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Abmahnradar

Abmahnradar Januar 2021

Abmahnungen von rechtlichen Fehlern im Online-Shop sind ärgerlich und teuer. Dabei können sie häufig vermieden werden. An dieser Stelle informieren wir Sie monatlich über aktuelle Abmahnungen aus der Praxis, damit Sie nicht der Nächste sind.

Erfahrungsgemäß werden häufig immer wieder die gleichen Verstöße abgemahnt. Gerade bekannte Abmahnvereine konzentrieren sich oft auf bestimmte Themen.

Im Januar mahnten der Ido (33 %) und die Kanzlei Sandhage (12 %) wieder am häufigsten ab. 31 % der Abmahnungen betrafen eBay-Händler, ganze 36 % entfielen auf Amazon-Händler – ein deutliches Plus gegenüber den Vormonaten.

Auswirkungen des Anti-Abmahngesetzes

Bereits im Dezember haben sich die ersten Auswirkungen des am 2.12.2020 in Kraft getretenen Anti-Abmahngesetz gezeigt. Nachdem die Anzahl der Abmahnungen zunächst gesunken war, ist sie im Januar wieder etwas angestiegen. Abmahnungen durch den IDO verbleiben weiterhin auf hohem Niveau, womit sich unsere Befürchtungen zu bewahrheiten scheinen. Künftig müssen solche Abmahnvereine auf der Liste der sogenannten qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sein. Für diese Eintragung müssen sie nachweisbar aktiv sein und eine bestimmte Anzahl an Mitgliedern haben. Bis es soweit ist, dass nur noch eingetragene Vereine abmahnen dürfen, gibt es eine Übergangsfrist von einem Jahr, also bis Dezember 2021. Wir hatten bereits vermutet, dass sämtliche Verbände in dieser Übergangsphase noch einmal besonders aktiv sind, um durch nachweisbare Aktivitäten und steigende Mitgliederzahlen ihre Chance zu erhöhen, auf der Liste eingetragen zu werden.

Auch im Januar erreichte uns keine einzige Abmahnung der Kanzlei fareds. Ob dies so bleibt oder diese Kanzlei sich neue Themen sucht, bei denen dann wieder Abmahnkosten geltend gemacht werden können, bleibt abzuwarten. Nach dem neuen Gesetz können Mitbewerber nämlich u.a. keinen Ersatz der Aufwendungen für ihre Abmahnung verlangen, wenn es sich um Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien handelt. Hierzu gehören nach der Gesetzesbegründung z.B. Verstöße gegen die Impressumspflicht, Informationspflichten im Fernabsatz, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung oder Vorschriften der PAngV. Unklar ist bislang jedoch, ob nur das komplette Fehlen der entsprechenden Informationen hiervon erfasst wird oder auch falsche, also irreführende Angaben. Diesen Punkt machen sich die Abmahner ebenfalls zunutze. So hat z.B. der bekannte Abmahner Sandhage seine Strategie angepasst und mahnt nun statt OS-Link und Vertragstextspeicherung die Themen UVP, versicherter Versand, Meterialkennzeichnungen und die fehlende Registrierung nach Verpackungsgesetz ab. Weil es sich hier nicht um Informationspflichten-Verstöße, sondern Irreführungen handelt, können Mitbewerber weiterhin Abmahnkosten beanspruchen.

Auf welche Verstöße sich die Abmahner in Zukunft konzentrieren, werden erst die nächsten Monate zeigen. Aber schon jetzt ist klar: das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs bedeutet nicht das Ende der Abmahnungen.

Informationspflichten

Nachdem im Dezember fehlerhafte Preisangaben an der Spitze standen, war im Januar die Verletzung von Informationspflichten erneut der häufigste Abmahngrund. Am häufigsten wurden fehlende Angaben zur Vertragstextspeicherung bemängelt. Angaben hierzu müssen auch bei einem Angebot über Verkaufsplattformen wie eBay und Amazon erfolgen.

Auch fehlende oder fehlerhafte Angaben zur OS-Plattform wurden wieder besonders oft abgemahnt. Bereits seit fünf Jahren gilt die Pflicht für Online-Händler, auf ihren Webseiten einen leicht zugänglichen Link zur OS-Plattform einzustellen. Der Link muss klickbar sein und die Angabe muss ebenfalls auf Verkaufsplattformen erfolgen.

Preisangaben

An zweiter Stelle standen im Januar fehlerhafte Preisangaben. Erneut wurden besonders häufig fehlende Grundpreisangaben abgemahnt. Wenn Sie gegenüber Verbrauchern Produkte in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbieten, müssen Sie grundsätzlich Grundpreise angeben. Eine Übersicht, wie Sie Preise richtig angeben, finden Sie hier.

Widerrufsrecht

Auf Platz drei lagen im Januar Verstöße gegen das Widerrufsrecht. Wieder einmal wurden veraltete oder unvollständige Widerrufsbelehrungen verwendet und abgemahnt. Oft fehlte das Muster-Widerrufsformular, das ebenfalls Teil der Widerrufsbelehrung ist.

Unser Tipp: Erstellen Sie Ihre Widerrufsbelehrung individuell für Ihren Shop oder Ihr Angebot auf eBay, Amazon oder Hood kostenlos mit unserem RechtstexterHier können Sie sich zudem ein kostenloses Whitepaper für Ihre Widerrufsbelehrung herunterladen.

Verstöße gegen das Verpackungsgesetz

Auf vierter Stelle standen Verstöße gegen das Verpackungsgesetz. Nach § 9 Abs. 1 VerpackG sind Hersteller verpflichtet, sich vor dem Inverkehrbringen von systembeteiligungspflichtigen Verpackungen bei der Zentralen Stelle registrieren zu lassen. Vom Begriff des „Herstellers“ werden jedoch auch Online-Händler erfasst.

Urheberrechtsverstöße

Auf Platz fünf lagen Urheberrechtsverstöße. Sofern Sie Produktfotos nicht selbst herstellen, sollten Sie stets darauf achten, dass Sie durch die Nutzung der Produktbilder keine Urheberrechtsverletzung begehen. Bei dem Produktbild kann es sich um ein sogenanntes Lichtbildwerk handeln, wenn eine gewisse Schöpfungshöhe erreicht ist. Jedes Foto ist allerdings ein Lichtbild i.S.v. § 72 UrhG. Im Ergebnis sind daher auch einfache Fotografien urheberrechtlich geschützt. Sie dürfen auch nicht etwaige Produktbilder eines Herstellers, die Sie auf dessen Internetseite finden, ohne die Erlaubnis des Herstellers verwenden.

