>Schlag gegen die Darknet-Kriminalität<, so titelt der Zoll heute in einer Pressemitteilung. Und ein paar Zeilen weiter ist zu lesen, dass der Darknet-Dealer >seit Herbst 2017 […] erhebliche Einnahmen in Höhe von mindestens 139.000 Euro […]< erzielt hat. Von diesen Einnahmen können die wenigsten leben. Und das soll ein großer Schlag sein?
Ein kleiner Fisch geht ins Netz
Zollfahnder haben einen mutmaßlichen Darknet-Dealer festgenommen. Der 38 Jahre alte Niederländer wurde am 13. Februar 2020 in Kleve festgenommen. In seinem Fahrzeug sowie in einer von ihm in den Niederlanden genutzten Lagerhalle stellten die Ermittler mutmaßlich Betäubungsmittel im Kilogrammbereich sicher.
Der Festnahme waren umfangreiche Ermittlungen des Zollfahndungsamts Frankfurt am Main unter Sachleitung der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen bei der Staatsanwaltschaft Köln (ZAC NRW) in enger Kooperation mit der niederländischen Justiz vorausgegangen.
Der 38-Jährige steht im Verdacht, die Betäubungsmittel über verschiedene Verkaufsplattformen und Onlinemarktplätze im Darknet zum Kauf angeboten zu haben. Unter verschiedenen Pseudonymen bot er in einer Vielzahl von Fällen Kokain, MDMA, Amphetamin, LSD, Ecstasy und Heroin in unterschiedlichen Mengen und Beschaffenheit anderen Usern weltweit zum Kauf an. Die veräußerten Betäubungsmittel portionierte und verpackte er in den Niederlanden und machte sie auch dort versandfertig. Anschließend fuhr er mit den Postsendungen nach Deutschland, um sie hier in verschiedenen Postfilialen aufzugeben oder in Briefkästen einzuwerfen. Die für die Frankierung erforderlichen Brief- und Postmarken hatte der Beschuldigte jeweils zuvor in Deutschland erworben.
Adressiert waren sie unter anderem an Empfänger in Indien, Australien, den USA, Frankreich, Spanien und Deutschland. Gegenwärtig gehen die Ermittler von mehr als 2.300 Verkaufsfällen seit Herbst 2017 aus, bei denen erhebliche Einnahmen in Höhe von mindestens 139.000 Euro erzielt wurden.
Zeitgleich wurden durch die Den Haager Polizei zwei weitere Tatverdächtige festgenommen und Haftbefehle vollstreckt. Die Männer werden verdächtigt, an dem großangelegten Drogenhandel über das Darknet beteiligt zu sein.
“Durch kriminalistisches Geschick und die Intensität der grenzüberschreitenden Ermittlungen ist es uns gelungen, den mutmaßlichen Darknet-Dealern auf die Spur zu kommen. Dieser Fall zeigt einmal mehr, es gibt auch im Darknet keine hundertprozentige Sicherheit vor den Strafverfolgungsbehörden”, so Hans-Jürgen Schmidt, Sprecher des Zollfahndungsamts Frankfurt am Main. (Pressemitteilung des Zoll vom 19.02.2020)
Meinung
Von den kolportierten Einnahmen können der oder die Dealer nicht einmal ihren Lebensunterhalt bestreiten. Da ist kein großer Schlag gelungen, da ist ein kleiner Fisch ins Netz der Ermittler geschwommen. Zufällig. Wahrscheinlich.
Zeigt diese Pressemitteilung jetzt das Unvermögen des Zolls und der Ermittlungsbehörden auf? Können oder wollen sie diesen >Fund< nicht realistisch einordnen, oder ist dem Autor der Pressemitteilung einfach nur das Pferd durchgegangen? Wir wissen es nicht, aber wer diese Pressemitteilung unreflektiert annimmt und bewertet, könnte zum Schluss kommen, dass der Zoll keine Ahnung von den Dimensionen der Betrügereien im Netz hat. Auch wenn der Begriff >Darknet< triggert, so muss doch gar nicht so tief geschaut werden. Täglich passieren Betrügereien im Netz, Drittlandhändler betrügen den Staat um die Umsatzsteuer, Händler greifen mit illegalen Methoden Wettbewerber an oder die ganze Schaar an Privatgewerblichen … In der Summe entsteht hier ein Milliardenschaden.
Was ich mir wirklich wünschen würde, wäre eine realistische Einordnung dieses Fangs und mehr Engagement in den >Niederungen der Kriminalität< des Onlinehandels.
