Amazon: Das Dilemma mit den Fake-Bewertungen – es gibt einen Ausweg.

In den vergangenen Tagen waren einmal wieder die gelöschten Reviews von Amazon Thema in vielen Communities. Es ist nicht das erste Mal, dass der Marktplatz seine ‘Lösch-Karte’ zieht und abertausende Produkt-Bewertungen löscht. Ärgerlich für die Händler ist, dass sie diese zuvor mitunter teuer bezahlt haben. Welche Lösung gibt es also, damit euch das bei der nächsten Lösch-Attacke nicht passiert?

Was ist passiert?

Amazon hat das gemacht, was mal wieder lange überfällig war: Es hat abertausende Bewertungen gelöscht. Und der Marktplatz hat noch ein klein wenig Grundsätzliches an den ‘Reviews’ geändert. Amazon räumt also auf.

Warum ist Amazon da so konsequent?

Das ist nicht schwer zu verstehen. Die Produktbewertungen sollen vertrauensvoll sein. Wird also der Vertrauensstatus der Bewertungen durch zu viele ‘Fakes’ gegenüber den Verbrauchern in Frage gestellt, verlieren diese an Wert und Aussagekraft. Und genau das möchte Amazon vermeiden.

Warum die ganzen Deals-Seiten nicht funktionieren können

Alle Deals-Seiten haben zu wenig Reichweite. Das bedeutet, die Anzahl der Amazon-Buyer ist zu gering, so dass diese immer gegenüber der großen Anzahl an organischen Käufern Auffälligkeiten aufweisen. Sprich, ihr Bewertungsverhalten entspricht weder dem Durchschnitt innerhalb einer Kategorie noch dem anderer Käufer. Daher sind für Amazon Reviews aus Deals-Seiten, Clubs oder Gruppen sehr einfach zu identifizieren.

Und genau das ist auch der Grund, warum alle Gruppen, Deals-Seiten oder Bewertungs-Clubs nicht mehr funktionieren.

Warum werden Bewertungen als wichtig wahrgenommen?

Weil es euch in Kursen und von Dienstleistern, die mit Bewertungs-Services Geld verdienen, erzählt wird. Viele faktische Gründe gibt es nicht, Bewertungen viel Relevanz zuzusprechen. Hierzu wird sich aber auch Michael Gabrielides, CEO von Amalyze, diese Woche noch in einem Gastbeitrag äußern.

Die Produkt-Reviews haben in meinen Augen weniger den Zweck, euch beim Ranking zu unterstützen, sondern sie geben eher den Verbrauchern Orientierung und Trust für euer Produkt. Das unterstützt natürlich, aber ich sehe keinen gewichtigen Zusammenhang zwischen Einfluss auf den Suchalgorythmus und die Anzahl/Qualität der Reviews.

Was ist der einzig richtige Weg?

Es kann nur einen Weg geben, Reviews einzusammeln. Sie müssen organisch von ‘echten’ Kunden kommen. Und genau da müsst ihr ansetzen. Eurer Ziel muss es also sein, von echten Verbrauchern Reviews zu erhalten. Alle anderen Wege führen kurzfristig zu Herausforderungen. Entweder werden die Bewertungen gelöscht, oder wenn Amazon einen Gang höher schaltet, ist euer Account in Gefahr.

Learning: Ihr braucht organische Bewertungen. Viele und gute.

Wie kann ich nun smart meine Kunden zur Bewertung animieren?

Es gibt nicht viele Möglichkeiten, eure Kunden zur Abgabe von Reviews zu bewegen. Zweieinhalb davon möchte ich euch vorstellen. Das Anschreiben sollte smart, persönlich und individuell sein. Ihr solltet in dem Anschreiben enorme Wertschätzung ausdrücken. Also: Schreibt die Kunden handschriftlich und persönlich an.

Woher den Text nehmen? Wenn ihr nicht selbst texten könnt, und das können die wenigsten, dann lasst euch doch mehrere Texte von Profis erstellen. Diese findet ihr z.B. hier in diesen Facebook-Gruppen. Pro Tipp: Nachdem ihr den Text erstellen lassen habt, lasst ihn doch einmal von einem Psychologen bewerten. Matthias Niggehoff würde sich hierzu anbieten.