Sonstige Verstöße

Ein weiterer Abmahngrund betraf Markenrechtsverletzungen. Das Gesetz räumt dem Markeninhaber diverse Rechte und Ansprüche ein. Worauf Sie bei der Benutzung fremder Marken achten müssen, haben wir in diesem Beitrag für Sie zusammengefasst.

Sonstige Verstöße betrafen u.a. die Kennzeichnung spezieller Produkte. Die meisten Abmahnungen ergingen hier im Lebensmittelrecht. besonders im Bereich der gesundheitsbezogenen Angaben. Beanstandet wurden jedoch auch wieder irreführende Bezeichnungen wie „PU-Leder“ oder „Textilleder“. Mehrere Gerichte (z.B. OLG Bamberg, Urt. v. 21.3.2012 – 3 U 219/11) haben bereits entschieden, dass der Verkehr unter „Leder“ ein natürliches, durch Gerben von tierischen Häuten und Fellen hergestelltes Produkt verstehe. Es fanden sich jedoch auch Verstöße gegen das HWG (Heilmittelwerbegesetz) und AMG (Arzneimittelgesetz).

Ebenfalls wurden fehlerhafte Versandangaben abgemahnt, insbesondere irreführende Angaben zum versicherten Versand und Auslandsversandkosten auf Anfrage.

Weitere Verstöße betrafen Newsletterversand ohne Einwilligung und fehlende Angaben im Impressum.

Unser Tipp: Nutzen Sie auch für Ihr Impressum, ihre AGB und Datenschutzerklärung unseren kostenlosen Rechtstexter.

Über Dr. Carsten Föhlisch

Rechtsanwalt und E-Commerce Rechtsexperte seit 2000. Lehrbeauftragter Universität Münster, zahlreiche Fachveröffentlichungen, u.a. im Verlag C.H. Beck und F.A.Z., mehrmals Sachverständiger im Deutschen Bundestag. Promotion mit dem Thema “Das Widerrufsrecht im Onlinehandel” bei Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster.

Änderung des UWG geplant. Da kommt einiges auf uns zu.

Am 7.1.2020 ist die EU-Richtlinie 2019/2161 zur Modernisierung der Verbraucherschutzvorschriften in Kraft getreten, die u.a. Änderungen an der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UGP-RL; RL 2005/29/EG) vorsieht. Zur Umsetzung sind umfangreiche Änderungen des UWG geplant. Die Mitgliedstaaten haben bis zum 28.11.2021 Zeit, die entsprechenden Vorschriften zu erlassen. Den entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung hat das BMJV nun veröffentlicht.

Hintergrund und Überblick

Bereits im April 2018 hatte die Europäische Kommission eine erste Version ihres „New Deal for Consumers“ vorgestellt, der dann mit der RL (EU) 2019/2161 umgesetzt wurde. Diese sogenannte „Omnibusrichtlinie“ sieht die Änderung von vier bestehenden Richtlinien vor. Betroffen sind die sog. Klauselrichtlinie 93/13/EWG, die Preisangabenrichtlinie 98/6/EG, die Verbraucherrechterichtlinie 2011/83/EU und auch die Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken 2005/29/EG. Zur Umsetzung der Änderungen der UGP-RL sind entsprechende Anpassungen des UWG vorgesehen.

Mit der Umsetzung werden u.a. ein Anspruch auf Schadensersatz für Verbraucher bei schuldhaften Verstößen von Unternehmern gegen verbraucherschützende Vorschriften des UWG, Transparenzpflichten von Online-Marktplätzen sowie Transparenzpflichten bei der Darstellung von Rankings und Verbraucherbewertungen, Regelungen zur Kennzeichnung von Werbung für Influencer und BloggerGeldbußen als Sanktionen bei bestimmten grenzüberschreitenden Verstößen und das Verbot der Vermarktung einer Ware mit unterschiedlicher Qualität eingeführt.

Wir haben die wichtigsten Änderungen für Sie zusammengefasst.

Begriffsbestimmungen

Zunächst sollen die Begriffsbestimmungen in § 2 UWG angepasst werden. U.a. wird der im UWG zentrale Begriff der geschäftlichen Handlung ergänzt:

„geschäftliche Handlung“ jedes Verhalten einer Person zugunsten des eigenen oder eines fremden Unternehmens vor, bei oder nach einem Geschäftsabschluss, das mit der Förderung des Absatzes oder des Bezugs von Waren oder Dienstleistungen oder mit dem Abschluss oder der Durchführung eines Vertrags über Waren oder Dienstleistungen unmittelbar und objektiv zusammenhängt; als Waren gelten auch Grundstücke und digitale Inhalte, Dienstleistungen sind auch digitale Dienstleistungen, als Dienstleistungen gelten auch Rechte und Verpflichtungen;

Damit werden auch digitale Inhalte und digitale Dienstleistungen künftig erfasst. Zudem wird ergänzt, dass es sich nicht nur um einen objektiven, sondern auch um einen unmittelbaren Zusammenhang mit einer Absatzförderung handeln muss. Hiermit soll noch einmal zum Ausdruck gebracht werden, dass bei bestimmten Formen der Förderung des eigenen Unternehmens kein unmittelbarer Zusammenhang zur Absatzförderung besteht, zum Beispiel, wenn eine Influencerin oder ein Influencer Waren oder Dienstleistungen empfiehlt oder erwähnt und hierfür kein Entgelt oder eine ähnliche Gegenleistung erhalten hat und die Erwähnung gegebenenfalls lediglich ihre oder seine eigene Bekanntheit fördert.

In § 2 Abs. 1 Nr. 6 und 7 UWG-E werden außerdem die Begriffe des Online-Marktplatzes und des Rankings aufgenommen.

Irreführende geschäftliche Handlungen

Anpassungen sind auch an § 5 UWG vorgesehen. Der bisherige Abs. 1 S. 2 wird zum neuen Abs. 2 und soll damit die Lesbarkeit der Vorschrift verbessern. Der neu gefasste § 5 Abs. 3 Nr. 1 UWG-E enthält die Regelung des bisherigen Abs. 2.

Der neue Abs. 3 Nr. 2 enthält Regelungen zur sog. Doppelqualität von Waren („Dual Quality“) und setzt Art. 3 Nr.3 der RL (EU) 2019/2161 um. Danach ist es irreführend, wenn eine Ware in einem Mitgliedstaat der EU als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist. Hintergrund hierfür waren die Beschwerden einiger Mitgliedstaaten, es würden unter der gleichen Marke Erzeugnisse in schlechterer Qualität vertrieben.

(3) Eine geschäftliche Handlung ist auch irreführend, wenn […]

2.mit ihr eine Ware in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union als identisch mit einer in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union auf dem Markt bereitgestellten Ware vermarktet wird, obwohl sich diese Waren in ihrer Zusammensetzung oder in ihren Merkmalen wesentlich voneinander unterscheiden, sofern dies nicht durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt ist.

