Wo geht der Spaten kaputt? In der Regel am Stiel, weil dieser die Belastung nicht standhält. Aus Kundensicht hätte das Gartengerät die aber aushalten müssen. So jedenfalls die subjektive Empfindung des Verbrauchers. Der Händler wendet zurecht ein: ›Nein, du, lieber Hobbygärtner, hast es übertrieben. Die Gewährleistung lehnen wir ab.‹ Und damit ist die Konfrontation da. Was hat sie nun für Konsequenzen und was können Händler besser machen?
Ein paar Eckdaten: So ein Spaten kostet zwischen 15 und 75 €. Nach oben und unten gibt es ein paar Ausreißer. Zahlen darüber, wie häufig eine solche Reklamation bei Händlern aufschlägt, sind unbekannt. Nehmen wir aber an, dass ein Spaten häufig reklamiert wird.
Wie würde Amazon handeln?
Eine wichtige Frage, denn am Servicelevel vom Amazon, Zalando & Co. muss sich jeder Händler, aber auch jede Plattform messen lassen. Denn sonst verlieren Händler und Plattformen Kunden. Also, was würde Amazon machen? Artikel zurück, Geld erstatten oder Bild und dann Geld erstatten oder nur Geld zurück? Das ist also die Messlatte.
Amazon selbst würde also das Produkt irgendwann aus dem Sortiment nehmen oder den Preis anpassen, sodass es trotzdem noch wirtschaftlich vertretbar ist. Seller auf der Plattform würden wahrscheinlich die ASIN irgendwann wegen Performance-Herausforderungen gesperrt bekommen.
Was würde der #haendlerausderhoelle machen?
Dieser stellt das andere Extrem dar und geht davon aus, dass der Kunde immer schuld ist und ihn betrügen möchte. Er wird also alles unternehmen, um nicht auf die Gewährleistung zu reagieren. Das bedeutet, er würde sofort bei diesem Schadenereignis kontern, dass ein Fall der Überbelastung vorliegt und er dafür nicht haften würde.
Und die Verbraucher, was wollen die?
Wichtig ist, dass es nicht DEN Verbraucher gibt, sondern dass sie eine heterogene Gruppe darstellen. Am Ende haben jedoch alle eins gemein: Sie möchten einen Spaten. Teilweise sind sie bereits genervt, weil sie gar keine Lust auf eine Diskussion mit dem Händler haben.
Macht es wie Amazon
Oder sogar besser. Hier nun einige Ideen, wie ihr gut auf Reklamationen bei kritischen Produkten gegenüber den Verbrauchern reagieren könnt:
- Entwickelt ein Reparaturset, welches ihr in solchen Fällen den Verbrauchern kostenlos oder gegen kleine Kostenbeteiligung zur Verfügung stellen könnt.
- Nutzt bereits die Artikelbeschreibung und Bilder und weist auf Belastungsgrenzen/Herausforderungen hin.
- Erstattet wie es Amazon machen würde und messt euren Aufwand. Preist ihn in eure Kalkulation ein.
- Nutzt die Situation zum Upsale und versucht dem Kunden ein höherwertiges Produkt anzudrehen.
Auch Amazon macht es ja nur bedingt gut. Das Unternehmen erstattet recht fix, das eigentliche Kundenproblem bleibt aber ungelöst: Das Produkt ist immer noch defekt und er kann es nicht nutzen. Daher sollte bei euren Reklamationsbehandlungen die Lösung des Kundenproblems, also hier im Beispiel die schnelle Lieferung eines neuen belastbareren Spatens, im Vordergrund stehen.
Und zum Abschluss ein paar Fragen:
- Kennt ihr eure Produkte mit den meisten Gewährleistunganfragen?
- Könnt ihr eine solche Liste einfach erstellen?
- Messt ihr eure Kosten? Wieviel habt ihr wegen Gewährleistung an Kunden in den letzten 30 Tagen erstattet?
- Habt ihr Kulanzbudgets an eure Supportmitarbeiter gegeben?
- Wie viele >fragwürdige< Reklamationen gab es bei euch in den letzten 30 Tagen?
- Wie zufrieden sind eure Kunden NACH einer Reklamation?
So manche Diskussion in den Communitys lässt vermuten, dass ihr eure Kunden weder gut behandelt, noch dass ihr Zahlen ermittelt. Scheinbar führen einige ihr Unternehmen wie eine Frittenbude. Schade ist das.
Zitat: “Erstattet wie es Amazon machen würde und messt euren Aufwand. Preist ihn in eure Kalkulation ein.”
Super Vorschlag. Wenn der Spaten “Spatofix 0815” von 17 anderen Händlern für 22,99 inkl. Versand verkauft wird, werden sich zukünftige Kunden drängeln, den “Spatofix 0815” bei mir für 32,99 zu erwerben 😉 – im Ernst. Das ist leichter gesagt als getan. Meistens bei der Fülle an Wettbewerbern gar nicht machbar. Dumm nur, dass der Hersteller mich gewissermaßen “nötigt”, diesen “Spatofix 0815” im Programm haben zu müssen. Sonst gibt es nichts mehr vom Hersteller. Auslisten ist dann also auch schwierig.
Zitat: “Nutzt bereits die Artikelbeschreibung und Bilder und weist auf Belastungsgrenzen/Herausforderungen hin.”
Erfahrungen zeigen, dass Kunden selten bis gar nicht lesen. Teilweise werden nicht einmal Nicht-Verfügbarkeiten, die rot, fett und groß direkt beim Preis stehen nicht “wahrgenommen”.
Fazit: Die Vorschläge werden das Problem nicht lösen.
Zum anderen wird es Verbrauchern heutzutage einfach zu leicht gemacht. Das Hirn wird ausgeschaltet, ausbaden dürfen das die Händler. Ich bestelle mir einfach einen Satz Reifen inkl. ganz schicker, teurer Leichtmetallfelgen. Und huch – die hübschen Felgen/Reifen passen gar nicht auf meinen Polo. Verstehe ich nicht. Die sind doch auch rund. Die müssen doch passen. Da hat bestimmt der Händler mir was falsches geschickt…
„Nehmen wir aber an, dass ein Spaten häufig reklamiert wird.“
Dann hat das nach BGB zur Folge, dass der Spaten sich nicht für zur die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet und gemäß § 434 BGB mangelhaft ist. Die häufige Reklamation deutet eindeutig darauf hin. Der Händler ist in den ersten 6 Monaten in der Beweislast für die Mangelfreiheit.
Nach meiner Auffassung gibt es ja eigentlich nichts zu diskutieren. Der Händler sollte zudem im Hinterkopf haben, wie viel Zeit er in überflüssige Kunden Diskussion investieren will. Zudem hat der Händler regelmäßig die Möglichkeit, gemäß § 478 BGB seinem Lieferanten in Rückgriff zu nehmen.