Wir alle wissen: Amazon klickt gut. Und genau das nutzen die Medien treffsicher aus. Die aktuelle Dokumentation ›Amazon außer Kontrolle?‹ zeigt das leider in aller Deutlichkeit. Schade. Hier wird ein sehr wichtiges Anliegen ausschließlich auf die Plattform Amazon reduziert. Das ist mir zu einfach, denn der Handel mit gefährlichen Produkten und Fälschungen betrifft eben nicht nur Amazon.

Eine gute Doku, deren einziger Fehler es ist, sich auf nur eine Plattform zu beschränken

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In der Tat sind die vermittelten Fakten richtig und weitgehend gut und umfangreich recherchiert. Jedoch zeichnet sich durch die Reduktion des Anliegens auf nur eine Plattform ein falsches Bild. Gefährliche Produkte werden auch im großen Umfang über eBay, Wish, Rakuten und ähnlichen Plattformen gehandelt. Das bleibt aber gänzlich unerwähnt. Dadurch nimmt der Verbraucher die Herausforderung als nur für Amazon geltend wahr.

»Wir erfüllen mit so einem Bericht unseren öffentlich-rechtlichen Informationsauftrag. Dabei geht es uns nicht darum, bei einem Unternehmen ›das Negative zu suchen‹, sondern das Geschäftsgebaren zu hinterfragen und komplexe Zusammenhänge für die KundInnen transparent darzustellen«, so ein Kommentar der Das Erste-Redaktion.

Die ›Geschäftsgebaren‹ und Argumentationen ALLER Marktplätze werden identisch sein. So jedenfalls das Learning aus den Kommunikationen zum Umsatzsteuerbetrug.

Amazon außer Kontrolle?

Einspruch – die Probleme sind überall

Ja, Amazon macht es schlecht. Aber da ist Amazon nicht alleine, denn auch eBay, Wish, Rakuten und alle anderen relevanten Marktplätze bieten Drittlandhändlern einfache Möglichkeiten, gefährliche Artikel zu handeln. Auf den wenigsten Plattformen kann der Verbraucher einfach entscheiden oder sich vorab informieren, ob er bei einem Drittlandhändler kauft.

Fake Produkte auf wish.com
Quelle: wish.com

Es wäre wichtig in einer solchen Dokumentation, die Herausforderungen vollumfänglich zu erfassen und darzustellen. So entsteht aber nur der Eindruck, dass die Probleme nur auf und mit Amazon passieren.

Fazit: Der Onlinehandel ist außer Kontrolle?

Das wäre leider die richtige Überschrift. Denn seien wir mal ehrlich, auf eBay, Amazon, Aliexpress und Wish finden wir von Drittlandhändlern überwiegend illegale Produkte. Fälschungen, gefährliche Artikel oder aber Produkte bei denen Registrierungen fehlen sind Alltag und nichts Außergewöhnliches.

Fake Produkte auf eBay
Quelle: ebay.de

Darunter leidet der europäische Onlinehandel massiv. Müssen denn erst schwere Unfälle passieren oder eine Pleitewelle durchs Land rollen, bis die Politik wach wird?

Wir benötigen dingend mehr Ressourcen bei den Vollzugsorgangen und eine noch weiter gefasste Plattformhaftung sowie Instrumente, die auch illegale Onlineshops effizient abschaltbar machen. Hier stellt sich die Frage, ob nicht sogar die Payment-Anbieter mit in eine Haftung einzubeziehen sind.

Gefährliche Produkte auf wish.com
Quelle: wish.com

Messbarkeit der Schäden

Bisherige Studien und Tests haben ergeben, dass ein Großteil der durch Drittlandhändler direkt in den europäischen Wirtschaftsraum gelieferten Produkte illegal sind. Das bedeutet, dass Milliarden an Umsätzen illegal zu Stande kommen. Dem Staat entgehen damit hunderte Millionen an Steuereinnahmen, weil Drittlandhändler ihren wettbewerblichen Vorteil ausspielen und der europäische Handel dem nichts entgegenzusetzen hat. Ergo werden die Umsätze nicht in der EU, sondern – idealerweise – im Drittland versteuert. Das darf nicht sein.