Seit Monaten beschweren sich über alle möglichen Kanäle Händler und Kunden der AMACOA GmbH, dem Unternehmen, welches AMZScale betreibt, über Schlechtleistung. Fehlende Auszahlungen, ausgebliebene PPC-Kampagnen und nicht gelieferte Produkte. Auch die WELT berichtet hier über die Missstände. Betroffene Händler haben unter anderem eine WhatsApp-Gruppe geründet, um ihre Interessen zu bündeln. Die Kontaktdaten könnt ihr beim Verfasser dieses Beitrags anfragen. Droht bald das gleiche Schicksal wie bei AMZComplete? Der Gesamtschaden bei Betroffenen dürfte sich auf deutlich über eine Millionen Euro summieren.

Das Geschäftsmodell …

ist simpel. Angehende Händler bezahlen Geld für eine 360-Grad-Betreuung. Kunden von AMZScale benötigen noch nicht einmal einen eigenen Amazon-Account. Das Unternehmen verspricht, sich um alles zu kümmern, wenn ihr nur genug Geld zahlt. 4 Säulen hat das Geschäftsmodell: Produktentwicklung & Sourcing, Produkt-Launch aus Amazon, PPC-Kampagnen & Optimierung und zuletzt Internationalisierung, also Pan-EU. Dem Verfasser sind Fälle bekannt, bei denen Gründer 60.000 €, 100.000 € bis hin zu 250.000 € investiert haben.

Die Gründer von AMZScale

Hinter zahlreichen Firmen findet ihr die zwei Gründer: Maurice Glißmann und Daniel Vogler. Letzterer ist als Geschäftsführer mittlerweile ausgeschieden. Insgesamt ist das Firmengeflecht sehr undurchsichtig.

(Quelle: Creditreform)

Der einzige Gesellschafter der AMACOA GmbH (AMZScale) ist die SCALE UP Holding GmbH. Diese hat wiederum eine illustre Anzahl an Gesellschaftern. Teilweise finden sich unter den Shareholdern bekannte Namen aus der Start-up-Szene. Größter Einzelgesellschafter ist die maltesische Apeiron SICAV Ltd. (Presight Capital Fund ONE).

Die Kritik

Den angehenden Händlern werden hohe Erträge bei minimalem Risiko in Aussicht gestellt. Nur, dass die Zahlen, welche das belegen sollen, sich im Nachhinein als falsch herausstellen. So berichten Betroffene.

Starter berichten, dass fehlerhafte Produkte geliefert worden sind. Gezahlte Leistungen, wie der Pan-EU-Launch, wurden nicht durchgeführt, bestellte Produkte nicht geliefert und solche, die geliefert wurden, stellten sich als nicht verkehrsfähig heraus. Bezahlte PPC-Kampagnen wurden nicht gestartet, Liquiditätsplanungen erwiesen sich als völlig unrealistisch, Gelder wurden für nicht erbrachte Leistungen abgerechnet und eingefordert.

Die Verträge werden mit verschiedenen Vertragspartner geschrieben. Das macht es später schwer, Forderungen zu realisieren. Beratungszusagen werden im Nachhinein als Mitarbeiterfehler dargestellt. teilweise erfolgen keine Reaktionen auf Mails und Fristsetzungen.

(Quelle: Screenshot AMZ Scale)

Viele Betroffenen fühlen sich betrogen. Es wurden bereits Strafanzeigen erstattet und Klagen sind anhängig.

Video Calls mit betroffenen Händlern

Am 16. März fand ein Live-Call mit 6 Betroffenen und dem Bonner Rechtsanwalt Rene Euskirchen statt. Dieser vertritt bereits Geschädigte. Die Fallschilderungen haben gezeigt, dass den einzelnen Fällen wenig gemeinsam ist. In wichtigen Details unterschieden sich die Schlechtleistungen erheblich. Um so schwerer ist eine für die Geschädigten kostengünstige Rechtsverfolgung.

Bemerkenswert waren die Summen, die an AMZscale gezahlt worden sind. Keiner der Betroffenen hatte einen Schaden unter 20.000 €.

