Temu-Subventionen: Steuerfalle für Händler – droht eine Welle von Nachzahlungen?

Temu wächst in Europa mit einer Geschwindigkeit, die Konkurrenz Plattformen nervös macht. Der Grund: Aggressive Subventionen an Händler. Produkte werden massiv rabattiert, der Händler bekommt die Differenz von Temu ausgezahlt. Was nach einer Wachstumsstrategie aussieht, könnte für Händler zur steuerlichen Falle werden.

Die meisten Händler – und auch ihre Steuerberater – verbuchen diese Zahlungen falsch. Die Folge: Hohe Umsatzsteuer Nachzahlungen, mögliche Verzinsung und im schlimmsten Fall sogar steuerstrafrechtliche Verfahren.


Wie funktioniert das Subventionsmodell?

Das System ist einfach:

  • Händler bietet ein Produkt für 8 € brutto an.
  • Temu reduziert den Preis für den Kunden auf 4,21 € brutto.
  • Die Differenz zahlt Temu dem Händler direkt aus.

So bekommt der Kunde sein Schnäppchen, Temu kauft sich Marktanteile – und der Händler freut sich über safen Reibach.

Doch: Temu weist auf diesen Zuschuss Umsatzsteuer aus. Viele Händler ziehen diese als Vorsteuer.
Genau das ist laut Steuerexperten falsch.


Dr. Roger Gothmann (Taxdoo): „Es ist ein Entgelt von dritter Seite“

Dr. Roger Gothmann, Gründer von Taxdoo, beschreibt das Problem in einem LinkedIn-Post so:

„Temu zahlt den Händlern bei vielen Verkäufen an Endverbraucher einen Zuschuss. (…) Temu rechnet diese Subvention dem Händler gegenüber jedoch mit (deutscher) Umsatzsteuer ab. Die meisten Händler und ihre Steuerberater ziehen daraus (vermutlich) die Vorsteuer. Das dürfte nach allem, was ich gerade sehe, falsch sein.
Umsatzsteuerlich handelt es sich um ein Entgelt von dritter Seite. Temu müsste daher ohne Umsatzsteuer abrechnen, da gar kein Leistungsaustausch zwischen Temu und dem Händler vorliegt.“

Damit ist klar:

  • Die Subvention ist Teil des Entgelts für die Warenlieferung.
  • Der Händler muss auf den Gesamtbetrag (Kundenzahlung + Subvention) Umsatzsteuer abführen.
  • Gleichzeitig darf er die auf der Temu-Rechnung ausgewiesene Steuer nicht als Vorsteuer ziehen.

Beispiel, damit es auch „dumme Händler“ verstehen

Nehmen wir den Toaster für 8 €:

  • Kunde zahlt: 3,79 €
  • Temu legt drauf: 4,21 €

Kontostand des Händlers: 8 €.
Händler ziehen Umsatzsteuer aus 4,21 €.

Falsch!

Das Finanzamt sagt:
„Her mit den 19 % USt. aus der Subvention Punkt.“

Rechnung:

  • 8 € brutto
  • Händler zieht 0,67 € Umsatzsteuer aus Zuschuss
  • Fehlbetrag: 0,67 € pro Stück

Bei 10.000 verkauften Toastern sind das 6.700 € Nachzahlung.


Dimensionen des Risikos

Anhand konkreter Szenarien:

  • 10.000 € Subventionen im Jahr
    → 1.596,64 € Umsatzsteuer Nachzahlung
  • 500 € Subvention pro Monat (6.000 € im Jahr)
    → 957,98 € Nachzahlung
  • 100.000 € Jahresumsatz, davon 35 % Subvention (35.000 €)
    → 5.588,24 € Nachzahlung

Und das ist nur die Steuer. Zinsen, Säumniszuschläge oder strafrechtliche Verfahren kommen noch oben drauf.


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Weitere Informationen

Streitpunkt in der Fachwelt

Natürlich gibt es auch andere Stimmen.

Markus Bogenschütz (Rechtsanwalt, Steuerberater):

„Mit Verlaub – ich halte Ihre steuerlichen Aussagen für falsch. (…) Ein Entgelt von dritter Seite sehe ich auch nicht. Der Käufer kauft das Produkt zum angegebenen Preis. Punkt.“

Bogenschütz argumentiert: Die Zahlung von Temu sei kein Entgelt, sondern eher eine interne Abrechnung.

