Die 4 großen Marktplätze Amazon, AliExpress, eBay und Rakuten haben gegenüber der Europäischen Kommission eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet. Die Erklärung soll für mehr Produktsicherheit in Europa sorgen. Kern der Vereinbarung ist, dass die Plattformen innerhalb von zwei Arbeitstagen gefährliche Artikel von der Plattform löschen. Aus Sicht von Verbrauchern und KMU-Händlern ist diese Erklärung zu begrüssen.
Wichtig ist zu verstehen, dass die Maßnahme nur ein Schritt in die richtige Richtung ist. Denn stark wachsende Plattformen wie z.B. wish.com oder auch Online-Shops sind nicht von dieser Erklärung betroffen. Hier liegt also noch ein steiniger und mühseliger Weg vor den Händlern bis auch diese Vertriebskanäle für gefährliche Produkte geschlossen werden können.
Europäische Kommission und vier Online-Marktplätze unterzeichnen Verpflichtungserklärung für mehr Produktsicherheit, um gefährliche Produkte aus dem Verkehr zu ziehen
Heute haben die vier großen Online-Marktplätze Alibaba (für AliExpress), Amazon, eBay und Rakuten Frankreich eine Verpflichtungserklärung unterzeichnet, um gefährliche Produkte, die über ihre Online-Plattformen verkauft werden, schneller aus dem Verkehr zu ziehen.
Dank eines von der Europäischen Kommission initiierten Dialogs haben sich vier große Online-Unternehmen verpflichtet, binnen zwei Arbeitstagen auf Meldungen von Behörden der Mitgliedstaaten über gefährliche Produkte zu reagieren und bei Meldungen von Verbrauchern binnen fünf Arbeitstagen Maßnahmen zu ergreifen.
Věra Jourová, EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung, sagte: „Immer mehr Menschen in der EU kaufen im Internet ein. Der Online-Handel hat den Verbrauchern neue Möglichkeiten eröffnet, denn hier finden sie eine größere Auswahl an Produkten zu niedrigeren Preisen. Verbraucher sollten im Internet genauso sicher einkaufen können wie im Geschäft. Daher begrüße ich die Verpflichtungserklärung, die die Produktsicherheit für die Verbraucher weiter erhöhen wird. Auch andere Online-Marktplätze sollten sich der Initiative anschließen, damit das Internet für die Verbraucher in der EU sicherer wird.“
2016 wurden 20 % der aller Verkäufe in der EU über das Internet abgewickelt (Eurostat). Bei immer mehr der über das Schnellwarnsystemgemeldeten gefährlichen Produkte handelt es sich um Waren, die online vertrieben werden. Alle Online-Marktplätze müssen daher ihre Anstrengungen fortführen und verstärken, um gefährliche Produkte aus dem Verkehr zu ziehen. Die EU-Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr sieht Verfahren für die Meldung und Entfernung problematischer Online-Inhalte vor, jedoch sind diese Verfahren nicht im Detail geregelt. Vier große Online-Marktplätze haben heute eine Reihe von Maßnahmen für den Schutz der Verbraucher in der EU zugesagt.
Alibaba (für AliExpress), Amazon, eBay und Rakuten Frankreich haben sich verpflichtet,
- binnen zwei Arbeitstagen auf Meldungen von Behörden zu reagieren, wenn diese ihre Kontaktstellen auffordern, Angebote unsicherer Produkte von ihrer Website zu entfernen. Die Unternehmen sollten dann die entsprechenden Maßnahmen ergreifen und die Behörden darüber informieren.
- ihren Kunden klar aufzuzeigen, wie sie gefährliche Produkte melden können. Solche Meldungen werden dann zügig bearbeitet; binnen fünf Arbeitstagen soll eine angemessene Reaktion erfolgen.
- Informationen über zurückgerufene/gefährliche Produkte zu konsultieren, die über das Schnellwarnsystem der EU für gefährliche Non-Food-Produkte oder von anderen Quellen (z. B. Durchsetzungsbehörden) bereitgestellt werden, und mit Blick auf die betroffenen Produkte, sofern diese identifiziert werden können, geeignete Maßnahmen zu ergreifen.
- zentrale Anlaufstellen zu schaffen, bei denen die Behörden der EU-Mitgliedstaaten gefährliche Produkte melden können. Diese Stellen sollen auch die Kommunikation zu Fragen der Produktsicherheit erleichtern.
- zu verhindern, dass bereits entfernte Angebote gefährlicher Produkte erneut auftauchen.
