Inhaltsverzeichnis
- Online-Fortbildungen & FernUSG: Was das BGH-Urteil für Anbieter jetzt bedeutet
- Worum geht’s im Kern?
- Was gilt laut Gesetz?
- Was ist mit „räumlich getrennt“ gemeint?
- Was zählt als Lernerfolgskontrolle?
- Was bedeutet das für Anwälte?
- Ärger für andere Branchen: Coaching, Beratung, E-Learning
- Wie man (legal) das FernUSG vermeidet
- Was dieses Urteil wirklich bedeutet
- Checkliste: Wann braucht mein Kurs eine ZFU-Zulassung?
- Fazit: Klare Regeln statt Trickserei
Online-Fortbildungen & FernUSG: Was das BGH-Urteil für Anbieter jetzt bedeutet
Wenn selbst ein juristisches Fachportal wie LTO erklärt, wie man das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) „umgehen“ kann, dann ist es höchste Zeit, die Dinge klar zu benennen. Denn das aktuelle Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. Juni 2025 (Az. III ZR 109/24) hat Folgen – nicht nur für Coaches, Mentoring-Anbieter und Online-Akademien, sondern auch für Fortbildungsangebote von Rechtsanwälten und anderen Berufsgruppen. Wer Online-Kurse verkauft – insbesondere solche mit Videoaufzeichnungen – sollte jetzt genau lesen.
Worum geht’s im Kern?
Der BGH hat entschieden, dass ein sogenanntes Mentoring-Programm mit Online-Modulen, Aufzeichnungen und „Lernerfolgskontrolle“ als Fernunterricht im Sinne des FernUSG zu werten ist – und damit zulassungspflichtig. Fehlt die Zulassung der Zentralstelle für Fernunterricht (ZFU), ist der Vertrag nichtig. Der Kunde bekommt sein Geld zurück. Das bedeutet konkret:
Kein Zertifikat? Kein Geld.
Diese Entscheidung betrifft also nicht nur große Coaching-Programme, sondern stellt auch viele Anbieter anwaltlicher und anderer beruflicher Fortbildungen vor die Frage: Müssen wir unsere Online-Kurse nun bei der ZFU genehmigen lassen?
Was gilt laut Gesetz?
Das Fernunterrichtsschutzgesetz (§ 1 FernUSG) definiert Fernunterricht als:
„Die auf vertraglicher Grundlage erfolgende, entgeltliche Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten, bei der
- der Lehrende und der Lernende ausschließlich oder überwiegend räumlich getrennt sind und
- der Lehrende oder sein Beauftragter den Lernerfolg überwacht.“
Beide Bedingungen müssen gleichzeitig erfüllt sein.
Was ist mit „räumlich getrennt“ gemeint?
Hier wird es konkret:
- Synchron (also live via Zoom, Teams etc.) = nicht räumlich getrennt im Sinne des Gesetzes. Aber Achtung: Gerichte haben auch geurteilt, dass ZOOM oder Team Calls als asynchron zu bewerten sind.
- Asynchron (Aufzeichnung, jederzeit abrufbar) = räumlich getrennt
Sobald also jemand ein Video-Modul auf einer Lernplattform anschaut – zeitlich unabhängig – liegt asynchrones Lernen vor.
Was zählt als Lernerfolgskontrolle?
Die ZFU versteht darunter:
- Beantwortung inhaltlicher Fragen
- Feedback auf Aufgaben
- persönliche Betreuung
- sogar Interaktion in sozialen Netzwerken (sofern fachlich)
Also: Schon der Austausch in einer Facebook-Gruppe kann genügen, damit das FernUSG greift – wenn auch andere Voraussetzungen erfüllt sind.
Was bedeutet das für Anwälte?
Für klassische Anwaltsfortbildungen, die live via Online-Videokonferenz stattfinden, gibt es Entwarnung. Laut ZFU:
„Online-Seminare sind nicht zulassungspflichtig, da sie synchron in Echtzeit stattfinden und keine räumliche Trennung […] besteht.“
Kritisch wird es aber, wenn:
- Live-Events aufgezeichnet werden und
- diese Aufzeichnungen später abrufbar sind
- und die Teilnehmenden betreut oder überprüft werden
Dann liegt asynchroner Unterricht mit Kontrolle vor – also Zulassungspflicht.
Ärger für andere Branchen: Coaching, Beratung, E-Learning
Für Coaches, Trainer und E-Learning-Plattformen ist das Urteil ein Problem. Viele Geschäftsmodelle basieren auf:
- Video-Modulen
- Feedback durch Mentoren
- Community-Gruppen
- digitalen Aufgaben
Solche Angebote fallen nach dem Urteil unter das FernUSG. Wer ohne ZFU-Zulassung arbeitet, riskiert Rückforderungen und Vertragsnichtigkeit.
Wie man (legal) das FernUSG vermeidet
Die ZFU selbst nennt die Spielregeln:
✅ rein synchroner Unterricht (live)
✅ keine Aufzeichnung oder spätere Abrufbarkeit
✅ keine individuelle Betreuung = keine Lernerfolgskontrolle
Wer also ein Webinar live abhält, es nicht aufzeichnet und keinen Support oder Austausch anbietet, fällt nicht unter das Gesetz.
Doch mal ehrlich: Wer will heute noch eine Fortbildung anbieten, ohne auf Fragen einzugehen oder etwas aufzuzeichnen?
Was dieses Urteil wirklich bedeutet
Die BGH-Entscheidung betrifft alle Anbieter kostenpflichtiger Online-Kurse, egal ob für Juristen, Steuerberater, Handwerker oder Selbstständige. Entscheidend ist nicht, was vermittelt wird, sondern wie:
- Ist das Material abrufbar?
- Wird der Teilnehmer betreut oder überprüft?
Wenn ja, ist das Angebot zulassungspflichtiger Fernunterricht.
Nicht nur Verbraucherschutz – auch B2B betroffen.
Checkliste: Wann braucht mein Kurs eine ZFU-Zulassung?
Kriterium | Wenn JA → kritisch |
---|---|
Kurs ist kostenpflichtig? | ✅ |
Lehrende & Lernende sind räumlich getrennt (z. B. durch Aufzeichnung)? | ✅ |
Lerninhalt ist asynchron abrufbar? | ✅ |
Teilnehmer werden betreut / erhalten Feedback? | ✅ |
Aufgaben werden kontrolliert oder benotet? | ✅ |
Fragen können gestellt werden (z. B. per Mail, Zoom, Community)? | ✅ |
Vertrag wurde vorab geschlossen (nicht nur Spende)? | ✅ |
Wenn alle oder mehrere Punkte zutreffen → ZFU-Pflicht prüfen!
Fazit: Klare Regeln statt Trickserei
Wer Online-Fortbildungen anbietet, sollte jetzt genau prüfen, ob sein Angebot unter das FernUSG fällt. Die „Grauzonen“ sind deutlich kleiner geworden. Der Gesetzgeber nimmt den Lernerfolg und die Verbraucherschutzregeln ernst – auch im B2B-Bereich.
Und noch ein Denkanstoß zum Schluss:
Wenn schon Juristenportale Tipps zur Umgehung geben – sollte man dann nicht lieber in ein solides, zugelassenes Angebot investieren?
