… sollte man als juristischer Laie und Händler eigentlich meinen. Eine Matratze ist ein Hygieneprodukt, es ist versiegelt, also ist alles paletti und sie kann nicht zurückgegeben werden. So einfach ist es aber dann doch nicht. Heute hat der BGH über einen solchen Fall verhandelt. Martin Rätze von Trusted Shop erklärt die Hintergründe.
Händler hatte keine Lust auf Rücknahme
Eine Kunde kaufte eine fast 1.000€ teure Matratze, packte sie aus und schlief drauf. Wohl aber nicht gut genug, denn er wollt sie zurückgeben. Der Händler verweigerte die Rücknahme. Der Konsument klagte sich nun durch alle Instanzen. Er bekam recht. Jedenfalls bis er beim BGH landete. Da sah es dann schon etwas anders aus.
Widerruf ja, aber nicht immer
Grundsätzlich sieht das Gesetz, wir kennen es alle, einen Widerruf bei Onlinekäufen vor. Es gibt aber auch Ausnahmen, z. B. bei Hygieneartikeln wie Zahnbürsten oder Vibratoren. Ist die Ware einmal benutzt, also ausgepackt bzw. entsiegelt, dann ist Schluss. Eine Rückgabe ist nicht mehr möglich.
Die Frage ist also: Hygieneartikel? Ja oder nein?
Und genau über diese Frage hat heute der BGH verhandelt und kam zu einem überraschenden Ergebnis. Er will’s nicht entscheiden. Sprich, das Verfahren wird nun an den EUGH weitergegeben. Das ist alleine schon deshalb überraschend, da vom BGH in der Vergangenheit immer sehr konsumentenfreundliche Urteile ausgingen. Der Matratzenmarkt darf also noch etwas hoffen. Es gab heute kein Matratzenurteil.
Was sagt der Experte von Trusted Shops dazu?
Der Senat hat sehr ausführlich in die relevanten Rechtsfragen eingeführt und schon von Anfang deutlich gemacht, dass er noch nicht zu einem abschließenden Ergebnis gekommen sei.
Aus Sicht des Senats waren die zentralen Fragen:
– Was ist eine Versiegelung?
– Was sind Artikel, die aus Hygienegründen nicht zur Rücksendung geeignet sind?
Beide Fragen muss nun der EuGH klären, denn der BGH wird keine abschließende Entscheidung fällen. Vielmehr müssten diese Fragen auf europäischer Ebene entschieden werden, da die – wie der Senat es nannte – “sehr unglückliche Gesetzesformulierung” ihre Grundlage im europäischen Recht hat und die Verbraucherrechterichtlinie eine Vollharmonisierung bewirke.
Da der EuGH in der Regel extrem verbraucherfreundlich entscheidet, ist davon auszugehen, dass er hohe Anforderungen an ein Siegel stellen wird, etwa durch einen zusätzlichen Warnhinweis auf der unmittelbaren Umverpackung.
Zur Frage, welche Kriterien der EuGH entwickeln wird, anhand derer ein Hygieneartikel zu qualifizieren ist, kann derzeit keine Antwort gegeben werden, da die Möglichkeiten vielfältig sind. Das wäre ein Blick in die Glaskugel, die aktuell niemandem weiterhelfen würde.
Es bleibt auf jeden fall spannende: Am 8. November wird der BGH seine Vorlagefragen verkünden, dann wandert das Verfahren weiter zum EuGH. (Martin Rätze, Teamleiter Legal Expert bei Trusted Shops)
Meine Meinung
Natürlich hat der Konsument im Laden die Möglichkeit, eine Matratze Probe zu liegen. Aber er kann nicht darauf nächtigen. Dazu kommt, dass sie in den stationären Läden meist mit Schonbezügen aus Plastik versehen sind.
Warum soll dem Onlinekäufer also mehr Rechte und Möglichkeiten zugestanden bekommen, als sie ihm beim Matratzenkauf im Laden an der Ecke zur Verfügung stünden? Das wäre in meinen Augen unfair gegenüber dem reinen Onlinehändler.
Zumal eine Matratze ja in der Tat ein Gegenstand ist, der bis zu 1.5 Liter Körperflüssigkeit pro Nacht aufnimmt und sich nahezu unmöglich reinigen lässt. Es wäre zu wünschen, dass sich der EUGH der Händlermeinung anschließt.
Denn im Gegensatz zum stationären Handel, der immer ein und die selbe Testmatratze verwendet, lässt sich dieses Modell nicht in den Onlinehandel übertragen.
Tja, aber viele Matratzen die im Online-Handel verkauft werden, sind aus versandtechnischen Gründen vakuumverpackt.
Will der Kunde die Matratze tatsächlich probeschlafen, dann muss er eben diese Verpackungen öffnen. Weiterhin kann man es wahrscheinlich nicht ernsthaft ein sinnvolles Probeschlafen nennen, wenn der Schlaf auf einer “Plastiktüte” stattfinden würde.
Kein Matratzenverkäufer ist gezwungen sein Produkt luftdicht zu verpacken. Dies erfolgt in aller Regel um Versandkosten zu sparen und das Handling für den Kunden zu erleichtern. Wählt ein Händler diese Kosten-Vorteile, dann wird die Argumentation des Hygieneartikels dünn, denn die tatsächliche Möglichkeit des Probeliegens ist ausgeschlossen.
Hier ist vom EuGH sicher noch einiges an Klarstellung zu erwarten.
Ob es bei der Matratze in diesem Verfahren um eine vakuumverpackte handelte, ist mir allerdings nicht bekannt.
es koennten bei Ruecknahme und Wiederverkauf auch Krankheiten uebertragen werden
@MatratzenHeini
Deswegen gibt es ja auch für Hotels die Vorschrift nach jedem Gastwechsel eine neue Matratze einzubauen, oder die bestehende nach DIN-ISO EN 12889.54897666 zu sterilisieren. 🙂
Natürlich sollte eine Matratzen-Retoure nicht einfach so und ohne Kennzeichnung in den Wiederverkauf gehen!