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Starker Anstieg: Zahl der gemeldeten China-Händler

Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken an die Bundesregierung hervor. Und zwar wollten einige Linken-Abgeordnete wissen, wie es denn um die Wirksamkeit der Maßnahmen gegen Umsatzsteuerhinterziehung auf Marktplätzen steht. Die Zahl der gemeldeten China-Händler hat sich zwischen 2019 und 2021 versechsfacht.

»Bis Anfang Mai 2021 haben sich der Antwort zufolge rund 64.000 Unternehmen aus China, Hongkong oder Taiwan beim zuständigen Finanzamt Berlin-Neukölln angemeldet. Anfang 2019 lag die Zahl bei etwa 7.700 Unternehmen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weit überwiegende Anzahl der registrierten Unternehmen im Onlinehandel tätig ist«, so die Bundesregierung.

Ende 2018 wurde das Gesetz verabschiedet. Seitdem müssen Drittlandhändler ihre steuerliche Erfassung gegenüber den Plattformen regelmäßig belegen. In der ›Kleinen Anfrage‹ ist auf einen SPIEGEL-Beitrag aus dem Jahr 2017 verwiesen.

»Die Mehrwertsteuer wird offenbar reihenweise nicht abgeführt: Allein auf Amazons deutschem Marktplatz und bei Ebay tummeln sich 5.000 bis 6.000 chinesische Anbieter, errechnete der Analyst Mark Steier, einst bei Ebay selbst als ›Platin-Powerseller‹ aktiv. Sie alle müssten eigentlich beim Finanzamt Neukölln angemeldet sein. Tatsächlich sind laut der zuständigen Senatsverwaltung Finanzen gerade einmal »rund 430 Händler mit Sitz in der Volksrepublik China (einschließlich Hongkong) umsatzsteuerlich registriert«. Mehr als 90 Prozent der Anbieter besitzen also nicht einmal eine deutsche Umsatzsteuernummer«, so der SPIEGEL-Beitrag

Bei der Beantwortung der meisten Fragen weist die Regierung darauf hin, dass Umsatzsteuer-Angelegenheiten Ländersache seinen und sie daher viele Fragen nicht beantworten könne. Ihr liegen keine Erkenntnisse vor.

Das Problem der Prüfungen & Identifikation von Steuerbetrügern

Hier verweist die Bundesregierung auf eine Erweiterung des Webcrawlers, die für Ende 2021 geplant ist. Diese Software ist bereits seit 2003 im Einsatz und viele von euch werden sie bereits erlebt haben. Nämlich wenn es zu einer Betriebsprüfung kam und ihr den Anlass erfahren habt.

»Auf der Grundlage der Suchergebnisse kann abgeglichen werden, ob der Anbieter/Onlinehändler im Inland steuerlich registriert ist und auf welchen elektronischen Marktplätzen (registrierte) Onlinehändler aus Drittstaaten tätig sind«, so die Bundesregierung. Und weiter: »Der Ausbau der KUSS zur steuerlichen Erfassung von Social-Media-Akteuren, um deren gleichmäßige Besteuerung in allen Bundesländern sicherzustellen, ist nicht geplant. Auf die Zuständigkeit der Länder für die Erhebung und Kontrolle der Umsatzsteuer nach Artikel 108 Absatz 2 und 3 GG wird hingewiesen.«

Leider ist es so, dass Umsatzsteuerprüfungen Ländersache sind, sodass die Regierung hierzu wenig Auskunft geben kann. Lediglich in Rahmenvereinbarungen mit den Ländervertretern ist die Festlegung von Prüfquoten möglich.

»Das Bundesministerium der Finanzen hat sich 2020 dafür eingesetzt, dass die Prüfquote für die Umsatzsteuer-Sonderprüfung in den sogenannten Rahmenkatalog maßgebender Leistungskennzahlen nach § 21a Absatz 2 FVG aufgenommen wird. Mit der Aufnahme der Prüfquote in den Rahmenkatalog ist die Voraussetzung geschaffen worden, um zukünftig mit den Ländern diesbezügliche Verhandlungen zu führen und im gegenseitigen Einvernehmen verbindliche Ziele zur Prüfquote zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu vereinbaren«, antwortet die Bundesregierung.

Einordnung

Aus der Beantwortung des Fragenkatalogs, der im Rahmen der Kleinen Anfrage an die Regierung gerichtet worden ist, geht nicht hervor, wie viel Mehreinnahmen generiert werden konnten und wie effektiv die Gesetzesänderungen nun tatsächlich sind. Das ist unbefriedigend, ist aber auch unserem Föderalismus bzw. der Unbedachtheit der Bundesregierung geschuldet. Tatsächlich hätte es Vereinbarungen geben können, dass diese Zahlen zentral zu erfassen sind.

Ob nun das Mehrwertsteuer-Digitapaket eine Lösung bringt, darf angezweifelt werden. Hier müssen sich alle Verbände bemühen, dass die wesentlichen Leistungskennzahlen zentral erfasst und öffentlich einfach zugängig gemacht werden.

Nach wie vor ist es nur mit großer Anstrengung möglich, den tatsächlichen Umsatzsteuerschaden zu erfassen. Wortfilter liegen gesicherte Erkenntnisse vor, dass viele Drittlandhändler – besonders China-Händler – falsche Umsatzsätze an das Finanzamt melden. Hierzu stehen ihnen sogar betrügerisch agierende Dienstleister zur Verfügung.

