Retourenbetrug: Jetzt in der heißen Zeit richtig reagieren

Retouren gehören zum Onlinehandel wie Versandlabel und Paketband. Das Problem: Mit steigenden Rücksendemengen steigt auch der Missbrauch – vom „einmal getragen, dann zurück“ bis zum klaren Betrug mit vertauschter, gefälschter oder leerer Ware.

Für 2025 wird in Deutschland mit rund 550 Millionen Retourenpaketen gerechnet – ein Rekord. (Retourenforschung ) Gleichzeitig wächst das Gesamtpaketvolumen: Der BPEX rechnet 2025 mit rund 4,37 Milliarden Sendungen. (BPEX ) Je mehr Volumen, desto mehr Angriffsfläche – und desto häufiger wird Retourenabwicklung zur Betrugsbühne.

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Eine Bamberger Forschungslinie (Retourenforschung) ist dabei besonders interessant, weil sie das Thema nicht nur moralisch, sondern empirisch betrachtet: 17,8 % der Befragten geben an, das Widerrufsrecht schon einmal „ausgereizt“ zu haben. (Hi Heute ) Der gewichtete Missbrauchsanteil liegt bei rund 3,6 % aller Retouren – im Fashionbereich deutlich höher, in manchen Kategorien nahezu irrelevant. (Hi Heute )

Und jetzt die Wahrheit: Selbst wenn „nur“ 3,6 % missbräuchlich sind, ist die absolute Zahl bei 550 Millionen Retouren gigantisch.


Erstmal sauber trennen: Graubereich vs. echter Betrug

Damit du die richtigen Maßnahmen wählst, musst du unterscheiden:

1) Graubereich („Retourenmissbrauch“)

  • Wardrobing: Kleidung/Schuhe einmal nutzen (Event/Urlaub), dann Rücksendung
  • „Anprobe-Exzesse“: bewusst mehrere Größen/Varianten bestellen ohne Kaufabsicht
  • „Mietmentalität“: Gerät kurz nutzen, zurückschicken

Hier bist du oft im Spannungsfeld Widerrufsrecht ↔ Wertverlust. Du kannst nicht pauschal „verbieten“, aber du kannst Wertersatz durchsetzen, wenn die Nutzung über das Prüfen hinausging. Und du das beweisen kannst.

2) Krimineller Retourenbetrug

  • „Box of rocks“: falscher Inhalt / Füllmaterial statt Ware
  • „Switch fraud“: Original gegen defektes/älteres Gerät getauscht
  • Fälschungen statt Original zurückgeschickt
  • Leere Rücksendung + „Paket zugestellt“-Beleg
  • Refund ohne Rücksendung durch Eskalation/Manipulation
  • Identitäts-/Zahlungsmissbrauch in Kombination mit Retouren

Hier brauchst du Beweiskette, Prozesse, ggf. Strafanzeige – und vor allem: ein System, das solche Fälle früh erkennt.


Faktenbox: Retourenbetrug strafrechtlich einordnen
Retourenbetrug kann – je nach Masche – mehrere Straftatbestände erfüllen. Entscheidend sind immer Vorsatz und Täuschung.
  • Betrug (§ 263 StGB): Wenn der Kunde durch Täuschung eine Rückerstattung erlangt, z. B. falsche Ware zurückschickt, „leeres Paket“ sendet oder Defekt/Fehlen nur vortäuscht. (Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre.)
  • Computerbetrug (§ 263a StGB): Wenn automatisierte Systeme gezielt durch falsche Eingaben/Manipulation ausgenutzt werden, z. B. bei Self-Service-Retouren und automatischem Refund. (Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre.)
  • Unterschlagung (§ 246 StGB): Wenn Ware behalten wird, obwohl eine Rückgabe behauptet oder eine Rückerstattung verlangt wird. (Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 3 Jahre.)
  • Urkundenfälschung (§ 267 StGB): Wenn Belege oder Nachweise gefälscht/manipuliert werden (z. B. Einlieferungsbelege, Dokumente, Screenshots mit verändertem Inhalt). (Strafrahmen: Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis 5 Jahre.)
  • Besonders schwere Fälle: Bei systematischem Vorgehen, erheblichem Schaden oder gewerbsmäßigen Strukturen können Strafrahmen steigen und Ermittlungen deutlich intensiver werden.
Wichtig für Händler
  • Viele Retouren oder „Anprobe-Extremfälle“ sind nicht automatisch strafbar – strafbar wird es bei bewusster Täuschung/Manipulation.
  • Beweise sind der Schlüssel: Gewichtsprotokoll, Fotos (Außenkarton/Öffnung/Artikel), Seriennummern, Kommunikation, RMA-Protokolle.
  • Bei begründetem Verdacht kannst du Strafanzeige erstatten – und solltest parallel den zivilrechtlichen Weg (Wertersatz/Schadensersatz) prüfen.
Hinweis: Das ist keine Rechtsberatung. Bei Grenzfällen lohnt sich die Prüfung deiner Widerrufsbelehrung und Prozesse mit juristischer Unterstützung.

