Auch aufgrund meiner Anregung, hat sich der Händlerbund, Europas größter Onlinehändlerverband, dem Thema “Scheinprivate Onlinehändler” angenommen. Der Verband startete bereits im Februar eine Umfrage, an der 1200 Onlinehändler teilgenommen haben. Ziel war es, eine Studie zu erstellen, um die Frage zu beantworten, in wieweit scheinprivate Onlinehändler den fairen Wettbewerb beeinflussen.
Private und gewerbliche Händler unterscheiden
Die eindeutige Identifikation von scheinprivaten Händlern ist schwierig und Übergänge zum privaten Gewerbe verschwimmen oft. Die Gerichte haben Kriterien herausgearbeitet, welche die Unterscheidung zwischen privatem und gewerblichem Handeln erleichtert:
– übermäßig viele Verkäuferbewertungen in einem kurzen Zeitraum
– große verfügbare Stückzahlen
– Varianten des Produktes, wie unterschiedliche Größen und Farben
Der Bundesgerichtshof formulierte 2008: “Ob ein Anbieter von Waren auf einer Internet-Plattform im geschäftlichen Verkehr oder im privaten Bereich handelt, ist aufgrund einer Gesamtschau der relevanten Umstände zu beurteilen. Dazu können wiederholte, gleichartige Angebote, ggf. auch von neuen Gegenständen, Angebote erst kurz zuvor erworbener Waren, eine ansonsten gewerbliche Tätigkeit des Anbieters, häufige sogenannte Feedbacks und Verkaufsaktivitäten für Dritte rechnen.”
Die Studienergebnisse
Der Händlerbund hat nun seine Umfrageergebnisse ausgewertet und präsentiert diese im Rahmen einer Studie, die ich auch hier vorstellen möchte:
Schwarze Schafe bei eBay, Amazon und Co.. Rund 86 Prozent der Befragten stießen bereits einmal auf solche, die ihr Geschäft nur scheinbar als private Anbieter betreiben.
Zu finden sind diese nicht nur auf Online-Marktplätzen wie eBay (83 %), DaWanda (15 %) oder Amazon (13 %), sondern auch in Verkaufsgruppen des sozialen Netzwerks Facebook (3 %).
Der beste Weg ist, den Händler mit einem formlosen Schreiben zunächst auf sein rechtswidriges Verhalten hinzuweisen. Die Studie des Händlerbundes allerdings zeigt, dass mehr als ein Drittel selbst nach mehrmaligem Kontakt nicht reagiert und sein Geschäft unbeirrt weiterführt.
Nur ein geringer Teil der Befragten geht härter gegen scheinprivate Händler vor und nutzt das Mittel der Abmahnung (4 %), eine Information an die Steuerbehörde (8 %) oder das Ordnungsamt (2 %), um Abhilfe zu schaffen.
Scheinprivate Händler verletzen Wettbewerbs- und Käuferrechte
Online-Händler, die nur scheinbar als private Anbieter auftreten, verschaffen sich einen unfairen Wettbewerbsvorteil gegenüber der Konkurrenz ? eine Erkenntnis, die 96 Prozent der Befragten bestätigen.
Wer als scheinprivater Händler im Internet verkauft, umgeht Gewährleistungspflichten, das Widerrufsrecht und verzichtet auf Impressum und Steuernummer. Bei Produkten im höheren Preissegment, wie beispielsweise bei Fahrzeugen, schlägt sich die nicht abgeführte Mehr- und Umsatzsteuer deutlich im Preis nieder.
Bemerkt der Käufer nach dem Kauf einen Mangel, hat er beim Privatkauf keinerlei Rechte, das erworbene Produkt oder die Dienstleistung zu reklamieren oder vom Kauf zurückzutreten. Die Missachtung der Käuferrechte bemängeln 85 Prozent der Befragten.
Der Großteil der Teilnehmer stimmt der Aussage zu, dass scheinprivate Händler den fairen Wettbewerb gefährden (80 %) und ein schlechtes Licht auf den Onlinehandel werfen (65 %).
Was hat diese Studie für eine Aussagekraft?
Betrachtet man andere Studien, zum Beispiel des EHI, so wird an der von Händlerbund erstellten Untersuchung die enorme Teilnehmerzahl im Verhältnis zur Gesamtmenge deutlich. Das unterstreicht nicht nur die enorme Relevanz des Themas, sondern verdeutlicht auch, wie gut aus der Stichprobenmenge auf die Gesamtmenge geschlossen werden kann.
Und wer sollte nun was tun?
Zunächst einmal möchte ich eine absolute Lanze für den Händlerbund brechen. Er war der einzige Verband, der sich dieses Problems angenommen hat. Und ich habe bei so einigen Verbänden vorgesprochen! An dieser Stelle möchte ich mich ausdrücklich beim Händlerbund und bei Tim Arlt dafür bedanken.
Es darf allerdings jetzt nicht dabei bleiben, nur den Zustand und die Relevanz zu erfassen. In meinen Augen ist es nun wichtig, das Thema weiter in den Medien verbreiten, an die Politik zu adressieren und natürlich (und das sehe ich als den schwierigsten Part) zu versuchen, auch andere Verbände mit ins Boot zu nehmen.
Meiner Meinung nach darf und muss auch über den Einsatz des Instruments der Abmahnung gegen solche “Kollegen” nachgedacht werden. Damit ein Verband selber abmahnen darf, benötigt er eine Erlaubnis. Der Händlerbund sollte diese alsbald beantragen!
Im Rahmen der “Fair Commerce”-Initiative des Händlerbunds hat der Verband ja Verhaltensregeln formuliert, die das übermäßige Abmahnen eindämmen. Diese unterstütze ich auch. Insoweit soll und muss denkbar sein, dass ein scheinprivater Händler zunächst erst einmal kostenfrei angeschrieben werden soll, und im Falle dessen, dass er nicht reagiert, ist eine Abmahnung auszusprechen!
Und hier meine Frage an meine Leser: Was haltet ihr von dieser Vorgehensweise?
PS: Allen Unkenrufen zum Trotz, genau das ist der Grund, warum ein Verband notwendig ist. Deshalb klar, deutlich und mit Nachdruck: Werdet Mitglied bei haendlerbund.de!
[UPDATE:] Und hier macht der Händlerbund Nägel mit Köpfen: Konkrete Maßnahmen und Hilfen gegen die Scheinprivaten! Das ging fixer als erwartet.