Neben dem latenten Umsatzsteuerausfall wird durch das Unterlassen der Länder- und Bundesregierung den europäischen Händlern und damit der gesamten Wirtschaft ein Milliardenschaden verursacht. Europäische Händler sind nicht in der Lage, ihre Preise an das ›China-Niveau‹ anzupassen, weil sie eben keine Umsatzsteuer hinterziehen!

Amazon als vom Gesetzgeber auserwählter Souverän über die China-Händler

Von Rechtsanwalt Dr. Jörg Brettschneider, Hamburg

A. Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG

Das Gesetz zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften trat zum 1. Januar 2019 in Kraft und soll die Zeit bis zum 1. Januar 2021 überbrücken, denn erst dann soll ein Rechtsrahmen zur Bekämpfung des Umsatzsteuerbetrugs auf Basis der MwStSystemRL umgesetzt sein.

Online-Händler müssen auf Basis des Gesetzes grundsätzlich eine Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG bei den Plattform-Betreibern einreichen, um in Zukunft weiter auf Online-Plattformen verkaufen zu können, denn andernfalls haften die Plattform-Betreiber für Umsatzsteuerhinterziehungen der Online-Händler. Für Online-Händler aus Drittstaaten sollte dies laut dem Gesetz zunächst ab dem 1. März 2019 und für Online-Händler, die in der EU ansässig sind, ab dem 1. Oktober 2019 gelten (§ 27 Abs. 25 Satz 3 UStG). Die Übergangsfrist für die Händler aus der EU ist deutlich länger. Hintergrund ist, dass das Gesetz vor allem Umsatzsteuerbetrug durch Händler, die in der V. R. China mit Hong Kong ansässig sind, bekämpfen soll.

B. Zu kurze Übergangsfrist und die Rolle von Amazon

Von Anfang an war für jeden Praktiker in der Branche absehbar, dass diese Frist für die Online-Händler aus der V. R. China angesichts der Überlastung des für Online-Händler aus der V. R. China zuständigen Finanzamts Neukölln viel zu kurz sein würde. Die Bedenken wurden vom Gesetzgeber und der Bundesregierung aber nicht geteilt, obwohl die Überlastung des Finanzamts Neukölln schon seit Anfang 2018, als die Registrierungswelle der Online-Händler aus China anrollte, bekannt ist. Es wurde wegen des politischen Handlungsdruckes an der kurzen Frist festgehalten, denn es waren schließlich schon einige Jahre der Untätigkeit des Gesetzgebers ins Land gegangen. Ich habe deswegen Anfang Januar der Senatsverwaltung für Finanzen Berlin (zuständig für das Finanzamt Neukölln) geschrieben und gefragt, wie lange die Erteilung einer Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG dauern wird. Die Antwort erfolgte mit E-Mail vom 10. Januar 2019:

Eine Angabe zur durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von Anträgen auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG ist nicht möglich, da diese erst seit 2. Januar 2018 ausgestellt werden. Die Finanzämter sind angewiesen, die Bescheinigungen im Hinblick auf deren wirtschaftliche Bedeutung so schnell wie möglich – grundsätzlich umgehend nach Eingang des Antrags – auszustellen.“

Tatsächlich kam es dann bei der Bearbeitung von Anträgen auf Ausstellung der Bescheinigungen nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG und auf steuerliche Registrierung (Steuernummer) durch das Finanzamt Neukölln zu erheblichen Verzögerungen. Diese Verzögerungen trafen auch gerade rechtstreue Online-Händler. Gerechtfertigt wurden Verzögerungen in Erteilung von Steuernummern nach außen hin mit einer Unvollständigkeit von eingereichten Unterlagen. Das Bundeszentralamt für Steuern, das für die Vergabe der Umsatzsteuer-Identifikationsnummern zuständig ist, ist aus der Kritik ausdrücklich auszunehmen. Das Bundeszentralamt für Steuern arbeitet zügig und professionell.

Das Bundesfinanzministerium für Finanzen (BMF) hat vor dem Hintergrund der Überlastung des Finanzamts Neukölln kurz vor dem Fristablauf in einem Schreiben vom 21. Februar 2019 (BMF-Schreiben vom 28. Januar 2019, Gz. III C 5 – S 7420/19/10002 :002) mitgeteilt, dass die Haftung der Plattform-Betreiber bis zum 15. April 2019 nicht greift, wenn dem Plattform-Betreiber der bis zum 28. Februar 2019 gestellte Antrag der Online-Händler auf Erteilung einer Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG vorliegt:

Bis zum 15. April 2019 wird es nicht beanstandet, wenn dem Betreiber eines elektronischen Marktplatzes anstelle der Bescheinigung über die Erfassung als Steuerpflichtiger (Unterneh- mer) nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG für die in § 22f Abs. 1 Satz 4 UStG genannten Unter- nehmer der beim zuständigen Finanzamt bis zum 28. Februar 2019 gestellte Antrag auf Erteilung der o. g. Bescheinigung (in elektronischem Format oder als Abdruck) vorliegt.“ (https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Downloads/BMF_Schreiben/Steuerarten/Umsatzsteuer/2019-02-21-haftung-fuer-umsatzsteuer-beim-handel-mit-waren-im-internet.pdf?__blob=publicationFile&v=1).