Zu den Bildern in dem Bericht vom Zoll (https://www.zoll.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/Rauschgift/2020/z76_darknet_ffm.html):
Augenwischerei. “Das Zurschaustellen von Drogenfunden ist ein Verrat an den Grundsätzen der Polizeiarbeit.
Es ist eines der prägenden Bilder moderner Polizeiarbeit: Hochrangige Beamte präsentieren sich zusammen mit den Drogen ihrer letzten Beschlagnahme. Die Drogen sind auf einem Tisch vor ihnen ausgebreitet. Die Kameras klicken und blitzen. Eindrucksvolle Zahlen über den mutmaßlichen „Straßenpreis“ werden verkündet.
Alle Anwesenden lieben diese Momente. Leitende Beamte können ihre Zahlen polieren; Kommunalpolitiker*innen können ihre Bilder in den regionalen Nachrichten sehen und stolz erklären, dass ein großer Schlag gegen die Drogenkriminalität gelungen sei – und Journalist*innen unter Zeitdruck wissen, dass eine große Menge Drogen zuverlässig Klicks generiert. Und so sind diese Veranstaltungen auch perfektes Futter für die Social Media-Teams, die sich mittlerweile in jeder Polizeistation etabliert haben.
Diese Drogen-auf-den-Tisch-Fototermine gehören zu einer Tradition, die auf die Alkoholprohibition in den 1920ern zurückgeht. Kriminalbeamte steckten Reporter*innen Hinweise, dass bald eine Verhaftung stattfinden würde. So waren diese darauf vorbereitet, das perfekte Foto mit den grinsenden Polizisten einzufangen, die mit einer Keilhacke Whiskey-Fässer zerschlugen.
So sieht – so haben wir es gelernt – erfolgreiche Polizeiarbeit aus.
Das Problem ist, dass diese Fototermine nicht nur auf einer schädlichen Lüge basieren – sie stehen auch im Widerspruch zu den Grundsätzen, durch die sich die Strafverfolgung überhaupt erst rechtfertigt.
…
Nun denken Sie zurück an den Fototermin mit der Präsentation der Drogen auf dem Tisch und den blitzenden Kameras. Es gibt da ein schmutziges Geheimnis, das jede*r Polizist*in kennt.
Egal wie viele Beutel mit Drogen auf dem Tisch gestapelt werden, das Angebot wird auf diese Weise in Wahrheit nie ernsthaft beeinflusst. Nie.
Alle Polizist*innen gestehen sich das ein, wenn sie ehrlich sind. Ihre Funde, egal wie beeindruckend sie für die Kameras aussehen, machen absolut keinen Unterschied für das tatsächliche Angebot an Drogen. Alles was sie tun, ist, ihre Aktivitäten nachzuweisen – irgendwelche Aktivitäten – aber nicht das Senken von Kriminalität.
…
Der Anteil an Einbußen, die Kartelle wegen Beschlagnahmungen durch die Polizei machen, ist kleiner als der Anteil an Einbußen, die große Läden wegen Ladendiebstahl machen.
…
Tatsächlich ist die Dynamik aber noch katastrophaler. Diese Fototermine mit den Drogen auf den Tischen sind nicht nur grotesk, weil sie niemals das Angebot an Drogen verringern, sondern auch, weil sie Gewalt fördern.
…
Selbst der oberflächlichste Blick auf die Geschichte des Drogenkriegs offenbart den ständig zunehmenden Schaden, den er über die Jahrzehnte hinweg bewirkt hat.”
https://leap-deutschland.de/drogenfunde/
Verständlich dass da wenig geht: die Prioritäten des Zolls und der MÜB sind primär darauf ausgerichtet, kleine Firmen um Umsatz zu bringen und jahrelang gültige CE Zertifikate zu hinterfragen und Ware zu konfiszieren, damit nur ja Deutschland sicher bleibt und der Job auch wirklich in Stein gemeiselt ist, den der Zöllner also ausführt, also macht oder was auch immer die da tun.
Derzeit sind wir im 10 Monat, mit vom Zoll konfiszierter Ware, was bedeutet: 10 Monate Umsatzentgang (Saisonumsatz, eh nur über € 40.000, für EPU in zeiten von Amazon eh nichts!), Lagergebühr in 5-steliiger Höhe und RA Kosten von über € 2.000. Da muss wohl klar sein anhand dieser Dimensionen, dass da wenig Zeit bleibt für Drogenfahndung und Rest. So ehrlich muss man sein. Die hiesigen Händler sind greifbar und bis zum wirtschaftlichen Tod zu beamten.
Weder gibt es “CE Zertifikate” noch verlieren diese ihre Gültigkeit.
Siehe § 7 ProdSG.