Als problematisch stellte sich heraus, dass die Verträge mit unterschiedlichen Firmen zu Stande gekommen sind. Die Produktverträge wurden meistens mit der Scale Up Commerce GmbH abgeschlossen, die Dienstleister-/ Werkvertragsvereinbarung war mit der AMACOA GmbH. Und wer denkt, dass es nur zwei Verträge sind, die geschlossen werden, liegt falsch. Es sind teilweise 3 bis 4 Vertragswerke, die zur Unterschrift kommen.

(Quelle: Auszug aus Vertrag)

Die Verträge haben Namen wie: Amazon FBA/Done4You (PAN-EU) von der AMACOA, Vertriebsvertrag inklusive Trading-Rahmenvertrag von der Scale Up  Commerce GmbH.

Drei Problemkreise & drei Lösungsansätze

Aus der Vielzahl an geführten Gesprächen haben sich einige Problemfelder ergeben.

Strafanzeige: Es ist nicht einfach, zu erkennen, wo die einzelnen möglicherweise strafbaren Handlungen von AMZScale liegen. Das haben vor allem die Schilderungen der Geschädigten ergeben. Rechtsanwalt Euskirchen ist bereits in den Fällen mandatiert, sodass er hier jedem Betroffenen, der eine Strafanzeige stellen möchte, ein wirtschaftlich sinnvolles Angebot machen kann.

Vertragsauflösung: Betroffene haben es teilweise geschafft, in Verhandlungen eine Aufhebung der gegenseitigen vertraglichen Verpflichtungen zu erreichen. Es gilt hier sicherlich der Grundsatz, dass es keinen Sinn macht, gutes Geld schlechtem hinterherzuwerfen. Aufgrund der hohen Anzahl an Schlechtleistungen ist es kaum zu erwarten, dass AMZScale zur Zufriedenheit seiner Kunden arbeiten wird. Jeder sollte also für sich eine optimale Lösung zum Ausstieg prüfen.

Ware I: Einer der wichtigsten Punkte dürfte es sein, dass ihr über eure Ware verfügen könnt. Diese lagert bei zwei Fulfillern. Diese versenden die Ware an das Amazon-FBA-Lager. Da der Vertrieb der Artikel meistens über das Amazon-Konto von AMZScale erfolgt, habt ihr zunächst kaum Verfügung über eure Bestände. Allerdings haben die Händler keine ausdrückliche Vollmachten gegenüber dem Fulfillment-Dienstleister erteilt, dieser also ohne Vollmacht handelt. Denn die Rechnung über die Lagerung wird an sie erstellt. Das bedeutet, die Betroffenen sollten über ihre Ware verfügen können. In der Realität äußerte ein Lagerunternehmen, dass man die Ware nur mit Zustimmung von AMZScale herausgeben werde. Zur Erinnerung: Einige Händler haben die Ware über einen Vertragspartner von AMZScale finanziert. Das könnte die freie Verfügung einschränken. Hier sollte also ein bereits mit der Sache vertrauter Rechtsanwalt versuchen, dass ihr die Verfügungsgewalt über eure Ware erhaltet.

Hinweis: Ein alternativer Fulfillment-Anbieter wäre servantful.

Ware II: Ein Teil eurer Artikel liegt im Amazon-FBA-Lager und wird über den Account von AMZScale auf dem Marketplace angeboten. An diese Ware kommt ihr nur schwer ran. Eine Möglichkeit wäre, zu versuchen, dass AMZScale diese nicht mehr anbieten darf. Dazu geht ihr auf Amazons Brand Registry und meldet einen Markenverstoß. Dieser hat zur Folge, dass idealerweise der Verkauf eingestellt wird. Das wiederum verbessert die Verhandlungsposition, denn die Ware wird remissioniert werden müssen.

Hinweis auf Brandbeschleuniger

Es ist damit zu rechnen, dass Artikel in den Medien, Klagen, Strafanzeigen und auch dieser Beitrag Beschleuniger sind, welche das Unternehmen dazu führt, seine Tätigkeiten möglicherweise stark einzuschränken, z. B. durch eine Insolvenzanmeldung. Sofern ein Insolvenzfall eintritt, kann das Folgen haben. Bereits mit AMZScale getroffene Vereinbarungen können vom Insolvenzverwalter angegriffen werden und alte Forderungen leben auf oder werden fällig gestellt. Es schwebt also ein Damoklesschwert über den Geschädigten.