Es gibt bereits eine EU-Richtlinie welche den Zahlungsverkehr im B2B und G2B Bereich regelt. In Deutschland ist sie umgesetzt im Gesetz zur Bekämpfung von Zahlungsverzug. Diese scheint aber Brüssel nicht zu reichen. Sie soll erneuert werden und heisst dann: Zahlungsverzugsverordnung. Diese trifft euch.

Frei vereinbare Zahlungsfristen

Mehr oder weniger erlaubte die alte Richtlinie die Zahlungsfristen frei zu vereinbaren. Bezahlung der Lieferanten nach mehr als 60 Tagen konnten vereinbart werden. Davor soll nun ein Riegel geschoben werden. Brüssel denkt, dass durch zu lange Fristen die Gläubiger immer benachteiligt werden.

Neue Zahlungsfristen sollen schneller Geld in die Kasse spülen

Die EU-Politiker sind der Meinung, dass die bisherige Richtlinie nicht das gebracht hat was sie sich gedacht haben. KMU sollen schnell und zuverlässig ihre Rechnungen bezahlt bekommen. Daher soll nachgebessert werden. Im wesentlichen sollen die Fristen neu justiert werden: Regulär soll im B2B & G2B Bereich innerhalb von 30 Tagen gezahlt werden, bei reinen B2B Geschäften darf die Zahlungsfrist maximal 60 Tage betragen und bei Langsamdrehern und saisonalen Waren sogar 120 Tage. Es sind keine Ausnahmen bei diesen Zahlungsfristen vorgesehen.

Die Idee ist also klar

Die Idee ist, dass Lieferanten pünktlich ihr Geld bekommen. Dabei sollen schwächere Lieferpartner (KMU) geschützt werden. Dem Grunde nach soll also die Marktmacht starker Käufer und Auftraggeber beschnitten werden. In der Realität diktieren natürlich Unternehmen wie Amazon, OTTO oder auch Aldi/Lidl die Zahlungskonditionen innerhalb ihrer Lieferanten AGB oder Vereinbarungen bzw. Verträgen.

Volatile Meinungslage und Ablehnung

Der Handelsverband (HDE) vertritt die Fraktion der Gläubiger und ist entsprechend nicht glücklich über die starren Regeln. Die Kritik ist diese:

„Solch starre Zahlungsfristen werden der komplexen wirtschaftlichen Realität von Vertragsbeziehungen im Handel nicht gerecht“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Es werde versucht, allen Branchen im EU-Binnenmarkt eine einheitliche Bestimmung für Zahlungsfristen aufzuerlegen. Dafür seien die einzelnen Wirtschaftsbereiche jedoch zu verschieden. Der Handel etwa sei Dienstleister für Industrie und Verbraucher. „Zwischen dem Übergang des Eigentums vom Lieferanten auf den Händler und dem Verkauf an den Endverbraucher liegt dabei eine Zeitspanne, die mehrere Tage, Wochen oder Monate betragen kann“, so Genth weiter. In dieser Zeit müsse die Ware vom Handel zwischenfinanziert werden, insbesondere die Bereitstellung einer Angebotsvielfalt binde langfristig Kapital. „Starre Zahlungsfristen von etwa 60 Tagen würden hier erhebliche negative finanzielle Auswirkungen auf die Liquidität und die Kostenstruktur der Handelsunternehmen haben“, so Genth. Bisher funktionierende Vertragsbeziehungen mit längeren Fristen hätten diese Kapitalbindung berücksichtigt, wären in Zukunft aber nicht mehr möglich. „Aufgrund der äußerst geringen Gewinnspannen und teilweise geringer Eigenkapitalquoten können gerade viele kleine und mittlere Handelsunternehmen diese Kosten aber nicht zu vergleichbaren Konditionen am Kapitalmarkt refinanzieren“, so Genth weiter.

Der DIHK findet die grundlegende Idee der Zahlungsverzugsverordnung gut, ist aber skeptisch, dass der gewünschte Effekt eintritt. Einige Juristen bemängeln den Verlust von Vertragsfreiheit zwischen den Handelspartnern.

Einordnung Zahlungsverzugsverordnung: Wie schaut es in der Realität denn bald aus?

Es müssen mehrere Szenarien betrachtet werden. Die Lieferanten bzw. Industrie freut sich über schnelleres Geld. Das bedeutet sie müssen weniger Zinsen zur Finanzierung ihrer Forderungen bezahlen. Ware könnte also um die Zinsersparnis günstiger werden.

Händler haben nun die Aufgabe mehr Cash zu besorgen um ihre Rechnungen innerhalb der gesetzlichen Frist zu bezahlen. Das entzieht dem Handel Liquidität. Die muss ersatzbeschafft werden. Hier fallen also dann Zinsen an. Diese können über die günstigeren Einkaufspreise (Zinsersparnis) gegenfinanziert werden. Unter dem Strich hat sich also nur der Ort wo zukünftig Verbindlichkeiten bzw. Forderungen finanziert werden geändert.

Ob sich dieser Effekt in der Praxis darstellen wird bleibt abzuwarten, denn maßgeblich werden hier die (Macht-) Gefälle zwischen Lieferant und Kunde sein.

Für kleine KMU (B2C) Händler dürfte diese Verordnung allerdings nicht gut sein. Oft haben sie die eigenen (größeren) Lieferanten zur Finanzierung genutzt. Sie müssen nun innerhalb der starren Frist die Rechnung begleichen. Der Warenfinanzierer wird sich freuen. Viel Neugeschäft.