Das Thema ist bei vielen Händlern offenbar noch nicht durchgedrungen: Die OS-Plattform der EU ist seit dem 20. Juli 2025 offiziell offline. Dennoch verlinken weiterhin hunderttausende Shops und Plattformhändler auf das Online-Schlichtungsportal. Allein auf eBay.de lassen sich laut einfacher Google-Abfrage noch rund 220.000 Händler finden, die auf die inzwischen abgeschaltete Seite verweisen. Im gesamten Netz tauchen über 2,5 Millionen Impressum-Seiten mit entsprechendem Link auf.

Das ist ein gefundenes Fressen für all jene, die mit Abmahnungen ihr Geld verdienen. Und es kann sogar noch schlimmer kommen: Wer in der Vergangenheit bereits eine Unterlassungserklärung wegen fehlerhafter OS-Hinweise abgegeben hat, riskiert mit dem Weiterbestehen des Links empfindliche Vertragsstrafen.


Was war die OS-Plattform eigentlich?

Die “Online-Streitbeilegungsplattform” (kurz OS-Plattform) wurde 2016 von der EU eingeführt. Ziel war es, eine zentrale Anlaufstelle für Verbraucher zu schaffen, die grenzüberschreitende Streitigkeiten mit Onlinehändlern außergerichtlich klären wollten. Onlinehändler waren verpflichtet, in ihrem Impressum oder den AGB einen klaren Hinweis samt klickbarem Link auf die Plattform zu platzieren.

Doch die Plattform war nie ein voller Erfolg. Verbraucherschutzverbände kritisierten mangelnde Erreichbarkeit, geringe Nutzerzahlen und eine unübersichtliche Struktur. Am 20. Juli 2025 wurde sie deshalb endgültig eingestellt.


Rechtlich betrachtet handelt es sich bei einem Verweis auf eine nicht mehr existierende Plattform um eine Irreführung nach §5 UWG (Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb). Besonders problematisch wird es für Händler, die bereits in der Vergangenheit wegen fehlerhafter OS-Hinweise abgemahnt wurden und eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgegeben haben.

In solchen Fällen droht keine neue Abmahnung, sondern sofort eine Vertragsstrafe. Die kann, je nach Vereinbarung, schnell vierstellig ausfallen. Selbst wenn das Risiko einer Abmahnung aktuell eher gering ist: Rechtssicherheit sieht anders aus. Deshalb gilt: Prüft sofort eure Impressumsseiten, AGB, Footer und alle sonstigen Stellen, an denen noch ein Link zur OS-Plattform enthalten sein könnte. (z.B. bei Google mit site:wortfilter.de os-plattform)


Belehrungspflicht bleibt bestehen

Die Abschaltung der OS-Plattform bedeutet aber nicht, dass Händler gar nichts mehr zur Streitbeilegung sagen müssen. Gemäß §36 VSBG (Verbraucherstreitbeilegungsgesetz) sind Onlinehändler weiterhin verpflichtet, eine Belehrung zur Teilnahme an Streitbeilegungsverfahren anzugeben.

Dabei kommt es auf die Unternehmensgröße an:

  • Weniger als 10 Mitarbeitende im Vorjahr: “Wir sind nicht bereit oder verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen.”
  • 10 oder mehr Mitarbeitende bzw. freiwillige Teilnahme: “Wir sind bereit oder verpflichtet, an Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen. Zuständige Stelle: [Anschrift der Verbraucherschlichtungsstelle]”

Diese Belehrung muss leicht auffindbar und dauerhaft verfügbar sein. Die meisten Onlinehändler integrieren sie sinnvollerweise im Impressum.


  1. Sucht gezielt nach dem OS-Link: In der Regel sieht er so aus: https://ec.europa.eu/consumers/odr oder besser nur nach einem Teil des Links wie “consumers” oder “europa.eu“.
  2. Entfernt den Link vollständig aus Impressum, AGB, E-Mail-Fußzeilen, Footer, Rechnungen, alte Vorlagen etc.
  3. Prüft vorhandene Unterlassungserklärungen: Falls ihr eine abgegeben habt, kontrolliert dringend, ob der Verweis noch irgendwo auftaucht.
  4. Aktualisiert eure Streitbeilegung-Belehrung entsprechend der Unternehmensgröße.
  5. Dokumentiert die Änderungen intern, um im Fall von Abmahnungen oder Anfragen durch Verbraucher klar reagieren zu können.
  6. Informiere Mitarbeiter, Kollegen und Freelancer über die Änderungen. So vermeidest, dass der Link wieder aus versehen erneut irgendwo in die Seite eingebaut wird (zum Beispiel durch alte Backups, Inhalte die bis jetzt noch in Planung waren oder Texte die noch auf einer alten Vorlage basierten).
  • Benutze die Interne-Suche deiner Webseite und Suche nach Zeichenketten wie OS-Plattform, Streitbeilegung, Streitbeilegung, europa.eu, Streitschlichtung
  • Durchsuche dein Backoffice oder die Administrations-Oberfläche deiner Webseite ebenfalls nach diesen begriffen. So findest du evtl. noch Erwähnungen in deiner Newsletter Software.
  • Prüfe deine Cookie-Erweiterung für den DSGVO Consent Layer, dort sind evtl. nochmal separat Texte eingegeben worden die sonst nirgendwo stehen und sich auch nicht woanders bearbeiten lassen
  • Frage nach und prüfe ob andere Abteilungen noch andere Webseiten betreiben wo der Link noch aktiv ist. Viele Unternehmen besitzen zum Beispiel eine Shop-Seite, dazu noch ein Blog mit eigenem Impressum und eine weitere Domain für Personalmarketing.
  • Nutze danach die site:domainname.de in kombination mit Begriffen wie Online-Streitbeilegung, OS-Plattform, Streitbeilegung, europa.eu, Verbraucherangelegenheiten, ODR-Verordnung, Streitfälle, Streitfall in einer Suchmaschine wie Google oder Bing. ‼️ Vorsicht, evtl. sind ein paar dieser Seiten nicht indexiert worden (du kannst sie also nicht über die Suchmaschine finden aber sie stehen trotzdem auf deiner Seite und warten darauf von einem Abmahnanwalt entdeckt zu werden).

