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Das LG Bochum: Versandkosten in Google-Anzeigen. Platzmangel schützt nicht vor Wettbewerbsverstoß

Das Landgericht Bochum (Urteil vom 25. März 2025, Az. I-18 O 13/25) hat eine Entscheidung gefällt, die alle Onlinehändler betrifft, die mit Google-Anzeigen werben. Nach Ansicht der Richter genügt es nicht, wenn Versandkosten erst im Shop oder im Warenkorb angegeben werden. Bereits in der Google-Anzeige selbst muss ein Hinweis auf anfallende Versandkosten stehen.

Das Argument, dass der begrenzte Platz in Anzeigenfeldern keinen Raum für solche Angaben lasse, überzeugte das Gericht nicht.
Wörtlich heißt es im Urteil:

„In diesem Fall darf eine Plattform für eine Werbung mit Preisangaben schlicht nicht verwendet werden, wenn sie keinen Raum für rechtmäßiges Handeln bietet.“

Damit steht fest: Platzmangel ist keine Ausrede.


Der Fall: Eine Desinfektionsmittel-Anzeige ohne Versandkosten

Im konkreten Fall bewarb eine Onlinehändlerin auf Google ein Handdesinfektionsmittel mit dem Hinweis
„500 ml für 5,35 €“. Erst im Onlineshop stellte sich heraus: Es fielen zusätzlich 3,99 € Versandkosten an – und der Mindestbestellwert lag bei 19 €.

Die Wettbewerbszentrale sah darin einen klaren Wettbewerbsverstoß und klagte auf Unterlassung – mit Erfolg.
Das LG Bochum entschied:

„Die Beklagte hat durch die fehlende Angabe der Versandkosten in der Anzeige selbst gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) verstoßen.“


⚖️ LG Bochum: Pflicht zur Angabe von Versandkosten in Google-Anzeigen

Urteil: LG Bochum, Urteil vom 25. März 2025 – Az. I-18 O 13/25

Klägerin: Wettbewerbszentrale
Beklagte: Onlinehändlerin, die auf Google ein Desinfektionsmittel beworben hatte

  • Kernfrage: Müssen Versandkosten bereits in der Google-Anzeige selbst angegeben werden?
  • Entscheidung: Ja – ein Hinweis erst im Shop reicht nicht aus.
  • Begründung: Versandkosten sind „wesentliche Informationen“ i.S.d. § 5a UWG und § 6 PAngV.
  • Vergleich: Google-Anzeigen funktionieren wie Preissuchmaschinen; der Verbraucher erwartet vollständige Endpreise.
  • Zitat: „Platzmangel ist keine Entschuldigung – in diesem Fall darf das Werbeformat schlicht nicht genutzt werden.“

💡 Bedeutung für Händler

  • In Google-Ads müssen Versandkosten oder ein klarer Hinweis („zzgl. Versandkosten“) erscheinen.
  • Ein Link zur Versandkostenseite genügt, wenn er klar erkennbar und unmittelbar dem Preis zugeordnet ist.
  • Platzbeschränkungen entbinden nicht von der Pflicht zur vollständigen Preisangabe.

Quelle: LG Bochum, Urteil I-18 O 13/25, Analyse & Zusammenfassung von Wortfilter.de


Versandkosten sind „wesentliche Informationen“

Das Gericht stellte klar, dass Versandkosten eine wesentliche Information im Sinne des Wettbewerbsrechts sind.
Sie seien für Verbraucher entscheidungsrelevant, weil sie den Endpreis beeinflussen.

Wörtlich heißt es in den Entscheidungsgründen:

„Der Verbraucher benötigt diese Information, um die Preise verschiedener Anbieter sinnvoll vergleichen zu können.“

Damit bestätigt das LG Bochum die Linie des BGH, wonach das Vorenthalten solcher Informationen regelmäßig eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt (§ 5a Abs. 1 UWG).


Rechtliche Grundlage: PAngV & UWG

Nach § 1 Abs. 1 PAngV gilt die Preisangabenverordnung für alle Preisangaben gegenüber Verbrauchern.
Wer Waren im Versandhandel anbietet, muss also angeben, ob und in welcher Höhe Versandkosten anfallen.

Das Gericht betonte, dass diese Pflicht auch bei Werbung außerhalb des eigenen Shops gilt, also etwa bei Google-Anzeigen, Social Ads oder Preisvergleichsseiten.

