Abmahnungen von rechtlichen Fehlern im Online-Shop sind ärgerlich und teuer. Dabei können sie häufig vermieden werden. An dieser Stelle informieren wir Sie monatlich über aktuelle Abmahnungen aus der Praxis, damit Sie nicht der Nächste sind.
Erfahrungsgemäß werden häufig immer wieder die gleichen Verstöße abgemahnt. Gerade bekannte Abmahnvereine konzentrieren sich oft auf bestimmte Themen.
Im Januar mahnten der Ido (33 %) und die Kanzlei Sandhage (12 %) wieder am häufigsten ab. 31 % der Abmahnungen betrafen eBay-Händler, ganze 36 % entfielen auf Amazon-Händler – ein deutliches Plus gegenüber den Vormonaten.
Auswirkungen des Anti-Abmahngesetzes
Bereits im Dezember haben sich die ersten Auswirkungen des am 2.12.2020 in Kraft getretenen Anti-Abmahngesetz gezeigt. Nachdem die Anzahl der Abmahnungen zunächst gesunken war, ist sie im Januar wieder etwas angestiegen. Abmahnungen durch den IDO verbleiben weiterhin auf hohem Niveau, womit sich unsere Befürchtungen zu bewahrheiten scheinen. Künftig müssen solche Abmahnvereine auf der Liste der sogenannten qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sein. Für diese Eintragung müssen sie nachweisbar aktiv sein und eine bestimmte Anzahl an Mitgliedern haben. Bis es soweit ist, dass nur noch eingetragene Vereine abmahnen dürfen, gibt es eine Übergangsfrist von einem Jahr, also bis Dezember 2021. Wir hatten bereits vermutet, dass sämtliche Verbände in dieser Übergangsphase noch einmal besonders aktiv sind, um durch nachweisbare Aktivitäten und steigende Mitgliederzahlen ihre Chance zu erhöhen, auf der Liste eingetragen zu werden.
Auch im Januar erreichte uns keine einzige Abmahnung der Kanzlei fareds. Ob dies so bleibt oder diese Kanzlei sich neue Themen sucht, bei denen dann wieder Abmahnkosten geltend gemacht werden können, bleibt abzuwarten. Nach dem neuen Gesetz können Mitbewerber nämlich u.a. keinen Ersatz der Aufwendungen für ihre Abmahnung verlangen, wenn es sich um Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien handelt. Hierzu gehören nach der Gesetzesbegründung z.B. Verstöße gegen die Impressumspflicht, Informationspflichten im Fernabsatz, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung oder Vorschriften der PAngV. Unklar ist bislang jedoch, ob nur das komplette Fehlen der entsprechenden Informationen hiervon erfasst wird oder auch falsche, also irreführende Angaben. Diesen Punkt machen sich die Abmahner ebenfalls zunutze. So hat z.B. der bekannte Abmahner Sandhage seine Strategie angepasst und mahnt nun statt OS-Link und Vertragstextspeicherung die Themen UVP, versicherter Versand, Meterialkennzeichnungen und die fehlende Registrierung nach Verpackungsgesetz ab. Weil es sich hier nicht um Informationspflichten-Verstöße, sondern Irreführungen handelt, können Mitbewerber weiterhin Abmahnkosten beanspruchen.
Auf welche Verstöße sich die Abmahner in Zukunft konzentrieren, werden erst die nächsten Monate zeigen. Aber schon jetzt ist klar: das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs bedeutet nicht das Ende der Abmahnungen.
Informationspflichten
Nachdem im Dezember fehlerhafte Preisangaben an der Spitze standen, war im Januar die Verletzung von Informationspflichten erneut der häufigste Abmahngrund. Am häufigsten wurden fehlende Angaben zur Vertragstextspeicherung bemängelt. Angaben hierzu müssen auch bei einem Angebot über Verkaufsplattformen wie eBay und Amazon erfolgen.
Auch fehlende oder fehlerhafte Angaben zur OS-Plattform wurden wieder besonders oft abgemahnt. Bereits seit fünf Jahren gilt die Pflicht für Online-Händler, auf ihren Webseiten einen leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen. Der Link muss klickbar sein und die Angabe muss ebenfalls auf Verkaufsplattformen erfolgen.
Preisangaben
An zweiter Stelle standen im Januar fehlerhafte Preisangaben. Erneut wurden besonders häufig fehlende Grundpreisangaben abgemahnt. Wenn Sie gegenüber Verbrauchern Produkte in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbieten, müssen Sie grundsätzlich Grundpreise angeben. Eine Übersicht, wie Sie Preise richtig angeben, finden Sie hier.
