Zusammenfassen mit:

Der Markt für medizinisches Cannabis wächst in Deutschland. Immer mehr Patienten beziehen ihre Medikamente über spezialisierte Plattformen wie Bloomwell, die als eine Art Online-Apotheke auftritt. Doch was nach einem modernen, digitalen Versorgungsmodell klingt, entpuppt sich im konkreten Fall als ernüchternde Erfahrung: schlechter Kundenservice, fehlende Verantwortung und sogar rechtlich fragwürdige Forderungen gegenüber Patienten.

Wir schildern den Fall einer Patientin, deren dringend benötigtes Medikament auf dem Versandweg verloren ging – und ordnen ein, was das über die Servicequalität bei Bloomwell aussagt.


Der Fall: Verschwundenes Paket bei DHL Express

Die Patientin bestellte medizinisches Cannabis bei Bloomwell. Die Lieferung wurde per DHL Express versandt und erreichte auch das Zustelldepot. Dort verschwand die Sendung – für volle fünf Tage passierte nichts. Erst nach eigener Initiative stellte die Patientin fest, dass das Paket nicht zugestellt und kein Zustellversuch unternommen worden war.

Nachforschungen bei DHL Express ergaben: Die Sendung ist verloren gegangen.

Damit wäre klar: Der Kunde hat die Ware nie erhalten, die Vertragspflicht von Bloomwell – die Lieferung – wurde nicht erfüllt.


Kommunikation mit Bloomwell: ein Trauerspiel

Hier beginnt das eigentliche Problem. Die Patientin wandte sich an den Kundenservice von Bloomwell, schilderte den Verlust und forderte eine Lösung. Statt schneller Hilfe entwickelte sich eine zermürbende E-Mail-Korrespondenz: mehr als zehn Nachrichten gingen hin und her – ohne Ergebnis.

Besonders problematisch: Bloomwell forderte in zwei E-Mails, dass die Patientin eine eidesstattliche Versicherung unterzeichnet, um zu bestätigen, dass die Ware nicht angekommen sei.

Das ist aus mehreren Gründen hoch problematisch:

  • Tracking spricht Klartext: Wenn das Tracking eindeutig belegt, dass keine Zustellung stattgefunden hat, braucht es keine eidesstattliche Versicherung.
  • Keine Rechtsgrundlage: Weder im BGB noch im Handels- oder Verbraucherschutzrecht gibt es eine Pflicht für Kunden, in solchen Fällen eine eidesstattliche Erklärung abzugeben.
  • Unnötige Belastung für Patienten: Gerade hier geht es um ein Medikament. Der Patientin wird in einer ohnehin belastenden Situation zusätzlicher Druck auferlegt.

Und leider nutzen viele Onlinehändler diese Masche. Maßgeblich, weil sie glauben, dass ihr Kunde unehrlich ist. Den ehrlichen Käufer verschreckt diese Forderung.


Hallo XXX,

vielen Dank für deine Nachricht.
Ich verstehe dein Anliegen und möchte klarstellen: Auch wenn DHL als unser Erfüllungsgehilfe agiert und wir somit die Verantwortung für die Zustellung tragen, haben wir dennoch keinen direkten Einfluss auf die internen Abläufe und Entscheidungsprozesse bei DHL.

Wir stehen bereits mit DHL in Kontakt, haben bisher jedoch noch keine Rückmeldung erhalten.

Die Apotheke kann eine Ersatzlieferung veranlassen – allerdings erst, sobald uns eine offizielle Rückmeldung von DHL vorliegt.

Wir setzen alles daran, dass die Bestellung so schnell wie möglich zugestellt wird und halten dich auf dem Laufenden.

Viele Grüße aus Frankfurt

Tel.: +4969870043880
E-Mail: [email protected]

Bloomwell GmbH

Lindleystraße 8A

60314 Frankfurt am Main


Die juristische Perspektive

1. Verkäufer trägt das Risiko

Nach § 433 BGB schuldet der Verkäufer (hier Bloomwell) die Übergabe der Ware. Kommt die Ware beim Kunden nicht an, haftet der Verkäufer.
Es spielt keine Rolle, dass DHL Express den Verlust verursacht hat – rechtlich ist DHL der Erfüllungsgehilfe von Bloomwell.