Dieses Schreiben ist aber nicht praxisgerecht, da der Plattform-Betreiber nachweisen muss, dass der Antrag auf Erteilung der Bescheinigung vor dem 28. Februar 2019 gestelltworden ist. Weder der Plattform-Betreiber noch die Online-Händler können einen solchen Nachweis führen. Das Finanzamt Neukölln hat mir ausdrücklich bestätigt, dass es nicht in der Lage sei, Eingangsbestätigungen an die Vertreter der Antragsteller zu versenden. Die Politik hat den Hinweis ignoriert und geht nach wie vor von einer rechtssicheren Regelung für die Plattform-Betreiber aus. Dies hat mir die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin am 14.03.2019 so per E-Mail geschrieben:

die Finanzverwaltung hat bereits mit BMF-Schreiben vom 21. Februar 2019 die Voraussetzung dafür geschaffen, dass Betreiber elektronischer Marktplätze bis 15. April 2019 in Bezug auf den Ausschluss einer möglichen Haftung nach § 25e UStG rechtssicher auf die Vorlage von Bescheinigungen nach § 22f UStG verzichten können, soweit ihnen der bis 28. Februar 2019 gestellte Antrag auf die Erteilung der Bescheinigung vorliegt. Es ist nicht geplant, diese Regelung zu verändern“.


Amazon hat den Online-Händlern aus China zunächst erklärt, dass das Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen vom 21. Februar 2019 nicht bekannt sei und dass es bei der Frist bis Ende Februar 2019 bleibe. Folge war erheblicher Druck auf die Online-Händler und deren Berater, da mit der Suspendierung der Accounts zum 1. März 2019 gerechnet werden musste. Es herrschte in den Tagen vor dem 1. März 2019 bereits regelrechte Panik seitens der chinesischen Online-Händler, die die Bescheinigung nicht vorweisen konnten. Die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin vom 27. Februar 2019 betrachtete dieses Problem hingegen gelassen (E-Mail der Senatsverwaltung für Finanzen Berlin vom 27. Februar 2019):

Ich gehe (auch nach den mir vorliegenden Informationen durch Amazon) davon aus, dass es sich bei den von Ihnen berichteten Problemen um Folgen der kurzfristig zu veranlassenden Umstellung der Kommunikation und der Internetseiten handelt und in dieser Thematik die Interessen von Amazon und der Onlinehändler gleichgerichtet sind

Der 1. März 2019 (ich war selbst gerade in Shenzhen) verstrich dann ganz ruhig: Es passierte nichts. Am 2. März 2019 hat Amazon den Online-Händlern eine Fristverlängerung zur Vorlage der Bescheinigung bis zum 5. April 2019 mitgeteilt:

Amazon hat am 12.03.2019 zahlreiche Händler aus der V. R. China wegen Fehlens der Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG suspendiert und z.T. (auch wenn es in der Nachricht anders heißt) Warenbestände im FBA-Lager eingefroren:

Dies wurde der Senatsverwaltung für Finanzen Berlin umgehend mitgeteilt und um eine Ergänzung des BMF-Schreibens vom 21.02.2019 gebeten. Die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin antwortet mir 14. März 2019:

Auf die konkrete praktische Umsetzung dieser Nichtbeanstandungsregelung durch die Marktplatzbetreiber hat die Steuerverwaltung keinen Einfluss. Nach den mir vorliegenden Informationen machen die Marktplatzbetreiber (wie etwa Amazon) durchaus Gebrauch von der Regelung, lassen aber anstelle der Bescheinigungen nur vollständig gestellte Anträgen auf deren Erteilung zu (vgl. insb. Rz. 4 und 10 des BMF-Schreibens vom 28. Januar 2019).“

Am Abend des 14. Oktober 2019 chinesischer Zeit wurden viele Händler-Accounts ohne Erklärung von Amazon dann plötzlich wieder freigegeben. Die Hintergründe sind noch unklar.

Bemerkenswert ist, dass Amazon einen Händler aus Shenzhen suspendiert hat, weil dessen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer, die auf der Bescheinigung gemäß § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG abgedruckt war, ungültig war. Das Umsatzsteuersignal war nicht mehr gesetzt, weil das Finanzamt Neukölln die Erteilung einer steuerlichen Registrierung viel zu spät mitgeteilt hatte und deswegen über Monate keine Umsatzsteuervoranmeldungen abgegeben worden waren. Das Finanzamt Neukölln hat trotz einer Zusage das Umsatzsteuersignal nicht wieder gesetzt (aber trotzdem die Bescheinigung erteilt). Amazon scheint daher die Umsatzsteuer-Identifikationsnummern auf den Bescheinigungen auf Gültigkeit zu prüfen, was ausdrücklich zu begrüßen ist (außer in diesem Fall). Bekanntlich ist es denkbar, dass Händler Bescheinigungen fälschen.


C. Verantwortungsdelegation an Plattform-Betreiber

Die Bundesrepublik Deutschland möchte den staatlichen Umsatzsteueranspruch über eine Haftung der Plattform-Betreiber durchsetzen, da die Händler aus Drittstaaten wenig greifbar sind. Dies ist auf der einen Seite nachvollziehbar. Anderseits zieht sich der Staat von seiner Verantwortung einer angemessen Rechtsetzung und Rechtsdurchsetzung zurück. Der Gesetzgeber und die Finanzbehörden fühlen sich nicht länger für die Umsetzung gegenüber den Händlern verantwortlich und meinen, die Plattform-Betreiber würden die rechtlichen Anforderungen letztlich 1:1 an die über sie verkaufenden Händler weitergeben und so das Geschäft des Gesetzgebers besorgen. Damit werden die Rechtschutzmöglichkeiten der Händler jedoch verkürzt, denn die Händler müssen sich jetzt vor allem mit den Plattform-Betreibern (insbesondere mit Amazon) und ihrer intransparenten Geschäftspolitik auseinandersetzen. Zudem ist eine Weitergabe der rechtlichen Anforderungen 1:1 nicht gesichert.

