Der Speditionsagent, auch Forwarder genannt, Scheer Ocean GmbH ist zahlungsunfähig. Eine Insolvenz ist noch nicht angemeldet. Aufträge werden nicht mehr abgewickelt. Händler müssen hohe Schäden selber tragen.
Scheer Ocean GmbH zahlungsunfähig, aber keine Insolvenzanmeldung?
Viele kleinere und mittlere Amazon- und Amazon-FBA-Händler nutz(t)en Scheer Ocean für den Import ihrer Ware aus Asien und ihre Pre-FBA-Behandlung. Der Sohn des Unternehmensgründers Jan-Niklas Scheer informiert jetzt Kunden, dass man keine Aufträge mehr abwickelt und die GmbH zahlungsunfähig ist. Manfred Scheer berichtet Wortfilter auf Nachfrage, dass sie, Stand heute, keine Insolvenz anmelden werden.
Eine weitere Recherche bei Scheer-Ocean-Partnern ergab, dass Rechnungen teils seit vier Monaten nicht bezahlt seien. Ein ehemaliger Mitarbeiter, der nicht genannt werden möchte, schildert, dass etliche Händler doppelte Kosten zu entrichten hatten, um an ihre Ware zu kommen. Das bedeutet, die Händler mussten Zoll, Einfuhrumsatzsteuer oder die Seefracht doppelt berappen. Scheer Ocean hat offensichtlich die von den Onlinehändlern erhaltenen Beträge nicht zur Begleichung der Steuer-, Zoll- oder Frachtkosten verwendet. Aus dem Umfeld des Frachtmaklers war zu hören, dass keine Hafenservicebetriebe mehr für ihn arbeiten und unter anderem deshalb keine Aufträge mehr abgearbeitet werden können.
Wortfilter konnte auch mit einem Fulfillment-Anbieter sprechen, der für Scheer Ocean die Pre-FBA-Behandlung abwickelt. Dieser gibt die zurzeit eingelagerte Ware nicht heraus. Es wird geprüft, ob er diese gegen Zahlung der aufgelaufenen Kosten den Händlern bereitstellen kann, ohne dass später mögliche Folgen im Falle einer Insolvenz drohen.
Die Ursachen der Zahlungsunfähigkeit können auch andere treffen
Warum ist also das Unternehmen in die Zahlungsunfähigkeit gerutscht? Da sind zum einen die gestiegenen Frachtraten zu nennen. In der Regel zahlt der Forwarder die Fracht früher als ihr Händler. Daher bedeuten stark gestiegene Frachtpreise ein Liquiditätsentzug beim Agenten. Wenn er vorher für einen Container 1.500 € bezahlt hat, zahlt er nun circa 15.000 €. Rechnen wir das für 20 Container aus, dann macht das eine Mehrbelastung von 270.000 €.
Zum anderen sind es Zahlungsverzögerungen oder sogar Zahlungsausfälle, die passieren können. Fracht, Einfuhrumsatzsteuer und Zoll verauslagt der Spediteur für euch. Bleiben aber Zahlungen aus oder sie passieren verzögert, bedeutet das zunächst – also bis die Ware verwertet ist – eine weitere Belastung beim Frachtunternehmen. Tatsächlich ist die Zielgruppe der Amazon- und Amazon-FBA-Händler aktuell gefährdet. Nicht jeder reagiert geeignet auf die veränderte Preissituation.
In der Konsequenz können solche Szenarien jeden kleineren Frachtmakler treffen und auch umhauen. Es wäre also nicht überraschend, wenn in Zukunft weitere Unternehmen in eine bedrohliche Schieflage geraten, weil auch unlustige Zeiten für Händler anstehen bzw. angebrochen sind. Daher: Passt auf, an wen ihr euch bindet, denn für euch sind die Risiken auch nicht gering.
Was sind die Risiken der Händler & wie könnt ihr ihnen begegnen?
Das Risiko der Doppelzahlung von Einfuhrumsatzsteuern. Dieser könnt ihr begegnen, indem ihr euch ein eigenes Konto anlegen lasst. Das macht ab ca. 12 Importen pro Jahr Sinn.
Wenn ihr merkt, dass euer Dienstleister in Schieflage gerät und ihr erste Anzeichen erkennt, dann leistet KEINE Zahlungen mehr. Die fallen euch beim Insolvenzverwalter sonst auf die Füße, und wenn die Zahlungen nicht weitergereicht worden sind, dann führt es zu Doppelzahlungen. So ist es Händlern bei Scheer Ocean passiert!
Das Risiko der Warenpfändung. Wird – wie hier passiert – die Ware bei einem Drittanbieter eingelagert, dann kann es passieren, dass dieser die Ware pfändet, bis ALLE Forderungen, nicht nur eure, ausgeglichen sind. Lasst euch unterrichten, WO genau die Ware gelagert wird und fordert eine insolvenzsichere Lagerung. Das bedeutet: Auf jeder Palette muss ein deutlich sichtbares Schild mit dieser Aufschrift angebracht sein: ›Diese Ware ist Eigentum der Firma XYZ‹!
Und natürlich: Überwacht eure wichtigsten Partner, z. B. über die Creditreform oder ähnliche Auskunfteien!