Wir haben unterschiedliche Kaufmotivationen, die uns bewegen, unter einem bestimmten Aspekt etwas zu kaufen. Die wurden hier bereits näher beschrieben: https://wortfilter.de/wie-schreibt-ihr-verkaufstexte-die-suchende-zu-kunden-machen/
Nun geht es etwas tiefer: Zu den Kaufbeschleunigern.
Dazu schaut man sich im ersten Schritt an, wie Kaufentscheidungen entstehen. Und wie Du sie für Dich nutzen kannst. Denn das ist Dreh- und Angelpunkt.
Der erste Versuch in dem Bereich der Kaufbeschleunigungen war, dem Kunden durch erhöhte Aufmerksamkeit (durch gezielte Marketingmaßnahmen) zu einem Kaufentschluss zu bringen. Doch das fällt unter gut gemeint, aber schlecht gemacht. Denn Aufmerksamkeit bringt keinen Umsatz.
Das kannst Du derzeit bei einigen Instagram-Influencern sehen. Die haben knapp eine halbe Million Follower, aber können diese oft nicht in Käufer umwandeln.
Es geht also nicht nur in erster Linie nur um die Aufmerksamkeit des Kunden, sondern um Deine Fähigkeit das Entscheidungsverhalten in Deinem Sinne zu beeinflussen.
Eine gute Salesperformance zeichnet sich dadurch aus, dass Du in jedem Schritt, den der Kunde macht, seinen Entscheidungsprozess verstehst und Einflüsse aufgreifen kannst, um an den richtigen Stellen selbst Einfluss zu nehmen.
Hier trennt sich die Spreu vom Weizen. Die wenigsten haben fundiertes Wissen darüber, wie der Entscheidungsprozess beim Kunden abläuft. Das fängt beim Trigger an, geht über den gesamten Entscheidungsfunnel bis hin zum Kaufentscheid.
Lustigerweise gehen die meisten Unternehmen davon aus, dass der Preis ein entscheidender Faktor ist und Rabatte und Preissenkungen zu höherem Umsatz führen.
Die tatsächliche Rolle des Preises ist bei der Entscheidungsfindung in Wahrheit gar nicht so hoch.
Es gibt zahlreiche Beispiele, die zeigen, dass plausibel erscheinende Annahmen getroffen werden, statt empirisch fundiertes Wissen zu Grunde gelegt wird.
Unter falschen Voraussetzungen gedacht.
Die meisten Verkäufer/ Unternehmer/ Händler gehen ihrer Intuition nach und projizieren ihr Expertenwissen auf den Kunden. Sie halten den Kunden für rational. Sie gehen davon aus, dass der Kunde die Produkte und die Preise so gut kennt, wie er selbst.
Das ist natürlich Quatsch. Niemand kann sämtliche Informationen zu Produkten, Entscheidungsmöglichkeiten und Alternativen kennen. Und schon gar nicht in der heutigen, unüberschaubaren Marktsituation.
Übrigens ist es hier nicht hilfreich, sich an Informationen der Marktforschung zu bedienen. Die haben meist die selbe Fehlannahme über den rationalen Kunden.
Der klassische rationale Kunde wäre wohl Mr. Spock, der Entscheidungen jenseits von Gefühlen trifft. Menschen, die wie Mr. Spock sind, sind in einer nicht nennenswerten Unterzahl. Zeit sich von diesem Kundenbild zu verabschieden.
Es ist also ein absoluter Irrtum, dass der Kunde alle Informationen hat, rein sachlich und emotionslos entscheidet und dafür den geringsten und für ihn ökonomischen Aufwand betreibt.
Die zwei Systeme im Gehirn
Um das etwas deutlicher zu machen, solltest Du wissen, dass unser Gehirn aus zwei Systemen besteht. (Kahneman hat das Thema ganz gut gesellschaftsfähig gemacht und seine Studien dazu im Buch “Schnelles Denken – langsames Denken” veröffentlicht.)
System 1 funktioniert automatisch, schnell, meist mühelos und ohne wirkliche willentliche Steuerung.
System 2 hingegen ist das Gegenteil. Hier wird es rational und ist mit viel Aufmerksamkeit und anstrengenden mentalen Aktivitäten verbunden.
Unsere Entscheidungsprozesse, gerade im Kaufbereich, laufen über das System 1.