So kann sich der Händler sich gegenüber den Plattform-Betreibern nicht auf das BMF-Schreiben vom 21. Februar 2019 berufen. Angesichts der erörterten Schwächen des Schreibens haben die Plattform-Betreiber gute Gründe, die Bescheinigung nach § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG sofort von den Händlern aus Drittstaaten zu verlangen. Es sind jedoch das Finanzamt Neukölln und der Gesetzgeber, die Verzögerungen in der Erteilung von Bescheinigungen § 22f Abs. 1 Satz 2 UStG und Steuernummern zu vertreten haben. Das BMF-Schreiben vom 21.02.2019 kann die Konsequenzen der zu kurzen Übergangsfrist gemäß § 27 Abs. 25 Satz 3 UStG aber nicht kompensieren. Der Staat wird seiner Verantwortung der Bereitstellung eines angemessenen Rechtsrahmens nicht gerecht. Die Senatsverwaltung für Finanzen Berlin sagt auch ganz offen, dass sie auf die praktische Umsetzung des BMF-Schreibens keinen Einfluss habe (siehe oben).

Finanzämter können einfach auf Account-Suspendierungen der Plattform-Betreiber hinwirken, in dem sie die Plattform-Betreiber dazu lediglich ein Verdacht äußern und dazu auffordern. Der Plattform-Betreiber reagiert vor dem Hintergrund der Furcht einer eigenen Haftung (insbesondere auch einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung). Es muss erstens vermieden werden, dass Händler unberechtigt auf Veranlassung der Finanzbehörden suspendiert werden. So schließt das Finanzamt für Steuern und Fahndung von Kunden-Bewertungen auf umsatzsteuerpflichtige Umsätze (zugrunde gelegte Bewertungsquote von 4 Prozent) ohne die Transaktionsdaten überhaupt zu kennen. Das ist kritikwürdig. Zweitens wird spätere Freigabe nach Lösung des Problems dann später nur durch die Finanzbehörden nur „angeregt“, d.h. die Plattform-Betreiber entscheiden dann frei in eigenem Ermessen über die Freigabe des Accounts. Im Fall von hohen Nachzahlungen und der Überlegung, ob sich eine Steuernachzahlung überhaupt wirtschaftlich lohnt, ist dies ein Gesichtspunkt, der sehr praxisrelevant ist und Händler von Nachzahlungen abhalten kann. Strafrecht kann in dem Kontext, gerade dann, wenn Gesellschaften auf Strohleute angemeldet sind (wie so oft), bekanntlich ein stumpfes Schwert sein. Zudem dauert es nach Übermittlung einer „Anregung“ der Wiederfreigabe bis die Accounts durch Plattform-Betreiber wieder freigeschaltet werden und das Finanzamt für Steuern und Fahndung Berlin oder das Finanzamt Neukölln setzen sich nicht für eine schnelle Freischaltung ein und zwar auch dann, wenn die Suspendierung ungerechtfertigt erfolgte. Der Händler steht dann im Regen und muss sich an jeweiligen den Plattform-Betreiber wenden. Zu hoffen ist auf erste Schadensersatzzahlungen durch Finanzbehörden wegen ungerechtfertigten Account-Suspendierungen, da dies erstmals zu einer Selbstkritik auf Seiten der Finanzbehörden im Umgang mit den Händlern aus der V. R. China führen wird.

Letztlich hat der Händler es jetzt mit zwei Souveränen zu tun: den Plattform-Betreibern (Amazon ist hier hervorgetreten) und der Bundesrepublik Deutschland.  Eine Auseinandersetzung mit Amazon ist bekanntlich für Händler schwierig und zwar schwieriger als eine Auseinandersetzung mit den Finanzbehörden. Eine derartige Verlagerung der Verantwortung liegt auch nicht im Interesse der Online-Händler aus Deutschland, denn auch sie können negativ davon betroffen sein. Ein gerechtes rechtliches Umfeld mit gleichen Wettbewerbsbedingungen ist im Interesse aller Online-Händler.

desk@ecomvat.com

Upppsi: China Händler werden besser. Marktanteil von 36% gemessen.

In zwei Jahren hat sich die Zahl der erfolgreichen China Händler auf Amazon verdoppelt. 36% der Topseller sind heute in China ansässig, gegenüber 15% vor zwei Jahren. Diese Untersuchung basiert auf den Top 10.000 Sellern auf jedem europäischen Marktplatz. Jeder Monat gibt den Anteil der chinesischen Händler in den Top 10.000 an.

Marktanteil der China Händler bei über 25% in Deutschland

Der Marktanteil der Verkäufer aus China stieg von 16% auf 27% bei Amazon.co.uk , von 11% auf 25% bei Amazon.de, von 16% auf 41% bei Amazon.fr, von 15% auf 41% in Italien und von 18% auf 48% auf dem spanischen amazon-Marketplace. Der kombinierte Durchschnitt stieg also von 15% auf 36%.

(Quelle: Marketplacepulse)

Die Konzentration auf die Topseller ist aussagekräftig. Jeder europäische Marktplatz hat Hunderttausende von Verkäufern, in Großbritannien zum Beispiel machen die Top 10.000 Verkäufer 80% des Bewertungsvolumens aus. Diese Merchants sind also für mindestens die Hälfte aller Verkäufe auf dem Marktplatz verantwortlich.