Unternehmer können auch nach der Neuregelung weiterhin Waren unter derselben Marke in mehreren Mitgliedstaaten der Europäischen Union mit einer unterschiedlichen Rezeptur oder abweichenden Zutaten in den Verkehr bringen. Eine unzulässige irreführende geschäftliche Handlung liegt nur dann vor, wenn solche Waren trotz wesentlicher Unterschiede in ihrer Zusammensetzung oder ihren Merkmalen als identisch vermarket werden. Eine Irreführung soll dann ausgeschlossen sein, wenn die Unterschiede zwischen den Waren für Verbraucher leicht zu erkennen sind wie z.B. durch ein Etikett, das über bestehende Unterschiede informiert. Eine unlautere Irreführung entfällt zudem auch, wenn zwischen den als identisch vermarkteten Waren zwar wesentliche Unterschiede bestehen, diese aber durch legitime und objektive Faktoren gerechtfertigt sind.

Vorenthalten wesentlicher Informationen

Der bisherige § 5a UWG zur Irreführung durch Unterlassen soll durch die §§ 5a bis 5c UWG-E ersetzt werden. Mit Ausnahme des § 5a Abs. 4 UWG-E, der künftig das Kenntlichmachen des kommerziellen Zwecks regelt, sind die Änderungen an § 5a UWG nur redaktioneller Natur. Abs. 4 soll künftig in seinem Anwendungsbereich nicht mehr nur auf Verbraucher beschränkt sein, sondern auch gegenüber sonstigen Marktteilnehmern Anwendung finden. § 5b UWG-E hingegen ist auf geschäftliche Handlungen gegenüber Verbrauchern beschränkt. Abs. 1 enthält die Regelung des bisherigen § 5a Abs. 3 UWG. Die bisher in Nr. 4 vorgesehene Information über das Beschwerdeverfahren im Fall eines Angebots zu einem Geschäftsabschluss soll gestrichen werden, da die RL (EU) 2019/2161 diese Informationspflicht nicht mehr vorsieht. Nach Art. 246a § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 16 EGBGB muss der Verbraucher jedoch weiterhin über außergerichtliche Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, denen er unterworfen ist, informieren.

§ 5b Abs. 4 UWG-E, der bestimmte Informationsanforderungen, die im sonstigen Unionsrecht festgelegt sind, zu wesentlichen Informationen erklärt, enthält die Regelung des bisherigen § 5a Abs. 4 UWG.

Influencer-Marketing

Mit § 5a Abs. 4 S. 2 UWG-E soll zudem eine Regelung insbesondere für Influencer eingeführt werden, wenn diese Waren und Dienstleistungen anderer Unternehmen empfehlen, ohne davon selbst unmittelbar finanziell zu profitieren:

(4) Unlauter handelt auch, wer den kommerziellen Zweck einer geschäftlichen Handlung nicht kenntlich macht, sofern sich dieser nicht unmittelbar aus den Umständen ergibt, und das Nichtkenntlichmachen geeignet ist, den Verbraucher oder sonstigen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte. Ein kommerzieller Zweck liegt bei einer Handlung zugunsten eines fremden Unternehmers nicht vor, wenn der Handelnde kein Entgelt oder keine ähnliche Gegenleistung für die Handlung von dem fremden Unternehmer erhält oder sich versprechen lässt. Der Erhalt oder das Versprechen einer Gegenleistung wird vermutet, es sei denn der Handelnde macht glaubhaft, dass er eine solche nicht erhalten hat.

Solche Handlungen müssen nicht als „kommerziell“ gekennzeichnet werden. Der Begriff der „ähnlichen Gegenleistung“ soll auch Provisionen, Produkte, die von dem fremden Unternehmen zugesandt wurden und die der Handelnde nutzen oder behalten darf, sowie Pressereisen, Stellung von Ausrüstung oder Kostenübernahmen umfassen. Die bloße Steigerung der eigenen Bekanntheit durch solche Handlungen soll hingegen nicht als Gegenleistung gewertet werden. Die Gegenleistung muss nicht in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang erfolgen. Die Hoffnung auf eine Gegenleistung alleine reicht jedoch nicht aus. Die Gegenleistung muss von dem Unternehmer veranlasst worden sein, zugunsten dessen die Handlung erfolgt. Wird die Gegenleistung über beauftragte Dritte wie zum Beispiel eine Agentur gewährt, wird dies dem Unternehmer nach allgemeinen Grundsätzen zugerechnet. Im Streitfall muss die Erfüllung dieser Voraussetzungen vom Handelnden nachgewiesen werden. Auch wenn zwar keine Handlung zugunsten eines fremden Unternehmens vorliegt, kann der Zweck jedoch u.U. noch immer in der Förderung des eigenen Unternehmens liegen und daher als Eigenwerbung kennzeichnungspflichtig sein, wenn der kommerzielle Zweck nicht erkennbar ist. Einen entsprechenden Regelungsvorschlag hatte das BMJV bereits im vergangenen Jahr vorgelegt.

Informationspflicht über die Unternehmereigenschaft

Neu hinzukommt in § 5b Abs. 1 Nr. 6 die Informationspflicht darüber, ob es sich bei dem Anbieter auf einem Online-Marktplatz nach dessen eigener Erklärung um einen Unternehmer handelt. Der Betreiber des Online-Marktplatzes wird verpflichtet, von Anbietern von Waren oder Dienstleistungen zu verlangen, dass diese ihm gegenüber offenlegen, ob sie als Unternehmer oder Verbraucher tätig werden. Verbraucher müssen dann durch den Betreiber des Online-Marktplatzes über dieses (Selbst-) Einstufung informiert werden.

(1) Werden Waren oder Dienstleistungen unter Hinweis auf deren Merkmale und Preis in einer dem verwendeten Kommunikationsmittel angemessenen Weise so angeboten, dass ein durchschnittlicher Verbraucher das Geschäft abschließen kann, so gelten die folgenden Informationen als wesentlich im Sinne des § 5a Absatz 1, sofern sie sich nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: […]

6.bei Waren oder Dienstleistungen, die über einen Online-Marktplatz angeboten werden, die Information, ob es sich bei dem Anbieter der Waren oder Dienstleistungen nach dessen eigener Erklärung gegenüber dem Betreiber des Online-Marktplatzes um einen Unternehmer handelt.

