Da wo Haptik oder Erfahrung eine Rolle spielen, ist es mit dem Onlinehandel nicht einfach. Ein Produkt für den Hund macht das deutlich und stellt Händler vor Herausforderungen. Wie macht man dem Verbraucher nachhaltig verständlich, dass das Hundebett ›endgeil‹ für den Köter ist?

Eines vorweg: Mehr durch Zufall und mit aller Skepsis bekam ich ein Hundebett zugesendet. Mit Überraschung und Erstaunen nahm das mein Hund sogar besser an als das Sofa im Wohnzimmer. Die Qualität des Produktes empfindet unser Hund als überragend.

Hieraus resultiert dann auch des ›Pudels Kern‹. Wie zur Hölle bringt ihr dieses Wissen, diese Erfahrungen und dieses exzellente Produkt an den Hund, ähhh Käufer? Auf Marktplätzen, deren wesentlicher Trust sich auf die Kaufabwicklung aber nicht auf das Produkt beschränkt, wird das ein schwieriges Unterfangen. Über den eigenen Shop der irgendwie hochgezimmert worden ist? Oder mit einer großartigen Agentur, die es versteht, das Produkt darzustellen und den Verbraucher anzusprechen?

Für KMU-Händler eine fast unlösbare Aufgabe, an der sich auch Brunolie.de -Lenker Robin Thies abarbeitet. Mit mehr oder weniger sichtbarem Erfolg. Dazu hat Wortfilter Robin befragt:

Du hast auf den Marktplätzen mit deinen Hundebetten gestartet. Warum?

Marktplätze sind zu Beginn eine sehr günstige Möglichkeit, um eine große Zielgruppe zu erreichen. Ich bin kein Fan davon, mit Fremdkapital zu zocken. Daher sind wir den Weg der vollständigen Eigenfinanzierung gegangen. Da passen hohe Werbeausgaben für einen eigenen Shop nicht in die Liquiditätsplanung hinein. Wäre ich Experte im Bereich SEO und SEA gewesen und hätte dafür niemanden beauftragen müssen, wäre unter Umständen der eigene Shop zu Beginn auch eine gute Alternative gewesen.

Siehst du auf den Marktplätzen noch genug Wachstumspotenzial?

Die Konkurrenz in diesem Bereich hat in den vergangenen Jahren extrem zugenommen. Vor allem die allseits beliebten asiatischen Mitbewerber lassen viele, günstige Hundebetten einfließen. Diese Betten stehen in keiner direkten Konkurrenz zu uns, verringern unsere Sichtbarkeit auf den Marktplätzen jedoch extrem. Das Potenzial ist also da, jedoch immer schwieriger voll auszuschöpfen. Da macht es mehr Sinn, sich weiteren Marktplätzen anzuschließen, statt auf einem Marktplatz um die letzten 20% zu kämpfen.

Oder sind deine Produkte schlicht zu gut für den Vertrieb über die großen Plattformen?

Das spiegelt sich jedenfalls nicht in den Zahlen wider. Daher glaube ich nicht daran. Unsere Hundebetten sind nicht billig, aber preiswert. Das verstehen mehr und mehr Kunden und helfen mit Ihren Rezensionen, diesen Trend fortzusetzen. Oftmals spielen die persönlichen Erfahrungen mit (preislich wie qualitativ) billigen Hundebetten uns auch in die Karten, sodass man spätestens beim zweiten Hundebett auf Qualität ›Made in Europe‹ achtet.

Vor welchen Herausforderungen stehst du bei der Präsentation deiner Artikel. Also im Shop und auf den Plattformen?

Die größte Herausforderung ist sicherlich den Preis zu rechtfertigen. Wir werden mit asiatischen Kopien verglichen, was einem Vergleich von Äpfeln mit Birnen ähnelt.

Orthopädisch ist nicht gleich Orthopädisch. Gerade beim Schaumstoff gibt es immense Unterschiede sowie beim Aufbau und der Verarbeitung. Wir haben nun angefangen, mit den ersten 3D-Renderings, um den qualitativen Vorsprung im Aufbau unserer Produkte besser vermitteln zu können. Es werden sicherlich noch einige Videos folgen. Das ›zur Probe nach Hause bestellen‹ wird man jedoch nicht ersetzen können, stellt für uns jedoch auch kein Problem dar. Tatsächlich freuen wir uns über direkte Vergleiche in den eigenen vier Wänden. Da punkten wir am ehesten.

Wie bringst du deinen Käufern bei, dass dein Hundebett die Lösung ihrer Herausforderung ist? Also wie transportierst du deine Qualitätsaussagen?

Ein schwieriges Thema, zu dem wir noch keine wirklich optimale Lösung gefunden haben. Der Hundebettenkauf ist vor allem ein emotionales Thema. Da sollten wir noch mehr die klaren Vorzüge unserer Marke herausarbeiten. Bislang helfen uns unabhängige Rezensionen sowie persönliche Weiterempfehlungen sicherlich noch am meisten. Testimonials sowie halbwegs objektive Test- bzw. Affiliateseiten sind ein weiteres Standbein. Influencer, die sich tatsächlich mit dem Produkt auseinandersetzen und nicht alles toll finden, sind schwer zu finden. Da sind wir über unsere #brunoliecrew auf Instagram sehr stolz.

