Dass es beim D2C-Marken und Amazon-FBA-Businessaufkäufer Thrasio zu einer Entlassungswelle kommen wird, ist seit Wochen aus der Gerüchteküche laut zu hören. Von bis zu 500 Entlassungen ist die Rede. Das ist spektakulär. Jetzt soll auch noch der CEO seinen Hut nehmen, so berichtet Businessinsider.

Thrasio: Der tiefe Fall?

Der Börsengang kam nicht zu Stande, immer mal wieder war zu hören, dass das Unternehmen vor Problemen steht und in den letzten Monaten ist es ruhig geworden. Nicht nur Thrasio, sondern auch die anderen D2C-Aufkäufer sind sehr still. Aber das jetzt eine Massenentlassung passieren soll, deutet darauf hin, dass das Unternehmen existenzielle Herausforderungen zu meistern hat. Das ist ein Abstieg. Vom Branchenführer zum Sanierungsfall? Ja, das darf angenommen werden.

Auf Carlos folgt Greg

Auf Carlos Cashman – was für ein Name – soll Greg Greeley, ein Ex-Amazonian folgen. Cashman wird dem Unternehmen jedoch erhalten bleiben. Das ist aber auch nicht die erste Personalie der ersten Reihe, die sich von ihrem Posten verabschiedet. Bereits 2021 schied einer der Gründer aus dem Unternehmen aus. Offensichtlich, so ist einer Mail zu entnehmen, hat Thrasio sich mächtig verhoben und ächzt unter dem schnellen Wachstum, welches zu Chaos in den Unternehmensprozessen und Strukturen geführt hat.

Greg solls richten. Mit kleinerer Thrasio-Mannschaft.

Es darf also vermutet werden, dass Thrasio in naher Zukunft kaum noch einkaufen geht. Das Unternehmen wird mit sich selbst beschäftigt sein und erst einmal Ordnung schaffen. Dabei dürfen wir gespannt sein, wer in Deutschland Opfer der Aufräumaktion werden wird. Auch hierzulande ist es still um Thrasio geworden. Dabei hatte noch vor Monaten Georg Hesse, auch ein Ex-Amazonian, angekündigt, ein eigenes Fulfillment aufbauen zu wollen. Das wird dann wohl nix.

»Die Leute haben versucht, das Flugzeug so zu bauen, wie sie es fliegen, aber um ein Flugzeug zu fliegen, braucht man Treibstoff. Und der Treibstoff wären in diesem Fall die Daten und die Informationen und die Struktur – und wir hatten sie nicht. Nichts davon«, sagte ein anderer ehemaliger Mitarbeiter zu Insider. »Es ist also so, als würden wir ein Flugzeug bauen, das nirgendwo hinfliegt, weil es keinen Treibstoff gibt. Es gibt keine Infrastruktur, um es anzutreiben.«

Ein ehrlicheres Statement wird wahrscheinlich nicht zu bekommen sein. Es darf also auch unkommentiert im Raum stehen.

Fazit: Große Klappe nichts dahinter

Das klingt bitter, aber so scheint es zu sein. Jedenfalls, wenn man internen Mails und den Mitarbeiterstimmen von Thrasio glauben schenken darf. Da hat das Management den Mund zu voll genommen. Der Fairness halber muss aber auch gesagt werden, dass nicht nur Thrasio auf die Bremse getreten ist. Gute News gibt es nur von wenigen der Aufkäufer zu lesen.

Tatsächlich haben sich die Rahmenbedingungen sehr stark geändert: Pandemie, Krieg, Inflation, Lieferkettenprobleme und eine sehr zurückhaltende Verbraucherstimmung bestimmen aktuell die Handelslandschaft. Das bedeutet, dass die hinter den Aggregatoren stehenden Kapitalgeber ihren Geldsack vorerst sehr zugeschnürt halten. Weil? Eine Erfolgsgeschichte kann kaum noch ein Unternehmen schreiben. Viele Verkäufer bekommen das aktuell zu spüren. Keiner hat mehr Lust, sie zu kaufen.

Jetzt zeigt sich aber auch, wie wenig Substanz sämtliche Meldungen der Aggregatoren hatten, wie viel Geld sie eingesammelt haben. Was helfen Kreditzusagen, wenn diese nicht abgerufen werden können oder wenn die Auflagen so hoch sind, dass sie faktisch nicht mehr erfüllbar sind, wenn es um die Übernahme eines Targets geht?

Von dieser Entwicklung sind alle Aggregatoren betroffen. Aber besonders bei denjenigen, die mit großer Klappe aufgetreten sind, scheint das Licht gerade sehr dunkel.