Informationen über Ranking und Gewichtung

§ 5b Abs. 2 UWG-E sieht eine neue Transparenzpflicht für Online-Marktplätze und Vermittlungsdienste wie Vergleichsplattformen vor. Bietet ein Unternehmer daher Verbrauchern die Möglichkeit, nach Waren oder Dienstleistungen verschiedener Anbieter zu suchen, dürfen ihnen Informationen dazu, nach welchen Hauptparametern das Ranking der Angebote in den Ergebnissen der Online-Suchanfrage festgelegt wird und wie deren relative Gewichtung im Vergleich zu anderen Parametern ist, nicht vorenthalten werden.

(2) Bietet ein Unternehmer Verbrauchern die Möglichkeit, nach Waren oder Dienstleistungen zu suchen, die von verschiedenen Unternehmern oder von Verbrauchern angeboten werden, so gelten unabhängig davon, wo das Rechtsgeschäft abgeschlossen werden kann, folgende allgemeine Informationen als wesentlich:

1.die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage präsentierten Waren oder Dienstleistungen sowie

2.die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern.

Die Informationen nach Satz 1 müssen von der Anzeige der Suchergebnisse aus unmittelbar und leicht zugänglich sein. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für Betreiber von Online-Suchmaschinen im Sinne des Artikels 2 Nummer 6 der Verordnung (EU) 2019/1150 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (ABl. L 186 vom 11.7.2019, S. 57).

Erforderlich ist, dass die Suche nach Waren und Dienstleistungen verschiedener Anbieter ermöglicht wird. Nicht von der Vorschrift erfasst sind Online-Shops von Unternehmern, die nur ihre eigenen Waren oder Dienstleistungen anbieten.

Entsprechend zu dieser Informationspflicht enthält die neue Nummer 11a des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG das Verbot verdeckter Werbung in Suchergebnissen. Danach müssen bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen zur Beeinflussung des Rankings bei Suchergebnissen gegenüber Verbrauchern offengelegt werden.

Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]

11a. verdeckte Werbung in Suchergebnissen

die Anzeige von Suchergebnissen aufgrund der Online-Suchanfrage eines Verbrauchers, ohne dass etwaige bezahlte Werbung oder spezielle Zahlungen, die dazu dienen, ein höheres Ranking der jeweiligen Waren oder Dienstleistungen im Rahmen der Suchergebnisse zu erreichen, eindeutig offengelegt werden; […]

Informationen bei Bewertungen

§ 5b Abs. 3 UWG-E führt eine neue Informationspflicht hinsichtlich Bewertungen ein. Nach der Neuregelung sollen künftig Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von Verbrauchern stammen, die die Waren tatsächlich genutzt oder erworben haben, zu den wesentlichen Informationen zählen, die Verbrauchern vor einer geschäftlichen Entscheidung nicht vorenthalten werden dürfen.

(3) Macht ein Unternehmer Bewertungen zugänglich, die Verbraucher im Hinblick auf Waren oder Dienstleistungen vorgenommen haben, so gelten als wesentlich Informationen darüber, ob und wie der Unternehmer sicherstellt, dass die veröffentlichten Bewertungen von solchen Verbrauchern stammen, die die Waren oder Dienstleistungen tatsächlich genutzt oder erworben haben.

Hiervon sollen jedoch nur solche Unternehmer erfasst werden, die selbst Verbraucherbewertungen zugänglich machen. Wenn der Unternehmer lediglich über einen Link auf Verbraucherbewertungen verweist, die von Dritten über die von ihm angebotene Ware oder Dienstleistung veröffentlicht worden sind, besteht die Pflicht nicht.

Der Unternehmer muss darüber informieren, ob er vor Veröffentlichung der Verbraucherbewertungen Maßnahmen zur Überprüfung ihrer Echtheit trifft. Ergreift er gar keine Maßnahmen, muss er auch über diesen Umstand informieren. Werden entsprechende Maßnahmen ergriffen, muss er Informationen darüber bereitstellen, welche Prozesse und Verfahren er zur Prüfung der Echtheit der Verbraucherbewertungen ergreift und wie mit Bewertungen im Rahmen dieses Prüfprozesses umgegangen wird.

Diese Transparenzpflicht soll zudem durch die neue Nr. 23b des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG ergänzt werden. Danach ist die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich genutzt oder erworben haben, ohne dass der Unternehmer durch angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen überprüft hat, ob dies tatsächlich der Fall ist, stets unlauter.

Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]

23b. Irreführung über die Echtheit von Verbraucherbewertungen

die Behauptung, dass Bewertungen einer Ware oder Dienstleistung von solchen Verbrauchern stammen, die diese Ware oder Dienstleistung tatsächlich erworben oder genutzt haben, ohne dass angemessene und verhältnismäßige Maßnahmen zur Überprüfung ergriffen wurden, ob die Bewertungen tatsächlich von solchen Verbrauchern stammen;

Die neue Nr. 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG sieht ein Verbot der Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung vor.

23c. gefälschte Verbraucherbewertungen

die Übermittlung oder Beauftragung gefälschter Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern sowie die falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern in sozialen Medien zu Zwecken der Verkaufsförderung; […]

Hiermit wird Art. 3 Nr. 7 lit. b der RL(EU) 2019/2161 umgesetzt. Erfasst werden nach Erwägungsgrund 49 der Richtlinie auch „likes“ in sozialen Medien. Eine falsche Darstellung von Bewertungen oder Empfehlungen von Verbrauchern liegt vor, wenn z.B. nur positive Bewertungen veröffentlicht, negative hingegen gelöscht werden. Zudem nennt der Erwägungsgrund das weitere Beispiel der „Extrapolation von Empfehlungen“, wenn also die positive Bewertung eines Nutzers mit einem anderen – wenn auch in Zusammenhang stehenden – Inhalt verknüpft oder auf diesen übertragen wird, und auf diese Weise der Anschein erweckt wird, der Nutzer befürworte auch den anderen Inhalt.

Schadensersatz für Verbraucher

§ 9 UWG enthielt schon bisher eine Regelung zu Schadensersatz, allerdings nur gegenüber Mitbewerbern. Dieser Anspruch wird weiterhin in § 9 Abs. 1 UWG-E geregelt. Der neue § 9 Abs. 2 S. 1 UWG-E ergänzt das UWG um einen individuellen Schadensersatzanspruch für Verbraucher:

(2) Wer vorsätzlich oder fahrlässig eine nach § 3 unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt und hierdurch Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst, die sie andernfalls nicht getroffen hätten, ist ihnen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht für unlautere geschäftliche Handlungen nach den §§ 3a, 4 und 6.

