Finanzierungsgespräche mit der Bank: Wie du mit Haltung verhandelst – nicht mit Zahlen
Viele Unternehmer unterschätzen, wie entscheidend ihr Auftreten bei der Bank ist. Dabei sind die ersten Minuten eines Finanzierungsgesprächs oft wichtiger als Bilanzen und Businesspläne. Wer erfolgreich verhandeln will, braucht eine klare Strategie – und die richtige Haltung.
💬 „Ich bin nicht der Bittsteller. Ich bin Unternehmer.“
Wer schon bei der Begrüßung nervös am Kragen zupft und Formulierungen wie „Ich hoffe, wir finden hier vielleicht eine Lösung…“ verwendet, hat verloren – noch bevor das Gespräch richtig begonnen hat.
Der Finanzierungsexperte Markus Hemmelmann bringt es auf den Punkt:
„Die Gesprächspositionen werden in den ersten 5 Minuten festgelegt. Und das hat mit Psychologie zu tun, nicht mit betriebswirtschaftlichen Kennzahlen.“
Bankgespräche sind keine Prüfungen. Es geht nicht darum, höflich um Geld zu bitten, sondern auf Augenhöhe eine Partnerschaft anzubieten. Und genau so muss man auftreten – von Anfang an.
🧠 Die ersten 5 Minuten: Haltung schlägt Zahlen
Natürlich sind gute Zahlen wichtig – aber sie wirken nur dann stark, wenn auch die Körpersprache, Wortwahl und Gesprächsführung dazu passen.
Ein Beispiel für einen souveränen Einstieg:
„Mein Name ist Anna Beispiel. Wir haben unser Unternehmen in den letzten drei Jahren von 500.000 auf 2 Mio. Umsatz entwickelt. Wir beliefern inzwischen über 70 B2B-Kunden in Deutschland und arbeiten mit A, B und C zusammen. Die geplante Finanzierung ist Teil unseres strukturierten Wachstumsplans.“
Klingt selbstbewusst? Ist es auch. Denn nur wer als Unternehmer mit klarer Vision und professioneller Kommunikation auftritt, wird von der Bank auch so behandelt.
🔑 5 Tipps für erfolgreiche Kreditverhandlungen
1. Bereite deine Story vor – nicht nur deine Zahlen
Zahlen sind die Pflicht. Die Kür ist deine Unternehmergeschichte. Warum du gegründet hast. Wie du gewachsen bist. Welche Learnings du hattest. Welche Ziele du verfolgst. Banken investieren nicht nur in Bilanzen – sie investieren in Menschen.
👉 Tipp: Übe deine Vorstellung wie einen Elevator Pitch: Wer bist du, was machst du, was hast du vor?
2. Starte mit Haltung – nicht mit Hoffnung
Hemmelmanns wichtigster Rat:
„Wer sich klein macht, verliert das Spiel, bevor es angefangen hat.“
Dein Auftreten, deine Wortwahl, deine Körpersprache – sie signalisieren entweder Stärke oder Unsicherheit. Trainiere deinen Einstieg. Lass dich ggf. coachen. Souveränität ist lernbar.
3. Bring deine Erfolge auf den Tisch
Banken lieben Referenzen. Zeige mit konkreten Beispielen, dass du liefern kannst: stabile Kundenbeziehungen, positives Kundenfeedback, wachsende Bestellungen, erfolgreiche Projekte.
👉 Subtil erwähnen, aber gezielt: „Wir arbeiten seit zwei Jahren erfolgreich mit Firma XY, die gerade selbst expandiert…“
4. Positioniere die Finanzierung als Baustein – nicht als Rettung
Wenn du Geld brauchst, weil du „nicht mehr weiterweißt“, bist du in einer schwachen Position. Wenn du aber zeigst, dass die Finanzierung Teil eines durchdachten Plans ist, wirkst du kontrolliert und professionell.