Widerrufsrecht
Auf Platz drei lagen im Januar Verstöße gegen das Widerrufsrecht. Wieder einmal wurden veraltete oder unvollständige Widerrufsbelehrungen verwendet und abgemahnt. Oft fehlte das Muster-Widerrufsformular, das ebenfalls Teil der Widerrufsbelehrung ist.
Unser Tipp: Erstellen Sie Ihre Widerrufsbelehrung individuell für Ihren Shop oder Ihr Angebot auf eBay, Amazon oder Hood kostenlos mit unserem Rechtstexter. Hier können Sie sich zudem ein kostenloses Whitepaper für Ihre Widerrufsbelehrung herunterladen.
Verstöße gegen das Verpackungsgesetz
Auf vierter Stelle standen Verstöße gegen das Verpackungsgesetz. Nach § 9 Abs. 1 VerpackG sind Hersteller verpflichtet, sich vor dem Inverkehrbringen von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen bei der Zentralen Stelle registrieren zu lassen. Vom Begriff des „Herstellers“ werden jedoch auch Online-Händler erfasst.
Urheberrechtsverstöße
Auf Platz fünf lagen Urheberrechtsverstöße. Sofern Sie Produktfotos nicht selbst herstellen, sollten Sie stets darauf achten, dass Sie durch die Nutzung der Produktbilder keine Urheberrechtsverletzung begehen. Bei dem Produktbild kann es sich um ein sogenanntes Lichtbildwerk handeln, wenn eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht ist. Jedes Foto ist allerdings ein Lichtbild i.S.v. § 72 UrhG. Im Ergebnis sind daher auch einfache Fotografien urheberrechtlich geschützt. Sie dürfen auch nicht etwaige Produktbilder eines Herstellers, die Sie auf dessen Internetseite finden, ohne die Erlaubnis des Herstellers verwenden.
Sonstige Verstöße
Ein weiterer Abmahngrund betraf Markenrechtsverletzungen. Das Gesetz räumt dem Markeninhaber diverse Rechte und Ansprüche ein. Worauf Sie bei der Benutzung fremder Marken achten müssen, haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.
Sonstige Verstöße betrafen u.a. die Kennzeichnung spezieller Produkte. Die meisten Abmahnungen ergingen hier im Lebensmittelrecht. besonders im Bereich der gesundheitsbezogenen Angaben. Beanstandet wurden jedoch auch wieder irreführende Bezeichnungen wie „PU-Leder“ oder „Textilleder“. Mehrere Gerichte (z.B. OLG Bamberg, Urt. v. 21.3.2012 – 3 U 219/11) haben bereits entschieden, dass der Verkehr unter „Leder“ ein natürliches, durch Gerben von tierischen Häuten und Fellen hergestelltes Produkt verstehe. Es fanden sich jedoch auch Verstöße gegen das HWG (Heilmittelwerbegesetz) und AMG (Arzneimittelgesetz).
Ebenfalls wurden fehlerhafte Versandangaben abgemahnt, insbesondere irreführende Angaben zum versicherten Versand und Auslandsversandkosten auf Anfrage.
Weitere Verstöße betrafen Newsletterversand ohne Einwilligung und fehlende Angaben im Impressum.
Unser Tipp: Nutzen Sie auch für Ihr Impressum, ihre AGB und Datenschutzerklärung unseren kostenlosen Rechtstexter.
Über Dr. Carsten Föhlisch
Rechtsanwalt und E-Commerce Rechtsexperte seit 2000. Lehrbeauftragter Universität Münster, zahlreiche Fachveröffentlichungen, u.a. im Verlag C.H. Beck und F.A.Z., mehrmals Sachverständiger im Deutschen Bundestag. Promotion mit dem Thema “Das Widerrufsrecht im Onlinehandel” bei Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster.
Wenn man das so liest, braucht man sich beim besten Willen nicht wundern, dass sich Firmen aus Ländern, in denen es diesen Abmahnwahn (und diverse andere Hemmnisse) nicht gibt, deutlich leichter tun.
Vermutlich sollte man mal den Allroundminister Altmeier dazu befragen, wenn er mit dem Ausfüllen der unbürokratischen Novemberhilfeüberweisungen fertig sein sollte – dass der sich auskennt, beweist er eigentlich täglich aufs Neue 😉