Mit dieser Vorschrift wird Art. 3 Nr. 5 der RL(EU) 2019/2161 umgesetzt. Danach werden die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, Verbrauchern Zugang zu angemessenen und wirksamen Rechtsbehelfen, einschließlich Ersatz des entstandenen Schadens sowie gegebenenfalls Preisminderung oder Beendigung des Vertrages zu gewährleisten. Dies soll nicht nur für den Fall gelten, dass die unlautere geschäftliche Handlung von dem Vertragspartner ausgeht, sondern auch im Hinblick auf unlautere geschäftliche Handlungen Dritter. Die Begründung des Gesetzesentwurfs nennt hierfür schuldhafte irreführende Werbeäußerungen des Herstellers als Beispiel, durch die Verbrauchern ein Schaden entstanden ist.

Inhalt und Umfang des Schadensersatzanspruchs richten sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 249 ff. BGB. Danach richtet sich der Anspruch regelmäßig nur auf das negative Interesse, das bedeutet, dass Verbraucher vom Schädiger so zu stellen sind, als wäre die unzulässige geschäftliche Handlung nicht vorgenommen und die Verbraucher nicht zu der jeweiligen geschäftlichen Entscheidung veranlasst worden. Unlautere geschäftliche Handlungen nach §§ 3a, 4 und 6 UWG fallen nicht in den Anwendungsbereich des neuen Schadensersatzanspruchs. Der Schadensersatzanspruch der Verbraucher soll wie der Schadensersatzanspruch der Mitbewerber in sechs Monaten verjähren, § 11 Abs. 1 UWG-E.

Das bisher in § 9 S. 2 UWG geregelte „Presseprivileg“, also die Begrenzung der Schadensersatzhaftung der Presse auf vorsätzliche Handlungen, soll in einen neuen Abs. 3 aufgenommen werden und sich auch auf den für Verbraucher neu geschaffenen Schadensersatzanspruch erstrecken.

Verschärfte Sanktionen

Zudem sieht die RL 2019/2161 verschärfte Sanktionen bei Zuwiderhandlungen vor. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Für Geldbußen ist ein Höchstbetrag von mindestens 4% des Jahresumsatzes im betroffenen Mitgliedstaat oder, falls sich der Jahresumsatz nicht ermitteln lässt, von mindestens 2 Millionen Euro. vorgesehen. Der hiermit eingeführte Art. 13 UGP-RL sieht vor, dass bei Durchsetzungsmaßnahmen im Rahmen von koordinierten Aktionen nach der Verordnung (EU) 2017/2394 (VO zur grenzüberschreitenden Durchsetzung von Verbraucherschutzgesetzen; CPC-VO) zur Ahndung weitverbreiteter Verstöße oder weitverbreiteter Verstöße mit Unions-Dimension auch Geldbußen verhängt werden können. Auf diese Weise soll eine europaweit einheitliche und damit effektivere Verbraucherrechtsdurchsetzung gewährleistet werden. Diese Umsetzung sieht § 5c UWG-E vor. Die entsprechende Bußgeldvorschrift soll mit § 19 UWG-E umgesetzt werden. Damit drohen künftig neben Abmahnungen zusätzlich Bußgelder.

§ 5c Abs. 2 UWG-E regelt, wann eine solche Verletzung von Verbraucherinteressen vorliegt, die in dem in Art. 3 Nr. 3 und 4 der CPC-VO festgelegten Ausmaß verboten ist:

(2) Eine Verletzung von Verbraucherinteressen durch unlautere geschäftliche Handlungen im Sinne des Absatzes 1 liegt vor, wenn

1.eine unlautere geschäftliche Handlung nach § 3 Absatz 3 in Verbindung mit dem Anhang vorgenommen wird,

2.eine aggressive geschäftliche Handlung nach § 4a Absatz 1 Satz 1 vorgenommen wird,

3.eine irreführende geschäftliche Handlung nach § 5 Absatz 1 oder § 5a Absatz 1 vorgenommen wird oder

4.eine unlautere geschäftliche Handlung nach § 3 Absatz 1 fortgesetzt vorgenommen wird, die durch eine vollziehbare Anordnung der zuständigen Behörde im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der Verordnung (EU) 2017/2394 oder durch eine vollstreckbare Entscheidung eines Gerichts untersagt worden ist, sofern die Handlung nicht bereits von den Nummern 1 bis 3 erfasst ist.

Unzumutbare Belästigungen

§ 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG, das Verbot der hartnäckigen und unerwünschten Ansprache mit solchen Fernkommunikationsmitteln, die nicht von § 7 Abs. 2 Nr. 2 und 3 UWG erfasst werden, soll in Nr. 26 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG verschoben werden. Dies entspricht der Struktur der UGP-RL, nach der unzulässiges hartnäckiges Ansprechen über Fernabsatzmittel stets eine unlautere geschäftliche Handlung darstellt.

Folgende geschäftliche Handlungen sind gegenüber Verbrauchern stets unzulässig: […]

26. unzulässiges hartnäckiges Ansprechen über Fernabsatzmittel

hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen des Verbrauchers mittels Telefonanrufen, unter Verwendung eines Faxgerätes, elektronischer Post oder sonstiger für den Fernabsatz geeigneter Mittel der kommerziellen Kommunikation, es sei denn, dieses Verhalten ist zur rechtmäßigen Durchsetzung einer vertraglichen Verpflichtung gerechtfertigt; […]

Infolgedessen wird die Nummerierung in § 7 UWG-E angepasst.

Wie geht es weiter?

Die RL 2019/2161 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten bis zum 28.11.2021 die Rechts- und Verwaltungsvorschriften erlassen müssen, die erforderlich sind, um der Richtlinie nachzukommen. Diese müssen ab dem 28.5.2022 angewendet werden. Es bleibt abzuwarten, welche Änderungen am Gesetzentwurf noch vorgenommen werden. Neben den Änderungen des UWG sind zudem Anpassungen des BGB und des EGBGB erforderlich, denn die RL (EU) 2019/2161 sieht ebenfalls Änderungen der Verbraucherrechterichtline (VRRL; RL 2011/83/EU) vor.

Aber das ist noch längst nicht alles – die Gesetzentwürfe zur Umsetzung der RL (EU) 2019/770 über die Bereitstellung digitaler Inhalte und digitale Dienstleistungen und zur Umsetzung der RL (EU) 2019/771 zum Kaufrecht wurden ebenfalls veröffentlicht. Diese Richtlinien müssen bis zum. 1.7.2021 umgesetzt werden.

Den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des UWG können Sie hier abrufen.

Gendergerechte Kommunikation im Onlinehandel

Wie ist das nun mit dem Gendern? Wichtig, richtig, notwendig? Studien deuten darauf hin, dass eine inklusive Ansprache bei den Verbrauchern ankommt. Währen wir in personalisierbaren Kommunikationen die Möglichkeit haben Geschlecht spezifisch unsere Kundenansprache zu gestalten, so gibt es viele Orte an denen das nicht möglich ist. Hier nun ein paar Tipps.

Warum ist gendergerechte Kommunikation wichtig?

