Der Onlinehandel profitiert von der Krise. So ist es in Medien und Nachrichten zu hören und zu lesen. Eine Mär, ein gefährliches Märchen, dass dem Onlinehandel und vielen Händlern schadet. Warum? Das erfahrt ihr in diesem Artikel.

Umsätze sind nicht alles, der Ertrag macht es!

Von Wettbewerbern und stationärem Handel beneidet werden Händler, die in Zeiten der Krise explodierende Umsätze vermelden können. Dazu gehören zum Beispiel Consumer-Elektronik-Händler oder Seller, die auch Lebensmittel handeln. Doch trotz der hohen Umsätze zeigen sich viele Merchants unzufrieden und beklagen, dass ihre gefährliche Situation kaum betrachtet wird.

»Zwar hat sich mein Umsatz verdoppelt, doch auch meine Kosten sind um 30 – 40% gestiegen. Ich darf weder die Preise anheben [Anm. Händler verkauft über Amazon] noch finde ich auf die Schnelle Personal, um einen Dreischicht-Betrieb sicher zu führen«, sagt ein mitteldeutscher Onlinehändler mit achtstelligem Jahresumsatz allein über Amazon Marketplace.

Was helfen also steigende Umsätze, wenn die Kosten stärker steigen als der Ertrag? »Es fällt mir schwer, zu messen, ob ich aktuell Geld verliere oder gewinne«, so der Händler. Tatsächlich war aus vielen Gesprächen mit Onlinehändlern zu hören, dass zwar ihre Umsätze – je nach Sortiment – gestiegen sind, jedoch beklagten sie einen enormen Kostenanstieg.

Logistikkosten explodieren. Es fehlt an Personal.

Viele Händler führten aufgrund der Krise ein Mehschichtsystem in ihren Lagern ein. Das bedeutete für sie, dass zunächst ihre Performance massiv gesunken ist. Ein süddeutscher Händler klagt: »Durch das Schichtsystem schaffe ich meine normale maximale Tagesleistung von 3.500 Paketen nicht mehr.« Einige Onliner versuchen, sich mit Leiharbeitern zu helfen. Diese kosten viel und sind nicht immer geeignet. »Du kennst es ja selbst, von 5 Leiharbeitern taugt vielleicht einer etwas«, merkt der gleiche Händler an.

Die Marktplätze strafen ab

Sowohl Amazon wie auch eBay sind bemüht, die Preise stabil zu halten. Beide Plattformen drohen mit empfindlichen Strafen, wenn Händler sie derzeit anheben. Amazon suspendiert fleißig Accounts. Für Händler bedeutet es, dass sie ihre stark explodierenden Kosten weder auffangen noch an den Verbraucher weitergeben können. Daher schlussfolgern nicht wenige Betroffene, dass sie zwar mehr Umsatz, aber weniger Ertrag, wenn nicht gar Minus machen werden. »Ich hatte kürzlich einen Anruf von Amazon. Der Mitarbeiter verstand gar nicht, dass ich höhere Kosten habe und verlangte durch die Blume, dass ich meine Preise nicht anhebe. Ansonsten würde mein Account gesperrt werden«, so ein rheinländischer Amazon Seller.

Zwickmühle der Händler

Ungesundes Umsatzwachstum, negative Erträge und fehlende Möglichkeiten der Kostenweitergabe bringen gerade mittelgroße Händler in echte Bedrängnis. Lösungen sind nicht in Sicht und die Unterstützung der Hauptabsatzkanäle fehlt. Während mit eBay individuelle Gespräche möglich sind, versagt Amazon hier auf ganzer Linie. Dort droht man mit Account-Suspendierungen! Aber die Medien kolportieren den Onlinehandel als großen Profiteur der Krise.

Fazit: Die Händler sitzen in einer Zwickmühle.

(Anmerkung: Keine der befragten Onlinehändler war bereit, sich öffentlich zitieren zu lassen. Zu groß war die Angst vor Amazon.)