Die Gerichte, insbesondere die Kammerrichter, finden ihre Wettbewerbskammern gut. Sie sind teilweise beliebt, weil jeder Abmahner bisweilen sein Gericht auswählen konnte, bei dem er sich sicher war, dass seine Abmahnung oder EV durchgewunken wird. Das hat sich seit Dezember 2020 geändert, denn der sogenannte ›fliegende Gerichtsstand‹ wurde abgeschafft. Die Richter des LG Düsseldorf fanden das nicht So klasse und wollten einen Fall durchschleusen, der eigentlich nach Rheinland-Pfalz gehörte. Das klappte auch, aber nur in diesem Fall, denn das Obergericht – in der kleinen Stadt am Rhein mit dem gar nicht leckeren Bier – hat für zukünftige Verfahren den Richtern des Landgerichts einen Riegel vorgeschoben.

Zunächst aber will verstanden werden, warum die Richter vieler Landgerichte den Wegfall des ›fliegenden Gerichtsstandes‹ doof finden. Ganz einfach: Sie sehen sich selbst schon wieder als Familien- oder Strafrichter eingesetzt, weil ihre Kammern wegen Unterlastung geschlossen worden sind. Nur auf einige wenige Gerichte konzentrierte sich das Abmahnwesen. Hamburg, Dortmund und Düsseldorf waren wegen ihrer Rechtsprechung bei den Abmahnern beliebt. Deren Rechtsanwälte wussten genau, was wo und ohne Herausforderung durchgereicht werden konnte. Ohne die freie Gerichtswahl sieht das nun anders aus. Denn viele Gerichte ›asinae mundi‹ haben so viel Ahnung vom Wettbewerbsrecht wie das Schwein vom Fahrradfahren. Nämlich keine! Nicht klasse für die Abmahner, die Anwälte und eben auch nicht für die bisher gut ausgelasteten Handelskammern einiger weniger Gerichte.

Exkurs: Einige Richter in NRW vertraten die Leseart, dass wenn ein Kunde (Testkäufer) aus dem Gerichtsbezirk des jeweiligen Gerichts käme, dann wäre auch dieses Gericht zuständig. Das hört sich nach einer starken Verbiegung des Gesetzes an und darf auch sicher so verstanden werden.

Aber nun zurück zum eigentlichen Fall, dem Urteil und dem Beschluss des OLG Düsseldorf. »In dem zugrundeliegenden Fall verlangt ein Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen von einem in Rheinland-Pfalz sitzenden Unternehmen Unterlassung angeblich irreführender Werbung auf verschiedenen Kanälen (Fernsehen, Internet, Print). Das Landgericht Düsseldorf bejahte seine Zuständigkeit und untersagte mit einstweiliger Verfügung vom 15. Januar 2021 die Werbung.

Die Antragsgegnerin, das werbende Unternehmen, wandte sich mit seiner sofortigen Beschwerde gegen diese Entscheidung, soweit sie Werbung im Internet und anderen Telemedien betraf. Sie hält das Landgericht Düsseldorf für unzuständig. Die sofortige Beschwerde hat zwar keinen Erfolg, weil sie nicht das richtige Rechtsmittel gegen die Entscheidung ist. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat jedoch deutlich gemacht, dass die Zuständigkeitsfrage anders zu beurteilen ist«, so Rechtsanwalt Dr. Bahr. Und weiter: »Das Landgericht sah diese Beschränkung auf Fälle begrenzt, in denen lediglich internetspezifische Wettbewerbsverstöße geltend gemacht werden. Da dies vorliegend nicht der Fall war, sah es den ›fliegenden Gerichtsstand‹ weiterhin gegeben.

Der Wettbewerbssenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf dagegen sieht keinen Raum für eine solche einschränkende Lesart der neuen Vorschrift. Danach wäre im vorliegenden Fall ein Gericht in Rheinland-Pfalz zuständig

Fazit: Was die Kosten- und Rechtssicherheit angeht, wird der Wegfall der freien Gerichtswahl sehr ambivalent beurteilt. Einige verteufeln ihn, andere finden ihn gut. Insgesamt ›meckern‹ viele Anwälte über die neue Gesetzgebung und die Sichtweisen manch unerfahrener Richter. Ob das nun gut oder schlecht für die Abmahner/Abgemahnten ist, sei einmal dahingestellt.