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Amazon & Co.: So lügen sich Händler in die Tasche

Was ein Coach doch für ein vortreffliches Videobeispiel online gestellt hat, um darzustellen, wie sehr sich manche Händler selbst belügen, wenn es darum geht, ihren Erfolg zu bewerten. Nur war das wohl nicht seine Absicht. Eigentlich möchte er nur diese Fragen beantworten: ›Kann man wirklich von Amazon leben?‹ und: ›Wie viele Artikel muss ich machen, damit das klappt?‹ Beide seiner Protagonisten scheinen eine ausgeprägte Wahrnehmungsherausforderung zu haben. Wirtschaftlich rechnen können sie jedenfalls nicht. 

https://youtu.be/pwWK7FIcVnE

Die Händler & die Erfolgslüge

Es ist einfach erschreckend, wie wenig realistisch manche Händler ihre eigene Situation einschätzen können. Wen möchte der Händler da belügen? Während der erste Interviewpartner noch hoffnungsvoll darauf wartet, dass er von Amazon leben kann, äußert sicher Interviewpartner Nummer zwei deutlich: »[…] ich kann eigentlich ganz okay von Amazon leben, ich verkaufe derzeit aktiv zwei Produkte […]«. Er macht 9.000 € Umsatz pro Monat bei einer Marge von 30%. Da sind dann also 2.700 € an Marge. Wir wissen jedoch nicht, ob die Marge nun als Brutto oder Netto angegeben wurde.

Hat der Händler die Begrifflichkeit richtig verwendet, dann versteht er die Marge als Differenz zwischen Selbstkosten und Verkaufspreis. Damit sind die 2.700 € die Handelsspanne vor Retouren aber nach Amazon-Gebühren.

Was geht denn von den 2.700 € noch ab? Krankenkasse, betriebliche Steuern, ggf. die Umsatzsteuer, die Altersversorgung, alle weiteren betrieblichen Kosten, wie z. B. Tools, Telefon, Internet und Weiterbildung, die Entwicklungskosten für neue Produkte, Investitionsrücklagen, anteilige Miete und natürlich sein Unternehmerlohn!

Na, liegt ihr über dem deutschen Mindestlohn, wenn ihr euren Zeiteinsatz berechnet?

Das alles möchte der Händler mit 2.700 € abbilden. Diese Rechnung geht nicht auf. Er arbeitet an jedem Tag, den er handelt, in der Verlustzone. Und zwar ordentlich!

Er ist pleite, weiß es aber noch nicht

Tatsächlich rangiert der Händler an der Armutsgrenze. Jedenfalls dann, wenn er Alleinverdiener ist und eine Familie versorgen möchte. Selbst wenn er ein Einpersonenhaushalt ist, bleibt er nicht weit von der Nulllinie entfernt, denn die 2.700 € stehen ihm natürlich nicht netto zur Verfügung. Mit ein wenig Glück wird er 1.700 € brutto verdienen. Aber davon sind dann noch sämtliche Lebenshaltungskosten abzuziehen. Nicht zu vergessen, auch die Krankenversicherung und Altersvorsorge.

Fazit: Seine Einkünfte reichen hinten und vorne nicht, ihm ein konservativ gerechnetes Einkommen zu ermöglichen. Wären alle Kostenpositionen bekannt, würde es nicht falsch sein, ihn als ›armen Schlucker‹ zu betiteln.

Alles nicht so schlimm, oder?

Im Grunde ist ein temporär begrenztes niedriges Einkommen nichts Schlimmes. Im Gegenteil. Es ist völlig okay. Schlimm wird es nur, wenn ich selbst nicht reflektiere – oder reflektieren kann –, in welcher Situation ich mich befinde. Der Händler, also eigentlich beide, vermitteln den Eindruck, dass sie nicht einschätzen können, wo sie gerade stehen.

Und ihr so? (Stand: 2017)

Was wird denn als Einkommen benötigt?

Ein maßvoll erfolgreicher Händler sollte über ein Bruttoeinkommen von mindestens 60.000 € jährlich verfügen. Damit lassen sich keine großen Sprünge machen, jedoch ist es für eine solide und bodenständige Lebensführung ausreichend.

Und ihr wisst wirklich, was Cashflow bedeutet?

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die beiden Protagonisten tatsächlich wissen, was der Begriff tatsächlich aussagt. Daher hier einmal die kurze Definition: ›[…] in einem bestimmten Zeitraum erwirtschafteter Zahlungsmittelüberschuss eines Unternehmens, der Einnahmen und Ausgaben gegenüberstellt und der Beurteilung der finanziellen Struktur des Unternehmens dient […]‹.

