Hertie.de ist zurück – als Shopify-Shop für Unterwäsche

Die Marke Hertie.de lebt – zumindest digital. Nach der Insolvenz der HDK AG im Jahr 2024 und monatelanger Funkstille ist der traditionsreiche Name zurück im Netz. Doch die Rückkehr wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet.

Denn: Hinter dem neuen Auftritt steckt nicht die alte HDK AG, sondern die SMT GmbH mit Geschäftsführer Stefan Kappes. Und die betreibt nun einen Shopify-Shop, der sich hauptsächlich auf Unterwäsche spezialisiert hat. Was früher als Kaufhausmarke für Breite und Vielfalt stand, ist heute ein typischer Nischen-Onlineshop – technisch solide, aber optisch wenig spektakulär.


Wer steckt hinter dem neuen Hertie.de?

Stefan Kappes, Betreiber des neuen Shops, ist in der Mode- und Handelsbranche kein Unbekannter. Stationen bei C&A, Esprit, Beeline und zuletzt freiberufliche Tätigkeiten seit 2020 zeugen von Erfahrung im Fashion-Bereich.

Die SMT GmbH, deren Geschäftsführer er ist, betreibt den neuen Hertie-Shop. Auffällig ist dabei: Die Marke “Hertie” ist weiterhin auf die insolvente HDK AG eingetragen. Letzter Vorstand dieser Gesellschaft war Ole Franke – und genau dieser war Mitgründer und bis Oktober 2024 auch Mitgeschäftsführer der SMT GmbH. Kurz vor dem Insolvenzantrag ist er dort ausgeschieden.

Heute ist Franke geschäftsführender Gesellschafter der Lambert GmbH, einem Möbelunternehmen mit Onlinepräsenz unter lambert-home.de. Dass hier personelle Verbindungen zwischen dem alten und dem neuen Hertie-Setup bestehen, dürfte kaum Zufall sein.


Was passierte mit dem alten Hertie-Shop?

Der bisherige Shop ging am 22. August 2024 offline – einen Tag nach einem Bericht auf wortfilter.de. Zuvor hatte die HDK AG unter den Brüdern Klöker über die Plattform Produkte angeboten. Danach: Funkstille. Kein Redirect, kein Hinweis. Die Domain lief ins Leere.

hertie, ecommerce, insolvenz, shopify, marktplatz, fashion, markenrecht, buw, transparenz, verbraucherschutz, händlerinfo

Laut archive.org war dann ab März 2025 wieder ein Shop erreichbar – diesmal mit klar erkennbarem Shopify-Setup. Im Februar zeigte die Seite noch nichts an. Diese Lücke deutet auf einen nahtlosen Übergang hin – ohne viel Transparenz für Kundschaft oder Geschäftspartner.


Zieht die Marke noch? Offensichtlich ja.

In den letzten zwölf Monaten wurden laut öffentlicher Bewertungstools 1.212 Kundenbewertungen eingesammelt. Das ist kein Mega-Volumen – aber genug, um zu zeigen: Die Marke Hertie hat weiterhin Strahlkraft. Offenbar gibt es immer noch genügend Nutzer, die dem Namen vertrauen und einkaufen.

Ob daraus ein nachhaltig profitables Geschäftsmodell wird, bleibt offen. Denn bisher sieht alles eher nach „Quick Relaunch“ aus – ohne erkennbare strategische Neuausrichtung.


Rechtlich und optisch eher grenzwertig

Beim Besuch des neuen Shops fallen zwei Dinge sofort auf:

  1. Technisch handelt es sich um eine fast unveränderte Standard-Shopify-Installation. Klar, das funktioniert. Aber es wirkt eben nicht wie der Online-Auftritt einer etablierten Marke – eher wie ein Start-up-Testballon.
  2. Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PAngV): Die SMT GmbH gibt dauerhaft Streichpreise an, ohne den gesetzlich vorgeschriebenen niedrigsten Preis der letzten 30 Tage auszuweisen. Das ist ein klarer Rechtsverstoß – und kein guter Vertrauensanker für Verbraucher.

Was bleibt von Hertie.de übrig?

  • Eine bekannte Marke wird mit neuem Inhalt gefüllt.
  • Die Inhaberstruktur ist komplex und wirft Fragen auf – besonders im Hinblick auf die Nähe ehemaliger Geschäftsführer.
  • Der neue Shop wirkt austauschbar – kein besonderes Kauferlebnis, keine Story, keine klare Differenzierung.
  • Rechtlich ist der Auftritt problematisch – und potenziell abmahngefährdet.

Fazit: Rückkehr mit schalem Beigeschmack

Hertie.de ist zurück – aber auf niedrigem Niveau. Was bleibt, ist der Name. Was fehlt, ist der Anspruch. Die Rückkehr über Shopify mag technisch bequem sein, aber sie hinterlässt einen faden Beigeschmack.

Dass die Marke weiterhin auf eine insolvente Gesellschaft läuft und personelle Überschneidungen nicht transparent kommuniziert werden, wirft Fragen auf – auch im Hinblick auf Verbraucherschutz und Markenrecht.

Gerade im E-Commerce, wo Vertrauen entscheidend ist, wäre mehr Klarheit angebracht. So bleibt der Eindruck eines Projekts, das mehr von alten Strukturen profitiert als durch neue Substanz überzeugt.


➡️Melde dich zum wöchentlichen Newsletter an!⬅️