Leider ist der Amazon.com nicht auswertbar (Es fehlt eine Impressums-Pflicht), daher ist die gleiche Analyse in den USA nicht möglich. Trotzdem ist die Zahl der Verkäufer aus China, die auf Amazon.com verkaufen, zumindest die der europäischen Marktplätze ähnlich, so die Annahme.

“Für chinesische Unternehmen ist der amerikanische Verbraucher ein geschätzter Kunde, der als weniger preisbewusst und sparsamer gilt als chinesische Käufer. Chinesische Verkäufer strömen zu Amazon, da der Handelsriese regelmäßig Konferenzen in China veranstaltet, um für seine Plattform zu werben und die angebotenen Logistik- und Supportleistungen zu erläutern.” – Te-Ping Chen, Wall Street Journal

Zwei Drittel der Topseller aus China bei Amazon.de nutzen Fulfillment by Amazon (FBA). Durch das Fulfillment wird es überhaupt den Händlern emöglicht auf dem Marktplatz erfolgreich zu sein – ohne müssten die Verbraucher wochenlang warten, um ihr Paket zu erhalten.

Mehr als 90.000 Verkäufer sind in den letzten zwölf Monaten auf Amazon.de hinzugekommen. Ein Drittel davon aus China. Aber eine viel interessantere Story ist, wie viele dieser Verkäufer inzwischen erfolgreich sind. Wie die Daten zeigen, kommen nicht nur jedes Jahr mehr Verkäufer aus China zu Amazon, sondern sie werden auch besser.

Dies ist vor allem auf Netzwerkeffekte zurückzuführen. Da immer mehr Verkäufer in China bei Amazon erfolgreich sind, bauen sie Tools, Dienstleistungen und Wissen auf, um anderen zu helfen. Während vor fünf Jahren noch relativ wenige chinesische Unternehmen von Amazon gehört haben, ist es heute eine der Top-Location, um erfolgreich zuhandeln.

Private Labeling in China

Viele Konferenzen finden in China statt, wo die Private-Label-Produkte beschafft werden. Die Verkäufer dort haben einen Vorteil – einen Zwischenhändler weniger. Damit hat sich deren Einstandspreis um eine Gewinnspanne verringert.

“Warum einen 40€ Bikini aus Amerika kaufen, wenn man einen 4€ Bikini direkt aus China kaufen kann?”

China-Händler sind aber auch für das Chaos auf dem Marktplatz verantwortlich. Schließlich ist China der größte Hersteller von Fake-Produkten.

Deutschlandfunk: Chinesische Händler umgehen Umsatzsteuer

Beitrag vom Deutschlandfunk zum Thema ‘Umsatzsteuerbetrug durch China-Händler’. Mit Oliver Prothmann, Präsident BVOH e.V; Alexander Graf Kassenzone.de ; Mark Steier u.a.: Über Amazon und Co. bieten auch viele Händler aus China ihre Ware an. Dafür müssten sie bei Versand aus Deutschland an die deutschen Behörden Umsatzsteuer zahlen – tun das aber häufig nicht. Die Markplatzbetreiber weisen die Verantwortung von sich. Und dem Fiskus entgeht ein hoher dreistelliger Millionenbetrag. Von Sina Fröhndrich und Steffen Wurzel

Viele ausländische Händler nicht registriert

Im konkreten Beispiel lagerten die Ladekabel aus China im Amazon-Zentrum in Bad Hersfeld. Auf Nachfrage schickt der chinesische Händler zwar eine Rechnung – allerdings gibt es ein Problem mit der Umsatzsteuer. Die Rechnung ist falsch. […]

Amazon weist Verantwortung von sich

Amazon lehnt eine Gesprächsanfrage von Deutschlandfunk ab. Die Pressestelle verweist darauf, dass die Verkäufer auf dem Marktplatz selbst dafür verantwortlich seien, ihre steuerrechtlichen Pflichten zu erfüllen.

Die Plattform sieht sich nur als Vermittler – und lässt sich das auch bezahlen. Für die Lagerung sind es bis zu 28 Euro je Kubikmeter, der Versand eines T-Shirts kostet einen Händler beispielsweise 2,60 Euro. Inzwischen läuft die Hälfte des Handels auf Amazon über den Marktplatz ab. In Deutschland gibt es Zehntausende Händler. Ein gutes Geschäft für Amazon – und auch für Einzelhändler, nicht nur für die aus China. Amazon profitiert von erfolgreichen Händlern und die profitieren vom Namen Amazon. Für den Kunden jedoch ist es nicht immer sofort ersichtlich, bei wem sie letztlich bestellen.

Mark Steier spricht von “Marktplatzamnesie. Am Ende des Tages weiß keiner mehr, von wem er das Produkt gekauft hat, sondern nur wo – sprich bei Amazon oder Ebay. Natürlich ist es schön, wenn beide Marktplätze deutlicher darstellen, von welchem Händler die Produkte kommen beziehungsweise wo der Händler sitzt. Letztendendes ist das eine Fairness gegenüber den Verbrauchern, damit diese eine bewusste Entscheidung treffen können.” […]

Den vollständigen Beitrag findet ihr hier zum Nachlesen und hier zum Nachhören:

Lesen: http://www.deutschlandfunk.de/onlinehandel-chinesische-haendler-umgehen-umsatzsteuer.724.de.html?dram:article_id=412441

Hören: http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2018/03/07/steuerparadies_mit_billigen_produkten_lueckenhafter_dlf_20180307_1840_ae1f300b.mp3