Die Verwendung gendergerechter Sprache ist zwar für viele Menschen nach wie vor ungewohnt, sie trägt aber zur Bekämpfung von Ungleichbehandlung zwischen den Geschlechtern bei. Wenn Sie in Ihrem Online-Shop genderneutrale Personenbezeichnungen verwenden und genderneutral kommunizieren, zeigen Sie Wertschätzung gegenüber allen Gruppen, die sich nicht unter “männlich” zusammenfassen lassen (wollen).

Muss ich in meinem Online-Shop genderneutral kommunizieren?

Die deutsche Gesetzgebung verbietet zwar generische Personenbezeichnungen wie „Kunden“ nicht, legt Ihnen aber auch bei der Verwendung genderneutraler Bezeichnungen keine Steine in den Weg. Bei der direkten Anrede in Formularen wiederum sollten Sie entweder kein verpflichtendes Feld „Anrede“ verwenden, wenn dies nicht aus sachlichen Gründen nötig ist. Alternativ können Sie auch weitere Optionen – wie im Folgenden erläutert – zur Auswahl geben.

Wie formuliere ich eine neutrale Anrede?

Zusätzlich zu der Möglichkeit, das Formularfeld „Anrede“ nicht verpflichtend zu machen, können Sie eine dritte Option „Neutrale Anrede“ ergänzen. Auch eine vierte Option „Keine Angabe“ (idealerweise vorausgewählt) bietet sich an. Da es grundsätzlich keine gesetzliche Pflicht für die Verwendung einer Anrede gibt, können Sie das Feld „Anrede“ auch vollständig weglassen. Die zusätzlichen Optionen wirken sich auf die direkte Anrede aus, die Sie in Ihren Newslettern, Bestellbestätigungen, personalisierten Webseiten-Bereichen Ihres Online-Shops und an anderen Stellen verwenden. Wählt eine Nutzerin die Anrede „Frau“ aus, können Sie diese Kundin selbstverständlich wie gewohnt mit „Sehr geehrte Frau Müller“, „Liebe Frau Meier“ oder „Hallo Frau Schmidt“ begrüßen. Wird jedoch keine oder eine neutrale Anrede ausgewählt, funktioniert das nicht. Statt „Herr“ oder „Frau“ können Sie als neutrale Anrede einfach den Vornamen und Nachnamen verwenden. Beispielsweise lesen sich folgende Begrüßungen unserer Meinung nach ganz gut:

  • „Guten Tag Hans Müller“
  • „Hallo Inga Schmidt“

Welche Formen kann ich beim Gendern verwenden?

Es gibt viele verschiedene Möglichkeiten, Personenbezeichnungen zu gendern oder genderneutral zu formulieren. Hier einige der gängigsten Formen:

Doppel- oder PaarformDie wohl gängigste dudenkonforme Lösung ist die Doppel- oder Paarform, bei der Sie Frauen und Männer gleichermaßen explizit ansprechen. Diese Variante stört den Lesefluss nicht und ist weitläufig akzeptiert. Texte werden allerdings länger, was an manchen Stellen in Ihrem Online-Shop mitunter problematisch werden kann. Außerdem werden Menschen, die sich weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen (können), nicht mitgenannt.

  • „Kundinnen und Kunden“
  • „Kundin/Kunde“

Genderstern

Der Genderstern hat sich mittlerweile weitläufig als bevorzugte Schreibweise gegenüber anderen Varianten wie dem Binnen-I („KundInnen“) oder der Einklammerung („Kund(innen)“) etabliert. Sie schließt, genau wie der Unterstrich bzw. Gender-Gap („Kund_innen“) alle Geschlechter mit ein. Leider ist die Schreibweise mit Genderstern derzeit nicht ideal für die Suchmaschinenoptimierung und kann in rechtlichen Kontexten zu Problemen führen, in denen der Stern als Symbol reserviert ist.

  • „Kund*innen“

Genderdoppelpunkt

Noch inklusiver – aufgrund der Lesbarkeit durch Software – ist der Genderdoppelpunkt. Er soll dem Genderstern in nichts nachstehen, ist aber durch die Maschinenlesbarkeit barrierefreier als der Stern, da Sprachausgabeprogramme einfach eine kleine Pause machen, statt das Satzzeichen mit vorzulesen. Dem Doppelpunkt begegnet man dementsprechend auch immer häufiger, vor allem in Online-Texten. Es gibt Indizien, dass der Genderdoppelpunkt das Rennen gewinnen könnte.

  • „Kund:innen“

Fazit

Heutzutage sollten Online-Shops sich auf jeden Fall Gedanken darüber machen, ob und wie sie ihre Kommunikation gendergerecht gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, können Sie einerseits Ihre Formulare so anpassen, dass die Anrede entweder ganz weggelassen oder um die Optionen “Keine Angabe” und “Neutrale Anrede” ergänzt wird.

Widerrufsfrist beginnt erst mit Erhalt mangelfreier Ware

Verbraucher können Fernabsatzverträge grundsätzlich innerhalb von 14 Tagen ab Erhalt der Ware widerrufen. Aber wie wirkt sich ein Mangel der Ware auf den Beginn der Widerrufsfrist aus? Das AG Cuxhaven entschied (Urt. v. 25. 2.2020 – 5 C 429/19), dass der Fristbeginn nicht nur eine vollständige, sondern auch vollständig funktionsfähige Warenlieferung voraussetze.

Die Klägerin vertreibt Küchengeräte sowie entsprechende Zubehörteile. Die Beklagte bestellte am 6.2.2019 einen Thermomix mit Zubehör, zu dessen Lieferumfang auch ein bestimmter Aufsatz gehörte. Die Lieferung erfolgte am 15.2.2019. Der zum Lieferumfang gehörende Aufsatz war jedoch zersplittert. Nach einer telefonischen Reklamation erhielt die Beklagte am 26.2.2019 einen neuen Aufsatz. Am 9.3.2019 widerrief die Beklagte den Kaufvertrag und schickte die Gegenstände an die Klägerin zurück. Streitig war vorliegend, auf welchen Zeitpunkt für den Beginn der Widerrufsfrist abzustellen ist, wenn die gelieferte Ware mit Mängeln behaftet ist. Die Klägerin war der Ansicht, die Widerrufserklärung sei zu spät erfolgt, und die Widerrufsfrist habe bereits am Tag nach der ersten Lieferung, also am 16.2.2019, begonnen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Beklagte die vollständige Lieferung erhalten, auf die es ankomme. Die Mangelhaftigkeit des Zubehörs sei für den Beginn der Widerrufsfrist ohne Bedeutung. Sie verlangte von der Beklagten die Zahlung des Kaufpreises. Die Beklagte hingegen vertrat die Auffassung, dass für den Beginn der Widerrufsrist auf den Zeitpunkt des Erhalts der vollständigen, funktionstüchtigen Ware abzustellen sei. Nach dieser Auffassung wäre der Widerruf innerhalb der Widerrufsfrist erfolgt.

