Urteil gegen Stiftung Warentest: Wenn „mangelhaft“ nicht nur falsch, sondern ruinös ist

Was für ein Paukenschlag: Zum ersten Mal in ihrer Geschichte wurde die Stiftung Warentest von einem Gericht zu Schadensersatz verurteilt. Das berichtet zuerst LTO. Und zwar nicht wegen irgendeiner Nebensächlichkeit, sondern wegen eines fehlerhaften Warentests, der einem Unternehmen tief ins Mark ging.

Im Zentrum: die Firma Pyrexx, Hersteller von Rauchmeldern. Der Vorwurf: Ihr Gerät alarmiere zu spät. Die Bewertung: „mangelhaft“. Die Wirkung: verheerend.

Jetzt hat das Landgericht Frankfurt entschieden: Der Test war falsch. Das Urteil der Stiftung war unvertretbar. Die Schäden sind real. Und die Stiftung Warentest muss dafür haften.


Wie alles begann – und warum dieses Urteil Geschichte schreiben könnte

Es ist eine dieser Geschichten, wie sie sich viel zu oft im Verborgenen abspielen: Ein mittelständisches Unternehmen wird von einem Warentest regelrecht zerschossen. Ein einziger Begriff – „mangelhaft“ – entfaltet eine immense Marktmacht. Verbraucher springen ab. Händler stornieren Bestellungen. Umsätze brechen ein. Vertrauen geht verloren.

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Und selbst wenn die Firma glaubt, im Recht zu sein – was soll sie tun? Wer sich mit der Stiftung Warentest anlegt, braucht einen langen Atem. Und viel Geld.

Doch Pyrexx hat genau das getan. Mit Mut, mit starken Anwälten – und vor allem mit dem festen Glauben daran, dass der Test nicht korrekt war.


Der eigentliche Skandal: Keine Transparenz

Schon der erste Versuch, gegen das Urteil vorzugehen, scheiterte. Warum? Weil die Stiftung Warentest die Prüfberichte des Tests nicht herausgeben wollte. Man stelle sich das einmal vor: Ein Test zerstört das Geschäft eines Unternehmens – aber dieses Unternehmen erfährt nicht einmal, wie genau getestet wurde.

Die Kölner Gerichte akzeptierten das. Man vertraute auf eidesstattliche Versicherungen von Mitarbeitern des beauftragten Prüfinstituts. Pyrexx hatte keine Chance, den Test inhaltlich anzugreifen.

Erst in Frankfurt, in einem neuen Hauptsacheverfahren, kam Bewegung in die Sache. Denn das LG Frankfurt ließ sich nicht abspeisen – und zwang die Stiftung Warentest zur Offenlegung der Testprotokolle.

Und dann kam ans Licht, was Pyrexx von Anfang an vermutete: Der Test war nicht normgerecht, die DIN-Vorgaben wurden nicht eingehalten, und das Prüfinstitut hatte einen fehlerhaften Versuchsaufbau gewählt. Kurz: Der Test war schlicht falsch.


Ein Urteil mit klarer Botschaft

Das Landgericht Frankfurt sparte nicht mit deutlichen Worten: Der Test sei „nicht mehr diskutabel“, das Ergebnis „unzutreffend“, der wirtschaftliche Schaden für Pyrexx erheblich.

Die Richter wiesen auch das Argument der Stiftung zurück, man sei doch gar nicht selbst schuld, das Prüfinstitut habe ja die Fehler gemacht. So einfach kann sich niemand aus der Verantwortung ziehen.

Denn, so das Gericht: Die Stiftung Warentest kann sich nicht hinter Subunternehmern verstecken. Sie muss sich deren Fehler zurechnen lassen. Es handelt sich schließlich nicht um irgendeinen externen Dienstleister – die Tests sind Kernaufgabe der Stiftung. Wer daraus wirtschaftlich verheerende Urteile ableitet, muss dafür auch geradestehen.


Und jetzt? Schadensersatz in Millionenhöhe

Der wirtschaftliche Schaden bei Pyrexx ist nachweislich enorm. Laut eigenen Angaben brachen die Umsätze im Folgejahr nach dem Test um 30 Prozent ein. Nun fordert das Unternehmen über 7,7 Millionen Euro Schadensersatz. Das Frankfurter Gericht hat die Grundlage dafür geschaffen – über die genaue Höhe wird später entschieden.

Die Stiftung Warentest hat bereits angekündigt, in Berufung zu gehen. Sie fürchtet, so ihr Sprecher, dass man künftig keine unabhängigen Tests mehr durchführen könne, wenn man für externe Fehler haftbar gemacht wird.

Aber: Ist das wirklich das Problem?


Eine Frage der Verantwortung – und des Machtbewusstseins

Was in diesem Fall besonders aufstößt, ist nicht nur der juristische Streit, sondern auch die Haltung der Stiftung Warentest.

Man beruft sich auf den Verbraucherschutz. Man sieht sich als neutraler, unabhängiger Akteur. Und das ist zweifellos ein wertvolles Gut.

Aber genau daraus ergibt sich auch eine enorme Verantwortung. Wer sich mit objektivem Anspruch als Instanz in Verbraucherfragen positioniert, muss höchste Maßstäbe an sich selbst anlegen.

Und die wurden hier eben nicht eingehalten.

Das Verhalten der Stiftung wirkt dabei streckenweise überheblich. Der Satz, man könne künftig keine Tests mehr machen, wenn man haften müsse, zeigt: Man hat die Wirkung der eigenen Urteile offenbar verdrängt – oder nie wirklich reflektiert.

Ein „mangelhaft“ der Stiftung ist kein Meinungskommentar in einer Facebook-Gruppe. Es ist ein wirtschaftliches Urteil mit enormer Wucht. Und es kann Existenzen kosten.


Was Händler daraus lernen können

Für Händler ist dieses Urteil in vielerlei Hinsicht bemerkenswert:

1. Man kann sich wehren – aber es ist schwer.

Nur mit Geld, Geduld und klugen Anwälten ließ sich dieser Erfolg erreichen. Kleine Private-Label-Händler haben diese Ressourcen oft nicht. Umso wichtiger ist es, dass endlich ein Präzedenzfall geschaffen wurde.

2. Stiftung Warentest ist nicht unangreifbar.

Das Urteil entzaubert ein Stück weit das Machtmonopol, das Warentests in Deutschland haben. Auch sie unterliegen dem Recht. Und auch ihre Tests können rechtswidrig sein.

3. Fehlende Transparenz ist brandgefährlich.

Wenn ein Unternehmen nicht erfährt, wie getestet wurde – wie soll es sich dann verteidigen? Die Offenlegungspflichten sind aus Sicht des Rechtsstaats elementar – und wurden hier endlich durchgesetzt.


Fazit: Ein wichtiges Urteil mit Signalwirkung

Dieses Urteil ist kein Angriff auf die Stiftung Warentest. Es ist ein Plädoyer für Fairness, Transparenz und Verantwortung.

Denn wer testet, hat Macht. Und Macht braucht Kontrolle.

Dass ein Mittelständler sich durchgesetzt hat, ist ermutigend für die gesamte Branche. Es zeigt: Auch große Institutionen stehen nicht über dem Gesetz.

Und wenn am Ende auch noch ein nennenswerter Schadensersatz gezahlt wird, wäre das nicht nur gerecht – sondern ein starkes Signal an alle Händler, die sich künftig wehren wollen.


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