Was kostet dich das? (Zahlen, die du für die BWA brauchst)

Retouren sind nicht nur „Porto hin und her“. Händler kalkulieren laut EHI-Studien/Erhebungen Retourenkosten pro Artikel häufig in diesen Bandbreiten:

  • bis 5 € (18 % der Befragten)
  • 5–10 € (30 %)
  • 10–20 € (26 %)
  • in Einzelfällen bis 50 € und mehr (EHI Retail Institute )

Je höher dein Warenwert und je höher der Anteil „nicht wieder verkaufsfähig“, desto schneller wird aus Retouren ein Ergebnis-Killer.

Und das ist nur Deutschland. In den USA erwartet die NRF 2025 Returns im Wert von hunderten Milliarden Dollar und nennt für Onlinehandel eine Rücksendequote von 19,3 % der Online-Sales. (National Retail Federation ) Das ist kein 1:1-Vergleich, aber es zeigt: Retouren sind global ein systemisches Thema.


Wie du Retourenbetrug identifizierst: Muster, Signale, „Red Flags“

A) Kunden- und Kontomuster

  • auffällig viele Retouren im Verhältnis zu Bestellungen („Serial Returner“)
  • hohe Retourenquote nur bei bestimmten Warengruppen (z. B. Sneaker, Elektronik, Parfum)
  • wechselnde Namen, aber gleiche Adresse / gleiche IP / gleiche Device-Fingerprint
  • viele Bestellungen kurz vor Feiertagen/Events (Wardrobing-Hochsaison)
  • wiederkehrende „Ware fehlt“, „Paket leer“, „falscher Artikel“-Claims

B) Bestell- und Zahlungsindikatoren

  • Erstbestellung + hoher Warenwert + Expressversand
  • Adressabweichungen (Billing/Shipping), Paketshop/Packstation als Ziel
  • auffällige Payment-Kombinationen (z. B. PayLater + hochpreisig + kurze Kontohistorie)
  • ungewöhnliche Warenkörbe: viele Varianten, viele Größen, „Testkauf-Muster“

C) Retouren- und Paketindikatoren (harte Fakten)

Das ist die größte Hebelstelle, weil du hier objektive Daten bekommst:

  • Gewicht der Rücksendung passt nicht zum Sollgewicht (Differenzschwelle definieren)
  • fehlende oder falsche Seriennummer/IMEI/Batch
  • Manipulationsspuren an Siegeln, Etiketten, Originalverpackung
  • „Artikel unbenutzt“ deklariert, aber Spuren (Abrieb, Geruch, Make-up, Kratzer)
  • Retourenlabel wurde mehrfach genutzt / ungewöhnlicher Einlieferungsort

Wenn du nur zwei Dinge standardisierst, nimm diese:

  1. Sollgewicht je SKU im System hinterlegen
  2. Seriennummern/Unique IDs bei riskanten Warengruppen erfassen

Faktenbox: Retourenbetrug bei Amazon – so reagierst du, ohne dir eine Verwarnung einzufangen
Du darfst bei Amazon im Käuferkontakt nicht eskalieren, drohen oder „Druck“ aufbauen. Lösung: sauber dokumentieren, korrekt kommunizieren, und den Fall über Amazons interne Wege spielen.