2. Kein Abwarten auf DHL-Entscheidung

Bloomwell argumentierte, man müsse erst die Entscheidung von DHL abwarten. Das ist schlicht falsch.
Die Rechtsprechung ist eindeutig: Der Liefertermin und die Pflicht zur Erfüllung werden durch Probleme des Versanddienstleisters nicht ausgesetzt.
Beispiel: BGH, Urteil vom 5.11.2003, Az. VIII ZR 302/02 stellte klar, dass die Lieferverpflichtung unabhängig von internen Prozessen des Transporteurs bleibt. (Weitere Einordnung: https://www.onlinehaendler-news.de/recht/rechtsfragen/29891-paketverlust-abschluss-nachforschungsauftrag-warten)

3. Unzulässige Forderung einer eidesstattlichen Versicherung

Die Aufforderung, eine eidesstattliche Versicherung zu unterzeichnen, überschreitet die Grenze der Zumutbarkeit.
§ 309 Nr. 12 BGB erklärt Klauseln für unwirksam, die den Verbraucher unangemessen benachteiligen, wenn sie ihm zusätzliche Nachweispflichten auferlegen, die über die gesetzliche Lage hinausgehen.


Vergleich mit serviceorientierten Unternehmen

Ein Blick zu Amazon oder anderen großen Playern zeigt, wie es auch laufen könnte – und sollte:

  • Amazon ersetzt verlorene Sendungen in der Regel binnen weniger Stunden oder erstattet den Kaufpreis.
  • Serviceorientierte Händler übernehmen Verantwortung für ihre Erfüllungsgehilfen, ohne den Kunden mit internen Problemen zu belasten.
  • Kundenfreundliche Kommunikation vermeidet Druck, sondern signalisiert: „Wir kümmern uns.“

Dass Bloomwell hier nicht nur trödelt, sondern auch noch falsche Informationen gibt („Wir müssen DHL abwarten“) ist aus Verbrauchersicht schlicht abschreckend.


Besondere Verantwortung: Medikamente

Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: Wir sprechen hier nicht über ein Paar Turnschuhe, sondern über ein Medikament.
Die Patientin wartete auf ein Präparat, das sie medizinisch benötigt. Verzögerungen oder gar der Verlust können gesundheitliche Folgen haben.

Das macht die Kommunikationsstrategie von Bloomwell noch ablehnender. Patienten müssen sich darauf verlassen können, dass ihre Medikamente pünktlich und zuverlässig eintreffen.


Bloomwell als Unternehmen

Bloomwell ist ein deutsches Health-Start-up, das sich auf medizinisches Cannabis spezialisiert hat. Das Unternehmen betreibt mehrere Plattformen und Marken, darunter u. a. Algea Care (Telemedizin) und Grüne Brise.
Gegründet wurde Bloomwell im Jahr 2020 in Frankfurt am Main. CEO ist Niklas Kouparanis, der zuvor bei dem Cannabis-Start-up Farmako aktiv war.

Sehr kritisch setze sich bereits 2024 das Manager Magazin mit Bloomwell und seinem Gründer(-n) auseinander. Das Blatt titulierte: Start-up Bloomwell – Die fragwürdigen Deals des Wolf of Cannabis. Der Beitrag ist zwar hinter einer Pay-Wall aber dennoch sehr lesenswert.

Eine berechtigte Frage wäre: Würde Herr Kouparanis selbst als Patient akzeptieren, so behandelt zu werden?


Späte Einsicht – aber zu welchem Preis?

