Geoblocking-Verordnung: Was ist draus geworden? Erste Erfahrungen

KĂŒrzlich gab es einen Workshop zur Geoblocking-VO in Bonn. Teilnehmer waren IHK/DIHK, Vertreter der Bundesnetzagentur und des Wirtschaftsministeriums sowie einige VerbĂ€nde.  Bisher liegen 50 Beschwerden vor, insbesondere aus den Bereichen Fashion & Elektronik.

Eine Auswertung der Beschwerden ergab, dass sich die Schwerpunkte in den drei Themenbereichen, falsche Verbrauchererwartung, transparente Darstellung des Liefergebietes und Payment aufteilen. Die betroffenen OnlinehĂ€ndler waren kooperativ. Herausfordernd war das Thema Nichtdiskriminierung Payment (Art. 5). Die HĂ€ndler reklamierten, dass eine europaweite BonitĂ€tsprĂŒfung bei Anbietern, wie z. B. Klarna, entweder sehr teuer oder erst gar nicht möglich wĂ€ren.

(Screenshot der Umfrage)

Im MĂ€rz 2020 findet auf EU-Ebene ein Review der Verordnung statt. DafĂŒr bittet die Bundesnetzagentur um Erfahrungswerte. Daher macht es Sinn, dass ihr zur Meinungsfindung der Behörde durch eure Teilnahme an dieser Umfrage beitragt.

Zusammenfassung Workshop

Die Bundesnetzagentur hat die Ergebnisse des Workshops fĂŒr euch zusammengefasst. Es ist großartig, dass eine Behörde, die zur Durchsetzung einer Verordnung bis hin zu Bußgeldverfahren zustĂ€ndig ist, sich den Rat der Wirtschaft & OnlinehĂ€ndler einholt, um die Verfahren bearbeiten zu können. Diese Chance sollten wir alle nutzen!

(Hier könnt ihr die Folien downloaden)
  1. Beim Warenverkauf sind Anbieter nicht verpflichtet, grenzĂŒberschreitend ĂŒber ihr eigenes TĂ€tigkeits- bzw. Liefergebiet hinaus anzugeben. Vielmehr kann der Kunde nur die Lieferung innerhalb des TĂ€tigkeitsgebietes des Anbieters verlangen und dann die Ware entweder selbst abholen oder den Transport ĂŒber ein Logistikunternehmen selbst organisieren. Bedeutung hat die Geoblocking-Verordnung beim Warenverkauf in der Praxis, daher nur v. a. im grenznahen Handel, bei teuren Waren (hier sind Verbraucher in einigen FĂ€llen bereit, die Ware selbst im EU-Ausland abzuholen) oder bei eigener Organisation des Transports ĂŒber ein Logistikunternehmen (so die Vorstellung der EU-Kommission).
  2. Beim Warenverkauf ist aus Sicht der Anbieter wichtig, das Liefergebiet auf der Homepage und in den Allgemeinen GeschĂ€ftsbedingungen deutlich kenntlich zu machen. Auch sollten zwei getrennte Eingabefelder fĂŒr die Rechnungsadresse und die Lieferadresse angegeben werden. Als Rechnungsadresse muss jede Adresse innerhalb der EU möglich sein. Sofern der Wohnsitz außerhalb des TĂ€tigkeitsgebietes des Anbieters liegt, muss der Kunde ausdrĂŒcklich darauf hingewiesen werden, in welche Gebiete der Anbieter liefert. Die Bundesnetzagentur steht fĂŒr RĂŒckfragen zur Ausgestaltung des Bestellformulars oder bei der Formulierung von Allgemeinen GeschĂ€ftsbedingungen zur VerfĂŒgung. Sofern ein Unternehmen durch die Schaffung neuer Bestellmasken ĂŒber GebĂŒhr belastet ist, kann im Einzelfall auch die EinrĂ€umung von alternativen Bestellmöglichkeiten (z. B. per E-Mail, ĂŒber eine Hotline) ausreichend sein.
  3. GrundsĂ€tzlich dĂŒrfen Anbieter keine unterschiedlichen Bedingungen fĂŒr einen Zahlungsvorgang anwenden. Dies gilt insbesondere fĂŒr elektronische Transaktionen durch Überweisung, Lastschrift oder ein kartengebundenes Zahlungsinstrument. Hier ist die Bundenetzagentur insbesondere an Informationen interessiert, ob und in welchem Umfang Anbietern durch die Erweiterung von BonitĂ€tsprĂŒfungen auf andere EU-LĂ€nder (z. B. bei Kreditkartenzahlung oder bei Zahlung ĂŒber PayPal oder Klarna) höhere Kosten entstehen. UnabhĂ€ngig davon dĂŒrfen Anbieter eine Ware oder Dienstleistung zurĂŒckhalten, bis sie eine BestĂ€tigung erhalten haben, dass der elektronische Zahlungsvorgang ordnungsgemĂ€ĂŸ eingeleitet wurde (sofern durch objektive GrĂŒnde gerechtfertigt).  Unter bestimmten Voraussetzungen ist es auch möglich, dass Anbieter Entgelte fĂŒr die Nutzung von bestimmten Zahlungsinstrumenten und -diensten erheben.

