Bereits im April dieses Jahres verlor der Abmahnverband IDO ein Verfahren gegen einen Amazon Händler (6 U 30/18) OLG Schleswig-Holstein. Der Abmahnverein glaubte eine Vertragsstrafe realisieren zu können. Das hat nicht geklappt. Dieses OLG Urteil ist deshalb für alle Amazon Händler wichtig, weil es einen wichtigen Aspekt klärt, nämlich den des Verschuldens bei Verstößen gegen eine Unterlassungserklärung.

Worum ging es?

Der Amazon Händler wurde wegen Mängeln in der eigenen Artikel Beschreibung abgemahnt. Er gab eine strafbewährte Unterlassungserklärung ab. Verstößt er gegen diesen Vertrag, muss er eine Vertragsstrafe zahlen.  Böse Zungen mutmaßen, dass die Realisierung von Vertragsstrafen ein Geschäfts Modell des IDO sei.

Exkurs: Die Herausforderung bei Amazon Angeboten für die Händler ist, dass sie nicht Herr der Listings sind. Sprich andere Seller können sich an die Angebote dranhängen und diese verändern. Das macht es besonders schwer für die Merchants eine einmal abgegebene Unterlassungserklärung einzuhalten.

Nunmehr wurde das Angebot verändert und der IDO hörte schon die Kasse klingeln. Weit gefehlt, denn der Händler wehrte sich mit Erfolg! Der IDO unterlag in der ersten und zweiten Instanz. Und das ist jetzt wichtig!

Alles dreht sich ums Verschulden

Die Verwirkung einer Vertragsstrafe setzt grundsätzlich ein verschulden des Händlers voraus. Hat er nichts falsch gemacht, dann wird es also auch nichts mit der Vertragsstrafe. Konkret in diesem – und dann auch in anderen, vergleichbaren Fällen – bedeutet es, dass der Seller Sorgfalt walten lassen muss und schon ist er >aus dem Schneider<.

Hier hat das erstinstanzliche Gericht festgestellt „Zwar sei ein Verstoß gegen die strafbewehrte Unterlassungserklärung festzustellen, aber es mangele an einem Verschulden der Beklagten, da diese ihr Sortiment fast werktäglich auf problematische Begriffe in der Artikelbeschreibung überprüft habe.[…] Ein Verschulden liege jedenfalls dann nicht vor, wenn der Schuldner alle ihm zumutbaren Anstrengungen unternommen habe, um einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung weitestgehend zu verhindern. Eine Echtzeitüberwachung des gesamten Sortiments sei aus praktischen Gründen nicht möglich. Daran ändere die vom Kläger geforderte Softwarelösung nichts. Eine nahezu werktägliche Überprüfung sei jedenfalls ausreichend, da eine engmaschigere Kontrolle mangels Zumutbarkeit nicht zu fordern sei. Auch das gänzliche Unterlassen von Angeboten auf der Plattform Amazon Marketplace sei aufgrund der allgemeinkundigen Bedeutung dieser Form der Vermarktung nicht zumutbar.“

Fazit: Wer nahezu werktäglich seine Angebote z.B. mittels Software überprüft, dem ist ein verschulden nicht anzurechnen und er schützt sich damit geeignet gegen eine Vertragsstrafe.

Das OLG urteilt nun „Die vom Landgericht festgestellte nahezu werktägliche Überprüfung der Angebote der Beklagten durch Stichwortsuchen entkräftet die Verschuldensvermutung. Die Frequenz und die Art und Weise der Überprüfungen genügen bezogen auf das streitgegenständliche Warenangebot sogar den vom Bundesgerichtshof im Rahmen der Störerhaftung im Markenrecht aufgestellten Anforderungen. Hiernach ist dem Anbieter auf dem Amazon Marketplace zuzumuten, ein von ihm dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum eingestelltes Angebot regelmäßig darauf zu überprüfen, ob rechtsverletzende Änderungen vorgenommen worden sind (BGH, Urteil vom 03.03.2016 – I ZR 140/14, GRUR 2016, 936, 938 Rn. 24 – Angebotsmanipulation bei Amazon). Weitergehende Anforderungen sind an einen Unterlassungsschuldner zur Vermeidung der Verwirkung einer wegen eines Wettbewerbsverstoßes versprochenen Vertragsstrafe nicht zu stellen.“

Bestimmung der Prüffrequenz

Und auch dazu lässt sich das Gericht aus. Es differenziert zwischen einfachen und komplexen Artikeln. „Bei solcher „Standardware“ ist die Prüfpflicht intensiver, als bei Produkten, die von eher wenigen Händlern angeboten werden. Im Übrigen spielt es auch eine Rolle, wie komplex eine Ware ist, also wie wahrscheinlich etwaige Fehler in der Artikelbeschreibung sind. Hochkomplexe technische Produkte halten insofern auch zu einem höheren Prüfungsmaßstab an, als simple oder standardisierte Produkte wie z. B. Bücher. Darüber hinaus kann es auch darauf ankommen, ob ein Fehler in der Artikelbeschreibung schwerwiegende Folgen haben kann, etwa wenn er Sicherheits- oder gesundheitsbezogene Angaben betrifft.“, es ging hier um eine Bratpfanne und einen Toaster.

Downloadlink: Das vollständige Urteil könnt ihr euch hier durchlesen.

Fazit

Dieses OLG Urteil ist hilfreich für die Händler und gibt ein wenig Anleitung wie und mit welchen Mitteln ihr euch gegen mögliche Vertragsstrafen wirksam schützen könnt.