- Verkäufer über die Einhaltung der EU-Produktsicherheitsvorschriften zu informieren/zu schulen, von ihnen die Einhaltung der Rechtsvorschriften zu verlangen und ihnen einen Link zur Liste der EU-Produktsicherheitsvorschriften bereitzustellen.
Nächste Schritte
Die Online-Marktplätze und die Europäische Kommission werden alle sechs Monate die Fortschritte bei der Erfüllung der Zusagen bewerten und dazu einen Bericht veröffentlichen.
Die Europäische Kommission fordert auch andere Online-Marktplätze auf, es den vier Unternehmen, die heute mit gutem Beispiel vorangegangen sind, gleichzutun und online verkaufte Produkte für die Verbraucher in der EU sicherer zu machen.
Hintergrund
Gemäß der Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr (Artikel 14) müssen Angebote gefährlicher Produkte schnell und wirksam entfernt werden, jedoch gibt es hierzu keine zeitlichen Vorgaben.
In ihrer Mitteilung vom September 2017 über die Bekämpfung illegaler Online-Inhalte sagte die Kommission zu, dass sie die diesbezüglichen Fortschritte überwachen und bewerten werde, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind. Im Nachgang zu dieser Mitteilung legt die Kommission im März 2018 eine Empfehlung mit einer Reihe operativer Maßnahmen vor, die von den Unternehmen und Mitgliedstaaten zur Verstärkung dieser Bemühungen zu ergreifen sind, bevor sie darüber befindet, ob Rechtsvorschriften notwendig sind. Diese Empfehlungen gelten für alle Formen illegaler Inhalte: terroristische Inhalte, Aufstachelung zu Hass und Gewalt, Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern, unsichere Produkte und Urheberrechtsverletzungen.
Das Schnellwarnsystem der EU ermöglicht einen raschen Informationsaustausch zwischen 31 europäischen Ländern und der Europäischen Kommission über gefährliche Non-Food-Produkte, die ein Risiko für die Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher darstellen. Am 12. März 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission ihren Bericht für 2017 über das Schnellwarnsystem für gefährliche Produkte (siehe Pressemitteilung).
(Quelle: Pressemitteilung der Europäischen Kommission)
Fazit
Diese Vereinbarung ist ein Schritt in die richtige Richtung. Und es ist zu begrüssen, dass in verhältnismäßig kurzer Zeit eine Lösung nun ansteht. ABER: Alle Akteure dürfen nicht aus den Augen lassen, dass auch diese Vereinbarung nur ein Tropfen auf den heißen Stein ist. Andere Vertriebskanäle für gefährliche Produkte gibt es noch wie Sand am Meer. Denkt einmal an die in Hongkong ansässige Plattform wish.com.
Schön, dass die Plattformen wie Pilze aus dem Boden sprießen und das gleichzeitig mit der stetig anwachsenden Abmahnindustrie, die immer neue Gelegenheit findet, die Händler zu schröpfen.
Schön, dass Verbraucherschutz nun langsam ernster genommen wird, wo die Plattformen zu Mitverantwortung gezwungen werden.
Bei der ganzen Thematik stehen jedoch immer die “unredlichen” Händler im Vordergrund, welche die Verbraucher (scheinbar) übers Ohr hauen wollen, Markenrechte verletzen und sich an keine Spielregeln halten.
Wie sieht es jedoch auf diesen Plattformen mit den restlichen Händlern aus, die sich bemühen alles richtig zu machen, die viel Geld für Abmahnschutz ausgeben und natürlich keinem Kunden schaden wollen ?
Wie sieht es mit dem Schutz dieser Händler aus ? (Die ja immer auch Verbraucher sind und “Kunden” der Plattform !)
Nicht nur, dass sich Abmahnvereine, die Rechtsmissbrauch im großen Stil betreiben, sich bevorzugt auf Plattformen tummeln und dort massenhaft abmahnen und damit das Risiko dort abgemahnt zu werden deutlich größer ist – die Händler müssen auch für Fehler der Plattform haften !?
Wer hier kein Insider der Szene ist oder die leidvolle Erfahrung einer Abmahnung selbst noch nicht gemacht hat, der weiß nicht über diesen Umstand bescheid. Und selbst wenn, was kann er schon tun, um sich davor zu schützen…. paranoid vorm Rechner sitzen und den ganzen Tag nichts anders tun, als alle seine Angebote zu überprüfen ?
Denn: Zeigt mir eine Plattform, die KEINE Fehler hat !