Der Kunde möchte es leicht, selbsterklärend und so einfach, wie nur möglich haben. Am besten mit positiven Emotionen verbunden.
Wird ein Kaufprozess für ihn zur mentalen Herausforderungen, dann muss System 2 arbeiten und sich anstrengen. Dafür sind wir nicht gemacht. Unsere Genetik ist Faulheit. Der Kunde steigt also aus, wenn es kompliziert wird.
Neben dem, dass Du vereinfachte Kaufprozesse aufsetzen solltest, kommen hier die so genannten Economical Behavior ins Spiel. Die machen es dem Kunden mental einfach, eine Entscheidung zu treffen. Dies solltest Du in Deinem Verkaufsprozess nutzen.
Zu denen kommen wir jetzt.
Assoziieren und Priming
Zwei berühmte Beispiele, die für die Wirkung von System 1 stehen, sind das Assoziieren und das Priming.
Beim Assoziieren verwandelt das System unabhängige Dinge in einen für sich stimmigen Zusammenhang.
Das ist oftmals banal.
Du liest zwei Wörter, wie Haargummi und Fischgestank nebeneinander.
Das System 1 sorgt sofort dafür, dass diese beiden Wörter einen Zusammenhang bekommen und somit das Haargummi eine Abneigung hervorruft.
In einem Shop kann das zum Beispiel eine giftgrüne Farbe sein, die die Glaubwürdigkeit deiner Babyflaschen beeinträchtigt.
Beim Priming wird das Ganze noch auf die Spitze getrieben.
Vor dem Supermarkt stehen zwei Menschen mit einem Stand und befragen Dich, zu Deiner Meinung über das Kindersterben in der dritten Welt. Sie bitten Dich um die Zustimmung, dass es hier Wasserversorgung und weniger Ausbeutung durch uns braucht.
Als Du endlich in den Supermarkt gehst, um Deine Einkäufe zu erledigen, entscheidest Du Dich für den Bio-Kaffee, der Dir sofort ins Auge sticht.
Zufall? Nein. Die beiden Menschen, die Dich zuvor befragt haben, haben Dich bereits auf Nachhaltigkeit geprimed. Die Entscheidung für den Bio-Kaffee ist schon vor Betreten des Marktes für Dich getroffen worden.
Und zwar in der Sekunde, in dem es so für Dich inszeniert wurde.
Kognitive Leichtigkeit
Ein wesentliches Element, was den Kaufentscheid beeinflusst, ist die kognitive Leichtigkeit. Wenn der Prozess für den Kunden leicht ist, dann assoziiert er damit für sich, dass alles in Ordnung ist und hier Vertrauen angesagt ist.
Für Dich bedeutet das: Welche Dinge erleichtern meinem Kunden den Entscheidungsprozess?
Hier kommen beispielsweise schnelle Ladenseite der Website, Schriftgröße und auch Textgestaltung ins Spiel. Wenn Du Aufmerksamkeit und Fokus kognitiv leicht gestalten möchtest, so kannst Du alleine schon durch fette Schrift für einzelne Wörter leicht Zugang erzeugen.
Der Halo-Effekt
Bei diesem Phänomen schliessen wir von bekannten Eigenschaften direkt auf unbekannte. Das nennt man kognitive Verzerrung. Wenn Du jemanden magst, dann kann es Dir also passieren, dass Du ihm Eigenschaften zuordnest, die Du gar nicht einschätzen kannst. Du magst vielleicht grundsätzlich Menschen, die tierlieb sind. Nun magst Du diesen Menschen, ohne etwas über seine Tierliebe zu wissen. Du unterstellst es ihm automatisch.
Wenn Dein Shop aussieht, wie eine selbstgebaute Rumpelkammer, dann kann der Kunde daraufhin für sich davon überzeugt sein, dass Deine Produkte Ramsch sind. Du könntest Apple-Produkte anbieten – er würde sie für geklaut oder gefälscht einstufen.
Hier noch weitere Phänomene der voreiligen Schlussfolgerungen:
Überschätzung
Das Gehirn braucht keine vollständigen Informationen, um etwas als gut einzustufen. Tatsächlich spielt noch nicht mal die Qualität der Information eine große Rolle. Sondern vielmehr die Geschichte dazu, über das, was wir da sehen. Das ist für uns Überzeugung. Meist fällt uns gar nicht auf, dass wesentliche Informationen fehlen, um ein gutes Urteil fällen zu können.