Und wer schreibt mir diese ganzen Briefe? Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ihr beschafft euch einen Handschriften Drucker oder aber ihr übergebt die Schreibarbeit Dienstleistern.

(Quelle: Aliexpress)

Hier findet ihr eine kleine Auswahl an Dienstleistern:

Pensaki GmbH – Bei großen Mengen Individual-Angebot anfragen

echtpost.de – ab 500 Karten 1,46€ oder Individual-Angebot

moonpig.com

Besser halte ich aber den Weg über fiverr.com oder die direkte Suche in entsprechenden Ländern:

In Indien wird ein solcher Service z.B. von tihlc.com angeboten. Ab 1 Brief kostet es bei diesem Dienstleister 2.14€. Innerhalb einer Stunde habe ich über 20 Angebote von fiverr erhalten. Die Preise reichen von 5US$ für einen bis hin zu 500US$ für 1.000 handgeschriebene Briefe, das wären dann 0.5USD$ pro Brief (!).

Die Beilage im Produkt bzw. bei FBM in der Sendung

Je nach Produkt und auch Formulierung im Anschreiben könnt ihr die Briefe DIN A4 oder A5 direkt zum Produkt oder als Beilage in einem handbeschriebenen Briefumschlag in das Paket oder zur Ware legen.

Brief an den Kunden per Post

Alternativ, und da werdet ihr euch im Graubereich der Amazon TOS befinden, könnt ihr die Kunden persönlich und postalisch anschreiben. Hier solltet ihr darauf achten, dass euer Anschreiben an das gekaufte Produkt erinnert. Ansonsten kann es passieren, dass der Verbraucher euren Brief nicht seinem Kauf zuordnen kann.

Messen, messen, messen

Versucht, unterschiedliche Formulierungen zu jeweils unterschiedlichen Produkten zu legen und zu erfassen. Dadurch könnt ihr annäherungsweise messen, welches Anschreiben am besten konvertiert. Das ist nicht unwichtig, denn ich denke, es muss etwas ‘ausprobiert’ werden, bis ihr den wirklich passenden Text identifiziert habt. Denkt daran, dass er je nach Zielgruppe und Produkt durchaus abweichen kann. Es ergibt also Sinn, wenn ihr einen starken Drift in der Kundengruppe habt, dass ihr jeweils auf die Zielgruppe zugeschnittene Texte verwendet. Und nicht vergessen: Messen, messen, messen.

Ist der Spaß denn Amazon-konform? Was droht mir an Konsequenzen?

Da gibt es nur eine klare und eindeutige Antwort: Jein! – Die Weiterverwendung der Anschriften zum Briefversand steht entgegen der TOS. Die Produktbeilagen sind je nach Formulierung aber zulässig. Wettbewerbsrechtlich sind beide Möglichkeiten einwandfrei (je nach Formulierung).

Sind eigentlich nur die schlechten Reviews wichtig?

Verständlicherweise liegt der Schluss nahe, dass wenn gute Reviews wenig Wert für das Ranking haben, es dann vielleicht auf die negativen Bewertungen ankommt. Messungen sind mir nicht bekannt, daher wage ich hierzu auch keine Aussage, ob sie direkten Einfluss auf das Ranking haben. Aber: Schlechte Produkt-Bewertungen können natürlich die Kaufentscheidung der Verbraucher beeinflussen. Daher ist es wichtig, sich diesen anzunehmen. Besonders dann, wenn sie nicht mit einer ausreichenden Menge an guten Bewertungen zu ‘übertünchen’ sind.

Was kann ich gegen negative machen?

Da ein oder zwei Sterne-Bewertungen recht selten vorkommen, würde ich hier den teureren, aber schnelleren und einfacheren Weg gehen und die Kunden per Post z.B. mit einer handschriftlichen Postkarte beglücken. Einige Händler berichteten mir von großartigen Erfolgen.

Budgetierung?