1) Grundregel: Was du dem Käufer NICHT schreibst

  • Kein „Wir erstatten Strafanzeige“, „Anwalt“, „Polizei“, „Anzeige“, „Inkasso“ im Chat.
  • Keine Drohungen/Ultimaten („Wenn du nicht…, dann…“).
  • Keine externen Links, keine privaten E-Mail-Adressen, kein „Schreib mir außerhalb von Amazon“.
Ziel: Deine Nachrichten müssen strikt „order-related“ bleiben (Retourenabwicklung, Klärung, fehlende Teile, falscher Artikel, Zustand).

2) Was du SOFORT intern sicherst (dein Beweis-Set)

  • Foto Rücksendeetikett + Karton (alle Seiten) + Zustand/Manipulationsspuren
  • Foto/Video beim Öffnen (einmal durchgehend, ohne Schnitte)
  • Foto Inhalt (Übersicht + Detail, Seriennummer/IMEI/Charge, falls vorhanden)
  • Gewicht: Sollgewicht (Outbound/Produktdaten) vs. Istgewicht Retoure
  • RMA/Return-ID, Bestellnummer, Tracking, Zeitlinie (Bestellt → geliefert → Retoure → eingegangen)
  • Screenshot Retourengrund des Käufers

3) Der „saubere“ Käufer-Text (ohne Drohung) – 2 Vorlagen

Vorlage A: Falscher Artikel im Rücksendepaket
Hallo, wir haben die Rücksendung zu Bestellung [Bestellnummer] erhalten. Im Paket befindet sich leider nicht der von uns gelieferte Artikel, sondern [kurze Beschreibung]. Bitte prüfe das nochmal. Falls du den falschen Artikel versehentlich zurückgesendet hast, sag uns bitte kurz Bescheid, damit wir die Rückabwicklung korrekt abschließen können. Viele Grüße
Vorlage B: Ware deutlich genutzt/beschädigt (ohne Unterstellung)
Hallo, wir haben die Rücksendung zu Bestellung [Bestellnummer] geprüft. Der Artikel ist in einem Zustand eingegangen, der von einem unbenutzten Zustand abweicht ([kurzer, sachlicher Befund]). Wir klären die Rückabwicklung jetzt gemäß Amazon-Retourenprozess und melden uns, sobald die Prüfung abgeschlossen ist. Viele Grüße

4) So löst du es pro Versandmodell

A) FBM (Merchant Fulfilled)
  • Rückerstattung erst nach Prüfung (im Rahmen der Amazon-Fristen).
  • Deduction/Teilabzug, wenn der Artikel deutlich genutzt/beschädigt ist (mit Fotos/Begründung).
  • Wenn der Käufer A-bis-Z startet: mit Beweis-Set sachlich widersprechen (Zeitlinie + Fotos + Gewicht + Seriennummer).
B) FBA
  • Bei „falscher Artikel/leer/defekt zurück“: SAFE-T / Erstattungs- bzw. Reimbursement-Prozess nutzen (immer mit Foto/Beweisen).
  • Zusätzlich: Report Abuse / Missbrauch melden (damit Muster bei Käufern aktenkundig werden).
  • Wichtig: Käufer nicht bedrohen – du spielst es über Amazon und Dokumentation.

5) „Strafanzeige ja – aber nicht im Chat“

  • Du kannst bei echtem Betrugsverdacht selbstverständlich Strafanzeige erstatten.
  • Aber: nie als Druckmittel dem Käufer ankündigen oder damit „verhandeln“.
  • Wenn Amazon intern Nachweise braucht, lieferst du Belege – nicht Drohungen.