Fazit

Hey, das gibt es selten, dass eine Behörde aktiv um Mitgestaltung fragt. Es wÀre also wichtig, dass wir alle zeigen, dass wir auch mitgestalten wollen. Bitte nehmt an der Umfrage teil.

Infografik der EU-Komission

Dieser Beitrag wurde am von unter Onlinehandel veröffentlicht.

Über Mark Steier

Mark Steier war von 2001 bis 2012 aktiver und grĂ¶ĂŸter eBay HĂ€ndler in Deutschland und wurde mehrfach mit dem Platin-Powerseller-Award ausgezeichnet. Er hat mit eBay zusammen etliche heutige Funktionen fĂŒr eBay Motors entwickelt. Ende 2012 zog sich Mark Steier aus dem aktiven eBay GeschĂ€ft zurĂŒck und lebt nun als Privatier in der SĂŒdwestpfalz. Seit 2015 betreibt und betreut Mark wortfilter.de. Zudem ist er regelmĂ€ĂŸig auf Veranstaltungen anzutreffen, wo er rund ums das Thema Onlinehandel spricht. Aktuelle Informationen und Austausch mit anderen OnlinehĂ€ndlern findest du in der Wortfilter-Gruppe bei Facebook.

2 Gedanken zu „Geoblocking-Verordnung: Was ist draus geworden? Erste Erfahrungen“

  1. Martin Sperling

    Vielen Dank fĂŒr Deinen interessanten Artikel. Eine kurze Frage: Du schreibst, Anbieter dĂŒrfen grundsĂ€tzlich keine unterschiedlichen Bedingungen fĂŒr einen Zahlungsvorgang anwenden. Heisst das, ich darf aufgrund der vom Kunden angegebenen Adresse nicht unterscheiden, welche Zahlungsarten ich diesem Kunden anbiete?

    Somit wĂ€re doch das verbreitete Verfahren einer BonitĂ€ts-VorprĂŒfung (vor Auswahl der Zahlarten) ebenfalls rechtlich nicht zulĂ€ssig? Ein wichtiges Kriterium fĂŒr das Scoring ist ja die Kunden-Adresse, insbesondere wenn sonst wenig Informationen ĂŒber den Kunden vorliegen. Also auch schon innerhalb Deutschlands.

    ich darf keine Unterscheidung . Dies gilt insbesondere fĂŒr elektronische Transaktionen durch Überweisung, Lastschrift oder ein kartengebundenes Zahlungsinstrument.

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    1. Mark Steier Beitragsautor

      Eine BonitĂ€tsprĂŒfung ist teilweise in anderen Liefergebieten nicht wirtschaftlich abbildbar oder wird erst gar nicht angeboten. Die Einbeziehung der Adressdaten zur Feststellung einer BonitĂ€t stellt keine Diskriminierung dar. Wurde zwar auch vor etlichen Jahren einmal kritisiert, jedoch abschlĂ€gig bewertet. Geoscoring ist möglich, darf aber nicht alleine gewertet werden. In den Literaturverweisen findest du gute Quellen: https://de.wikipedia.org/wiki/Geoscoring

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