Das AG Cuxhaven schloss sich der Auffassung der Beklagten an und entschied, dass die Widerrufsfrist erst mit Erhalt der vollständigen, mangelfreien Ware beginne. Der Widerruf sei damit rechtzeitig erfolgt, ein Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises bestehe damit nicht.

Auswirkungen auf Widerrufsfrist nicht abschließend geklärt

Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Frage nach dem Beginn der Widerrufsfrist bei mangelhafter Warenlieferung in der juristischen Literatur unterschiedlich beantwortet werde.

Auf welchen Zeitpunkt für den Beginn der Widerrufsfrist abzustellen ist, wenn die gelieferte Ware mit Mängeln behaftet ist, wird ausweislich der von den Partei Vertretern zitierten Fundstellen nicht einheitlich beurteilt.

Fristbeginn mit Erhalt der mangelfreien Lieferung

Sodann entschied das Gericht jedoch, dass aus Gründen des Verbraucherschutzes auf den Zeitpunkt der vollständigen, funktionstüchtigen Warenlieferung als Fristbeginn abzustellen sei. Erst zu diesem Zeitpunkt könne der Verbraucher die Lieferung in Augenschein nehmen und überprüfen.

Das erkennende Gericht schließt sich der vom Prozessbevollmächtigen der Beklagten vertretenen Rechtsauffassung an, wonach insbesondere aus Gründen des Verbraucherschutzes auf den Zeitpunkt abzustellen ist, an dem nicht nur eine vollständige, sondern auch eine vollständig funktionstüchtige Warenlieferung erfolgt ist. Dies war im vorliegenden Fall der 26.02.2019, denn erst mit der Nachlieferung eines mangelfreien Varoma-Aufsatzes konnte die Beklagte die von ihr bestellte Ware erstmalig vollständig im Hinblick auf die Funktionstüchtigkeit in Augenschein nehmen und überprüfen.

Teilsendungen als Vergleich

Als Begründung führte das Gericht den Beginn der Widerrufsfrist bei mehreren Teilsendungen an. Nach § 356 Abs. 2 Nr. 1 c) BGB beginnt die Widerrufsfrist bei einem Verbrauchsgüterkauf, bei dem die Ware in mehreren Teilsendungen geliefert wird, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter die letzte Teilsendung erhalten hat. Auch wenn eine vollständige Lieferung vorliege, könne der Verbraucher eine Überprüfung der Ware erst ab dem Zeitpunkt durchführen, zu dem eine funktionsfähige Warenlieferung erfolgt.

Diese Auslegung zum Beginn der Widerrufsfrist gemäß § 356 Abs. 2 Nr. 1. a) BGB entspricht auch dem Sinn und Zweck des vom Gesetzgeber beabsichtigten Verbraucherschutzes. Dies lässt sich auch aus der Regelung in § 356 Abs. 2 Nr. 1. c) BGB ableiten. Denn danach beginnt die Widerrufsfrist bei einer Warenlieferung in mehreren Teilsendungen auch erst zu dem Zeitpunkt, zu dem der Verbraucher die letzte Teilsendung erhalten hat. Vorliegend erfolgte die Warenlieferung gemäß der Bestellung vom 06.02.2019 zwar nicht in mehreren Teillieferungen, sondern in einer vollständigen Lieferung. Ein Teil der gelieferten Ware war jedoch mangelbehaftet, denn der Varoma- Aufsatz war zersplittert und nicht funktionstüchtig. Eine vollständige Überprüfung der Warenlieferung auf ihre Funktionstüchtigkeit war deshalb erst mit der Ersatzlieferung am 26.02.2019 möglich.

Überprüfbarkeit erst bei vollständiger funktionsfähiger Ware

Die Klägerin versuchte sich damit zu verteidigen, dass die Beklagte die Funktionsfähigkeit der Ware auch ohne den beschädigten Einsatz hätte überprüfen können. Dies ändere jedoch nichts daran, dass keine vollständig funktionsfähige Ware geliefert wurde, so das Gericht. Dies sei ebenfalls Voraussetzung zur Vollständigkeit der Warenlieferung.

Der Einwand der Klägerin, die Beklagte hätte die “Varoma-Funktion” des Thermomix- Gerätes auch ohne den beschädigten Varoma-Einsatz ausprobieren können, ändert nichts daran, dass mit der Warenlieferung am 15.02.2019 keine vollständig funktionsfähige Ware geliefert wurde, denn bei dem Varoma-Einsatz handelt es sich nach der Artikelbeschreibung in der Bestellung vom 06.02.2019 um ein maßgebliches Zubehörteil im Rahmen des bestellten “Frühlings-Paketes” zum Preis von 1.359,00 €. Zur Vollständigkeit der Warenlieferung gehört auch die vollständige Funktionsfähigkeit der gelieferten Ware.

Die Klägerin hat ihre gegen dieses Urteil gerichtete Berufung zurückgenommen (LG Stade, Beschl. v. 27.8.2020 – 3 S 14/20). Die Entscheidung ist rechtskräftig.

Fazit

Die Frage, wann bei einer mangelhaften Ware die Widerrufsfrist beginnt, ist noch nicht abschließend geklärt. Das erkennt vorliegend auch das AG Cuxhaven. Dem Gericht ist in seiner Entscheidung jedoch nicht zuzustimmen. Es beruft sich auf nicht näher bezeichnete Literaturfundstellen. Jedenfalls in der herrschenden Kommentarliteratur (Föhlisch, in Hoeren/Sieber/Holznagel, Hdb. Multimediarecht, Teil 13.4 Rn. 278; MüKo BGB/Fritsche, § 356 Rn. 11; BeckOK BGB/Müller-Christmann, § 356 Rn. 7) besteht Einigkeit, dass die Mangelhaftigkeit einer Ware den Beginn der Widerrufsfrist nicht beeinflusst. Für deren Beginn ist der physische Erhalt der Ware Voraussetzung, also die tatsächliche Sachherrschaft. Ein zusätzliches Erfordernis wie die Mangelfreiheit hier hinein zu lesen, findet keine Grundlage im Gesetz, ebenso wenig wie eine Differenzierung nach der Art des Mangels („maßgebliches Zubehörteil“). Zwar soll dem Verbraucher eine Prüfungsmöglichkeit verschafft werden, jedoch besteht auch bei mangelhafter Ware für ihn die Möglichkeit, den Vertrag zu widerrufen und erneut zu bestellen. Er kann entweder widerrufen oder von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch machen. Wünscht der Verbraucher Neulieferung oder Reparatur, verlängert sich die Widerrufsfrist nicht um die Liefer- bzw. Reparaturzeit, da durch den Nacherfüllungswunsch nicht das Widerrufs-, sondern das Gewährleistungsrecht ausgeübt wurde. Andere Gerichte werden diese Frage hoffentlich anders entscheiden.

