Von Stephanie Kumar | Google – Stellen Sie sich die folgende Situation vor: Sie renovieren Ihr Badezimmer und gehen in den Baumarkt, um alles Nötige zu besorgen. Im Geschäft fühlen Sie sich von dem schier unglaublichen Angebot an Wasserhähnen überwältigt – und dazu kommt noch das ganze Zubehör für die Montage. Sie sind sich ziemlich sicher, dass Sie die zusätzlichen Schrauben gar nicht brauchen, aber sie kommen Ihnen irgendwie bekannt vor. Eigentlich hatten Sie sich auch schon für einen WC-Hersteller entschieden, dessen Produkte Ihren Vorstellungen entsprechen. Aber auf einmal entdecken Sie eine Marke, die Ihnen bisher noch nicht untergekommen ist.
Was machen Sie nun? Gehen Sie wieder nach Hause, um nach weiteren Informationen zu suchen, oder holen Sie einfach Ihr Smartphone aus der Tasche und sehen sich ein Video an? Für immer mehr Nutzer sind Videos ein probates Hilfsmittel bei der Kaufentscheidung: Mehr als 55 Prozent aller Käufer weltweit geben an, dass sie sich beim Einkaufen im Geschäft Onlinevideos ansehen.1
Dieses überraschende Kaufverhalten haben wir bei einer weitreichenden quantitativen und qualitativen Studie entdeckt. Dabei haben wir mehr als 24.000 Personen in zehn Ländern befragt und 125 persönliche Interviews geführt, um die Nutzung von Onlinevideos besser zu verstehen.2
Die Studienergebnisse zeigen, wie Kunden auf der ganzen Welt in der letzten Phase des Kaufprozesses von Videos profitieren. Hier finden Sie drei besonders interessante Beispiele dafür.
Videos als virtuelle Einkaufslisten
Überraschend war, dass einige Nutzer komplett auf handgeschriebene oder digitale Einkaufslisten verzichten. Stattdessen setzen sie auf Videos. „Ich schreibe keine Listen. Ich habe alles im Kopf. Wenn ich dann in der Sanitär‑ oder Elektroabteilung stehe, sehe ich mir das Video noch einmal an. So weiß ich, dass ich nichts vergessen habe“, erklärte uns ein Befragter.
Sie stehen in den Gängen von Baumärkten, Bastelläden oder Supermärkten und sehen sich genau die Videos an, die in erster Linie ausschlaggebend für den Ladenbesuch waren. Videos wie das Tutorial zum Tres-leches-Kuchen des YouTube-Kanals “Binging with Babish” oder diese von Schulmaterial inspirierten Do-it-yourself-Ideen sind für Nutzer sehr hilfreich. Dadurch erinnern sie sich wieder daran, was sie überhaupt kaufen wollten. „Wenn ich im Geschäft stehe und die Zutaten nicht mehr auswendig weiß, sehe ich mir einfach das Video an. Ich gehe auf die entsprechend Seite, rufe das Video auf und kaufe, was ich brauche“, sagte eine Kundin, mit der wir gesprochen haben.
Manchmal geht es auch nur darum, dass man sich nicht mehr an eine bestimmte Empfehlung eines YouTubers erinnern kann. „Ich sehe mir Videos an, wenn ich nicht mehr genau weiß, über welches Produkt ein Vlogger gesprochen hat. Ich muss dann genau die Stelle finden, an der er sagt: ‘Das ist meine Empfehlung’“, erzählte uns ein Interviewpartner.
Videos geben Menschen Selbstvertrauen
Wenn Nutzer mehr Informationen zu einem Produkt benötigen oder nicht sicher sind, wo sie es finden, sehen sie sich Videos wie das auf dem Kanal “Lowe’s Home Improvement” zur Farbwahl an. „Immer, wenn ich in einem Geschäft für Künstlerbedarf bin, sehe ich mir noch einmal die Videos an, in denen die verschiedenen Farben vorgestellt werden. Dann zeige ich sie den Verkäufern, sage: ‘Das ist, wonach ich suche’ und frage, ob sie die Artikel vorrätig haben“, erklärte einer der Befragten.
Außerdem haben wir festgestellt, dass Menschen von den Erfahrungen der YouTuber profitieren. Auch kurze Tutorials – beispielsweise dazu, wie man mit einem Kfz-Mechaniker spricht – geben Nutzern das nötige Selbstvertrauen bei erklärungsbedürftigen Produkten oder Themen. „Durch YouTube habe ich herausgefunden, dass ich Dinge tun kann, von denen ich nicht wusste, dass ich sie kann“, sagte ein Käufer. „Ich habe zum Beispiel ein bisschen mehr darüber erfahren, was ein Mechaniker so weiß. Dadurch fühle ich mich schon sicherer.“
Videos machen den Unterschied
Nutzer sehen sich beim Einkaufen Videos an, wenn sie die endgültige Entscheidung für eine Marke oder ein Produkt treffen wollen. In unserer quantitativen Studie gab mehr als jeder zweite Käufer an, dass Onlinevideos ihm bei der Kaufentscheidung geholfen haben.3 Das wurde auch von unseren Interviewpartnern bestätigt. „Ich kaufe normalerweise ein Produkt von einer bestimmten Marke, aber die Wirkung war nicht wie erhofft. Also ging ich einkaufen. Aber es gab zu viele Anti-Schuppen-Shampoos. Deshalb habe ich auf YouTube nach der besten Empfehlung gesucht und dann das vorgestellte Produkt gekauft“, sagte uns eine Person im Interview.
Ähnliches haben wir auch von einem anderen Käufer gehört: „Ich war neulich bei Home Depot und habe dort auf YouTube nach Bohrersets gesucht. Ich wollte herausfinden, welche davon im Belastungstest besser abgeschnitten haben und welche schneller kaputtgehen.“
Bedeutung für Unternehmen
Käufer sehen sich am liebsten echte Rezensionen von YouTubern an. Und genau hier können sich Werbetreibende effektiv einbringen. Dabei müssen sie sich überlegen, auf welche Weise sie auf die unmittelbaren Bedürfnisse des Nutzers eingehen können – sei es durch Werbung, die ihn inspiriert und auf neue Ideen bringt, oder durch weiterführende Inhalte, die Antworten auf Fragen liefern und so letztlich die Kaufentscheidung erleichtern. Potenzielle Kunden, die zuerst gern mehr über ein Produkt oder eine Marke erfahren möchten, belohnen diese Werbetreibenden dann womöglich mit einem Kauf und ihrer Treue.