Ein sehr ernstes Thema für Händler, das noch zu wenig Beachtung findet
Fake-Shops sind längst nicht mehr nur ein Problem für Endverbraucher. Sie bedrohen Marken, schaden Kundenbeziehungen und fügen etablierten Händlern wirtschaftlichen Schaden zu. Der etailment.de-Beitrag von Dr. Christian Maaß (Thomann) zeigt anhand eines Falls eindrucksvoll, wie professionell Kriminelle mittlerweile vorgehen – und warum E-Commerce-Marken ihre Sicherheitsstrategie überdenken müssen.
Die Dimension des Problems
Fake-Shops sind heute keine stümperhaften Kopien mehr. Dank KI, Scam-Bauästen, geklonten HTML-Templates und cleverer Social-Media-Strategie wirken viele Fälschungen auf den ersten Blick absolut authentisch. Marken wie Thomann berichten von Angriffswellen mit täglich wechselnden Domains, Rabattversprechen von 80% und gezielten Anzeigen auf Facebook und Instagram.
Die Betrüger kapern den Vertrauensvorschuss, den sich etablierte Marken hart erarbeitet haben. Die Folge: Kundenverluste, Reputationsschäden, Support-Overhead, Sperrungen in Virenscannern und Suchmaschinen – und nicht zuletzt echte Umsatzeinbußen.
Marktforscher schätzen den jährlichen Schaden durch Fake-Shops auf Milliardenbeträge – und sprechen von bis zu 5% Umsatzverlust für betroffene Marken.
Die Methoden: Schnell, billig, effektiv
Angreifer nutzen bewährte Tools wie den „HTTrack Website Copier“, um komplette Shops zu kopieren. In wenigen Minuten entstehen so 1:1-Klone. Je nach Professionalität werden dann nur Logos und Links ersetzt oder gleich vollwertige Shops aufgebaut, oft auf Basis von Open-Source-Shopsystemen.
Typische Taktiken:
- Nutzung ähnlicher Domains (z. B. thomann-shop.de statt thomann.de)
- Einsatz von Trust-Elementen und Siegeln
- Nur Vorkasse oder Kreditkartenzahlung
- Künstliche Verknappung und Countdown-Elemente zur Impulsauslösung
Besonders perfide: Viele Fake-Shops schalten täuschend echte Werbeanzeigen. Und obwohl Meta, Google & Co. nachgebessert haben, gelingt es Betrügern immer noch zu oft, ihre Fake-Angebote prominent zu platzieren.
Die Auswirkungen auf Händler
Das eigentliche Problem: Auch wenn der Betrug nicht von einem selbst ausgeht, landet der Frust beim echten Anbieter. Kunden melden sich beim Support, verlangen Erklärungen oder verbreiten Unmut auf sozialen Kanälen.
Was passiert, wenn der echte Shop plötzlich von Antivirenprogrammen als „Phishing“ klassifiziert wird, weil zu viele ähnliche Domains gemeldet wurden? Oder wenn Kunden abwandern, weil sie nicht mehr zwischen echt und falsch unterscheiden können?
Hinzu kommen rechtliche Fallstricke, operativer Aufwand und das Risiko, dass Google Ads-Konten oder Zahlungsanbieter vorübergehend gesperrt werden.
So erkennst du Fake-Shops
Auch für KMU ist es möglich, sich aktiv zu schützen. Erste Mittel:
- Brand Monitoring (z. B. Ubermetrics, Brandwatch, Google Alerts)
- Überwachung neu registrierter Domains (z. B. DNSTwist, WhoisXML API)
- Technische Analyse: Sprache, Zahlarten, SSL, Impressum, Domainalter, etc.
- KI-gestützte Prüfung eingehender Links
Fragen, die Endkunden helfen können:
- Ist der Preis realistisch?
- Gibt es ein echtes Impressum?
- Welche Zahlarten werden angeboten?
- Kommt die Domain mir bekannt vor?
Was tun, wenn du betroffen bist?
1. Eindämmen:
- Hostinganbieter und Domain-Registrare identifizieren (WHOIS)
- Missbrauch melden („Abuse-Kontakt“)
- Markenrechtlich argumentieren (Markeneintrag, Handelsregisterauszug bereithalten)
- Screenshots und Metadaten sichern
2. Reichweite reduzieren:
- Zahlungsanbieter informieren (PayPal, Klarna etc.)
- Anzeigen bei Meta & Google melden
- Content bei Netzwerken & Suchmaschinen entfernen lassen
3. Kunden informieren:
- Hinweise auf der Website, per Newsletter & Social Media
- Unterscheidungsmerkmale klar benennen (echte Domain, Support-Adresse, etc.)
- Klare Anlaufstelle für Betroffene einrichten
4. Strafverfolgung vorbereiten:
- Beweise systematisch sammeln
- Anzeige bei Polizei oder Cybercrime-Stellen
- Zusammenarbeit mit spezialisierten Kanzleien oder IT-Forensikern prüfen
Fazit Wortfilter.de:
Fake-Shops sind keine Spielerei. Sie treffen Marken im Kern: beim Vertrauen. Gerade weil die Technik immer besser wird, sind strukturierte Prozesse und aktives Monitoring Pflicht.
Wichtig: Die größte Gefahr ist nicht der eine Fake-Shop, sondern die Summe vieler. Und sie führt in eine Spirale aus Vertrauensverlust, höheren Kosten, rechtlichen Risiken und Imageschäden.
Unsere Empfehlung:
- Setzt auf proaktive Brand Defense
- Sprecht mit euren Payment-Dienstleistern über Prozesse im Betrugsfall
- Informiert Kunden proaktiv
- Legt intern Zuständigkeiten und Standardprozesse für den Krisenfall fest
- Haltet alle Dokumente wie Gewerbeanmeldung, Markeneintragung digital bereit
Denn wer vorbereitet ist, agiert schneller – und rettet so nicht nur Umsatz, sondern auch sein Markenversprechen.