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Starker Anstieg: Zahl der gemeldeten China-Händler

Das geht aus einer Kleinen Anfrage der Linken an die Bundesregierung hervor. Und zwar wollten einige Linken-Abgeordnete wissen, wie es denn um die Wirksamkeit der Maßnahmen gegen Umsatzsteuerhinterziehung auf Marktplätzen steht. Die Zahl der gemeldeten China-Händler hat sich zwischen 2019 und 2021 versechsfacht.

»Bis Anfang Mai 2021 haben sich der Antwort zufolge rund 64.000 Unternehmen aus China, Hongkong oder Taiwan beim zuständigen Finanzamt Berlin-Neukölln angemeldet. Anfang 2019 lag die Zahl bei etwa 7.700 Unternehmen. Es könne davon ausgegangen werden, dass die weit überwiegende Anzahl der registrierten Unternehmen im Onlinehandel tätig ist«, so die Bundesregierung.

Ende 2018 wurde das Gesetz verabschiedet. Seitdem müssen Drittlandhändler ihre steuerliche Erfassung gegenüber den Plattformen regelmäßig belegen. In der ›Kleinen Anfrage‹ ist auf einen SPIEGEL-Beitrag aus dem Jahr 2017 verwiesen.

»Die Mehrwertsteuer wird offenbar reihenweise nicht abgeführt: Allein auf Amazons deutschem Marktplatz und bei Ebay tummeln sich 5.000 bis 6.000 chinesische Anbieter, errechnete der Analyst Mark Steier, einst bei Ebay selbst als ›Platin-Powerseller‹ aktiv. Sie alle müssten eigentlich beim Finanzamt Neukölln angemeldet sein. Tatsächlich sind laut der zuständigen Senatsverwaltung Finanzen gerade einmal »rund 430 Händler mit Sitz in der Volksrepublik China (einschließlich Hongkong) umsatzsteuerlich registriert«. Mehr als 90 Prozent der Anbieter besitzen also nicht einmal eine deutsche Umsatzsteuernummer«, so der SPIEGEL-Beitrag

Bei der Beantwortung der meisten Fragen weist die Regierung darauf hin, dass Umsatzsteuer-Angelegenheiten Ländersache seinen und sie daher viele Fragen nicht beantworten könne. Ihr liegen keine Erkenntnisse vor.

Das Problem der Prüfungen & Identifikation von Steuerbetrügern

Hier verweist die Bundesregierung auf eine Erweiterung des Webcrawlers, die für Ende 2021 geplant ist. Diese Software ist bereits seit 2003 im Einsatz und viele von euch werden sie bereits erlebt haben. Nämlich wenn es zu einer Betriebsprüfung kam und ihr den Anlass erfahren habt.

»Auf der Grundlage der Suchergebnisse kann abgeglichen werden, ob der Anbieter/Onlinehändler im Inland steuerlich registriert ist und auf welchen elektronischen Marktplätzen (registrierte) Onlinehändler aus Drittstaaten tätig sind«, so die Bundesregierung. Und weiter: »Der Ausbau der KUSS zur steuerlichen Erfassung von Social-Media-Akteuren, um deren gleichmäßige Besteuerung in allen Bundesländern sicherzustellen, ist nicht geplant. Auf die Zuständigkeit der Länder für die Erhebung und Kontrolle der Umsatzsteuer nach Artikel 108 Absatz 2 und 3 GG wird hingewiesen.«

Leider ist es so, dass Umsatzsteuerprüfungen Ländersache sind, sodass die Regierung hierzu wenig Auskunft geben kann. Lediglich in Rahmenvereinbarungen mit den Ländervertretern ist die Festlegung von Prüfquoten möglich.

»Das Bundesministerium der Finanzen hat sich 2020 dafür eingesetzt, dass die Prüfquote für die Umsatzsteuer-Sonderprüfung in den sogenannten Rahmenkatalog maßgebender Leistungskennzahlen nach § 21a Absatz 2 FVG aufgenommen wird. Mit der Aufnahme der Prüfquote in den Rahmenkatalog ist die Voraussetzung geschaffen worden, um zukünftig mit den Ländern diesbezügliche Verhandlungen zu führen und im gegenseitigen Einvernehmen verbindliche Ziele zur Prüfquote zur Umsatzsteuer-Sonderprüfung zu vereinbaren«, antwortet die Bundesregierung.

Einordnung

Aus der Beantwortung des Fragenkatalogs, der im Rahmen der Kleinen Anfrage an die Regierung gerichtet worden ist, geht nicht hervor, wie viel Mehreinnahmen generiert werden konnten und wie effektiv die Gesetzesänderungen nun tatsächlich sind. Das ist unbefriedigend, ist aber auch unserem Föderalismus bzw. der Unbedachtheit der Bundesregierung geschuldet. Tatsächlich hätte es Vereinbarungen geben können, dass diese Zahlen zentral zu erfassen sind.