Zunächst stellt doch einmal fest, was ihr bisweilen für die Bewertungs-Käufe ausgegeben habt. Damit wäre dann erst einmal festgestellt, was ihr in der Vergangenheit an Kosten bereit ward auszugeben. Von diesem Wert ausgehend könnt ihr nun neu planen. Und dabei könnt ihr auch solche Ideen mit einbeziehen: Wenn euer Budget nicht die Ausstattung aller Produkte mit Anschreiben her gibt, dann legt es nur jedem zweiten, dritten oder viertem bei. Genau so könnt ihr das auch mit den direkten postalischen Anschreiben halten.

Mit einer solchen ‘Splittung’ seid ihr in der Lage, euer Budget gleichmäßig und nachhaltig aufzuteilen.

Ist das eine neue Dienstleisteridee?

Ja, aber sicher. Viele der Leistungen lassen sich automatisieren und zu den Fulfillern weiterleiten. Im Frontend die Auftragsannahme, im Backend dann gegenüber den ausländischen Dienstleistern z.B. eine Art umgekehrte Versteigerung. Da könnte ich ja glatt noch einmal zu einem Gründer werden.

Fazit

Auch wenn es den Bewertungs-Verkauf-Plattformen, Clubs, Deals und Facebook-Seiten nicht passt, ihr Geschäftsmodell ist abgelaufen und gefährdet nicht nur die ‘Kasse’ der Händler, sondern mittelfristig auch die Account-Stabilität.

Aus diesem Dilemma kann es nur einen Ausweg geben. Die organischen, echten Produktbewertungen müssen die gekauften ersetzen. Dazu ist es notwenig, die Verbraucher so TOS-konform wie möglich anzusprechen. Und dazu ist es nicht nötig, Rabatte, Gutscheine oder sonstige Vergünstigungen zu geben. Das wäre in meinen Augen sogar eher kontraproduktiv.

BTW = by The Way = nebenbei bemerkt

Zum Abschluss noch in den Artikel geworfen: Die grundsätzliche Idee der personalisierten Kundenansprache lässt sich im Übrigen auf ganz viele Anwendungsfälle projizieren. Was fällt euch noch dazu ein?

Dieser Beitrag wurde am von in Amazon veröffentlicht. Schlagworte: , , .

Über Mark Steier

Mark Steier war von 2001 bis 2012 aktiver und größter eBay Händler in Deutschland und wurde mehrfach mit dem Platin-Powerseller-Award ausgezeichnet. Er hat mit eBay zusammen etliche heutige Funktionen für eBay Motors entwickelt. Ende 2012 zog sich Mark Steier aus dem aktiven eBay Geschäft zurück und lebt nun als Privatier in der Südwestpfalz. Seit 2015 betreibt und betreut Mark wortfilter.de. Zudem ist er regelmäßig auf Veranstaltungen anzutreffen, wo er rund ums das Thema Onlinehandel spricht. Aktuelle Informationen und Austausch mit anderen Onlinehändlern findest du in der Wortfilter-Gruppe bei Facebook.

12 Gedanken zu „Amazon: Das Dilemma mit den Fake-Bewertungen – es gibt einen Ausweg.

  1. Paul

    Amazon hat sein Monopol, das es eher feudalistisch nutzt. Da kann man drüber jammern oder sich anpassen. Bei unserer Nische ist´s das Gleiche. Wettbewerber haben in 1-2 Monaten 1,5x so viele “verifizierte” Bewertungen wie wir in über einem Jahr für einen vergleichbaren Artikel.

    Einige nutzen ganz offen Paypal-Rückvergütung auf Instagram, Amazon und sonstigen Plattformen für die Erstellung einer “netten” Bewertung mit Bild oder Video. Das kann man bei Amazon melden und diese werden den Vorgang sehr gewissenhaft in die digitale Rundablage schieben. Warum auch etwas ändern, wenn so ein Fake-Artikel ordentlich Umsatz und damit Provision bei wenig Beschwerden bringt?

    Wir kaufen uns nun mit den bekannten (angeblich) TOS-konformen Services auch hoch. 1 % der 99 % zufriedenen Kunden gibt eine Bewertung ab, aber fast alle der 1 % unzufriedenen (die einem nicht mal vorher Möglichkeit zur Korrektur geben). Wer da nicht mit einem 3-Sterne-Durchschnitt unter die Räder kommen will, muss handeln.

