Vermutet haben es bereits viele Kritiker, Ökonomen waren sich über die Wirkung der temporären Senkung der Umsatzsteuer unsicher. Sie endet in ein paar Tagen. Das bedeutet erneuten Aufwand bei Händlern und Plattformen. Was müssen Händler nun beachten und vor allem, hat sich der Aufwand gelohnt?
Das Gute ist, dass ihr als Händler mittlerweile die Handgriffe kennt, wie ihr den Steuersatz in eurem ERP oder Onlineshop anpassen könnt. Von daher dürfte sich der Aufwand in Grenzen halten. Auch die Plattformen sollten – hoffentlich – alles im Griff haben. Realistisch wird es jedoch zu Abgrenzungsherausforderungen im Laufe des 01. Januar 2021 kommen. Aber ist das gefährlich für euch? Rechnen wir einmal aus Sicht eines großen Händlers: Bei 50 Mio. € Jahresumsatz entspräche der ›Schaden‹ 3.453,44 €, wenn man die Tagesumsätze linear auf den Tag umrechnet. Also alles in allem verkraftbar, wenn euch Fehler passieren.
Hat sich der ganze Aufwand gelohnt? Können wir das bereits messen? Tatsächlich gab es in einigen Handelssparten eine Weitergabe der Steuersenkung. Der Verbraucher zahlte also weniger. Einige Händler haben die Preise unverändert gelassen. Sie verdienten mehr.
»Die Preise sind um durchschnittlich 2 Prozent gesunken. Das geht aus einer Untersuchung des ifo Instituts hervor, die 60.000 Produkte im Onlineshop der Einzelhandelskette Rewe umfasst. Bei Produktgruppen mit stärkerem Wettbewerb habe die Mehrwertsteuersenkung größere Preisreduzierungen verursacht als bei Produktgruppen mit weniger intensivem Wettbewerb«, schreiben die Autoren Clemens Fuest, Florian Neumeier und Daniel Stöhlker in einem Aufsatz für den ifo.
Wurde diese Weitergabe auch mit einem veränderten Konsumverhalten belohnt? Hierzu befragte das IMK im Auftrage der Hans-Böckler-Stiftung Erwerbstätige. Seht selbst:
Das Ergebnis der Betragung deutet darauf hin, dass die temporäre Senkung eher keinen Vorzugseffekt hatte. Das IW-Köln kommt zu dem Schluss, dass Verbraucher durchaus die Preisreduzierung wahrnehmen, jedoch sieht das IW-Köln eine Veränderung im Kaufverhalten der Verbraucher: »Zudem deutet die Erhebung darauf hin, dass die Mehrwertsteuersenkung bei einem Teil der Befragten Änderungen im Konsumverhalten bewirkt hat und vor allem Käufe in höherpreisigen Segmenten bereits vorgezogen wurden beziehungsweise diese planen.«
Der IfH bzw. ECC Köln sehen die Auswirkung auf das Kaufverhalten der Konsumenten verhalten. In einer selbst durchgeführten Befragung kommen sie zu dem Ergebnis, dass lediglich 12% bzw. 14% der Befragten größere Anschaffungen tätigen.
Nach den vorläufigen Zahlen des Statistischen Bundesamtes setze der Einzelhandel real 8,2% mehr um als im Vorjahresmonat. 2018 zu 2019 betrug die Steigerung lediglich 0,8%. Wir sehen zwar mehr Schwankungen im Jahresverlauf 2020, die Umsätze in der Summe deuten aber auf einen Anstieg gegenüber 2019 hin. Jedoch lässt sich kein kausaler Zusammenhang zur temporären Umsatzsteuersenkung ableiten. Hieraus jedoch den Schluss zu ziehen, sie sei völlig fehl am Platz gewesen, ist genauso falsch!
Durch die Onlinehändlerbrille betrachtet, lässt sich die Frage nach dem Nutzen der Steuersenkung nicht eindeutig beantworten. Es ist aber sicherlich zulässig, anzunehmen, dass sie weniger gewirkt hat, als beabsichtigt.