Ob nun das Mehrwertsteuer-Digitapaket eine Lösung bringt, darf angezweifelt werden. Hier müssen sich alle Verbände bemühen, dass die wesentlichen Leistungskennzahlen zentral erfasst und öffentlich einfach zugängig gemacht werden.

Nach wie vor ist es nur mit großer Anstrengung möglich, den tatsächlichen Umsatzsteuerschaden zu erfassen. Wortfilter liegen gesicherte Erkenntnisse vor, dass viele Drittlandhändler – besonders China-Händler – falsche Umsatzsätze an das Finanzamt melden. Hierzu stehen ihnen sogar betrügerisch agierende Dienstleister zur Verfügung.

Neben dem latenten Umsatzsteuerausfall wird durch das Unterlassen der Länder- und Bundesregierung den europäischen Händlern und damit der gesamten Wirtschaft ein Milliardenschaden verursacht. Europäische Händler sind nicht in der Lage, ihre Preise an das ›China-Niveau‹ anzupassen, weil sie eben keine Umsatzsteuer hinterziehen!

Viele asiatische Online-Händler zahlen keine Umsatzsteuer – Fernsehtipp

Das ARD Politik Magazin Kontraste sendet heute einen Beitrag über den Umsatzsteuerbetrug durch asiatische Online-Händler auf den großen Plattformen eBay und Amazon. Letzte Woche war ich zu einem ausführlichen Interview im Berliner ARD Hauptstadt-Studio. Während des Interviews zeigte ich u.a. live die Umsatz-Auswertung eines chinesischen Händlers und verdeutlichte den entstandenen wirtschaftlichen und steuerlichen Schaden. Die Sendung wird am 23.02.2017 und 21:45Uhr ausgestrahlt. Hier nun die Ankündigung von ARD und rbb:

Viele asiatische Online-Händler zahlen keine Umsatzsteuer

Deutschland entgehen Hunderte Millionen Euro Umsatzsteuern: Online-Händler, speziell aus dem asiatischen Raum, die über Amazon dun Ebay verkaufen, zahlen nach rbb-Recherchen nicht. Zuständig für China ist das Finanzamt in Berlin-Neukölln.

Online-Händler speziell aus dem asiatischen Raum hinterziehen offenbar in erheblichem Umfang Umsatzsteuern. Nach Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste handelt es sich dabei vor allem um Anbieter, die ihre Produkte über die Plattformen Amazon und Ebay vertreiben.

Rund 800 Millionen Euro Verlust

Der Finanzanalyst und Betreiber eines Branchendienstes für E-commerce, Mark Steier, schätzt den Schaden für den deutschen Fiskus bezogen auf die beiden großen Marktplätze auf rund 800 Millionen Euro pro Jahr. Nach seinen Recherchen sind 99, 8 Prozent der chinesischen Händler, die in Deutschland ihre Ware lagern und anbieten, steuerlich gar nicht angemeldet und haben auch keine Umsatzsteueridentifikationsnummer beantragt.

Neuköllner Finanzamt für China zuständig

Die deutschen Finanzämter haben die Zuständigkeit für den Online-Handel bundesweit aufgeteilt. Für die in Bezug auf die Hinterziehung von Umsatzsteuern besonders auffälligen chinesischen Händler ist das Berliner Finanzamt Neukölln zuständig.

Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) fordert deshalb jetzt mehr Transparenz im Online-Handel: “Wir wollen gerne von den Plattformbetreibern die Informationen über die Firmen haben, die auf den Plattformen anbieten”. Zu einem transparenten Wirtschaftssystem und zu einem gerechten Wirtschaftssystem gehöre es dazu, dass Unternehmen Steuern zahlten, fügte er hinzu.

600 Jahre der Online-Entwicklung hinterher

Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, beklagt in der Kontraste-Sendung die fehlenden Ressourcen der deutschen Finanzämter, um die Steuerhinterziehung im Online-Handel wirkungsvoll zu bekämpfen: “Nach meiner festen Überzeugung laufen die 600 deutschen Finanzämter dieser gesamten Online-Entwicklung vermutlich um Jahre hinterher.” (Quelle: Ankündigung auf rbb-online.de und presseportal.de)

Link zur Sendung & zur Mediathek

Hier der Link zur Sendung. Wer den Beitrag verpasst, kann ihn später in der Mediathek anschauen.

[BTW:  Der Titel “Finanzanalyst” ist wohl medialer Kreativität geschuldet. Ich selber nannte mich Marktplatzkenner bzw. Marktplatzexperte]

Amazon and eBay sellers’ VAT fraud rife despite crackdown

Ist das ok für euch, wenn ich mal Artikel auf Englisch teile?

Amazon and eBay sellers’ VAT fraud rife despite crackdown

Guardian investigation finds goods such as iPads and laptops being sold tax-free

The Amazon Fulfilment Centre in Hemel Hempstead, England. Photograph: Jeff Spicer/Getty Images

Huge numbers of VAT fraudsters are illegally selling goods tax-free to British shoppers on Amazon and eBay this Christmas, despite new government efforts to crack down on this ballooning £1bn VAT evasion crisis.