    Die letzten Amazon-Richtlinienänderungen haben in unseren Augen somit das Gegenteil erreicht. Mehr Seller müssen nun “die dunkle Seite” der Bewertungen nutzen, um mit guten Produkten eine Chance gegen die Fake-Bewerter zu haben, die NICHT sanktioniert werden.

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  2. Pingback: Presseschau KW3: Zalando wächst plangemäß, Tom Tailor setzt auf Spryker, About You erhöht Stammkapital um 100 Mio. Euro - Blog für den Onlinehandel Blog für den Onlinehandel

  3. Christian Peter

    Die Wahrheit ist doch : Ungefähr 80 % Alle Bewertungen im Internet Amazon, Reiseportale und vieles mehr sind Fakes .
    Ich weis es ganz genau – denn es gibt Portale wo man Geld verdienen kann wenn an eine postive Bewertung für ein Produkt, Reise, Dienstleistung schreibt nach Vorgaben und bekommt dafür Geld. Ausserdem gibt es viele Marketer die Artikel über bestimmte Produkte verfassen und natürlich immer eine Bewertung von 90 % und mehr geben. Grund : Klickst Du drauf und bestellt z.b bei Amazon erhält da Marketer eine fette Provision…

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  4. Kay Heidl

    Sorry, ein paar Schreibfeher drin. Aber ich denke jeder weis was ich meine.
    Ich bin derart aufgebracht und stinksauer. Immer korrekt gearbeitet und nun werden wir abgestraft.
    Seit dem sich täglich der Bewertungen verschlechtern geht der Umsatz zurück.

    Offenbar kann Amazon doch machen was sie wollen.

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  5. Frank

    Auch wir verkaufen seit Jahren recht erfolgreich bei Amazon. Im Monat zwischen 2500 und 3000 Artikel.
    Dem gegenüber bekommen wir etwa 3-6 Produktbewertungen im Monat. Was jeder sicherlich kennt, das Kunden dazu neigen schneller eine negative Rezension zu schreiben. Wenn aber alles ok ist wird eher keine Bertung abgegeben.

    Wir können sagen das wir keine einzige gekaufte Rezension haben!

    Was aber im Moment bei Amazon abgeht ist massive Geschäftsschädigung und Händlern gegenüber!

    Die Gewichtung der Rezensionen hat sich drastisch geändert.

    Bei sehr vielen Artikel die wir schon seit mehr als 3 Jahren im Portfolio haben, hat sich der Wert nach einer neuen 5 Sterne Rezension z.B. von 4,78 auf 4,1 verschlechtert! Und das passierte bei sehr vielen Angeboten.

    Wie unter den folgendem link nachzulesen ist, entscheidet offenbar jetzt ein “Intelligentes System” wie Amazon den Wert gern möchte!
    Jedoch auffällig ist das es nur Angebote betrifft die Amazon Händler betrifft.
    Bei Produkten die Amazon selbst anbietet haben wir bislang keine Verschlechterung gesehen.

    https://www.cocomore.de/blog/amazon-marketing-aenderungen-bei-den-produktbewertungen

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  6. Manfred

    Die Geschichte mit dem handgeschriebenen Zetteln ist in China Standard.
    Die Schreiben in China etwas größer als ne Visitenkarte einen Zettel, nutzen speziell den Slang der jungen Leute und schreiben einen netten Text.

    Naja, ich freu mich schon auf heute Abend was die China Experten so alles raus lassen. China kommt, zieht euch warm an.

    “MANNI”

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  7. Jörg

    Fakebewertungen jeder Art, egal ob selbst gemacht oder gekauft sind aus meiner Sicht Betrug am Kunden.
    Wir verkaufen teilweise seit mehreren Jahren bei Amazon TOP Seller, diese haben 200 oder 300 Bewertungen bei 10.000den verkauften Mengen. Dann sieht man Mitbewerber die seit einem Jahr ein Artikel on haben und hunderte von Bewertungen bekommen.

    Aus meiner Sicht ist das Betrug am Kunden.

    Hinzu kommen systematische Rachebewertungen von chinesischen Händlern.

    Amazon sollte alle Artikel einfach löschen die solche Betrugsbewertungen erhielten. Das wäre gerecht. Unter Marketing verstehe ich nicht Bewertungen zu kaufen

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