6) Mini-Check: So vermeidest du Verwarnungen

  • Nur orderbezogene Inhalte, kurz und sachlich.
  • Kein Rechtsdruck, keine Moralpredigt, keine Unterstellungen.
  • Alles über Seller Central Tools (SAFE-T/Reimbursement/Report Abuse/A-bis-Z Antwort).
  • Beweiskette bauen: Fotos, Gewicht, Seriennummern, Zeitlinie.
Hinweis: Das ist Praxis-Orientierung für Händler, keine Rechtsberatung. Bei wiederkehrenden Fällen lohnt ein standardisierter Retourenprüfprozess.

Was du konkret tun kannst: Maßnahmen, die wirklich wirken

1) „Return Authorization“ (RMA) mit Mindestdaten

Kein Rücksendeetikett „auf Zuruf“. Für risikoreiche Warengruppen:

  • Grund auswählen (Dropdown)
  • Foto-Upload bei Defekt/Schaden (vor Rücksendung)
  • Seriennummer abfragen (wenn vorhanden)
  • Rücksendung nur über deine RMA-ID

Das senkt spontane Betrugsversuche massiv, weil es Hürden aufbaut – ohne ehrliche Kunden zu quälen.

2) Gewicht & Scan als Standardprozess am Wareneingang

  • Waage am Retourentisch (automatisiert ins System)
  • Sollgewicht-Logik: „innerhalb Toleranz = normal“, „außerhalb = Prüfung“
  • Foto-Checkpoint bei Abweichung (Beweiskette)

Das ist banal, aber brutal effektiv – besonders bei „leeren Paketen“ und Switch-Fraud.

3) Seriennummern/IMEI/Batch-Tracking für Elektronik & Premium

  • Seriennummer beim Versand erfassen (Pick/Pack Scan)
  • Seriennummer bei Retoure gegenprüfen
  • bei Abweichung: keine automatische Erstattung

Wenn du das nicht machst, lädst du Switch-Fraud praktisch ein.

4) „Good Customer“-Fastlane & Risiko-Flow trennen

Du willst nicht pauschal streng werden – du willst selektiv sein:

  • bekannte gute Kunden: schnelle Erstattung
  • neue/auffällige Profile: erst Prüfung, dann Erstattung
  • höhere Schwelle für „Refund ohne Rücksendung“

Das schützt Umsatz und Trust gleichzeitig.

5) Fotodokumentation – aber richtig

Viele Shops machen Fotos „irgendwie“. Besser:

  • Standard-Hintergrund am Retourentisch
  • Foto von Außenkarton + Label
  • Foto vom Öffnungsschritt (Siegel/Manipulation)
  • Foto vom Artikel + Seriennummer/Etikett
  • alles an RMA gebunden

Das ist dein Rettungsring bei Payment-Disputes und Plattformfällen.


Faktenbox: Retouren automatisiert prüfen – KI-Scoring statt Bauchgefühl
Retouren lassen sich heute datenbasiert bewerten. Mit sauber extrahierten Daten und KI kannst du automatisiert Risiken erkennen, Scores vergeben und Entscheidungen skalierbar treffen.

1) Technische Grundlage: Daten rein, KI laufen lassen

Voraussetzung ist der Zugriff auf strukturierte Daten. Diese bekommst du aus deiner Warenwirtschaft, dem Shop-System oder direkt über Marktplatz-APIs (z. B. Amazon SP-API, eBay Sell API). Sobald Bestell-, Versand- und Retourendaten maschinenlesbar vorliegen, kann KI die Bewertung übernehmen.

  • Bestellhistorie (Kunde, Artikel, Menge, Preis)
  • Retourengründe & Retourenhäufigkeit
  • Zustandsbewertungen (Foto, Text, Prüfvermerk)
  • Gewichte, Seriennummern, Abweichungen
  • Zeitfaktoren (Liefer- & Rücksendedauer)

2) Was KI heute realistisch automatisieren kann

  • Erkennung auffälliger Retourenmuster (z. B. „immer defekt“, „immer leer“)
  • Textanalyse von Retourengründen und Kundenkommunikation
  • Bildanalyse von Rücksendefotos (Zustand, Manipulation, falscher Artikel)
  • Vergleich Soll- vs. Ist-Gewicht
  • Clusterbildung: ehrliche Rücksender vs. Risikokunden
  • Bewertungen auslesen: Wie hat der Verbraucher andere Transaktionen bewertet?