Roger Gothmann kontert:

„Der Käufer bezahlt dem Händler 5 Euro und der Händler erhält zusätzlich 3 Euro von Temu bezogen auf die konkrete Lieferung an den Käufer. (…) Es ist daher definitiv ein Entgelt von dritter Seite. Es liegt kein Leistungsaustausch zwischen Temu und Händler vor.“

Und er ergänzt:

„Die hier gezeigte Subvention stellt eben keinen Leistungsaustausch dar. (…) An alle E-Commerce-Kanzleien: Bitte nicht die Vorsteuer aus dieser Rechnung ziehen!“


Vermittlungsleistung vs. Subvention

Gothmann stellt außerdem klar:

  • Vermittlungsleistung von Temu: korrekt über 13b UStG abgerechnet, mit Reverse Charge.
  • Subvention: kein Leistungsaustausch, deshalb keine Umsatzsteuer durch Temu.

Für Händler bedeutet das:

  • Provisionen → normal behandeln.
  • Subventionen → als Entgelt von dritter Seite versteuern.

Warum das brandgefährlich ist

Viele Händler haben Temu-Subventionen längst kassiert – und falsch verbucht.
Das Finanzamt kann Jahre rückwirkend prüfen.
Ergebnis:

  • saftige Nachzahlungen
  • Verzinsung (6 % p.a.)
  • strafrechtliche Risiken

Gerade kleinere Händler, die mit Temu nur „ein paar Euro nebenbei“ verdienen wollten, sind besonders gefährdet.


Ein Praxisfall

Stell dir vor:

  • Händler macht 100.000 € Umsatz über Temu.
  • Davon 35.000 € Subvention.
  • Umsatzsteuer, die er falsch gebucht hat: 5.588,24 €.

Wird das aufgedeckt, ist das kein Kavaliersdelikt mehr.
Das Finanzamt wertet es im Zweifel als vorsätzliche Steuerverkürzung.


Was Händler jetzt tun sollten

  1. Zahlungen prüfen
    Alle Subventionen genau auflisten und dokumentieren.
  2. Steuerberater einbeziehen
    Unbedingt auf das Thema hinweisen – viele Kanzleien haben Temu noch nicht im Fokus.
  3. Vorsteuerkorrekturen prüfen
    Falls Vorsteuer gezogen wurde, sofort rückgängig machen.
  4. Rückstellungen bilden
    Für mögliche Nachzahlungen und Zinsen.
  5. Abwarten, aber vorbereitet sein
    Es ist wahrscheinlich, dass die Finanzverwaltung hierzu eine offizielle Position veröffentlicht.

Fazit: Händler tragen das volle Risiko

Temu subventioniert aggressiv und kauft sich Marktanteile – aber das Steuerrisiko liegt beim Händler.

Dr. Roger Gothmann warnt zu Recht:

  • Es handelt sich um ein Entgelt von dritter Seite.
  • Der Händler muss das Entgelt, das er vom Käufer und von Temu bekommt, in Summe der Umsatzsteuer unterwerfen.
  • Falsche Buchungen können teuer und gefährlich werden.

Mein Rat: Nimm das Thema ernst, rede mit deinem Steuerberater und stell dich darauf ein, dass hier Nachzahlungen auf dich zukommen.


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❓ FAQ zu Temu-Subventionen

Ja. Die Subventionen gelten als Entgelt von dritter Seite und sind umsatzsteuerpflichtig.

Nein. Es handelt sich um eine unberechtigt ausgewiesene Steuer (sog. 14c-USt). Sie darf nicht als Vorsteuer abgezogen werden.

Dann drohen Nachzahlungen, Verzinsung und im schlimmsten Fall ein Steuerstrafverfahren.

Die Zahlungen von Temu sind als Entgelt von dritter Seite zum Umsatz zu addieren und vollständig der Umsatzsteuer zu unterwerfen.

Ja. Die Vermittlungsprovision wird korrekt über Reverse-Charge nach §13b UStG abgerechnet. Die Subvention ist etwas anderes und steuerlich separat zu behandeln.

Stand: 2025

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