Eine Kölner Kanzlei berichtet mal wieder, dass sie eine Einstweilige Verfügung gegen Amazon erwirkt hat, um zwei Amazon-Accounts zu entsperren. Der Streitwert liegt bei 100.000 Euro. Innerhalb des Beitrags auf dem kanzleieigenen Blog wird mit der Formulierung ›Amazonkonto gesperrt? – Jetzt freischalten lassen!‹ geworben. Das kann teuer werden. Für euch. Die beiden Seller wurden wegen Fake-Rezensionen vom Handel ausgeschlossen.
Eine Einstweilige Verfügung muss nicht viel wert sein
Häufig werden Einstweilige Verfügungen schnell erlassen, ohne dass beide Seiten umfangreich vortragen können. Das bedeutet, oft entscheidet sich der Fall erst im Widerspruchsverfahren oder in der Hauptsache. Und genau das ist mit erheblichen Risiken für jeden Händler verbunden. Bei einem Streitwert von 100.000 € reden wir hier von einem möglichen Kostenrisiko von mehreren zehntausend Euro!
Eine Einstweilige Verfügung gewährt euch einstweiligen Rechtsschutz, ohne dass dabei über eine Sache endgültig entschieden wird. Es ist also eine vorübergehende Entscheidung, die in einem Eilverfahren getroffen worden ist. Sie kann – und das passiert genauso häufig – auch später wieder aufgehoben werden.
Wichtig zu wissen ist auch, dass, wenn die Gegenseite keine Abschlusserklärung abgibt, ihr dazu ›gezwungen‹ werden könnt, eine Hauptsache-Klage zu erheben. Bei einem Streitwert vom 100.000 € bedeutet es, dass ihr ein paar tausend Euro an Gerichtskosten vorschießen müsst.
Eine solche Vorgehensweise kann euch in ernsthafte und existenzielle Nöte treiben. Bitte passt auf!
Amazon wird sich wehren. Und das wird teuer für die Seller.
In einem Statement sagt ein Amazon-Sprecher: »Wir werden die notwendigen rechtlichen Schritte einleiten, um nicht nur die Gerichtsentscheidungen zu korrigieren, sondern auch um unseren Kampf gegen das verbraucherfeindliche Geschäft der Vermittler gefälschter Rezensionen fortzusetzen und auszuweiten.« Das bedeutet, es wird sicher weitergehen und für die betroffenen Händler sehr sehr teuer werden.
Mediation wäre eine günstigere Lösung
Seit knapp 2 Jahren sind Plattformen verpflichtet, eine Mediationsmöglichkeit anzubieten. Ein unabhängiges und zertifiziertes Medium verhandelt mit beiden Parteien den strittigen Sachverhalt. Die Mediationsstelle ist auf den Seiten der Plattform zu benennen. Sie ist nicht kostenlos, aber günstiger und risikoärmer als ein teures EV-Verfahren. Amazon informiert euch hier über die eigene Mediationsstelle.
Fallt nicht auf diese Werbung rein!
›Amazonkonto gesperrt? – Jetzt freischalten lassen!‹ ist fast schon eine irreführende Werbeaussage. Natürlich kann keine Kanzlei euer suspendiertes Amazon-Konto freischalten und der Weg über eine Einstweilige Verfügung kann für euch existenzbedrohende Kosten verursachen. Bedenkt bitte, dass ein vorübergehender Rechtsschutz selten euere Herausforderung in Gänze löst und dass ihr am Ende des Tages – wenn es nicht gut läuft – die Zeche zu zahlen habt. Denn es wird auch fraglich sein, ob Amazon sich tatsächlich an die EV hält und euer Konto – zumindest vorübergehend – freigeben wird.
Meinung
Die Berichterstattung der Kölner Kanzlei verbunden mit der unseriös wirkenden Werbung grenzt schon fast an Falschberatung und Mandantenfängerei. Nicht selten werden Einstweilige Verfügungen aufgehoben und ihr steht nach wie vor mit gesperrtem Konto, blockiertem Guthaben und einem Batzen an Anwaltskosten da. Über diese Risiken klärt die Kanzlei natürlich weder im Bericht noch in den dem Werbebutton folgenden Formularen auf.