Seit Jahren erfreut sich die Branche daran, dass hier und da immer mal wieder Preise vergeben werden. Die verschiedenen Award-Anbieter zanken nicht selten. Besonders aber sticht der >Shop Usability Award< von Shoplupe-Betreiber Johannes Altmann hervor. Im Vorfeld betont er in persönlichen Gesprächen seine Unabhängigkeit und die Schlechtigkeit der Mit-Award-Anbieter. Bereits in den vergangenen 3 Jahren ließen die prämierten Shops so manchen Experten hinter vorgehaltener Hand den Kopf schütteln. Zu recht. Schauen wir uns einmal den Shop – oberflächlich – an, welcher dieses Jahr den Gesamtsieg abgeräumt hat.

(Da werden hohe Erwartungen formuliert an denen sich die prämierten Shops messen lassen müssen. Aber auch die Juryarbeit muss sich messen lassen.)

Was ist der Shop Usability Award von Shoplupe?

“Der Shop Usability Award ist eine Initiative der Shoplupe GmbH. Gründer und Geschäftsführer Johannes Altmann will mit dem Award die Macher in den Vordergrund stellen, die mit viel Kreativität, Engagement und Einsatz für ein nutzerfreundliches Einkaufserlebnis in Online-Shops sorgen”, können wir auf den Seiten des Awards lesen. Und: “Der Shop Award für perfekte Usability -„Retail is detail“ – die Perfektion steckt im Detail. Ein Online-Shop soll intuitiv und mit Freude nutzbar sein, das Shoppen muss fehlerfrei funktionieren. Viele Shopbetreiber haben die Bedeutung der Usability für Ihren Online-Shop verstanden und investieren viel Energie in die optimale Ausrichtung auf den User. Der Shop Usability Award belohnt die Bemühungen der Shopbetreiber und ehrt die nutzerfreundlichsten Online-Shops in Deutschland.”

 Shop Usability Award

(Wer noch mehr ins Detail gehen möchte und die besten Onlineshops prämieren möchte, der muss sich genau an diesen Ansprüchen messen lassen | Quelle: Linkedin Posting Johannes Altmann)

Das sind also die Maßstäbe und die Messlatten, an denen sich jeder zu messen hat. Das sind dann auch die Kriterien, mit denen wir uns einmal die Shops anschauen sollten.

Die Jury: Experten oder Statisten?

Ja, diese Frage ist böse, aber berechtigt, wenn wir uns einmal die Kritiken und Fehler der prämierten Shops betrachten.

Jury SHOP USABILITY AWARD

(Quelle: Screenshot SHOP USABILITY AWARD)

Tatsächlich lesen sich die Namen in der Jury gut und jeder darf zurecht annehmen, dass diese mit echten Experten besetzt ist. Jetzt stellt sich aber nur die Frage: Warum haben sie gerade in der Jury versagt, also total versagt?

MissPompadour: Hier werden die Kunden in die Irre geführt

Den Gesamtsieg ergatterte sich der Shop MissPompadour mit dieser elegant klingenden Begründung:

“Der digitale Farben-Shop MissPompadour setzt seit kurzem in Zusammenarbeit mit der Agentur Exconcept GmbH auf den Anbieter Shopware. Damit begeistern sie nicht nur kreative Köpfe, sondern auch die K5 SHOP INSIGHTS Community, von der sie eine Gesamtbewertung von 9,5 erhalten haben. MissPompadour sticht durch umfangreichen Content, einer liebevollen Gestaltung und einer eigenen App hervor. So kann das D2C Business nicht nur in der Kategorie “Haushalt, Heimwerk & Garten”, sondern auch als Gesamtsieger überzeugen. MissPompadourhat sich die Auszeichnungen in der Kategorie “Haushalt, Heimwerk & Garten” und als Shop des Jahres 2022 redlich verdient.” (Quelle: https://www.k5.de/learnfromthebest-k5-blog-gesamtsieger-2022/)

Ein kleiner Reminder der Messlatten & Maßstäbe: “Der Shop Award für perfekte Usability -„Retail is detail“ – die Perfektion steckt im Detail.”

Und die Fakten:

>AGBs< gibt es nicht, es heisst AGB und bedeutet >Allgemeine Geschäftsbedingungen<, nicht Geschäftsbedingungens, also ist die Abkürzung bereits in katastrophalem Plural. Wer für sich Details berühmt, muss sich auch hieran messen lassen.