    Beispiele für Site-Abfragen in den Suchmaschinen:
    site:wortfilter.de online streitbeilegung
    site:wortfilter.de Streitfall
    site:wortfilter.de “europa.eu”
    site:wortfilter.de Streitschlichtung

Fazit: Jetzt handeln – nicht erst bei der Abmahnung

Die EU OS-Plattform ist Geschichte. Wer jetzt noch auf sie verlinkt, handelt mindestens leichtfertig. Und das kann teuer werden. Auch wenn der Druck durch Massenabmahner zurzeit geringer erscheint: Vertragsstrafen aus Unterlassungserklärungen sind kein Pappenstiel.

Deshalb gilt: Prüft eure Seiten, aktualisiert die Belehrung, dokumentiert die Änderungen. Nur so verhindert ihr, dass aus einer abgeschalteten Plattform plötzlich ein echtes Kostenrisiko wird.

Bleibt wachsam – und rechtskonform.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Abschaltung der OS-Plattform

Hier findest du Antworten auf die wichtigsten Fragen rund um das Ende der Online-Streitbeilegungsplattform (OS-Plattform) der Europäischen Kommission.

Was genau wurde abgeschaltet?

Die Europäische Kommission hat die Online-Streitbeilegungsplattform (OS-Plattform) zum 20. Juli 2025 abgeschaltet. Diese Plattform diente als zentrale Anlaufstelle für Verbraucher und Online-Händler, um Streitigkeiten aus Online-Käufen außergerichtlich beizulegen.

Warum wurde die EU Streitbeilegungsplattform abgeschaltet?

Die Plattform wurde nur sehr selten genutzt. Laut der EU-Kommission entsprach die Nutzung nicht den Erwartungen und dem Aufwand, der für den Betrieb der Plattform notwendig war. Daher wurde im Rahmen neuer EU-Verordnungen (Digital Services Act) die Pflicht zur Verlinkung und Information über die OS-Plattform aufgehoben und die Plattform selbst eingestellt. Die geringe Nutzung erwähnt auch Martin Rätze im Shopbetreiber Blog: “24.000 Verbraucher diese Plattform im vergangenen Jahr nutzten. Bei rund 510 Millionen Einwohner innerhalb der EU also 0,004 % der europäischen Verbraucher.

Muss ich als Online-Händler den Link zur OS-Plattform aus meinem Impressum und meinen AGB entfernen?

Ja, unbedingt. Da die Plattform nicht mehr existiert, führt der Link ins Leere. Rechtlich gesehen stellt ein Link auf eine nicht mehr verfügbare Streitbeilegungsstelle eine fehlerhafte Information dar, was zu Abmahnungen führen kann. Du solltest alle Verweise und Links zur OS-Plattform umgehend von deiner Website entfernen.

Gibt es eine neue, alternative Plattform von der EU?

Nein, die EU hat keine direkte Nachfolge-Plattform für die OS-Plattform geschaffen. Die Streitschlichtung soll nun wieder primär über die nationalen Schlichtungsstellen der einzelnen EU-Länder erfolgen.

Was müssen Händler stattdessen tun?

Online-Händler sind weiterhin gesetzlich dazu verpflichtet, auf die zuständige Verbraucherschlichtungsstelle hinzuweisen. In Deutschland ist das in der Regel die Universalschlichtungsstelle des Bundes Händler müssen in ihren AGB und/oder im Impressum darüber informieren, ob sie bereit oder verpflichtet sind, an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle teilzunehmen und die Kontaktdaten dieser Stelle angeben.

Was können Verbraucher bei Problemen mit einem Online-Kauf jetzt tun?

Verbraucher sollten sich bei Problemen zuerst direkt an den Händler wenden. Führt dies zu keiner Lösung, können sie sich an eine der nationalen Verbraucherschlichtungsstellen wenden. Das Bundesamt für Justiz bietet eine Übersicht über Schlichtungsstellen in Deutschland.


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