3) Beispiel: Retouren-Scoring (Punkteplan)

Kriterium Punkte
Retourenquote > 50 % +20
Retourengrund häufig identisch („defekt“, „falsch“) +15
Gewichtsabweichung Paket > 10 % +25
Seriennummer fehlt oder stimmt nicht +30
Rücksendung stark genutzt / beschädigt +10
Unauffällige Historie > 12 Monate −20

Ergebnis: Ein Gesamtscore pro Kunde oder Retoure. Ab definierten Schwellenwerten kannst du automatisch entscheiden:

  • < 20 Punkte: Automatische Erstattung
  • 20–40 Punkte: Manuelle Prüfung
  • > 40 Punkte: Dokumentation, Deduction, Marktplatz-Eskalation

4) Entwicklungskosten: niedriger als viele denken

Der große Vorteil: Du musst kein klassisches Entwicklerteam aufbauen. Datenbankabfragen, API-Calls, Scoring-Logik und Auswertungen lassen sich heute zu großen Teilen mit KI-Unterstützung selbst erstellen. Viele Händler starten mit einfachen CSV-Exports und entwickeln daraus Schritt für Schritt ein automatisiertes System.

5) Wichtiger Praxishinweis

KI bewertet Wahrscheinlichkeiten, keine Schuld. Entscheidungen mit rechtlicher oder kundenkritischer Wirkung sollten immer nachvollziehbar dokumentiert und stichprobenartig geprüft werden.
Fazit: Wer Retouren datenbasiert bewertet, spart Kosten, schützt ehrliche Kunden und verschiebt die Diskussion von Emotionen zu Fakten.

6) Verpackungs- und Siegelstrategie (tamper-evident)

Für missbrauchsanfällige Kategorien:

  • Siegelaufkleber, die beim Ablösen zerstören
  • spezielle Klebebänder mit Muster
  • Innenbeileger mit eindeutiger Markierung

Das verhindert nicht alles – aber es macht Manipulation sichtbar.

7) Wertersatz konsequent nutzen (rechtlicher Hebel)

Wenn Ware offensichtlich genutzt wurde, ist „Widerruf = Vollrefund“ nicht automatisch. Das deutsche Recht kennt Wertersatz bei Wertverlust, wenn die Nutzung über das Prüfen hinausging. (Händlerbund )
Wichtig ist: sauber dokumentieren (Fotos, Prüfprotokoll, ggf. Geruch/Spuren, Verpackungszustand) und klare Kommunikation im Prozess.

(Hinweis: Das ist keine Rechtsberatung – bei Streitfällen lohnt der Blick mit Anwalt/Legal-Dienstleister auf deine Widerrufsbelehrung und Prozesskette.)

8) „Serial Returner“-Policy, aber DSGVO-sauber

Du kannst auffällige Muster intern bewerten (Risikoscoring), aber:

  • Zweckbindung, Datenminimierung, Löschkonzept
  • keine „Blacklist“ ohne saubere Grundlage
  • transparente Prozesse bei eingeschränkten Serviceleistungen

Wenn du hier unsauber arbeitest, handelst du dir Datenschutz- und Reputationsstress ein.

9) Plattform- und Zahlungsdienstleister: Beweise gewinnen

Bei Disputes zählt Belegbarkeit:

  • Versandnachweis + Zustellung
  • Seriennummern-Logik
  • Fotodokumentation der Retoure
  • Gewichtsprotokolle
  • Kommunikationshistorie

Je stärker deine Beweiskette, desto besser deine Quote bei Chargebacks und Plattformentscheidungen.


Faktenbox: Online-Strafanzeige bei Retourenbetrug erstatten
Händler können bei begründetem Verdacht online Strafanzeige erstatten. Das ist zulässig, üblich und kein „harter Schritt“, sondern saubere Rechtsdurchsetzung.

1️⃣ Wo kann ich online Strafanzeige erstatten?

