Mit dieser Frage hat sich bereits im Januar 2021 das OLG Frankfurt beschäftigt. Und zwar ging es hier um die Zahlung von Abmahnkosten und das Verwirken einer Vertragsstrafe. (Az. 6 U 181/19 OLG Frankfurt a.M.). Ursprünglich war eine GmbH & Co. KG beklagt. Die Kommanditanteile der Beklagten wurden auf die neu gegründete jetzige Beklagte übertragen, sodann schied die Komplementärin aus.
Für was haftet nun die neue Gesellschaft?
Dazu urteilen die Richter, dass wegen des Unterlassungsanspruchs keine Haftung der neuen Gesellschaft besteht. Entsprechend wird es auch keine Vertragsstrafe geben. Aber die – neuen – Abmahnkosten sind zu zahlen.
“Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (..) erlischt in dem Fall, in dem das Vermögen der ursprünglichen Verletzerin im Wege der Anwachsung von einer dritten Gesellschaft übernommen wird, aufgrund des höchstpersönlichen Charakters des Unterlassungsanspruchs die Wiederholungsgefahr. Wettbewerbsverstöße, die Organe oder Mitarbeiter begehen, führen im Fall einer Anwachsung nicht zu einer Wiederholungsgefahr bei dem Gesamtrechtsnachfolger. Auch eine Erstbegehungsgefahr kann durch die Rechtsverteidigung im Prozess nicht begründet werden (…).”, so das OLG Frankfurt. Und weiter: “Dies gilt auch für den vorliegenden Fall, in dem (…) durch das Ausscheiden des letzten Mitgesellschafters dieser das Vermögen mit allen Aktiven und Passiven ohne Liquidation im Wege der Anwachsung übernommen hat und die ursprüngliche Gesellschaft erloschen ist.
Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob den neuen Unternehmensinhaber eine originäre Haftung aus § 8 Abs. 2 UWG im Hinblick auf die früher begangenen Wettbewerbsverstöße von Mitarbeitern oder Beauftragten treffen kann. Dann muss in der Person des Übernehmenden der Tatbestand dieser Norm erfüllt sein, was hier in Person der Geschäftsführerin der Fall ist. Für den Unterlassungsanspruch genügt es aber nicht, dass es früher im Unternehmen von Mitarbeitern oder Beauftragten zu einem Wettbewerbsverstoß gekommen ist und in ihrer Person noch Wiederholungsgefahr besteht. Vielmehr muss, soweit es die Haftung des neuen Unternehmensinhabers aus § 8 Abs. 2 UWG (oder § 31 BGB analog) angeht, in der Person der betreffenden Mitarbeiter oder Beauftragten eine Erstbegehungsgefahr bestehen.
Die bloße Tatsache des Unternehmensübergangs und der Fortführung des Betriebes selbst mit identischem Personal reicht dafür nicht aus (…). Derartige konkreten Anhaltspunkte hat die Klägerin jedoch nicht vorgetragen. Die Rechtsverteidigung im Prozess kann grundsätzlich eine Erstbegehungsgefahr nicht begründen. Die Tatsache nämlich, dass sich ein Beklagter gegen eine Klage verteidigt und dabei die Auffassung äußert, zu dem beanstandeten Verhalten berechtigt zu sein, ist nicht als eine Berühmung zu werten. (…).
Die streitgegenständlichen Unterlassungsansprüche sind mit Schriftsatz vom 23.1.2019 anhängig gemacht worden, so dass die Klage mit Zustellung am 19.2.2019 erhoben war. Die Anwachsung war jedoch ausweislich des Handelsregisterauszuges bereits am 25.7.2018 erfolgt. Die Klage war daher insoweit von Anfang an unbegründet.”
Und zu den Abmahnkosten
“Die oben dargestellten Umstände der gesellschaftsrechtlichen Umstrukturierung stehen einem Anspruch der Klägerin nicht entgegen. Bei dem Abmahnkostenersatzanspruch aus § 12 Abs. 1 S. 2 UWG a.F. handelt es sich nämlich nicht um einen höchstpersönlichen Anspruch, sondern um einen bereit zum Zeitpunkt der Abmahnung am 5.1.2018 – und damit vor der Anwachsung am 28.3.2018 – entstandenen Zahlungsanspruch. Dieser geht durch die Anwachsung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Beklagte als neuen Rechtsträger über.”
Und warum ist das nun wichtig?
Diese Argumentationslogik lässt sich auch auf die Übernahme von ASIN oder jegliche Art von Asset-Deals anwenden. Alte Unterlassungserklärung und damit die Gefahren von Vertragsstrafen können also entspannter bewertet werden. Jedenfalls dann, wenn diesem OLG-Urteil gefolgt wird.
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