Am Ende des Tages lenkte Bloomwell schließlich ein. In einer Mail hieß es:

„Zuerst zur Lösung: Die Cannabis Apotheke Frankfurt sendet heute ein Ersatzpaket an euch raus. […] Bitte entschuldige mein Versehen. In der Flüchtigkeit habe ich dich um Zusendung der eidesstattlichen Erklärung gebeten. Diese wird nur benötigt, wenn eine Zustellung laut Tracking stattgefunden hat, du als Kunde die Zustellung aber anfechten musst.“

Es folgte die Zusage eines Ersatzpakets und eine Entschuldigung. Doch dieser Schritt erfolgte erst nach juristischer Klarstellung und Fristsetzung durch die Patientin.

Und genau das wirft Fragen auf: Welcher normale Kunde hätte die Kraft, das Wissen und die Hartnäckigkeit, sich so zu wehren? Vermutlich die wenigsten.

Möglicherweise handelt es sich um ein Einzelfallproblem, das auf mangelnde Schulung der Mitarbeitenden zurückzuführen ist. Doch passieren sollte so etwas nicht – schon gar nicht in einem sensiblen Bereich wie dem Gesundheitswesen.

Auf Nachfrage von Wortfilter hat sich Bloomwell zu dem Fall nicht geäußert.


Fazit

Der Fall Bloomwell offenbart eklatante Schwächen im Kundenservice. Statt Verantwortung zu übernehmen, werden Patienten mit unnötigen Forderungen belastet und mit falschen Aussagen hingehalten.
Juristisch ist klar: Bloomwell muss liefern oder erstatten – unabhängig von DHL. Serviceorientierte Unternehmen wie Amazon machen es seit Jahren vor.

Gerade im Gesundheitsbereich ist es erschreckend, wie unprofessionell Bloomwell in diesem Fall agiert hat. Und es bleibt die Frage: Würde Bloomwell-CEO Niklas Kouparanis als Patient selbst so behandelt werden wollen?

Eines steht fest: Transparenz, Verantwortung und Empathie sind die Basis von gutem Kundenservice. Und genau daran mangelt es hier.

Und leider ist dieses Service fremde Verhalten bei vielen kleinen Onlineshops und Plattformhändlern zu beobachten. das verschreckt Kunden und macht kundenfreundliche Plattformen wir Amazon nur noch marktmächtiger. Macht das Sinn?


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FAQ: Verlorene Sendungen, EV & Kundenrechte
Darf ein Händler eine eidesstattliche Versicherung (EV) verlangen?

Grundsätzlich nein. Reicht das Tracking als Beleg, dass keine Zustellung erfolgte, ist eine EV unverhältnismäßig und für Verbraucher unzumutbar (§ 309 Nr. 12 BGB: zusätzliche Nachweispflichten sind unzulässig). Eine EV kommt allenfalls in Betracht, wenn der Händler eine nachweisliche Zustellung behauptet und konkrete Betrugsanzeichen vorliegen.

Muss ich als Kunde die Entscheidung des Versanddienstleisters abwarten?

Nein. Der Händler trägt das Versandrisiko (§ 433 BGB i.V.m. Erfüllungsgehilfenprinzip). Interne Prüfungen von DHL/UPS/Hermes entbinden den Händler nicht von seiner Leistungspflicht. Kunden dürfen Ersatzlieferung oder Erstattung verlangen, ohne Wochen auf „Prüfergebnisse“ zu warten.

Was ist die richtige Reihenfolge: Ersatzlieferung oder Erstattung?

Beides ist möglich. Praxis: Händler bieten sofort eine Ersatzlieferung an oder erstatten den Kaufpreis. Kunden müssen sich nicht auf längere „Nachforschungen“ verweisen lassen. Wichtig: klare Frist setzen (z. B. 7 Tage) und eine bevorzugte Lösung benennen.

Welche Fristen sind sinnvoll (Mahnung/Verzug)?

Nach ausbleibender Lieferung: schriftlich eine angemessene Frist (typisch 7–10 Kalendertage) zur Nacherfüllung setzen. Nach Fristablauf: Rücktritt und Erstattung verlangen. Bei Medikamenten sind kürzere Fristen sachlich gerechtfertigt.

Wer muss beweisen, dass zugestellt wurde?

