IDO: eine Bonner Unternehmerin versucht sich gegen den Verband zu wehren

Der Bonner General Anzeiger berichtet in seiner Ausgabe vom 25. April 2018 über ein Verfahren vor dem  Landgericht Bonn. Beteiligt sind der als Abmahnverein bekannte ‘IDO’ und die Bonner Unternehmerin Vera Dietrich. Sie startete auch die häufig geteilte Petition gegen Abmahnmissbrauch. Aktuell lassen sich keine Online Aktivitäten der Unternehmerin mit ihrer Modemarke ‘Venuswerk’ erkennen. Sie hatte nie eine eigene Internetseite online. Weder auf etsy.de noch auf Dawanda ist sie zur Zeit aktiv.

Vera die Wehr-Bärin

„Sie nehmen Tausende von Unternehmen aus und treiben sie teilweise in den Ruin.“, so Vera Dietrich vor der Kammer für Handelssachen beim LG Bonn. Sie wurde wegen wettbewerblich unfairem Verhalten vom IDO Verband abgemahnt. Abmahngrund waren fehlende Materialangaben in ihrem Dawanda-Shop. Jedoch sieht sie ihren Fehler nicht ein und weigert sich die Unterlassungserklärung zu unterzeichnen. Sie hat Angst, dass sie ihr Geschäft nach wie vor nicht sicher in Griff bekommt und fürchtet drohende Vertragsstrafen. Diese können teuer werden.

Sie argumentiert, dass ihr solche Fehler immer wieder passieren können!?! – Aber genau dazu sind ja die Unterlassungserklärungen und Vertragsstrafen da. Sie sollen eine Wiederholung ausschließen.

Der IDO & die Klagebefugnis

Eine alte Leier. Das haben schon etliche Kläger versucht. Und sie sind alle letztendlich gescheitert. Wenn nicht beim ersten, dann aber beim zweiten Versuch. Der Anwalt von Vera Dietrich versucht die Klagebefugnis vom IDO anzuzweifeln. Ob er Erfolg haben wird steht wohl eher nicht in den Sternen. Wenn auch das Landgericht ein Urteil für die Händlerin sprechen wird, so scheint es fast sicher, dass das OLG in Köln dann doch eher eine andere Meinung vertreten wird. Ein ‘vorläufiges’ Urteil soll es am 15. Mai geben.

Stimmung gegen die ‘Schutzgeldgemeinschaft’

Dietrichs Anwalt versucht mit recht kessen Sprüchen erst einmal Stimmung zu machen und erwähnt Strafanzeigen, Strafverfahren wegen Betrugs, Erpressung und Abgabe falscher eidesstattlicher Versicherungen. Das hört sich groß an, aber hat rein gar nichts zu bedeuten. Jeder kann eine Strafanzeige erstatten. Und scheinbar wird vergessen, dass sich der IDO nicht das erstmal solchen ‘Anfeidungen’ aussetzen lassen muss.

Internetseite nie ‘live’

Eine Online Unternehmerin ohne Internetseite. Ihre Domain ‘venuswerk.de’ ist zwar seit 2013 registriert, aber es war nie ein eigener Internetauftritt live. Der erste Eintrag zu dieser Domain bei archive.org findet sich für 5/2013. Allerdings ist nur die Strato-Default-Seite gespeichert.

Keine Angebote auf dawanda.de

Der Link zum Profil der angeblichen Händlerin führt leider ins Leere: https://de.dawanda.com/user/VENUSWERK

Keine Angebote bei etsy.de

Da stellt sich mir wirklich die Frage, was es mit dieser Petition und dem Handel der Händlerin tatsächlich auf sich hat. Eine Händlerin die nicht handelt streitet vor Gericht und sorgt für ein enormes mediales Interesse. Das mag alles plausibel sein, wirft aber auch Fragen auf.

Insgesamt scheint mit das Verfahren sowie die Berichterstattung recht emotional getrieben zu sein. Das ist schade, denn hierdurch wird ein weiteres mal das gute Institut der Abmahnung beschädigt.

Jedem Unternehmer sollte doch klar sein, dass er Regeln einzuhalten hat und für seine Fehler auch haftbar ist. Seien wir doch ehrlich: Lieber eine günstige ‘Abmahnung’ vom IDO als eine ‘teure’ vom Wettbewerber.

Und bei alledem dürfen wir nicht vergessen wer hier Täter und wer hier Opfer ist. Opfer sind die redlichen Händler, Täterin ist ganz klar die zurecht abgemahnte Vera Dietrich.