Bist du der Meinung, dass du in Person, aber auch dein Team ausreichend verkaufspsychologisches bzw. Marketing-Wissen habt?

Verkaufspsychologie ist ein Thema, welches wir gerade letzte Woche erst besprochen hatten. Dieses Thema hätten wir gerne verstärkt durch die uns betreuende Agentur mit einfließen lassen. Leider ist dort aktuell niemand entsprechend geschult. Aktuell haben wir ein großes SEO-Projekt laufen, in dem unser gesamter Shop auf die Probe gestellt wird. Anschließend werden wir externe Hilfe für dieses Thema hinzuziehen.

Wo bildest du dich bzw. dein Team sich fort?

Wir suchen uns absolute Experten in den jeweiligen Themengebieten heraus und lassen uns mehrere Monate am Stück beraten. Beispielsweise haben wir November bis Februar jede Woche mehrere Calls mit Fabian Blume vom Edelkollektiv aus Berlin geführt, um uns im SEA-Bereich gut aufzustellen. Aktuell machen wir dasselbe im SEO-Bereich mit Andreas Rothermund von FutureAd, der uns von Uwe Hamann persönlich empfohlen wurde.

(Robin Thies, Gründer von Brunolie)

Mit diesem System fahren wir bislang sehr gut, da wir unter Anleitung die notwendigen Schritte selbst ausführen und uns somit immer mehr Wissen aneignen.

Könntet ihr noch schneller wachsen, wenn ihr wolltet?

Definitiv, aber gesünder wäre dies nicht, da wir sehr genau auf unsere Fixkosten achten.

Wir sind derzeit zu dritt im Office und betreuen neben Brunolie auch noch Homeoutfit24, deren saisonale Schwankungen sich glücklicherweise perfekt ergänzen.

Eine Agentur sowie zwei Freelancer im Bereich Programmierung und SEO arbeiten für uns. Neues Personal stellen wir immer erst dann ein, wenn die gebuchten Stunden bei den externen Anbietern ein Maß erreicht haben, wo es einfach Sinn macht, dies durch eine Vollzeitkraft zu ersetzen.

Brand Buildung, Wissen & die Herausforderung der Priorisierung

Nachhaltig eine Marke aufzubauen und sich Verbrauchervertrauen zu erarbeiten ist fast die Königsdisziplin der Händler. Strategisch planen können es die wenigsten. Auch bei Robins Hundebetten scheint sich erst langsam der Nebel zu verziehen. Aber mal der Reihe nach ein paar Thesen:

  1. Marktplätze sind gut für den schnellen Umsatz. Aber dort lassen sich – je nach Plattform – nur sehr wenig markenbildende Maßnahmen umsetzen. Rezensionen sind gut, aber nicht ausreichend.
  2. Ein eigener Shop, verbunden mit SEA- & SEO-Aktivitäten ist wichtig, aber teuer und selten alleine zu stemmen. Und ganz wichtig: Zuerst sollte das verkaufspsycholigische Wissen da sein, ansonsten wird kaum das ganze Potenzial von Kampagnen ausgeschöpft werden können.
  3. Eine wirtschaftlich verträgliche Strategie macht es [leider] notwendig, oft den zweiten oder dritten Schritt vor dem ersten zu tätigen. Eigentlich sollten zunächst die Marktplätze als Abverkaufskanal nur begleitend bzw. unterstützend verwendet werden.
  4. Hätte Robin mit einer anderen Strategie nicht Ressourcen sparen können? Und wäre er dann nicht erfolgreicher?

Tatsächlich ist es bei diesem Produkt existenziell, sich vom Kistenschieberhandel zu verabschieden. Der Konsument muss den Mehrwert der Ware verstehen und den werbenden Texten glauben. Das zu erreichen ist für die meisten die größte Herausforderung, macht aber, wenn es gelingt, genau den Unterschied aus!

Nicht billig ist entscheidend

Billig können viele, aber den Kunden zu erklären, dass ihr teurer seid und der Verbraucher auch ein ›Mehr‹ für seine zugezahlten Groschen erhält, solltet ihr lernen. Jedenfalls dann, wenn eure Produkte das Notwendig machen. Tatsächlich gelingt Robin das noch nicht ganz so gut,

Was wäre jetzt wichtig?

Mediale Erwähnung, Testgewinne, M2M-Propaganda, ausgereifte Garantieaussagen und ein optimal formulierter Shop-/Onlineauftritt. Dazu Sichtbarkeit bei der relevanten Zielgruppe sollten die ›Big Points‹ sein, die anzugehen wären. Aber wer kann das? Und welche Agentur kann dabei unterstützen? Und könnt ihr eine solche Agentur finanzieren?

Ein Unternehmen, welches das in einigen Teilen gut umsetzt, ist übrigens Chal-Tec.