3. Wortfilter-Händler-Talk: China Händler & Handel 360° 17. Jan. 19:00 live

Im 3. Wortfilter-Händler-Talk werden wir das Thema “China 360°” diskutieren. Wir greifen nicht nur die aktuellen Bedrohungen aus China und die politische Entwicklung auf, sondern wir wollen euch auch aufzeigen, wie ihr einen Weg aus der vermeintlichen Einbahnstrasse findet. Diesmal sind meine Gäste Jens Wasel, Mitgründer und CEO von KW-Commerce, Oliver Prothmann, Präsident des BVOH, Inhaber der Agentur p.digital und Herausgeber des Buches ‘Marketplaces across the World‘. Jens hat eine eigene Niederlassung und ein Lager in China; Oliver war bis vor kurzem mehrere Wochen in China und hat dort an etlichen E-Commerce Veranstaltungen als Speaker teilgenommen. Und als Bonbon kommt vielleicht auch noch einen ‘China-Händler’.

Das Thema: China 360°

Wie stark ist die Bedrohung durch die China-Händler? Was können uns Oliver Prothmann und Jens Wasel dazu sagen? Wie groß ist das Interesse der Händler an Deutschland? Ist da der Zenit schon überschritten oder war alles bis jetzt nur die Vorhut? Was muss die Politik noch leisten, wo sind die Lücken, die geschlossen werden müssen? Wie stark ist denn der Wettbewerbsvorteil?

(Quelle: Amazon Global Store China Eröffnung mir Ralf Kleber, Amazon Deutschland Chef)

Aber auch das wird thematisiert: Welche Lösungen gibt es für deutsche Händler? Lohnt sich der Verkauf in Asien? Hilft es, mit gutem Brandbuilding den Drittlandhändlern hier in Deutschland zu begegnen?

Aber wir möchten auch unsere Erfahrungen mit euch teilen. Welche Erfahrungen haben denn Jens und Oliver in China gemacht? Kann man alle Händler über einen Kamm scheren? Gibt es bestimmte Charaktermerkmale oder Ausprägungen der dortigen Händler?

Wir werden versuchen, dass Thema China-Händler und Handel rundum zu beleuchten. Zum einen möchten wir euch die Herausforderungen, zum anderen aber auch Lösungsansätze aufzeigen.

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Wer ist Jens Wasel?

Jens Wasel ist Gründer und CEO von KW-Commerce. Er zählt zu den bekanntesten und erfolgreichsten Amazon-Händlern in Deutschland. Sein Unternehmen hat eine eigene Niederlassung in China und mit KW-Logistics bietet er auch umfangreiche Dienstleistungen in China an. In der FAZ ist ein sehr schöner Beitrag mit einem Portät von Jens Wasel und seinem Unternehmen erschienen.

Wer ist Oliver Prothmann?

Oliver ist Mitglied des Wortfilter-Experten-Netzwerks. Lest einmal seine Vita. Er war kürzlich viele Wochen in China und hat dort auf Veranstaltungen den chinesischen Händlern die grundsätzlichen Herausforderungen des Onlinehandels erklärt. Er gibt also keinen, der den aktuellen Status quo in China besser kennt als er.

Details: Wann, wie und wo

Der Wortfilter-Händler-Talk ist eine Live-Sendung. Sie wird aus dem Startplatz Köln live auf Youtube und Facebook gestreamt.

Datum & Uhrzeit: Mittwoch, 17. Januar 2018 von 19:00 Uhr bis 20:00 Uhr

Ort: Startplatz Köln,  Im Mediapark 5, 50670 Köln

Tickets: 20 Plätze, erhältlich über Eventbrite und die kosten 5.80€

Youtube: Der Wortfilter-Händler-Talk-Kanal

Facebook: Die Wortfilter-Händler-Talk-Page

Internet: wortfilter-haendler-talk.tv oder wortfilter.de/wht

Rufnummer für Live-Fragen: 0221- die erfahrt ihr in der Sendung

Am Mittwoch um 19:00 Uhr geht es das dritte Mal los und wir würden uns freuen, wenn ihr dabei wärt.

Produziert wird der Wortfilter-Händler-Talk von Gebhardt.Media

Amazon: Finanzamt beschlagnahmt Lager und Guthaben großer China-Händler

Aus China kam die Nachricht, dass am Donnerstag, den 28. Dezember 2017, viele große chinesische Händler auf Amazon.de suspendiert worden seien. Sie erhielten eine Nachricht von Amazon, die darauf hindeutet, dass das deutsche Finanzamt die illegal auf Amazon handelnden Drittland-Händler im Visier hat. Die Händler wurden suspendiert, ihr FBA-Lagerbestand und ihr Amazon Payments-Guthaben wurden beschlagnahmt.

Aufruhr in China

Unter den großen chinesischen Amazon-Händlern herrscht jetzt große Unruhe. Millionen FBA-Lagerbestände und Guthaben der Händler bei Amazon wurden auf Aufforderung des deutschen Finanzamts beschlagnahmt und die Seller-Accounts sind suspendiert worden.

Mein chinesischer Informationsgeber sprach von Panik, die unter den dortigen Händlern herrscht: “Das Thema ist seit gestern im CN Verkäufer Kreis explodiert. Fast nur größere Verkäufer waren betroffen. […] Es wurden größere Verkäufer mit Haus Nr. FBA Lagerbestand 2 -3 Mio. Euro gesperrt und erzeugt daher Panik in Seller-Kreis”, so die original Nachricht, die ich erhalten habe.

