Viele Blogger und Journalisten bemühen sich ja noch der durchaus höflichen und gutgemeinten Bewertung und Kritik des Positionspapiers, welches auf den Seiten des BMWi veröffentlicht worden ist. Ich nicht. Warum auch? Wer an den Grundfesten unsere Demokratie, unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung rüttelt, sie eingeschränkt wissen will, hat KEINE Daseinsberechtigung. Und wenn dann als Sahnehäubchen auch noch von einer ›frühen Version‹ des Pamphlets gesprochen wird und es keiner gewesen sein will, dann sollte echt Schluss sein. Es reflektiert das Mindset der Mitglieder.
Was ist passiert?
Das Handelsblatt deckte Formulierungen in einem Positionspapier zum Thema ›Börsengänge deutscher Start-ups‹ auf. Dieses war auf den Seiten des BMWi veröffentlicht worden. Und zwar wurde eine ›Disziplinierung der Presse‹ gefordert. Hier könnt ihr den Punkt 5 nachlesen. Das gesamte Pamphlet findet ihr bei deutsche-startups.de.
Wer ist der Beirat Junge Digitale Wirtschaft (bjdw)
»Der Beirat ›Junge Digitale Wirtschaft‹ berät die Bundesministerin oder den Bundesminister für Wirtschaft und Energie aus erster Hand zu aktuellen Fragen der digitalen Transformation. Im Fokus stehen dabei die Entwicklung und die Potenziale der jungen digitalen Wirtschaft und neuer digitaler Technologien in Deutschland«, ist auf den Seiten des BMWi zu lesen.
Das sind die aktuellen Mitglieder (Stand 14. Juli 2021):
Den Vorsitz haben Miriam Wohlfahrt, Gründerin von Ratepay (Ratepay ist Partner von eBay bei der neuen Zahlungsabwicklung) und Chefin von Ex-eBayianerin Nina Pütz und Christian Vollmann, Seriengründer u. a. von iLove oder eDarling und Trivago.
AfD Methoden bei den Mitgliedern des Beirat Junge Digitale Wirtschaft
Nicht nur Alexander Hüsing von deutsche-startups sieht hier AfD-Methoden. »Die AfD versucht gerade mit einer ähnlichen Strategie das Land umzukrempeln – das ist Populismus in Reinform«, schreibt Alexander. Er hat Recht!
Netter beschreibt es Ingrid Lommer von der Internetworld: »Dann gibt es allgemeinere Erkenntnisse, zum Beispiel: Die ach so hippe New Economy windet sich im Skandalfall keinen Deut eleganter als die alten Garden. Und: ›ung und hip‹ ist nicht gleichbedeutend mit ›demokratisch eingestellt‹. Oder mit ›kritikfähig‹.«
Frank Thelen vergleicht dann auch die Medien und Start-ups in seiner geistigen Tieffliegerei mit Versicherungsbetrügern. »Das ist wie eine Versicherung: Die Versicherer betrügen, die Versicherten betrügen aber auch«, so Thelen gegenüber dem Handelsblatt. Ein sehr skurriler Vergleich! Wollen wir so einen Menschen in einer TV-Show sehen?
Kluge Worte haben viele Medien und Meinungsmachende schon geschrieben. Mir fällt dazu ein: Was für ein verlogenes Pack! Weg damit.
Die Reaktionen der Beiratsmitglieder
Um es kurz zu fassen: Keiner will’s gewesen sein! Die Ausreden lesen sich verrückt: »Leider ist uns hier ein Fehler passiert und es wurde eine nicht finale Arbeitsversion veröffentlicht. Wir werden das Papier umgehend austauschen«, so Wohlfarth. Hat die Dame den Schuss nicht gehört? Egal ob dieses Papier nun eine Arbeitsversion ist oder nicht. ES REFLEKTIERT DIE HALTUNG des Beirats und der Autoren die immerhin unser BMWi beraten! Sorry, nein, das geht so nicht.
Die als Autoren des Positionspapiers genannten sind: Amorelie-Gründerin Lea-Sophie Cramer, Alex von Frankenberg vom High-Tech Gründerfonds (HTGF) und Investor Christoph Gerlinger von der SGT German Private Equity.
»Das nicht abgestimmte Papier vertritt Einzelpositionen und Formulierungen, die in keinster Weise meine eigenen bzw. die Positionen des Beirats ›Junge Digitale Wirtschaft‹ reflektieren oder die der Start-up-Szene«, schreibt Cramer. Hey, DU bist Autor dieses komischen Papers! Merkst du was? Um es auf den Punkt zu bringen: Ich glaube dir nicht! Und viele andere auch nicht. Wenn du Pressefreiheit ›scheiße‹ findest, dann troll dich.
Wer seid ihr eigentlich?
Glücksritter. Ihr leiht euch Kohle von irgendwelchen Geldgebern, die eure Märchen glauben. Mit ein wenig Glück und Feenstaub bekommt ihr eure Buden auch ans Fliegen. Und nun stört euch Clowns, dass wir Blogger, die Medien und Journalisten euch auf den Zahn fühlen und nicht selten eure Lügengeschichten aufdecken. Ja, dumm gelaufen. So ist das aber in einem Land mit uneingeschränkter Presse- und Meinungsfreiheit. Deal with it!
EUCH braucht niemand, wirklich niemand
Und damit sind wir fast am Ende. Wer solche Forderungen formuliert bringt unser Land nicht nach vorne. Sondern nach ganz weit hinten. Wer mit einem solchen Demokratieverständnis durch die Gegend rennt, hat in unserem Land nichts, aber auch rein gar nichts zu suchen. Ihr gehört aufgelöst. Sofort und unverzüglich. Ohne Wenn und Aber.
Ihr seid eine Schande für alle ehrlichen, fleißigen und hoch motivierten Gründer und Start-ups. Ihr seid eine Schande für unser Land. Bah.
Zum Schluss eine kurze Einordnung
Wer sich die Forderungen einmal durchgelesen hat, dem sollte aufgefallen sein, dass die meisten Forderungen natürlich durch unser Rechtssystem bereits erfüllt sind. Jeder Mensch, Blogger oder Journalist darf nichts Falsches behaupten. Tut er es trotzdem, so kann er juristisch in Anspruch genommen werden. Und das auch schnell. Dafür gibt es das Konstrukt der Einstweiligen Verfügung.
Und natürlich haften Blogger und Forenbetreiber auch für Veröffentlichungen auf ihren Plattformen. Das nennt man dann Störerhaftung.
So, genug der bösen Worte
Egal welche Version hier veröffentlicht worden ist, das durchscheinende Gedankengut gehört sich nicht. Wer so denkt hat als Partner des BMWi keine Berechtigung. Das gesamte Gremium gehört aufgelöst oder abgeschafft. DAS ist in meinen Augen die einzig richtige Reaktion auf diese inakzeptable Geisteshaltung. Sie entspricht nicht unseren Werten!
Grafik: Silke Kötters