Das war ja klar und vorhersehbar. Kaum einen Tag nach Inkrafttreten der DSGVO tauchen fragwürdig seriöse Kanzleien auf und beginnen über das UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb) DSGVO-Verstöße abzumahnen. Aber hat der Spaß auch Substanz? Müsst ihr euch Sorgen machen? Diese Fragen versuche ich euch zu beantworten.
Wie erkennt ihr Rechtsmissbrauch?
Das ist in meinen Augen zunächst die relevanteste Frage. Wenn ein Wettbewerber nicht in der Lage ist, das Kostenrisiko für seine ausgesprochenen Abmahnungen zu tragen, dann ist das ein deutliches Indiz für ein rechtsmissbräuchliches Handeln. Hier eine kleine Beispielrechnung: Der Abmahner macht einen Jahresumsatz von 250.000 € und weist einen Gewinn in Höhe von 25.000 € aus. Eine einzige Abmahnung bei einem durchschnittlichen Streitwert von rund 5.000 € verursacht ein Kostenrisiko von circa 5.000 €, wenn der Gegner durch zwei Instanzen rennt und gewinnt. Damit kann sich der Abmahner gerade einmal fünf Abmahnungen ›leisten‹. Danach liegt der Verdacht, dass er rechtsmissbräuchlich handelt, nahe. Aus eigener Erfahrung kann ich euch sagen, dass Gerichte solchen Vorwürfen sehr genau nachgehen.
Fazit: Abmahner landen sehr schnell im Rechtsmissbrauch, wenn sie viel abmahnen. Das verringert euer Risiko, von vermeintlichen Konkurrenten abgemahnt zu werden.
Und was sagen die Juristen zu DSGVO Abmahnungen?
Nur wenige Kanzleien haben sich öffentlich mit der Frage, ob Abmahnungen von DSGVO-Verstößen unter Wettbewerbern funktionieren, beschäftigt. Auch das war zu erwarten, denn selbst die guten Anwälte verdienen fleißig an ausgesprochenen Abmahnungen und zählen ebenso zur Abmahnindustrie wie Abmahnanwälte.
Einen sehr guten Beitrag zu dieser Fragestellung hat die Kanzlei Löffel Abrar veröffentlicht. Aus diesem möchte ich hier zitieren:
Mitbewerber, etwa von Internetshops, sind keine solchen Verbände im Sinne des Art. 80 Abs. 1 DSGVO. Und die Formulierung in Art. 79 DSGVO („aufgrund dieser Verordnung zustehenden Rechte“) bringt deutlich zum Ausdruck, dass bei Verstößen gegen die DSGVO nicht jedermann Rechtsschutz gewährt werden soll, der sich als Sachwalter des Datenschutzrechts in der Union versteht (vgl. Paal/Pauly/Martini, 2. Auflage 2018, Art. 79 Rn. 18). (Quelle: Löffler Abrar)
Fazit: Ja, es gibt noch keine höchstrichterliche Rechtssprechung, ABER die Chancen stehen sehr gut, dass die Abmahner in Bausch und Bogen baden gehen. Aber so was von!
DSGVO-Verstöße: Macht keine Mücke zum Elefanten
Ich kann die Panik vieler Händler nicht nachvollziehen. Schon eine fragwürdige Mail zur Datenspeicherung eines unbekannten Seitenbesuchers verursacht bei manchem Unwohlsein. Das ist übertrieben und auch nicht im Sinne der DSGVO. »Unser Anliegen ist es nicht, Bußgelder einzunehmen, sondern Datenschutz sicherzustellen«, teilt auch die Berliner Datenschutzbeauftragte Maja Smoltczyk der dpa mit. Auch von offizieller Front droht also nur gemäßigt Gefahr.
Und was mache ich, wenn ich nun eine DSGVO-Abmahnung erhalten habe?
Mein ehrlicher und ernst gemeinter Rat: NICHTS! – Das ist offensichtlich die günstigste Art und Weise, sich entspannt aus der Affäre zu ziehen. Was kann euch im schlimmsten Fall passieren? Nicht viel, ihr kassiert eine einstweilige Verfügung – vielleicht – und danach gebt ihr eine Abschlusserklärung ab ( Dazu solltet ihr aber nicht ohne Anwalt machen). Damit seid ihr aus dem Vertragsstrafenrisiko raus. Erfahrungsgemäß verfolgen Abmahner die Verstöße nicht weiter. Davon hätten sie ja nichts. Schon gar kein Geld. Auf der Kostenseite halten sich die eventuellen Mehrkosten in Grenzen und lohnen sich meiner Meinung nach. Denn die Verfügung kostet den Gegner zunächst selbst Geld. Wer will das schon?
Wer jegliches Risiko scheut, der kann sich natürlich sofort an einen Anwalt seines Vertrauens wenden. Aber dieser kostet auch sofort. Nicht jeder Anwalt ist gut. Rät er euch zur Unterschrift einer strafbewehrten Unterlassungserklärung, kann das nicht von Vorteil sein.
Fazit: Mein Rat ist dieser: NICHTS machen. Abwarten und Tee trinken ja, aber natürlich den Verstoß beseitigen.
Ihr werdet nicht den Heldentod sterben
Rechtsmissbräuchliche Abmahnungen sind wie ›Pickel am Arsch‹. Keiner braucht sie, sie stören, sind aber auch nicht existenzgefährdend. Habt ihr wirklich eine Abmahnung wegen eines DSGVO-Verstoßes von einem Wettbewerber erhalten, handelt besonnen und überlegt.
Bitte verwechselt Abmahnungen von Wettbewerbern nach dem UWG bitte nicht mit Abmahnungen durch Verbände oder Vereine. Solche Abmahnungen solltet ihr ›ernster‹, aber auch nicht zu ernst nehmen und besser einen Anwalt aufsuchen.
Dieses Bild habe ich bei Freepik geklaut.
Trackbacks/Pingbacks