Das Finanzamt hat tatsächlich ernst gemacht

Das wird recht schnell klar, wenn ihr euch die sinngemäße Übersetzung der Amazon-Nachricht durchlest:

“Amazon erhält Mitteilung von deutsche “Steuer Institute” (also Finanzamt), dass Sie die Anforderung von Regelung der deutsche Umsatz-Steuer nicht erfüllt”. Sie dürfen nicht mehr auf Amazon verkaufen. Sie dürfen Ihren Lagerbestand in FBA nicht zurücknehmen, denn deutsche Gesetzen fordert uns auf, die Waren zu sperren, bis Sie die Anforderung von deutsche Finanzamt erfüllt haben. Wenn Sie noch Guthaben auf ihrem Amazon Payments Europe S.C.A Konto haben, wird es nach Anforderung von Deutschem Finanzamt ebenso gesperrt.”

Offensichtlich ist das Finanzamt dann noch kurz vor Jahresende aktiv geworden und hat Lagerbestände und Guthaben großer China-Händler beschlagnahmt. Das hat dann natürlich auch eine sofortige Suspendierung der Amazon-Accounts zur Folge.

Und so erkennt ihr sie

(Quelle: Screenshot Amazon)

Solche ‘beschlagnahmten’ Accounts erkennt ihr recht einfach daran, dass sie im Moment keine Artikel online haben, jedoch innerhalb der letzten 30 Tage fleißig Bewertungen sammelten.

Liste der beschlagnahmten Accounts

Ich hoffe, dass ich in den kommenden Tagen eine Liste der beschlagnahmten China-Händler-Accounts erstellt bekomme. Ich werde sie dann unverzüglich veröffentlichen.

English Version translated with deepl.com

Amazon: Tax office confiscates warehouse and assets of major China dealers

From China came the news that on Thursday, 28 December 2017, many large Chinese traders were suspended from Amazon. de. They received a message from Amazon indicating that the German tax office is targeting the illegal third-country traders on Amazon. The merchants were suspended, their FBA inventory and Amazon Payments were confiscated.

Turmoil in China

There is now great unrest among the large Chinese Amazon traders. The German Tax Office requested Amazon to suspend Millions of FBA Stocks, their Assets, and the Mechant Accounts.

My Chinese informant spoke of panic among the local traders:”The subject has exploded in the CN salesmen’s circle since yesterday. Almost only larger sellers were affected. [..There were bigger sellers with house no. FBA inventory 2 -3 million euros blocked and generates therefore panic in seller circle”, so the original message, which I have received.

The IRS has actually taken the matter seriously

This becomes clear quite quickly when you read the analogous translation of the Amazon message:

“Amazon receives notice from German “Steuer Institute” (i. e. tax office) that you do not meet the requirement of regulation of German sales tax”. You are no longer allowed to sell on Amazon. You may not take back your stock in FBA, because German laws require us to block the goods until you have met the requirement of the German tax office. If you still have credit on your Amazon Payments Europe S. C. A. account, it will be blocked at the request of the German tax office.”

Obviously, the tax office became active shortly before the end of the year and confiscated stocks and assets of large Chinese traders. This will of course result in an immediate suspension of the Amazon accounts.

List of confiscated accounts

I hope that in the next few days I will get a list of confiscated China merchant accounts. I will publish them immediately.

Translated with www.DeepL.com/Translator

Viele asiatische Online-Händler zahlen keine Umsatzsteuer – Fernsehtipp

Das ARD Politik Magazin Kontraste sendet heute einen Beitrag über den Umsatzsteuerbetrug durch asiatische Online-Händler auf den großen Plattformen eBay und Amazon. Letzte Woche war ich zu einem ausführlichen Interview im Berliner ARD Hauptstadt-Studio. Während des Interviews zeigte ich u.a. live die Umsatz-Auswertung eines chinesischen Händlers und verdeutlichte den entstandenen wirtschaftlichen und steuerlichen Schaden. Die Sendung wird am 23.02.2017 und 21:45Uhr ausgestrahlt. Hier nun die Ankündigung von ARD und rbb:

Viele asiatische Online-Händler zahlen keine Umsatzsteuer

Deutschland entgehen Hunderte Millionen Euro Umsatzsteuern: Online-Händler, speziell aus dem asiatischen Raum, die über Amazon dun Ebay verkaufen, zahlen nach rbb-Recherchen nicht. Zuständig für China ist das Finanzamt in Berlin-Neukölln.

Online-Händler speziell aus dem asiatischen Raum hinterziehen offenbar in erheblichem Umfang Umsatzsteuern. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste handelt es sich dabei vor allem um Anbieter, die ihre Produkte über die Plattformen Amazon und Ebay vertreiben.

Rund 800 Millionen Euro Verlust

Der Finanzanalyst und Betreiber eines Branchendienstes für E-commerce, Mark Steier, schätzt den Schaden für den deutschen Fiskus bezogen auf die beiden großen Marktplätze auf rund 800 Millionen Euro pro Jahr. Nach seinen Recherchen sind 99, 8 Prozent der chinesischen Händler, die in Deutschland ihre Ware lagern und anbieten, steuerlich gar nicht angemeldet und haben auch keine Umsatzsteueridentifikationsnummer beantragt.

Neuköllner Finanzamt für China zuständig

Die deutschen Finanzämter haben die Zuständigkeit für den Online-Handel bundesweit aufgeteilt. Für die in Bezug auf die Hinterziehung von Umsatzsteuern besonders auffälligen chinesischen Händler ist das Berliner Finanzamt Neukölln zuständig.

Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) fordert deshalb jetzt mehr Transparenz im Online-Handel: “Wir wollen gerne von den Plattformbetreibern die Informationen über die Firmen haben, die auf den Plattformen anbieten”. Zu einem transparenten Wirtschaftssystem und zu einem gerechten Wirtschaftssystem gehöre es dazu, dass Unternehmen Steuern zahlten, fügte er hinzu.

600 Jahre der Online-Entwicklung hinterher

Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, beklagt in der Kontraste-Sendung die fehlenden Ressourcen der deutschen Finanzämter, um die Steuerhinterziehung im Online-Handel wirkungsvoll zu bekämpfen: “Nach meiner festen Überzeugung laufen die 600 deutschen Finanzämter dieser gesamten Online-Entwicklung vermutlich um Jahre hinterher.” (Quelle: Ankündigung auf rbb-online.de und presseportal.de)

Link zur Sendung & zur Mediathek

Hier der Link zur Sendung. Wer den Beitrag verpasst, kann ihn später in der Mediathek anschauen.

[BTW:  Der Titel “Finanzanalyst” ist wohl medialer Kreativität geschuldet. Ich selber nannte mich Marktplatzkenner bzw. Marktplatzexperte]

c’t Bericht: Die Milliarden-Lücke

Behörden nehmen Online-Händler ins Visier

von Christian Wölbert

Chinesische Online-Händler machen dank Amazon und eBay ein Riesengeschäft in der EU, versteuern ihre Umsätze aber nicht: Sie mogeln sowohl beim Direktversand als auch bei der Lieferung über EU-Zwischenlager. Nun laufen erste Gegenmaßnahmen an.

eBay Cassini Suchergebnisse: China Händler unter ferner liefen

(Titelbild Quelle: onlinemarktplatz.de)

eBays Cassini rankt Händler mit Versand aus China schlechter

Gute Nachricht für die Händler: eBay gab am Rande und fast unhörbar in einem Nebensatz auf dem #tdoh16 bekannt, dass sie die China-Händler, die aus China direkt versenden, deutlich schlechter in den Suchergebnissen darstellt. Eine Überprüfung zeigt, dass die Angaben stimmen. Anfang des Jahres ergab die Suche nach „e27 led“ noch 3 Händler in den ersten 5 Suchergebnissen. Aktuell findet sich unter den ersten 5 Suchergebnissen kein chinesischer Händler. Könnt ihr mein Ergebnis bestätigen?

Gute Entscheidung, falsche Motivation?

Nein, ich denke nicht, dass die Entscheidung aus einer falschen Motivation heraus getroffen wurde. Im Gegenteil. Ursächlich wird hier der Blick auf das Kauferlebnis gewesen sein. Kein Konsument erfreut sich langer Lieferzeiten und möglichen Herausforderungen beim Zoll.

Kann und soll dieser konsumentenzentrierte Gedanke weiter fortgesetzt werden?

Marktplätze und Plattformen stecken ja grundsätzlich in dem Dilemma, dass von der Händlerschaft oft erwartet wird, dass sie „staatliche“ Aufgaben wahrnehmen sollen. Als Beispiel äußern Marktplatzhändler oft den Wunsch, dass die Plattformen „Privatgewerbliche“ vom Handel ausschließen sollen. Vertreter der Marktplätze weisen dann jedoch darauf hin, dass dies nicht ihre Aufgabe sei. Und dem stimme ich zu.

Unfairer Wettbewerb im Online-Handel (Quelle: heise.de)

Aber: Solche Anbieter-Gruppen bescheren den Konsumenten schlechte Kauferlebnisse, wie eine Untersuchung von heise.de 2015 zeigt. Und gerade deshalb ist es für alle Plattformen wichtig, das Kauferlebnis der Konsumenten zu sehen, wenn er Produkte zweifelhafter Herkunft erwirbt. Der Konsument differenziert am Ende des Tages nicht, bei welchem Händler er gekauft hat, sondern nennt den Marktplatz. Dieses Verhalten kennen viele unter dem Begriff „Marktplatzamnesie.“

Internationaler Handel muss seine Grenzen haben

Cross Border Trade ist wichtig, richtig und gut. Aber genau da wo der Handel in Gefahr läuft, gegenüber Käufern schlechte Erfahrungen zu produzieren, muss ihm Grenzen gesetzt werden. Ich wünsche mir, dass die Plattformen diesen Gedanken weiter umsetzten!

Zum Schluss ein sehr lesenswerter Artikel

„Maximaler Profit, minimales Risiko- Amazons unfaires China-Business“, erschienen in der c’t Ausgabe 20/2015. Schade finde ich, dass sich der Artikel ausschließlich auf Amazons China Business konzentriert, denn das ist falsch. Auch eBay unterstützt erheblich chinesische Händler bei ihrem Markteintritt in Deutschland und die EU. Und das mit den identischen Konsequenzen für Händler und Konsumenten, wie der c’t Artikel beschreibt.

Und etwas zum Nachdenken, Kommentar eines Händlers:

„Update: After doing some research, we finally were able to figure out setting up a UK Ltd. to start selling in Europe! We decided to cancel the VAT and EORI for our US LLC and do it right from the beginning. The benefits of the UK Ltd. weren’t very clear in Module 10, but the reason for the UK entity is to save money on currency exchange and the VAT revenue thresholds. In fact, we will save over $20k in VAT-free revenue between the UK and Germany alone!“