Und dann schauen wir einmal in die Seite >Zahlung und Versand<, die Seite >Mein Account< ähnelt dem Check-out, zu dem kommen wir noch. Der Shopbetreiber scheint sich noch uneins zu sein, ob er das >Du< nun groß oder klein schreibt. Auf jeden Fall fehlt in den Zahlungsmöglichkeiten eine der wichtigsten Optionen, nämlich Amazon Pay.  Das wäre gemäß der Messlatte eigentlich das sofortige Aus, oder? Und wen wundert es: die Versandart >dropp< fehlt dann  in den Versandarten. Schon sind wir auch bei der ersten Irreführung der Verbraucher. Auf den Seiten von >dropp< werden folgende Auslieferzeiten angeboten: “Bestellungen liefern wir dann aus diesen Hubs heraus aus direkt an eure Kund:innen, Montag bis Samstag zwischen 10 und 23 Uhr.” Heute am Sonntag, den 13.11.2022 sehen wir auf MissPompadour folgendes:

Da stimmt dann etwas nicht. Wie enttäuscht der Kunde wohl ist, wenn er seine Ware nicht erhält? Denn erst NACH Bezahlung kann er ein Lieferfenster festlegen und stellt mit großen Augen fest, dass heute die Farbe nicht mehr ankommt. DAS IST SCHLECHT UND IRREFÜHRUNG. Darüber hinaus ist es wettbewerbsrechtlich illegal. Wir halten fest, der Gesamtsieger des Shop Usability Awards führt Verbraucher in die Irre und handelt gegenüber den Marktbegleitern illegal. Lassen wir das einmal bitte sacken.

Anmerkung: Jetzt stelle ich mir wirklich die Frage, warum das niemand aus der Jury festgestellt hat. Die These, dass da Statisten hingestellt wurden, erhält ein wenig Gewicht, nicht?

Jetzt ist der Verbraucherschutz ja echt ein großes Ding in Deutschland und der EU, daher ist es wichtig, seine Kunden auch richtig über den Widerruf zu belehren. Das tut MissPompadour nicht. Im Gegenteil. Im Rahmen der Widerrufsbelehrung kündigt das Unternehmen an, NUR die Produktkosten zu ersetzten. Damit sind die Hin-Versandkosten von der Erstattung illegaler weise ausgeschlossen. Hier wird sich an den Verbrauchern bereichert! Natürlich ist das wettbewerbsrechtlich unfair.

MissPompadour

(Screenshot MissPompadour)

Dieses Bildschirmfoto wurde aus den FAQ (hier dürfte man eingedeutscht ein kleines S anhängen) entnommen. Kunden, welche das lesen, werden hier falsch belehrt. Deutlich sollte bis hierhin sein, dass das Unternehmen nicht kundenzugewandt ist. Bis hierhin hat der Verbraucher vieles erleben dürfen, aber ganz sicher kein nutzerfreundliches Einkaufserlebnis!

Der Check-out: Schlecht ist er!

Dann schaut euch nun einmal den Check-out an. Er ist kompliziert, unübersichtlich und ihr müsst dort viele unnötige Angaben machen. Dazu einmal ein Screenshot, der uns sagt, wie denn ein Shop- & Check-out-Prozess sein sollte.

Shop Anforderung

(Quelle: Screenshot von Shoplupe.de dem >Veranstalter< des Preises. Das ist auch ein Kriterium an dem sich jeder Shop messen lassen muss.)

Die Anrede im Shop ist das >Du<, warum soll der Kunde nun eine Anrede angeben? Dieses Feld kann also gespart werden. Der Kauf ohne Anlage eines Kontos, also der Gastkauf, scheint nicht möglich zu sein. Bei der Länderauswahl >Deutschland< muss dazu noch das Bundesland angegeben werden. Wie unnötig, denn das lässt sich anhand der Postleitzahl ermitteln.

Kundenverarsche

(Quelle: Screenshot MissPompadour)

Die Überschrift >Datenschutz< ist inkonsistent zu den Inhalten, die der Nutzer dann tatsächlich ankreuzen soll. Er soll nämlich Datenschutz UND AGB bestätigen. Was für ein Unfug. Rechtlich tut diese Bestätigung keine Not. Das diese vom Unternehmen verpflichtend ist, macht den Check-out umfangreicher und senkt die Nutzerfreundlichkeit. Gerade auf mobilen Endgeräten ist es nicht immer einfach, alle >Kreuze< zu setzen.

Fazit & Was können wir besser machen?

Der Shop MissPompadour hätte niemals den Award gewinnen dürfen. Im Grunde zeigt aber dieser Gesamtsieg das Versagen des Konzepts >Shop Usability Award< auf der ganzen Linie. Die Jury, die Vorauswahl und jeder Experte hat hier leider nicht das geleistet, was er hätte leisten müssen. Den Expertenstatus der Jurymitglieder ist nicht in Frage zu stellen, aber sie haben sich selbst zu Statisten der Show degeneriert, idem sie ihre Aufgabe vernachlässigt haben. Verantwortungslos ist das allemal.

Und der Veranstalter hat alle gewähren lassen, ohne offensiv die Herausforderungen zu lösen. Durch Wortspiele wie “Die besten Shops […]” oder solche Teaser:

“Seit 15 Jahren ermitteln wir jedes Jahr die besten Shops des Jahres. Nutzerfreundlichkeit, User Experience, Originalität und Innovationsgrad zählen zu den Parametern” …

wurde die Messlatte hoch aufgelegt. Schade, dass bisher noch nie jemand deutlich Kritik an dieser Comedy-Show geübt hat. Wer sich selbst rühmt, den besten Shop eines Jahres auswählen zu können, der muss auch liefern, oder – wenn er das nicht kann – seine Show einstellen.

