Seit 2019 betrachtet Malte Landwehr Google-Suchergebnisse für feminine und maskuline Suchbegriffe wie z. B. Steuerberaterin oder Rechtsanwältin. 65 verschiedene Berufe wurden ausgewählt und analysiert. Seit 2019 hat sich nichts in der verzerrten Auslieferung der Ergebnisse geändert. Selten erkennt Google überhaupt die Gender-Schreibweisen.

Kann eine Zahnärztin für das Keyword ›Zahnarzt‹ ranken?

»Als ich 2019 erfahren habe, dass zum Beispiel eine Steuerberaterin nicht viel Traffic von Google bekommt, solange sie sich selbst auf ihrer Website nicht als Steuerberater (maskulin) bezeichnet, war ich geschockt.

Google Gender Bias: Kann eine Zahnärztin für das Keyword "Zahnarzt" ranken?

(Quelle: Malte Landwehr)

Ich hatte mir damals die Google Rankings für 65 Berufe jeweils in der maskulinen und femininen Schreibweise angeschaut. Das Ergebnis war ernüchternd«, so Malte Landwehr.

Was hat Google seit 2019 gelernt?

Die Google-Suchergebnisse für maskuline und feminine Schreibweisen sowie für Varianten mit : / * sind weiterhin komplett unterschiedlich. Suchen nach ›Lackierer:in‹ werden teilweise als Suche nach ›Lackierer in‹ verstanden und liefern Ergebnisse wie ›Lackierer in Berlin‹.

Google Gender Bias: Kann eine Zahnärztin für das Keyword "Zahnarzt" ranken?

(Quelle: Malte Landwehr)

Dass Google Gender-Trennzeichen (:/*) weitestgehend ignoriert, ist in 2022 nur schwer nachvollziehbar.

Google Gender Bias: Kann eine Zahnärztin für das Keyword "Zahnarzt" ranken?

(Quelle: Malte Landwehr)

Noch krasser wird es bei der Suche nach ›Möbelbauerin‹. Hier ändert Google die Suche automatisch zu ›Möbelbauer‹. Nur mit einem zusätzlichen Klick darf ich die Ergebnisse für ›Möbelbauerin‹ sehen. Dann der Knaller! Google zeigt Suchergebnisse wie ›Möbelbauer in 3. Generation‹ oder ›Möbelbauer in der Steiermark‹.

Google Gender Gap

Diese weiteren Zahlen hat Malte gesehen:

  • 96 % des Suchvolumens entfallen auf die maskulinen Varianten.
  • Für 23 % der Berufe entfielen über 99 % des Suchvolumens auf die maskuline Schreibweise.
  • Nur bei einem der getesteten Berufe ist das Suchvolumen nach der femininen Variante höher als nach der maskulinen – Kosmetikerin.
  • Für 80 % der Berufe lag der Anteil der femininen Variante bei unter 10 % des Suchvolumens.
  • Suche ich nach “Immobilienmaklerin”, bekomme ich die Meldung “Meintest du Immobilienmakler”.
  • Für die Suche nach “Zahnärztin” zeigt Google eine Bilder-Box auf der ersten Suchergebnisseite. Bei einer Suche nach “Zahnarzt” kommt Google Maps.
  • Für Suchen nach “Zahnarzt”, “Anwalt” und “Immobilienmakler” verweist Google auf Maps als erste vertikale Suche. Für “Zahnärztin”, “Anwältin” und “Immobilienmaklerin” verweist Google als erstes auf Bilder!
  • Suchen nach femininen Job-Titeln haben eine 19 % höhere Wahrscheinlichkeit einer Bilder-Integration auf der ersten Suchergebnisseite – aber eine 59% reduzierte Wahrscheinlichkeit einer Google-Maps-Integration.
Google Gender Bias: Kann eine Zahnärztin für das Keyword "Zahnarzt" ranken?

(Quelle: Malte Landwehr)

Google kann nur männlich. Und das ist 2022 ein Skandal, den aber scheinbar niemand beachtet. So schreibt unter Maltes Beitrag ein Nutzer: »Früher hätte das einer der Blogartikel des Jahres sein können …«

Google Gender Bias: Kann eine Zahnärztin für das Keyword "Zahnarzt" ranken?

(Quelle: Malte Landwehr)

Unterschiedliche Meinungen & die Angst des alten weissen Mannes

Bemerkenswert sind die vielen Anti-gender-Kommentare unter den Posts auf den verschiedenen Kanälen.

»Also ich weiß jetzt nicht, wo das Problem ist, wenn man nicht gendersprachideologisiert ist. Wer sucht denn wirklich nach einem männlichen Zahnarzt wenn man Zahnarzt eingibt?

Gibt man aber Zahnärztin ein, sucht man vermutlich ausschließlich oder zumindest sehr priorisiert nach einer ›weiblichen‹ Zahnärztin.

Also Google versucht ja nur die Suchanfragen möglichst nach der Suchintention zu erfassen.

Blöd natürlich, optimieren zu wollen, wenn man sich als Zahnärztin nicht als Zahnarzt bezeichnen lassen will, aber das ist dann leider ein persönliches Problem.

Warum nicht schreiben. ›Zahnärztin Müller, ihre Zahnarzt-Praxis‹, so ein Facebook-Nutzer.

Google Gender Bias: Kann eine Zahnärztin für das Keyword "Zahnarzt" ranken?

(Quelle: Malte Landwehr)

Und auf LinkedIn: »Die Frage nach dem Gendern hatten wir letztes Jahr im Google-Hilfe-Forum gestellt. Dort wurde

John Mueller mit den Worten zitiert, gegenderte Bezeichnungen als Synonyme behandelt und erkannt werden. Wurde hier etwas falsch interpretiert?« Worauf es diese Antwort gab: »Ich denke, dass John Mueller hier durchaus ehrlich antwortet. Denn für viele sehr populäre Jobs bekommt Google es in vielen Sprachen hin. Aber – wie man an den obigen Beispielen sieht – bei weitem nicht immer.

Dass die Google-Algorithmen nicht perfekt sind und Google seit Jahren entscheidet, das Problem nicht zu lösen, darf John natürlich nicht sagen.«

»Deine Vermutung ist völlig okay. Ich Vermute, das einem Großteil der Genderwahn auf den Geist geht. Trotzdem: Danke für die Info. #genderwahn«, ein weiterer Facebook-Nutzender.

Einordnung

Als SEO oder für euch als Händler stellt sich zunächst einmal ganz praktisch die Frage, wie ihr mit den Daten und der Erkenntnis nun umzugehen habt.

»Ich würde in der Form ›Ich bin Zahnärztin Maltina mit Zahnarzt-Praxis in Berlin‹ oder ›Sie Suchen einen Zahnarzt in Berlin? Dann sind Sie bei Dr. Maltina genau richtig‹ schreiben. Also immer versuchen, die maskuline Form irgendwie auf der Website unterzubringen«, schlägt Malte Landwehr als Lösung vor.

Bereits in der Vergangenheit hat Google durch ›manuellen‹ Eingriff gezeigt, dass das Unternehmen auch in den SERP moralische Ergebnisse darstellen kann. Es wird dringend Zeit, dass Google die Gender-Lücke überwindet und mit der Diskriminierung in den Suchergebnissen aufhört!

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