Jeder kennt sich selbst in Situationen in denen er nicht klar gedacht hat. Wo meist Logik, Objektivität oder Vernunft das Denken übernehmen sollten, passiert es allerdings sehr oft, dass wir geleitet durch Emotionen, Vorteile und äußere Einflüsse entscheiden. Wir entscheiden dann nicht objektiv, sondern irrational. Und das schlimme dabei: Wir tun es nicht nur einmal, sondern mehrmals. Auch wiederholen wir gerne die selben Fehler. Diese psychologischen Effekte werden Cognitive Bias genannt sprich kognitive Verzerrungen.
Unternehmen nutzen die Schwäche
Diese “Schwäche” machen sich natürlich auch viele Unternehmen zur Nutze uns überzeugen zu wollen eine Entscheidung zu treffen, die wir sonst nicht fällen würden. Denn normalerweise kommt unser Gehirn mit all den Informationen denen wir im Alltag begegnen relativ gut zu Recht. Das Gehirn hat ausreichende Kapazitäten, damit wir fokussiert bleiben. Das Problem ist allerdings, dass es manchmal vorkommen kann, dass wir einer bestimmten systematischen Verzerrung ausgesetzt sein können, ohne, dass wir das merken, weil wir unbewusst und fast automatisiert Informationen verarbeiten. Automatisch gehen wir davon aus, dass das stimmt und so sein muss.
Wenn wir uns zum Beispiel für ein Produkt entscheiden einer bestimmten Marke ist man mit Sicherheit Opfer einer kognitiven Verzerrung. Dies kann gezielt im Marketing eingesetzt werden. Marktforschung und Verkaufspsychologie nutzen sich besser, wenn man des Menschen Gehirn ein bisschen versteht. Der Bereich Neuromarketing eine immer größere Rolle bei der Verkaufsförderung.
Die Effekte
Es gibt viele Beispiele für kognitive Verzerrungen. Eine komplette Liste würde den Rahmen sprengen. Ich habe daher versucht die interessantesten Effekte aufzugreifen:
Der IKEA-Effekt
Wer sein Produkt selbst baut liebt es mehr. Das ist nicht nur bei IKEA, sondern bei generell vielem was der Verbraucher selbst aufbauen muss. Das können auch Klemmbausteine sein. Wenn der Konsument dabei noch kreativ sein darf um das Produkt zu ändern, es also mitgehalten kann, sorgt dies für einen positiven Effekt. Aber auch in der Lebensmittel- und Fashion-Branche finden sich Beispiele für diese Art der kognitiven Verzerrung.
Der Bandwagon-Effekt (Mitläufereffekt)
Kaufen viele ein Produkt, ist so mancher eher gewillt das Produkt zu kaufen. Man wird schnell zu einem Mitläufer. Diese kognitive Verzerrung betrifft Kaufentscheidungen und politische Wahlentscheidungen.
Der Confirmation Bias (Bestätigungsfehler)
Wer etwas kauft möchte in dieser Entscheidung bestätigt werden. Der Mensch möchte bestätigt werden. Sei es bei Meinungen oder Erinnerungen. Das führt dazu, dass wir eher bestehende Hypothesen bestätigen, als diese von abweichenden Daten zu hinterfragen. Dieser Effekt hat weitreichende Folgen und spielt auch bei Kaufentscheidungen eine große Rolle.
Der Decoy-Effekt
Kaufentscheidungen laufen überwiegend unbewusst ab. Durch gezieltes Anbieten eines Produkts welches sich von der Maße abhebt wird die Kaufentscheidung gelenkt. In der Regel haben diese Angebot ein schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis und dienen dazu, dass eigentliche Produkt besser dastehen zu lassen.
Der Endowment-Effekt (Besitztumseffekt)
Wer ein Produkt besitzt, bewertet das Produkt anders als jene die es noch nicht besitzen. Dieser Effekt ist in nahezu vielen Situationen anzutreffen – besonders beim verhandeln. Dass ein Verkäufer immer eine höhere Preisvorstellung hat als ein Käufer liegt an diesem Effekt. Für etwas was man besitzt möchte mehr Geld haben, als für etwas was nicht besitzt geben.
Der Halo-Effekt (Rückschaufehler)
Wir neigen dazu positive Eigenschaften auf Personen oder Objekte zu übertragen. Findet man also Produkt oder Person gut und eine andere Person weiss, dass wir nur gute Produkte oder Menschen im Umfeld haben, denkt diese Person wir mögen den Menschen oder das Produkt nur weil es gut ist, ohne dass es irgendeinen Hinweis dafür hat.
Es gibt natürlich weitere Effekte, welche man hier und hier nachlesen kann. Fakt ist aber, dass wir alle vermutlich von der Verzerrung der eigenen Wahrnehmung betroffen sind. Wichtig ist bei diesem Thema, dass wir uns im Klaren sind, dass es kognitive Verzerrungen gibt.
Aktuelles Beispiel: Klemmbaustein-Züge von Lidl
Ein aktuelles, prominentes Beispiel spielt sich in der Klemmbausteine Szene ab. So steht der YouTube und Händler Thomas Danke (Held der Steine) schon seit langem auf Kriegsfuss mit Lego und empfiehlt immer wieder andere, günstigere Hersteller, was zu einem deutlich höheren Absatz führt. So auch aktuell bei den Zügen der Lidl Eigenmarke Playtive Clippys. Der Zug liegt hier bei einem Preis von 36,99 Euro.
Natürlich kommen hier auch die Scalper wieder ins Spiel, welche sich den Hype zur Nutze machen und den Zug teurer verkaufen. Das Paradoxe: Der Verbraucher macht das Spiel mit. So wurden die Züge zum Teil bis zu 100 Euro bei Ebay verkauft.
Wir halten fest: Auf der einen Seite stimmen die Zuschauer dem YouTuber zu Lego sei zu teuer und das Preis-/Leistungs-Verhältnis stimme nicht mehr. Auf der anderen Seite gibt er aber gerne bis zu 100 Euro für ein 35 Euro-Produkt aus, weil ein YouTuber einen künstlichen Hype erzeugt. Der Verbraucher denkt hier nicht mehr rational, weil er denkt das Produkt sei auch mehr Geld wert und er es unbedingt haben muss.