Amazon hat sich aus dem internationalen Google-Shopping-Geschäft zurückgezogen. Millionen von Werbeeinblendungen sind verschwunden – ein Vorgang, den Insider als „kolossal“ bezeichnen. Für Google bedeutet das weniger Werbeeinnahmen. Für Händler öffnet sich jetzt ein Fenster mit seltenen Chancen. Doch die große Frage bleibt: Warum macht Amazon das?
Inhaltsverzeichnis
Was ist passiert?
Amazon ist mit sofortiger Wirkung aus den Google Shopping Ads ausgestiegen. Das bedeutet: Amazon bietet aktuell keine Produkte mehr über Google Shopping an – weder in der bezahlten Produktsuche noch in den kostenlosen Einträgen.
Laut Mike Ryan, Head of Ecommerce Insights bei SMEC, ist das „ein dramatischer, internationaler Ausstieg“ aus einem der umsatzstärksten Kanäle. Der Rückzug betrifft 20 internationale Märkte und ist flächendeckend.
Warum ist das bedeutsam?
Amazon war in bis zu 30 % aller Shopping-Auktionen weltweit präsent. Damit war der Konzern einer der Haupttreiber für steigende Klickpreise (CPCs) und sorgte indirekt dafür, dass das gesamte Werbeumfeld teurer wurde.
Mit dem Wegfall von Amazon aus den Auktionen könnten nun:
- Klickpreise sinken (CPCs),
- Sichtbarkeit und Impressionen steigen – vor allem für Wettbewerber,
- und Conversion-Raten kurzfristig steigen.
Das eröffnet für viele Händler eine seltene Gelegenheit, über Google Shopping mehr Aufmerksamkeit zu geringeren Kosten zu generieren.
Warum zieht sich Amazon zurück?
Offiziell ist nichts bestätigt. Branchenbeobachter liefern jedoch fundierte Vermutungen:
1. Strategische Distanz zu Google
Amazon und Google stehen zunehmend in Konkurrenz – nicht nur im Werbemarkt, sondern auch bei Produkt- und AI-Suchfunktionen. Amazon könnte bewusst Werbeetats von Google abziehen, um Abhängigkeiten zu verringern.
2. AI-getriebene Werbeverlagerung
Amazon investiert massiv in eigene Werbeformate, vor allem in Kombination mit KI-gestützten Produktanzeigen, Livestreams und Sprachsuche (Alexa). Die Mittel könnten intern umverteilt werden – weg von Google, hin zu Amazon Ads oder anderen Kanälen.
3. Temporäre Maßnahme rund um Prime Day & Back-to-School
Einige Experten vermuten einen taktischen Pauseneffekt: Amazon zieht sich rund um Prime Day zurück und könnte im September zur Back-to-School-Saison zurückkehren. Das Muster ähnelt früheren Rückzügen, z. B. während der Pandemie.
4. „Testlauf“ im Sinne der Plattformstrategie
Ähnlich wie eBay und Airbnb in früheren Jahren könnte Amazon analysieren, wie sich die eigene Performance verändert, wenn auf Google verzichtet wird. Solche Tests liefern wichtige Daten für strategische Entscheidungen.
5. Neue Vermarktung Strategie
Auch eBay hat einmal seine Google Shopping Strategie geändert. Hier war es das Ziel Platzierungen direkt an Seller zu verkaufen.
Auswirkungen für Händler
➕ Chancen:
- Weniger Konkurrenz in Shopping Ads – günstigere Klicks
- Mehr Sichtbarkeit bei beliebten Produkten
- Wachstumsmöglichkeiten für kleinere Händler mit Nischenprodukten
- eigene Ads für Listings effektiver selbst auf Google schalten
➖ Risiken:
- Marken, die auf Amazons Google-Präsenz mitverkauft haben, verlieren Reichweite
- CPCs bleiben möglicherweise nicht dauerhaft niedrig, wenn Wettbewerber die Lücke schnell füllen
- Ungewissheit über Rückkehr Amazons erschwert langfristige Planung
- Temu & Shein könnten an Macht gewinnen
Fazit: Ein stilles Beben mit Folgen
Amazon verlässt Google Shopping – und das ohne Vorankündigung, ohne Statement, ohne Fahrplan. Was bleibt, ist eine Lücke, die Wettbewerber kurzfristig nutzen können. Doch Händler sollten wachsam bleiben: Wenn Amazon zurückkehrt – sei es im September oder später – wird sich das Auktionsumfeld erneut verschieben.
Ob dieser Rückzug ein dauerhafter Strategiewechsel oder nur ein temporärer Testlauf ist, bleibt offen. Klar ist: Wer jetzt schnell reagiert, kann profitieren – aber wer langfristig erfolgreich sein will, sollte die Abhängigkeit von Plattformriesen ohnehin überdenken.