„Die Angaben müssen dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie leicht erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar sein.“ (§ 1 Abs. 3 PAngV)

Das heißt konkret:
Ein Link auf die Versandkosten im Shop reicht nur dann, wenn der Hinweis bereits auf der Werbeseite selbst vorhanden ist – etwa durch einen Sternchenverweis „*zzgl. Versandkosten“, der zur entsprechenden Seite führt.


Gericht vergleicht Google-Anzeigen mit Preissuchmaschinen

Das LG Bochum sah Google-Anzeigen funktional als Preisvergleichslisten an.
Denn Nutzer sehen dort mehrere Angebote nebeneinander, alle im gleichen Format, mit hervorgehobenen Preisen.

„Ebenso wie in einer Preissuchmaschine werden auch bei vielen Anbietern die Versandkosten angezeigt. Auch hier rechnet der Verbraucher nicht damit, dass der angegebene Preis bei den Anzeigen, bei denen sich kein Hinweis auf Versandkosten findet, noch unvollständig ist.“

Das Gericht folgte damit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs („Froogle II“, Urteil vom 18. 03. 2010, I ZR 16/08).
Demnach erwartet der Verbraucher bei Preisübersichten stets den Endpreis inklusive aller Zusatzkosten.


Platzmangel ist keine Entschuldigung

Besonders deutlich wird das Urteil beim Thema Platz.
Die Beklagte argumentierte, Google biete zu wenig Raum für rechtssichere Angaben.
Doch das Gericht wies das entschieden zurück:

„Soweit die Beklagte sich darauf beruft, ein zusätzlicher Hinweis auf anfallende Versandkosten sei aufgrund des limitierten Platzangebots in Google-Anzeigen nicht möglich, führt dies zu keiner abweichenden Beurteilung.“

Mit anderen Worten:
Wenn der Platz nicht reicht, um alle rechtlich erforderlichen Informationen anzugeben, darf das Werbeformat schlicht nicht verwendet werden.

Diese harte Linie ist nicht neu – bereits das OLG Frankfurt hatte 2023 in einem ähnlichen Fall (Az. 6 W 28/23) entschieden, dass technische oder gestalterische Beschränkungen keine Entschuldigung für unvollständige Preisangaben sind.


Einschätzung von Dr. Carsten Föhlisch (Trusted Shops)

Dr. Carsten Föhlisch, Rechtsanwalt und Prokurist bei Trusted Shops, bewertet die Entscheidung klar:

„Das LG Bochum stellt unmissverständlich klar: Wer in Google-Anzeigen mit Preisen wirbt, muss bereits dort auf anfallende Versandkosten hinweisen. Ein bloßer Verweis im Shop genügt nicht.“

Er ergänzt:

„Platzmangel in der Anzeige ist keine Entschuldigung – in diesem Fall darf das Werbeformat schlicht nicht genutzt werden. Damit folgt das Gericht der Linie anderer Instanzen und schafft Rechtsklarheit.“

Nach Einschätzung von Föhlisch stärkt die Entscheidung Transparenz und Preisklarheit im Onlinehandel – zugleich erhöht sie aber auch den Compliance-Druck auf Händler, die Google Ads oder andere externe Preisformate nutzen.


Bedeutung für die Praxis

Das Urteil zeigt einmal mehr:
Rechtssicherheit endet nicht bei der eigenen Website.

Händler müssen bei jeder Form von Preiswerbung – egal ob Banner, Google-Anzeige, Social-Ad oder Preisvergleich – sicherstellen, dass

  • Versandkosten,
  • Umsatzsteuer,
  • und ggf. Mindestbestellwerte
    bereits in der Anzeige selbst angegeben oder verlinkt sind.

Ein Hinweis wie „ab 19 € MBW, zzgl. 3,99 € Versand“ reicht in der Regel aus.
Fehlt er, drohen Abmahnungen.


Fazit: Mehr Transparenz, weniger Spielraum

Das LG Bochum zieht eine klare Linie:

  • Wer Preise in externen Formaten angibt, muss den Gesamtpreis vollständig darstellen.
  • Platzmangel ist keine Rechtfertigung.
  • Google Ads werden wie Preisvergleichslisten behandelt.

Damit steigt der rechtliche Druck auf Händler, aber auch auf Plattformen wie Google, die ihre Anzeigenformate anpassen müssen.

Für Händler bedeutet das: Wer in Google Ads wirbt, sollte seine Templates sofort überprüfen.

Dr. Carsten Föhlisch bringt es auf den Punkt:

„Transparenz ist keine Option, sondern Pflicht. Händler, die rechtssicher werben wollen, müssen vollständige Preisangaben gewährleisten – auch dann, wenn der Platz begrenzt ist.“


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