(Quelle: Wikipedia)

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Über Mark Steier

Mark Steier war von 2001 bis 2012 aktiver und größter eBay Händler in Deutschland und wurde mehrfach mit dem Platin-Powerseller-Award ausgezeichnet. Er hat mit eBay zusammen etliche heutige Funktionen für eBay Motors entwickelt. Ende 2012 zog sich Mark Steier aus dem aktiven eBay Geschäft zurück und lebt nun als Privatier in der Südwestpfalz. Seit 2015 betreibt und betreut Mark wortfilter.de. Zudem ist er regelmäßig auf Veranstaltungen anzutreffen, wo er rund ums das Thema Onlinehandel spricht. Aktuelle Informationen und Austausch mit anderen Onlinehändlern findest du in der Wortfilter-Gruppe bei Facebook.

11 Gedanken zu „Amazon & Co.: So lügen sich Händler in die Tasche

  1. Tom

    Ich frage mich ja immer, warum geben diese “angeblichen” Coaches Ihren quasi heiligen Gral zum besten?

    Am Anfang einer Selbstständigkeit lebt man sicher erstmal am finanziellen Limit und in Wahrheit stellen doch 99% der FBA Leute feste, wie oben beschrieben, wer wirklich rechnen kann oder dann eben die bittere Realität zuschlägt, fest, dass da trotz 5-stelligen Umsatz nichts groß hängen bleibt. Da ist dann das Geschäftsmodell “Weiterbildung” (den Traum verkaufen) doch das bessere.

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  2. Butrus Betrug

    Ein Deppencoach der vorsätzlich Fake Bewertungen nutzt um Neulinge zu verarschen. Ist das nicht Betrug was ***** da macht?

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  3. lisa J.

    Der junge Mann sagt doch, das Er “Ok” davon leben kann und nicht wie andere, dass es super sei.
    Zudem sagt dieser Händler, dass weitere Produkte folgen. Bedeutet also, dass es vom Status “Ok” zu “gut” kommen sollte.

    Außerdem, welcher Selbstständige der am beginn (oder mitten drin) steht, verdient heutzutage den Mindestlohn?
    Die meisten bleiben lange Zeit darunter, bis es besser wird.
    Sehr einseitiger Meinungsbericht/Artikel.

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    1. Arno Nym

      Bin da ganz deiner Meinung. Wenn man will, kann man alles mit Gewalt kaputt reden. Es wird überhaupt nicht darauf eingegangen, wie lange der Seller schon aktiv ist. Ist es 1 Jahr? Oder sogar nur 2 Monate? Wir ja nicht erwähnt, aber Hauptsache die Brechstange rausgeholt und auf Kosten anderer Aufmerksamkeit bekommen …. Man merkt, dass der Artikelschreiber wenig Ahnung von einem Business hat. Wie viele Unternehmen schreiben im ersten Jahr nur rote Zahlen? Woher kennt denn der Autor die Zukunftspläne vom Seller? Macht der Seller das Hauptberuflich oder Nebenberuflich???? Sollte vielleicht erstmal geklärt werden, oder? Außerdem sagt der Seller doch, dass weitere Artikel schon unterwegs sind, was im Artikel irgendwie nicht erwähnt wird… ??? Was für einen Unternehmer zählt, ist weniger die aktuelle Situation (wenn es keine gravierende Probleme gibt), sondern die Zukunft, die Prognose, was erreicht werden kann.
      Es war noch nie anders und wird niemals anders sein: Wer 100.000 € Umsatz machen will, muss erstmal 10.000 € Umsatz machen. Ist in der Online-Welt, wie in der Offline-Welt.

      Ich oute mich mal; ich bin selbstständig, habe mehrere Jahre mit einem Einkommen unter der Armutsgrenze gelebt. Heute ist es andersrum. Und mal ehrlich, ja, es macht mit Geld mehr Spaß, ja ich habe lieber Geld als kein Geld. Aber soo schlimm war die Zeit damals nicht. Wer ohne Geld nicht glücklich sein kann, kann mit Geld auch nicht glücklich sein – nur sich mehr Spaß kaufen – und erfüllend ist das auf Dauer sicher auch nicht. Ich finde es manchmal traurig, dass alles immer nur auf das Geld herunter gebrochen werden muss.
      Lieber wenig Geld haben, arbeiten können was einem Spaß macht und glücklich macht, statt immer nur dem Geld hinterher zu rennen – vielleicht auch viel davon zu verdienen – und unglücklich sein.

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  4. Klaus

    ****** is a salesman. His only interest is to make more money. I watched a webinar of his. It was about selling his software and increase Amazon sales, of course to his advantage. The software was very expensive, all of which could be learnt on-line.

    He does not cover up the many risks involved with an on-line shop. He paints a beautiful picture of income which could be earned, serious questions and the reality he covers up with a joke, always side stepping the answer.

    Make your own research, take small steps at a time and stop lying to yourself when you are not ready.

    All the best without the promises of ******

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  5. Harry Lednig

    Endlich mal ein Bericht der für 60% der Onlinehändler steht wo man sich wundert wie man bei den Verkaufspreisen überhaupt noch eine Marge erzielt.Spätestens im 3.Geschäftsjahr wenn die Steuererklärung gemacht werden muss mit Nachzahlungen und Vorrauszahlungen merken die meisten erst das man schon Pleite ist.

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