Browsereinstellungen führen dazu, dass Rechtstexte nicht richtig dargestellt werden, Widerrufsbelehrungen “verschwinden”, Änderungen in den Produktbeschreibungen werden nicht abgespeichert und erscheinen weiterhin “falsch” (in der Ursprungsfassung – besonders ärgerlich bei Gesetztesänderungen). Gesetzliche vorgeschriebene Links sind nicht anklickbar…. bekanntes Problem auf Ebay, welches dazu führte, dass auf einen Schlag quasi alle Händler abmahngefährdet waren.
Aber es geht noch weiter: Händler haften für Eingriffe Dritter oder – noch schlimmer – rechtswidrige Eingriffe der Plattform selbst, die sie gar nicht so schnell überprüfen können, wie die Abmahnindustrie “arbeitet”. Denn während einer laufenden Abmahnwelle können Stunden schon von Bedeutung sein …. um nur einige weniger Fehler zu nennen, welche bereits schon zu Abmahnungen und/oder Vertragsstrafenforderungen geführt haben.
Welche Blüten treibt dieses System, in dem Händler “Prüfsysteme” installieren und teuer bezahlen müssen, um die Fehler der Plattformen “auszugleichen”, zusätzlich zu den regelmäßigen “Abmahnschutzkosten”…. die Ihnen nix nützen, wenn die Abmahnung bedingt durch Systemfehler erfolgt. Denn meist handelt es sich hier um Abmahnungen/Vertragsstrafenforderungen, die sich NICHT auf den Inhalt der Rechtstexte beziehen, sondern auf deren Darstellung – oder aber auf die Produktbeschreibungen. Hier haftet immer der Händler.
Kein Abmahnschutzverein informiert seine neuen Mitglieder ungefragt über diese Risiken auf Plattformen.
Und wäre all das nicht schon skurril genug: Scheint es noch nicht mal eine Informationspflicht der Plattformen über bereits bekannte Fehlerquellen zu geben ?
Die Händler untereinander sind zu schlecht vernetzt, um entsprechende Infos weit zustreuen – vielmehr denkt der Einzelne (bei bisher unbekannten Fehlern), vielleicht eher an einen Flüchtigkeitsfehler als an einen Systemfehler.
Denn so ticken die Menschen ! Wer sich nicht ganz genau daran erinnern kann, eine Produktbeschreibung geändert zu haben – der denkt natürlich an einen Flüchtigkeitsfehler.
Meist sind diese IT-Fehler auch kaum beweisbar !
Damit ist auch klar, warum die Plattform überhaupt gar kein Interesse daran haben, dass über etwaige “Fehler” Aufklärung erfolgt ? Das würde zum einen die Plattform viel zu gefährlich für Kleinunternehmer machen – zum anderen würden entsprechende Fehler deutlich schneller aufgedeckt, wenn man den wüsste, dass sie vorkommen können !
Darum gelangen Händler erst auf Nachfrage oder durch eigene Recherche an Informationen darüber, welchen Haftungsrisiken sie auf Plattformen ausgesetzt sind !
Aber wer hier unschuldig “Opfer” wird und sich schlau macht, wird wohl kaum eine Klage riskieren, sondern vielmehr stillschweigend schlucken, dass unsere Gesetzgebung die Plattformbetreiber schützt und den einzelnen Händler haftbar macht, für Fehler, die außerhalb seiner Kontrolle liegen !
Schön, dass die Plattformbetreiber wenigsten dann agieren, wenn es ihnen selbst an den Kragen geht , ganz “zum Wohle des Verbrauchers”….aber letztendlich geht es wohl auch hier nur um Profit !
Den kleinen Händlern kann man unter diesen Umständen allerdings nur von Plattformen abraten…. denn eine Abmahnung + lebenslangem Knebelvertrag und eine Vertragsstrafenforderung bleibt bei diesen Risiken nur eine Frage der Zeit ! Und wer vergütet einem, die “Arbeitszeit”, die man damit verbringt seine Angebote zu überprüfen und sich stetig über sich ändernde Gesetze zu informieren, aktuelle Urteile zu verfolgen, um unmittelbar reagieren zu können….
WER SCHREIBT ÜBER DIESE GEFAHR DIE VON DEN – ACH; SO HOCHGELOBTEN -PLATTFORMEN AUSGEHT ?
Wer sorgt hier dafür, dass Informationspflichten auf Seiten der Plattformbetreiber eingeführt werden, damit auch Kleinunternehmer trotz stetig wachsenden Abmahnmissbrauch eine Chance haben, ihren Prüfpflichten überhaupt nach zu kommen…
Hier werden Informationen unterschlagen, um das eigene Image zu pflegen und die Händler müssen dafür zahlen !