Shop Usability Award

(Ohne Einschränkung soll der Award den besten Onlineshop eines Jahres auszeichnen. Das ist ein hoher Anspruch den Johannes Altmann für sich und den Preis beansprucht)

Fazit 2: Wir brauchen einen Award

Bei aller Kritik muss aber auch gesagt werden, dass Altmanns Preis der einzige ist, der sich über 15 Jahre gehalten hat. Tatsächlich benötigen wir auch einen Award, der unsere Aufmerksamkeit auf gute Shops lenkt. Wir brauchen diese Leuchttürme, um uns inspirieren zu lassen, um selbst zu sehen, was Verbraucher und Experten honorieren. Natürlich gehören da auch Agenturen und Shop-System-Anbieter mit an Bord. Die einen stellen die Infrastruktur bereit, die anderen setzen die Händler – und damit (hoffentlich) die Kundenwünsche – um.

Aber ein Shop >Usability Award< muss das liefern, was er ankündigt, und er muss ehrlich sein. Es muss eine Jury geben, die ihrer Verantwortung gerecht wird und vor allem muss auch  Kritik Bestandteil der Show sein.

Fazit 3 : Was anderes als Kategorien

Es muss die Frage gestellt werden dürfen, ob die Kategorisierung nach Branchen noch hilfreich ist. Nie ist ein Shop in allen Bereichen der Usability Journey gut oder sehr gut. Mal finden wir eine tolle Produktdetailseite oder einen krassen Check-out, eine flammende Story oder andere kleine und große Sensationen. Wäre es also nicht wertvoller, diese Aspekte mehr in den Fokus zu stellen?

 Fazit 4 : Die Jury muss weg vom Statistendasein

Die Kritik an der Jury ist hart, aber sie ist angemessen und fair. Als Experten der Branche sollte sich keiner von ihnen damit schmücken, dieser Jury anzugehören.  Die Mitglieder müssen ihren Aufgaben gerecht werden und jedes einzelne Mitglied muss sich mit den ihm vorgestellten Shops auseinandersetzen. Ja, das kostet Zeit.

(Die Mitgliedschaft in der Jury strahlt. Aber dann muss auch geliefert werden. Ansonsten muss man sich die Kritik, man sei Statist, gefallen lassen)

Wer nicht bereit ist, diese Zeit für die Branche und den Handel aufzuwenden, der gehört nicht in dieses Team. Warum wäre es nicht eine Idee, die Mitglieder der Jury rotieren zu lassen? Damit wäre ein Teil der Jury ein oder zwei Jahre entlastet. Und vor allem sollte die Experten Besetzung ausgewogen sein. Es fehlt zum Beispiel ein Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Wettbewerbsrecht oder ein Verkaufspsychologe.

Fazit 5: Experten brauchen Veto-Recht

Der diesjährige Sieger hätte NIE diesen Platz ergattern dürfen. Wenn ein Jurist den Shop geprüft hätte, wären die eklatanten Missstände aufgedeckt worden. Mit einem Veto hätte ein Jurist vieles verhindern können. Und das ist nur ein Beispiel von vielen Möglichen Vetos.

Fazit 6: Es fehlt der ehrliche Disclaimer

Der Award prämiert nicht den besten Onlineshop des Jahres. Es gibt aber auch sonst noch sehr viele Lücken, Ecken und Kanten. Macht den Preis nicht größer und scheinender als er ist. Ein Disclaimer ist fairer und macht den Award ehrlicher.

Fazit 7 (Oh Mann!): Lernt, dass Kritik etwas Positives ist

Die Kritik ist das, was uns weiterbringt, der Lob bestätigt das Vergangene. Wenn wir nach vorne schauen wollen, dann muss der Kritik der gleiche Stellenwert wie dem Lob eingeräumt werden. Das eine gibt es nicht ohne das andere. Daher gehört auch eine Kritik zu jedem prämierten Shop. Alle wissen dann, was abzufeiern und was zu verbessern ist.

Fazit n: …

Postskriptum

Ein paar persönliche Worte: Ich schätze Johannes Altmann als echten Experten und Fachmann aber auch als Menschen und Visionär, dessen Vorträge ich immer sehr genossen habe. Der >Shop Usability Award< ist eine wichtige und notwendige Auszeichnung. Wir brauchen in unserer Branche eine ehrliche, unabhängige und detailbesessene Institution, die uns Orientierung gibt und zeigen kann, wie sensationelle Onlineshops oder Teile davon aussehen können. Genau deshalb fällt meine Kritik so hart aus. Ich möchte, dass sich etwas verändert. Weil: Wir brauchen das: Einen noch besseren >Shop Usability Award<!