Der Händler (bzw. sein Versanddienstleister). Ein reiner Eintrag „zugestellt“ genügt oft nicht; erforderlich ist ein belastbarer Zustellnachweis (z. B. Empfänger-Signatur, Foto mit eindeutigem Ablageort). Fehlt dieser, bleibt der Händler leistungspflichtig.

Was gilt bei „Ablage am Wunschort“ oder Zustellung an Nachbarn?

Nur zulässig, wenn der Kunde dem ausdrücklich zugestimmt hat. Ohne Einwilligung ist eine Ablage kein ordnungsgemäßer Empfang. Zustellungen an Nachbarn setzen eine vertragliche/AGB-Ermächtigung voraus; fehlt sie, trägt der Händler das Risiko.

Express-Sendung verloren – gibt es besondere Pflichten?

Express erhöht die Erwartung an Termintreue. Verpasst der Händler die zugesagte Frist, liegt Verzug vor. Kunden können bevorzugte Sofort-Ersatzlieferung verlangen oder den Kaufpreis zurückfordern; zusätzliche Expresskosten sind zu erstatten.

Besonderheiten bei Medikamenten (z. B. medizinisches Cannabis)?

Hier besteht eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Verzögerungen können die Gesundheit beeinträchtigen. Händler sollten proaktiv Schnellersatz, Rezept-/Verfügbarkeitscheck und eine priorisierte Lieferung anbieten – ohne zusätzliche Hürden (keine EV, kein Abwarten auf DHL).

Darf der Händler sensible Daten (z. B. Rezeptdetails) wegen des Falls an DHL weitergeben?

Nur, soweit für die Nachforschung zwingend erforderlich und datenschutzrechtlich legitim (Art. 6 DSGVO). Diagnose-/Rezeptdetails sind besonders sensibel und gehören grundsätzlich nicht in die Transportprüfung.

Kann ich Schadenersatz verlangen (z. B. Arzttermin, Fahrtkosten)?

Möglich, wenn ein konkreter, kausaler Schaden entstanden und beweisbar ist (Quittungen sammeln). In der Praxis werden Folgeschäden häufig diskutiert; eine gütliche Lösung (Erstattung + Kulanz) ist oft schneller als eine juristische Auseinandersetzung.

Was schreibe ich idealerweise in die erste Reklamationsmail?

Kurz, sachlich, lösungsorientiert:

  • Bestell-/Sendungsnummer, kurzer Sachverhalt, kein Zustellversuch.
  • Bitte um Ersatzlieferung bis [Datum] oder Erstattung.
  • Hinweis: Versanddienstleister ist Erfüllungsgehilfe; Abwarten ist nicht erforderlich.
  • Kontakt für Rückfragen, ggf. Dringlichkeit (Medikament) betonen.

Wie sollte der Händler optimal reagieren (Best Practice)?

  • Sofortige Entschuldigung und Anerkennung der Dringlichkeit.
  • Schnell-Ersatz oder Rückerstattung anbieten, Tracking transparent teilen.
  • Interne Klärung mit DHL übernehmen; keine EV, kein „Warten auf Entscheidung“.
  • Bei Medikamenten: Priorisierte Zustellung (Same Day/Express), Verfügbarkeitscheck, Notfall-Optionen.

Kann ich parallel Zahlungsdienst/Bank informieren (z. B. Chargeback)?

Ja, insbesondere wenn Händler weder liefert noch erstattet. Zuvor Frist setzen und dokumentieren. Payment-Provider verlangen meist Nachweise (Kommunikation, Tracking). Ein Chargeback ersetzt nicht den Anspruch gegen den Händler, beschleunigt aber oft die Lösung.

Welche Formulierungen sollte der Händler vermeiden?

„Wir müssen erst die Entscheidung von DHL abwarten“, „Ohne EV keine Ersatzlieferung“, „Bitte wenden Sie sich selbst an DHL“. Diese Aussagen sind rechtlich problematisch und kundenunfreundlich. Besser: Verantwortung übernehmen und sofort handeln.

Stand: 2025

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