(Credit: Christian Recke)

7 Gedanken zu „IDO: eine Bonner Unternehmerin versucht sich gegen den Verband zu wehren

  1. jomei

    Abmahnmissbrauch grassiert immer wieder. Die schlimmsten Formen gab es im letzten Jahrzehnt, ganz typisch auf ebay. Da war die Hausfrau, die aus ihren gesammelten Parfümpröbchen Adventkalender bastelte und drei Artikel dieser Art einstellte. Vierstellig bezifferte Abmahnung wegen Wettbeberbsrechtsverstoß und nicht angemeldeter Gewerblichkeit. Auftraggeber der Abmahnung: Ein Im- und Exportbetrieb für Werkzeuge und Metallwaren. Der wurde also durch drei Parfümpröbchenkonvolute in seiner Geschäftstätigkeit geschädigt? Echt jetzt?? Könnte einige Fälle nennen, wo der Auftraggeber der Abmahnung mit dem abgemahnten Artikel branchenmäßig rein gar nichts zu tun und damit kein ernsthaftes Geschäftsinteresse zu verteidigen hatte.
    Genauso sehe ich diese Abmahnvereine: Eine Privatjustiz jenseits des staatlichen Gewaltmonopols.

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  2. Paul

    Zitat: “…denn hierdurch wird ein weiteres mal das gute Institut der Abmahnung beschädigt.”

    Selten habe ich so einen abmahnbejahenden Schafscheiß gelesen. Sorry, aber dieser Abmahnwahn ist reinste Abzocke und dient nur dubiosen Vereinen und dubiosen Anwälten zur Bereicherung. Bei einem wirklich “fairen Wettbewerb” würde man erstmal den Mitbewerber auf seinen Fehler hinweisen, ihn bitten dieses zeitnah zu korrigieren und fertig ist. Danach kann man immer noch, wenn man soviel Langeweile hat, eine Abmahnung aussprechen, wenn der Unternehmer uneinsichtig ist. Es gibt auch noch Unternehmer die noch nie abgemahnt haben. Wir hatten noch nie soviel Langeweile in 25 Jahren Selbständigkeit um uns diesen “juristischen Mist” anzutun. Aber manche “Unternehmer” bangen wohl um jeden Cent oder wollen sich gerne profilieren; Anwälte und Abmahnvereine sind deren willige Helfershelfer um Kleinst- und Kleinunternehmern das Leben schwer zu machen… Es reicht doch schon, wenn man seine AGB etc. ständig anwaltlich auf dem neuesten Stand halten muß und wie am 25.Mai schon wieder eine neue Datenschutzschafscheiße einbauen muß, die eh jeder Verbraucher ungelesen wegklickt und die nur von Abmahngeiern sorgfältigst studiert wird…..
    Herr Steier, machen Sie doch mal eine “neutrale und annähernd repräsentative Umfrage” unter z.B. tausend deutschen Unternehmern, und zwar vom Kleinstgewerbetreibenden bis zu international tätigen Konzernen, “wer Abmahnungen für sinnvoll hält, wer nicht, und wer diese selber anwendet” ?! (und damit meine ich keine Umfrage in einer einseitig ausgerichteten Facebookfangruppe 😉 )

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  3. Frank

    Ein ganz klares WTF fuer diesen Artikel, eine derartige Arroganz ist mir bislang (hier) noch nicht untergekommen.
    Natuerlich hat die Haendlerin einen Fehler gemacht, keine Frage. Mark Steier sollte *eigentlich* ueber genuegend Erfahrung verfuegen, um zu Wissen, dass Fehler immer und ueberall vorkommen, und gerade diese Kennzeichnungen als Produktdetail sind ziemlich fehlertraechtig sind. Wer keine Fehler macht, werfe den ersten Stein. Von daher ist der Abmahnmechanismus ganz klar reformbeduerftig – z.B. “es muss zunaechst ein kostenfreier Hinweis auf den Verstoss erfolgen”.
    Der IDO moechte fuer fairen Wettbewerb sorgen? Dann wuerde ich mir an seiner Stelle einmal die Plattform “Amazon” vornehmen. Allerdings ist Amazon ein wehrhafter Gegner. Alternativ waeren vielleicht einige grosse (chinesische) Anbieter auf Amazon interessant, die ohne WEEE, VerpackV oder gar CE/VDE Millionenumsaetze fahren. Oder ein paar Amerikaner, die Grauimporte (ohne dieses zu kennzeichnen) ebenfalls mit Millionenumsaetzen verkaufen.

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