👉 Formulierungsvorschlag:
„Wir sehen in der Finanzierung die Chance, unsere Lagerkapazität zu verdoppeln und die Lieferzeiten um 30 % zu senken. Das sichert uns drei neue Großkunden, mit denen wir in finalen Gesprächen stehen.“
5. Reagiere auf arrogante Banker: sachlich, aber bestimmt
Manche Banker spielen bewusst mit der Machtrolle. Reagiere nicht unterwürfig, sondern professionell auf Augenhöhe:
„Wir sprechen hier über ein Finanzierungsprojekt mit kalkulierbarem Risiko und klarer Rendite. Ich lade Sie ein, Teil dieser Entwicklung zu werden.“
Wenn nötig, bring einen kompetenten Berater mit. Hemmelmann sagt:
„Manchmal ist ein schlagfertiger Verhandlungspartner wertvoller als jedes zusätzliche Eigenkapital.“
🛠 Bonus: Checkliste für dein Bankgespräch
✅ Unternehmensstory in 3 Sätzen
✅ Übersichtliche Zahlen (Planung, Cashflow, Eigenkapital)
✅ Klare Investitionsziele
✅ Referenzen und Track Record
✅ Selbstbewusster Einstieg
✅ Mögliche Rückfragen vorab antizipieren
✅ Gespräch vorbereiten wie ein Pitch – nicht wie eine Prüfung
🚀 Fazit: Finanzierung ist kein Gnadenakt
Eine Finanzierung ist keine Bitte – sie ist ein Deal. Beide Seiten profitieren. Du bekommst Kapital für Wachstum, die Bank bekommt Rendite mit Sicherheit.
Wer sich als verlässlicher, klar denkender und professionell auftretender Unternehmer präsentiert, verhandelt nicht nur besser – sondern bekommt auch bessere Konditionen.
Also nicht: „Ich hoffe, wir finden eine Lösung.“
Sondern: „Ich bin hier, um Ihnen eine gute Gelegenheit anzubieten.“
📘 Begriffserklärungen: Das meinen Elevator Pitch, Cashflow & Track Record
Damit du die genannten Begriffe im Finanzierungsgespräch sicher anwenden kannst, hier eine kurze Erklärung der wichtigsten Begriffe:
Elevator Pitch
Ein Elevator Pitch ist eine kurze, prägnante Vorstellung deiner Geschäftsidee oder deines Unternehmens – so als würdest du sie jemandem im Aufzug (engl. elevator) innerhalb von 30–60 Sekunden erklären. Ziel: Neugier wecken, Klarheit vermitteln, Kompetenz zeigen.
👉 Beispiel: „Wir sind ein wachsendes E-Commerce-Unternehmen mit Fokus auf nachhaltige Mode und haben in zwei Jahren über 50.000 Bestellungen abgewickelt. Unsere Conversionrate liegt bei 3,8 % – mit der geplanten Finanzierung wollen wir unser Lager verdoppeln und international skalieren.“
Cashflow
Der Cashflow bezeichnet den Zahlungsmittelzufluss in deinem Unternehmen – also das, was tatsächlich „an Geld reinkommt und rausgeht“. Er zeigt, ob dein Geschäft liquiditätswirksam funktioniert, also ob genug Geld aus dem operativen Geschäft übrig bleibt, um Investitionen zu tätigen oder Kredite zurückzuzahlen.
👉 Positiver Cashflow = gutes Zeichen für die Bank.
👉 Negativer Cashflow = hohes Risiko, auch bei guten Umsätzen.
Track Record
Der Track Record ist die dokumentierte Leistung deines Unternehmens in der Vergangenheit – also deine Erfolgsgeschichte. Banken wollen sehen: Was hast du bisher erreicht? Was spricht dafür, dass du das auch in Zukunft schaffst?
👉 Typische Inhalte:
- Umsatz- und Gewinnentwicklung
- Kundenreferenzen
- Projekterfolge
- stabile Geschäftsbeziehungen
- erfüllte Businesspläne der letzten Jahre
Ein starker Track Record schafft Vertrauen – vor allem dann, wenn du in eine neue Wachstumsphase startest.