A Guardian investigation found a wide variety of popular goods being illegally sold without VAT on Britain’s leading shopping sites. They range from cheap Christmas tree lights, electric toothbrushes and thermal socks to expensive laptops, iPads, music keyboards, violins and pingpong tables.

In some cases, VAT fraudsters offer unbeatable prices. Mostly, however, their prices remain in line with law-abiding competitors and the proceeds of evasion disappear overseas, often to China.

Guardian investigations found many tax-evading sellers were trading without displaying VAT numbers on Amazon or eBay. Others were showing made up numbers, or numbers cloned, without authorisation, from unsuspecting legitimate businesses.

Several sellers purported to be operating through UK trading companies, but checks showed these firms had been dissolved, sometimes years earlier. None responded to questions about VAT.

HMRC estimates the explosion in VAT fraud on Britain’s shopping websites will cost £1bn to £1.5bn in lost VAT revenues this year, with much of it going missing in the current festive period.

By the end of “Cyber Monday”. UK shoppers will have spent £6.77bn on the web in a seven-day shopping binge that peaked on Black Friday, according to online retail association IMRG. The number of parcels ordered online will be up 12% on last year, it estimates.

The market for many goods is now dominated by overseas sellers. On eBay, for example, 40% of UK sales of Android phones are to firms registered in China. Meanwhile, Chinese-based companies account for more than 60% of sales of Christmas tree fairy lights on eBay.co.uk.

There is no suggestion that Amazon or eBay have themselves evaded tax, but critics claim they could make some basic changes – such as requiring sellers to display valid VAT numbers – that would help to stop their websites being used by many overseas companies as a platform for industrial-scale fraud.

Both eBay and Amazon insist that it is not their responsibility to police tax compliance among sellers. VAT rules are complex but the tax generally applies to most goods supplied from locations in the UK even if the seller company is incorporated overseas. Shoppers typically see prices that include VAT, charged on most goods at the standard rate of 20%.

Amazon told the Guardian: “Marketplace sellers are independent businesses responsible for complying with their own VAT obligations.” It added that Amazon does offer tools sellers can use to help with tax compliance, but “we don’t have the authority to review their tax affairs”.

EBay said it ‘continually reminds’ sellers of their need to comply with the law. Photograph: eBay/PA

EBay said it would pass information from the Guardian’s investigation to HMRC: “If we are informed by HMRC that a seller is not complying with requirements then we will take appropriate action.” A spokesperson said eBay “continually reminds” sellers of their need to comply with the law and had recently warned overseas firms of the UK government’s efforts to deal with VAT fraud.

After the Guardian first highlighted rife VAT evasion on online shopping sites, HMRC launched a series of warehouse raids, seizing £500,000 of goods. Months later, the then chancellor George Osborne gave tax inspectors new powers which he said demonstrated “firm action to protect the UK market from unfair online competition [from overseas VAT evaders]”.

Under the new rules, HMRC now has the power to issue Amazon and eBay with warning notices about suspected VAT fraudsters using their sites. If they then fail to take action, Amazon and eBay can be held liable for any VAT that later goes missing.

In reality, however, these changes have had little impact and VAT evasion remains widespread. A spokesperson for VATfraud.org, a campaign group set up by UK-based sellers, said: “Despite the new laws, HMRC have shown a woeful lack of action. There are many fraudsters who were reported to HMRC years ago but are still trading, and evading VAT, today.”

Guardian investigations found Amazon even offering extensive support services at its British warehouses to overseas sellers that were doing little to mask their VAT evasion.

As well as advertising these sellers’ goods on Amazon.co.uk, it holds items in Amazon UK warehouses, arranges delivery to addresses across Britain, and deals with complaints and returned goods.

Amazon warehouse staff even offer gift-wrapping services on behalf of the fraudster sellers.

There is no suggestion Amazon or eBay knowingly facilitate specific fraudulent VAT-free sales, but the two US groups are nevertheless well aware that evasion in online shopping is a major problem.

Meanwhile, the sellers themselves are often based overseas, with little or nothing known about their UK sales activities by HMRC.

(Checkout windows for an iPad Air 2 from the Apple Store (left) and an Amazon seller)

One such seller, a company based in Dubai, offered an iPad Air 2 for sale on Amazon.co.uk.

The iPad was sold at £456.68, which was a similar price to that on offer at Apple’s own online store. However, the Apple store price included a £78.17 VAT charge while the Dubai-based Amazon seller charged no VAT at all.

Asked for a VAT receipt, the iPad seller said in an email: “We don’t supply UK VAT receipt, sorry.”

Many sellers contacted by the Guardian were similarly open about not charging VAT. “Thank you for your letter and sorry to tell you we do not have UK VAT receipt. We are located in China,” said one. “Our VAT is still in the application,” said another.

A third seller even offered to cut a deal, offering to share part of the proceeds of the VAT fraud. “If you want the VAT receipt, it will be after your purchase a week later. Otherwise, we will offer some discount to you directly,” the seller said in an email. “Looking forward to your reply.”

(Artikel zuerst erschienen bei The Guardian)