerkonferenz (VSMK) hat sich bereits im Juni 2018 unter TOP 37 mit der „Bekämpfung von Fake-Shops“ im Internet beschäftigt und auf ihrer 15. Konferenz im Mai 2019 unter TOP 18 einen weiterführenden Beschluss gefasst. Basis des vorliegenden Entschließungsantrags ist der Bericht der von der VSMK, und auf Fachebene durch die Arbeitsgemeinschaft Wirtschaftlicher Verbraucherschutz (AG WV), eingesetzten Projektgruppe. Darin wurde das Phänomen Fakeshops unter verschiedenen Blickwinkeln beleuchtet und Maßnahmen vorgeschlagen. Nach dem Tenor des Berichts existiert derzeit kein Patentrezept zur Lösung des Problems, vielmehr erscheint ein Zusammenwirken verschiedener Ansätze sinnvoll.

Zu Ziff. 2: Laut dem o. g. Projektgruppenbericht existieren zwar bereits mehrere Webseiten, auf denen Fakeshops gelistet werden. Ein hervorstechendes Portal wird von dem öffentlich geförderten österreichischen Projekt www.watchlist-internet.at Drucksache 569/19 – 3 – betrieben. Darauf werden Informationen zum Thema Identifizierung von Fakeshops bereitgestellt und Onlineshops öffentlich aufgelistet, die nach einem internen Kriterienkatalog zweifelsfrei als Fakeshops eingestuft werden konnten. Ziel ist es, für die Verbraucherinnen und Verbraucher Gewissheit zu schaffen, wenn sie an der Seriosität eines Onlineshops zweifeln. Taucht der Shop nicht auf der Liste auf, so stellt die Webseite zudem einfache Schritte vor, um eine eigenständige Prüfung vorzunehmen, ob es sich bei dem gesuchten Shop um einen Fakeshop handelt. Die Webseite dient somit auch der Prävention. Die bisherigen positiven Erfahrungen dieses Projekts könnten Vorbild für ein entsprechendes deutsches Portal sein. Dabei ist aufgrund der „Prangerwirkung“ der Liste besondere Sorgfalt auf die Erarbeitung eines öffentlich einsehbaren Kriterienkatalogs zu legen. Es muss zudem sichergestellt werden, dass es sich bei den gelisteten Shops zweifelsfrei um Fakeshops handelt, da eine unberechtigte Eintragung für seriöse Shops voraussichtlich existenzgefährdend und irreversibel beschädigend wirken könnte. Da der Marktwächter Digitale Welt bereits eine Datenbank mit gesammelten Fakeshops betreibt, sind hier das Wissen und die Kompetenz vorhanden, um eine solche Liste bzw. Webseite aufzuziehen und zu betreuen.

Zu Ziff. 3: „.de-Domains“ genießen bei vielen Verbraucherinnen und Verbrauchern großes Vertrauen. Viele Fakeshops, die auf deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher abzielen, nutzen daher solche Adressen. Bisher ist bei der Registrierung einer „.de-Domain“ zwar die Angabe von Daten (u. a. Name und Anschrift) erforderlich. Allerdings werden diese Daten nicht auf ihre Korrektheit überprüft. Dies erleichtert es Kriminellen, Fantasienamen oder auch echte Namen, die im Wege eines Identitätsdiebstahls erlangt wurden, zu nutzen. Daher sollte das genannte Registrierungsverfahren, in dem spätere Domaininhaber ihre Daten angeben müssen, um eine Prüfung dieser Daten und damit ihrer Identität ergänzt werden. Zwar wird eine Identitätsprüfung mehr Aufwand und Zeit auch für private Nutzer bedeuten, die zum Beispiel eine Domain registrieren, um eine private Webseite ohne Shop zu betreiben. Gegebenenfalls könnte hier mit Ausnahmeregelungen gearbeitet werden. Ein wesentlicher Rückgang der Fakeshops unter der „.de-Domain“ wäre jedenfalls für alle seriösen Onlineshops ein Gewinn. Dänemark beispielsweise hat mit der Einführung einer Identitätsprüfung (hier allerdings gekoppelt an die Steuerpersonennummer) positive Erfahrungen gemacht und konnte einen signifikanten Rückgang von Fakeshops verzeichnen. Da das Problem der Fakeshops nicht nur deutsche Verbraucherinnen und Verbraucher betrifft und zudem weitere Domains wie „.com-Domains“ eine gewisse Seriosität suggerieren, sollte eine Ausdehnung der Identitätsprüfung auf europäischer bzw. internationaler Ebene geprüft werden. Das Vertrauen in die „.de-Domains“ basierte bisher auch auf den Vorteilen, die die Verbraucherinnen und Verbraucher durch die öffentliche WhoisAbfrage hatten. Damit konnten sie Inhaber von Domains einfach und schnell öffentlich ermitteln und die erhaltenen Daten mit denen des Impressums abgleichen. Es sollte daher geprüft werden, ob die identitätsgeprüften Domaininhaber-Angaben in einer DSGVO-konformen Art und Weise wieder veröffentlicht werden könnten.

Zu Ziff. 4: Derzeit werden an verschiedenen Stellen Informationen zu aktuellen Fakeshops gesammelt. So betreibt beispielsweise der Marktwächter Digitale Welt des vzbv eine Datenbank, die den lokalen Beratungsstellen der Verbraucherzentralen zur Verfügung steht. Auf Ermittlungs- bzw. Strafverfolgungsseite bestehen unterschiedliche Vorgehensweisen sowie Zuständigkeiten. Zwischen diesen beiden Seiten erscheint eine engere Kooperation sinnvoll und wünschenswert. Daher sollte zunächst dem Marktwächter eine Ansprech- bzw. Kontaktstelle vermittelt werden, an die die gesammelten Informationen übermittelt werden können. Als weitere begleitende Maßnahme sollte geprüft werden, wie die DENIC eG zur Löschung von „.de-Domains“ bei Fakeshops angehalten werden kann. Damit könnten weitere potentielle Opfer vermieden werden, da verhindert wird, dass die Domain von weiteren Verbraucherinnen und Verbraucher gefunden wird.

Aus Sicht des KMU Onlinehandels sind diese Initiativen zu begrüßen

Auch wenn naturgemäß die Gruppe der Verbraucher größer ist, als die der KMU Onlinehändler, so dürfen deren Belange aber auch nicht unberücksichtigt bleiben. Natürlich begrüßt gerade der KMU Handel jede Bestrebung Fakeshops zu unterbinden. Denn oftmals stehen diese betrügerischen Internetseiten im direkten Wettbewerb zu seriös handelnden Onlinefirmen.

Das Unterbinden von Fakeshops ist damit gleichbedeutend mit einem Schutz der Händler. Da jedoch hier alleine der Verbraucherschutz mit integriert werden soll ist zu kurz gedacht. Wichtig ist, dass auch die führenden Onlinehandelsverbände, wie z. B. der Bundesverband Onlinehandel e.V. und die Industrie- und Handelskammern oder die Dach Organisation der DIHK e.V., mit angehört werden.

Das sollte einfach nachvollziehbar sein, denn wer versteht den Onlinehandel und die dort stattfindenden illegalen Praktiken besser als die betroffenen Händler. Sie sind nämlich oft eher von den Fakeshops betroffen als ein Verbraucher, der nur bei einem Kauf eingeschränkt worden ist.