In allen Bundesländern über die offiziellen Online-Portale der Polizei. Die Anzeige wird an die zuständige Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

  • Landespolizei-Portale (z. B. „Onlinewache“)
  • Bundesweite Einstiegsseite: polizei.de → Online-Anzeige

2️⃣ Welche Angaben solltest du vorbereiten?

  • Name und Anschrift des Shops / Unternehmens
  • Ansprechpartner (Name, E-Mail, Telefonnummer)
  • Bestellnummer, Rechnungsnummer, Datum
  • Kundendaten (Name, Adresse, E-Mail – soweit vorhanden)
  • Beschreibung des Sachverhalts (chronologisch, sachlich)
  • Schadenshöhe (Warenwert + ggf. Versandkosten)

3️⃣ Textbeispiel für die Strafanzeige

Ich erstatte Strafanzeige wegen des Verdachts auf Betrug (§ 263 StGB). Am [Datum] bestellte die beschuldigte Person unter dem Namen [Name] in unserem Online-Shop die Ware [Artikelbezeichnung, ASIN/SKU] zum Preis von [Betrag] EUR. Nach Lieferung wurde eine Rücksendung angekündigt. Die zurückgesandte Sendung enthielt jedoch nicht die ursprünglich versandte Ware, sondern [Beschreibung, z. B. falscher Artikel / leeres Paket / beschädigte Ware]. Eine ordnungsgemäße Rückgabe lag nicht vor. Trotzdem wurde eine Rückerstattung verlangt bzw. ausgelöst. Wir gehen von einer vorsätzlichen Täuschung aus. Belege (Fotos, Gewichtsprotokolle, Versandnachweise, Kommunikation) sind beigefügt. Der entstandene Schaden beträgt [Betrag] EUR.

4️⃣ Diese Dokumente & Bilder solltest du mitsenden

  • Bestellbestätigung / Rechnung (PDF)
  • Versandnachweis & Tracking
  • Fotos des Rücksendepakets (außen, Label, Zustand)
  • Fotos beim Öffnen der Retoure
  • Fotos des tatsächlichen Inhalts
  • Gewichtsprotokoll (Soll- vs. Ist-Gewicht)
  • Seriennummern / IMEI / Chargennummern (falls vorhanden)
  • Kommunikation mit dem Kunden (E-Mails, Tickets)

5️⃣ Wichtige Hinweise für Händler

  • Bleib sachlich und wertfrei – keine Unterstellungen.
  • Dokumentation ist entscheidender als Emotion.
  • Strafanzeige ≠ automatischer Prozess – sie schafft Aktenlage.
  • Parallel kannst du zivilrechtlich Wertersatz oder Schadensersatz prüfen.
Hinweis: Diese Faktenbox ersetzt keine Rechtsberatung, bietet aber eine praxiserprobte Orientierung für Händler.

Weihnachtszeit = Peak-Zeit: Operative Sofortmaßnahmen (die du diese Woche noch umsetzen kannst)

  • Schwellenwert definieren: „ab X € Warenkorb → Prüfung vor Refund“
  • Pflichtgewicht am Retourentisch einführen
  • Foto-Standard bei „falscher Artikel/leer“ als SOP
  • Seriennummern-Check für Elektronik aktivieren
  • RMA-Pflicht für Premium-Kategorien
  • Support-Skripte: freundlich, klar, faktenbasiert („Bitte Foto/Seriennummer/Gewichtsdifferenz“)

Betrug senkst du nicht mit Bauchgefühl – sondern mit Beweiskette + Selektivität

Retourenbetrug ist kein Trick, sondern ein System aus Gelegenheiten. Du musst nicht „härter“ zu allen Kunden werden. Du musst besser unterscheiden: gute Kunden schneller, Risikofälle kontrollierter. Je mehr du messbar machst (Gewicht, Seriennummer, Fotos), desto weniger kann man dich mit „ist halt so“ überrollen.

Und wenn du bei 550 Millionen Retouren in Deutschland nur ein kleines Stück Betrug rausfilterst, ist das schnell ein echter Ergebnishebel. (Retourenforschung )

(Zu diesem Beitrag wurde ich durch diesen Artikel auf neuhandeln.de inspiriert)


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