Stichwort Storytelling. Stimmt die Geschichte, nimmt sie uns mit, dann haben wir Vertrauen in das Produkt und das Unternehmen.
Framing-Effekte
Überprüfe den Effekt direkt selbst: Welche Information wirkt sich positiv, und welche negativ auf Dich aus, wenn Du Dich beispielsweise für oder gegen eine Operation entscheiden müsstest:
- 15% der Patienten sterben nach dieser OP durch ein Lungenödem.
- 85% der Patienten sind nach der OP vollständig geheilt.
Beides ist wahr. Je nach Formulierung wird Deine Entscheidung geführt.
Beim Framing geht es immer darum, welche Informationen weggelassen werden.
Nun zu einem weiteren Phänomen, was dabei hilft, Herausforderungen mit dem Kunden zu meistern:
Heuristiken
Heuristiken sind Problemlösungen, die herangezogen werden, bei fehlenden Informationen. Übertragen heißt das: Es handelt sich um automatische Regeln, die wir anwenden, um möglichst schnell und einfach zu einer Entscheidung zu kommen.
Dabei sind drei Heuristiken besonders hervorzuheben:
Experte: Wir verlassen uns auf Meinungen eines (vermeintlichen) Experten.
Sympathie: Menschen, die wir sympathisch finden, trauen wir mehr Wissen zu, als denen, die uns unsympathisch sind.
Masse: Wir vertrauen auf die Meinung der Mehrheit – viele zusammen können nicht irren.
Nach dem Kauf
Mit diesen ganzen Economical Behavior kannst Du spielen und in ein gut funktionierendes Konzept einbringen.
Klar, solche Dinge, wie Verknappung funktionieren schon auch.
Hier kannst Du mit zeitlicher Verknappung oder limitiertem Angebot spielen. Das mag aktuell noch ganz gut funktionieren, bei der steigenden Anzahl von vergleichbaren Angeboten, wäre ich da vorsichtig.
Zudem sind sie auch nicht so elegant. Und: Sie spielen immer auch mit der Angst des Kunden. Was grundsätzlich ein Aktivator für Kaufverhalten ist – ja.
Aber dabei solltest Du folgendes immer im Blick haben: Spielst Du mit negativen Emotionen des Kunden, so musst Du diese auch immer wieder auffangen. Denn hier kommt eine wesentliche Emotion nach dem Kauf zum tragen, die nicht zu unterschätzen ist.
Die Reue.
Nichts ist schlimmer, als ein Kunde, der nach dem Kauf ein schlechtes Gewissen hat. Das ist übrigens häufiger, als Du vielleicht annimmst.
Dabei geht es gar nicht so sehr um die Rückabwicklung, als um das, dass er vermutlich nicht ein zweites mal bei Dir kaufen wird. Einfach, weil er am Schluss kein gutes Gefühl hatte, was geblieben ist.
Kunden brauchen eine Bestätigung, dass sie eine richtige Entscheidung getroffen haben. Die solltest Du ihm geben.
Fazit
Entscheidungen werden weder rational noch logisch beeinflusst, sondern durch die s. g. economical behavior hervorgerufen. Wir treffen wesentlich häufiger Fehlannahmen, als uns bewusst und lieb ist. Ursache sind unsere zwei Gehirnsysteme und unsere Eigenheit, lieber faul als angestrengt zu sein.
Wer für sich diese Phänomene erkannt hat, der kann sie in eine cleveres Verkaufssystem so einbauen, dass man dabei dem Kunden in seinem Entscheidungsfunnel hilft.
Das Verkaufssystem an sich ist schon so aufgebaut, dass es den logischen Weg des Kunden geht, also Bedarfsanalyse, Einwandbehandlung und Abschluss. Innerhalb dieses Prozessen steht der Kunde an etlichen Stellen vor Entscheidungen.
Klicke ich hier drauf? Möchte ich weiter schauen? Wandere ich ab? Etliche Fragen…
Du kannst die economical behavior also genau da einsetzen, wo der Besucher/ Kunde sich diese Fragen stellt. Oder sogar stellen soll.
Eine Hilfe sollte dabei niemals plump sein, sondern sich in ein gut durchdachtes System einfügen.