Amazon Händlerstatistik 2024: Amazon feiert kleine Händler – aber wer profitiert wirklich?
Amazon Händlerstatistik 2024:
2,5 Billionen Dollar Umsatz.
Mehr als 2 Millionen geschaffene Jobs.
80 Milliarden versendete Artikel über FBA.
Amazon veröffentlicht mit dem „Small Business Empowerment Report 2024“ beeindruckende Zahlen zur Bedeutung unabhängiger Händler auf dem Marktplatz. Die Botschaft ist klar: Ohne kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gäbe es Amazon in dieser Form nicht.
Doch die Amazon Händlerstatistik 2024 wirft auch Fragen auf: Wer kontrolliert eigentlich die Bedingungen, unter denen diese Händler arbeiten? Und wie viel von diesem Erfolg bleibt tatsächlich bei den Händlern selbst?
Ein historisches Umsatzvolumen – dank unabhängiger Seller
Laut Amazon haben unabhängige Händler seit dem Jahr 2000 mehr als 2,5 Billionen US-Dollar Umsatz auf der Plattform erwirtschaftet. Inzwischen stammen über 60 % aller Verkäufe auf Amazon von Drittanbietern, also nicht vom Konzern selbst.
Allein 2024 haben über 55.000 Händler die 1-Million-Dollar-Marke beim Umsatz überschritten.
Amazon nennt das einen Meilenstein für den digitalen Handel – und tatsächlich sind die Zahlen beeindruckend. Doch sie belegen auch: Amazon verdient prächtig mit. Denn pro Transaktion kassiert der Konzern Gebühren – für Listing, Werbung, Lagerung, Versand, Rücksendung und vieles mehr.
FBA als Wachstumsmotor – und Kontrollinstrument
Seit Einführung von Fulfillment by Amazon (FBA) im Jahr 2006 wurden laut Report über 80 Milliarden Artikel von Drittanbietern über Amazon-Logistikzentren verschickt. Diese Zahlen zeigen, wie tiefgreifend Amazon mittlerweile auch physische Logistikprozesse für kleine Unternehmen steuert – und davon profitiert.
Denn: FBA bedeutet nicht nur schnellere Lieferung. Es bedeutet auch höhere Abhängigkeit vom System Amazon. Wer FBA nutzt, muss sich an Regeln halten – bei Verpackung, Lagerbestand, Rücknahmen und Bewertungen. Verstöße können schnell zur Sperrung führen.
Auch der Satz „Amazon übernimmt den Kundenkontakt“ ist in Wahrheit zweischneidig – denn Amazon kontrolliert dadurch auch das Kundenerlebnis, nicht der Händler selbst.
Jobmotor Amazon? Ja – aber zu welchem Preis?
Amazon hebt hervor, dass durch die unabhängigen Händler mehr als 2 Millionen Jobs in den USA entstanden sind – das entspricht einem Zuwachs von 11 % gegenüber dem Vorjahr. Auch in ländlichen Regionen sollen Händler jährlich 30 % mehr Umsatz erzielen.
Doch auch hier gilt: Die geschaffenen Jobs befinden sich oft nicht im klassischen Einzelhandel, sondern in:
- Lagerhallen
- Fulfillment-Centern
- Kundenservice-Strukturen
- Support-Dienstleistungen rund um Amazon
Viele dieser Jobs sind von Amazon-Standards abhängig – und damit wenig resilient, wenn sich Bedingungen ändern oder der Händler gesperrt wird.
Technologische Tools – echte Hilfe oder neue Abhängigkeit?
Amazon lobt seine KI-gestützten Tools: automatische Listing-Optimierung, Preisüberwachung, Supply-Chain-Optimierung, Cross-Channel-Versand.
Doch wer diese Tools nutzt, nutzt Amazon-Logik: Bewertungsalgorithmen, SEO-Faktoren, Rankings und Sortierung beruhen auf Blackbox-Systemen. Händler optimieren – aber verstehen oft nicht, was genau sie eigentlich beeinflussen.
Und mit Amazons wachsender Kontrolle über den Checkout (z. B. mit „Buy with Prime“) verlagert sich immer mehr Macht über Conversion und Kundenzugang zum Plattformbetreiber.
Amazon Händlerstatistik 2024: Was bleibt beim Händler?
Der Report ist beeindruckend – aber Amazon spricht nur von Umsatz, nicht von Gewinn. Es ist kein Geheimnis, dass viele kleine Händler auf Amazon mit geringen Margen arbeiten, massiv in Werbung investieren müssen und ständig zwischen Wachstum und Sperrgefahr jonglieren.
Dass über 55.000 Händler 2024 mehr als 1 Mio. USD Umsatz gemacht haben, klingt gut – doch was bleibt übrig?
Und was ist mit den Zehntausenden, die unterhalb dieser Marke bleiben und trotzdem hohe Fixkosten für FBA, PPC, Lagerbestand und Retourenrisiken tragen?
Fazit: Amazon braucht Händler – und umgekehrt. Aber die Spielregeln bestimmt Amazon.
Der Small Business Empowerment Report ist kein Marketing-Blabla. Er zeigt: Ohne kleine Händler läuft Amazon nicht. Sie liefern Sortiment, Vielfalt, Nischenprodukte, Schnelldreher, regionalen Flair.
Aber: Diese Händler sind kein selbstbestimmter Mittelstand, sondern Teil eines global gesteuerten Marktplatz-Ökosystems. Die Infrastruktur, die Tools, die Kundenbindung, die Transaktionen – alles läuft über Amazon.
Wer das Spiel mitspielt, kann groß werden – aber spielt nach fremden Regeln.