Grundpreis in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises nicht erforderlich

So jedenfalls sieht es das OLG Hamburg in einem neuen Urteil. Die Preisangabenverordnung (PAngV) verlangt die Angabe des Grundpreises in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises. Mit diesen Anforderungen geht sie jedoch über die europäischen Vorgaben hinaus und muss entsprechend europarechtskonform ausgelegt werden. Dieser Ansicht schloss sich nun das OLG Hamburg (Urt. v. 25.6.2020 – 3 U 184/19) an. Entsprechend entschied das Gericht bereits in einem anderen Verfahren.

Die Beklagte bietet ihre Produkte über Google Shopping an. Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, hatte die Beklagte im einstweiligen Verfügungsverfahren vor dem LG Hamburg auf Unterlassung in Anspruch genommen. Im betreffenden Fall hatte der Wettbewerbsverband gegen die Beklagte vor dem LG Hamburg eine einstweilige Verfügung erwirkt, die ihr Preiswerbungen untersagte, „für die nicht gleichzeitig der Preis je Mengeneinheit (Grundpreis) und der Gesamtpreis jeweils unmissverständlich, klar erkennbar (in unmittelbarer Nähe) und gut lesbar angegeben werden.“ Wegen dieses Klammerzusatzes „in unmittelbarer Nähe“ hatte die Beklagte Widerspruch erhoben und im Übrigen eine dem Beschluss entsprechende Abschlusserklärung abgegeben. Das LG Hamburg bestätigte die einstweilige Verfügung. Gegen dieses Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung.  § 2 Abs. 1 PAngV verlange unter einer europarechtskonformen Auslegung keine Angabe des Grundpreises in unmittelbarer Nähe zum Gesamtpreis.

Dieser Ansicht, dass die Angabe des Grundpreises nicht in unmittelbarer Nähe des Grundpreises erfolgen müsse, schloss sich das OLG Hamburg an. Das angefochtene Urteil müsse abgeändert werden. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die Aufnahme des Klammerzusatzes.

Unterschiede zwischen deutschem und europäischen Recht

Die Vorgabe, wie ein Grundpreis darzustellen ist, wird in der PAngV anders geregelt als in der europäischen PreisangabenRL 98/6/EG.

§ 2 Abs. 1 S. 1 PangV bestimmt:

Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben.

Die Vorgabe in Art. 4 Abs. 1 RL 98/6/EG lautet hingegen:

Der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit müssen unmißverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein. Die Mitgliedstaaten können vorsehen, daß die Zahl der anzugebenden Preise begrenzt wird.

Preisangabenverordnung ist richtlinienkonform auszulegen

Seit dem 12.6.2013 dürfen die Mitgliedstaaten der EU jedoch keine Regelungen vorsehen, die strenger sind als das EU-Recht. Das bestimmt Art. 3 Abs. 5 S. 1 der RL über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG):

Die Mitgliedstaaten können für einen Zeitraum von sechs Jahren ab dem 12. Juni 2007 in dem durch diese Richtlinie angeglichenen Bereich nationale Vorschriften beibehalten, die restriktiver oder strenger sind als diese Richtlinie und zur Umsetzung von Richtlinien erlassen wurden und die Klauseln über eine Mindestangleichung enthalten.

So sieht es auch das OLG Hamburg. Das in § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV genannte Kriterium der „unmittelbaren Nähe“ gehe über die Mindestanforderungen der Preisangabenrichtlinie hinaus und müsse richtlinienkonform ausgelegt werden.

Der Senat geht mit der von der Beklagten angeführten Rechtsprechung des OLG Naumburg im Urteil vom 9. April 2015 (9 U 98/14, n.v.) davon aus, dass das in § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV genannte Kriterium der „unmittelbaren Nähe“ über die Mindestanforderungen der Preisangabenrichtlinie 98/6/EG hinausgeht und deshalb die genannte Vorschrift vor dem Hintergrund der Vorrangregelung des Art. 3 Abs. 4 UGP-Richtlinie 2005/29/EG und angesichts der am 12. Juni 2013 ausgelaufenen Übergangsregelung in Art. 3 Abs. 5 Satz 1 UGP-Richtlinie 2005/29/EG a.F. richtlinienkonform dahin auszulegen ist, dass dieses Kriteriums nicht zu berücksichtigen ist (ebenso Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 38. Aufl., § 2 PAngV, Rn. 3 m.w.Nw.).

Grundpreisangabe in unmittelbarer Nähe nicht erforderlich

Zweck der Übergangsregelung in Art. 3 Abs. 5 UGP-RL sei es, eine vollständige Rechtsangleichung zu schaffen.

Zweck der Regelung des Art. 3 Abs. 5 UGP-Richtlinie 2005/29/EG ist es, nach Ablauf der Übergangsfrist am 12. Juni 2013 im Interesse einer vollständigen Rechtsangleichung die Anwendung solcher Vorschriften des nationalen Rechts auszuschließen, die lediglich aufgrund einer Mindestangleichungsklausel erlassen oder beibehalten werden durften, aber restriktiver oder strenger sind als die UGP-Richtlinie 2005/29/EG selbst (vgl. Köhler/Bornkamm/Feddersen, PAngV vor § 1 Rn. 11b). Davon erfasst ist insbesondere die hier im Raume stehende Vorschrift des § 2 PAngV.

Unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar

In der einstweiligen Verfügung war das Kriterium „in unmittelbarer Nähe“ in einem Klammerzusatz vorgesehen. Diese Beschränkung gehe jedoch über die Anforderungen der Preisangabenrichtlinie hinaus.

Das Erfordernis der Angabe des Grundpreises in „unmittelbarer Nähe“ des Gesamtpreises geht aber über die Anforderungen der Preisangabenrichtlinie 98/6/EG hinaus und ist damit restriktiver als diese. Nach Art. 4 Abs. 1 Preisangabenrichtlinie 98/6/EG müssen der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit lediglich unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein, nicht aber „in unmittelbarer Nähe“ angegeben werden (vgl. dazu auch Köhler, WRP 2013, 723, 727). Es ist nicht für alle Fallgestaltungen zwingend, dass sich diese von der Richtlinie geforderte „Trias“ (so Willlems, GRUR 2014, 734, 740) nur durch die Angabe des Grundpreises in „unmittelbarer Nähe“ des Gesamtpreises herstellen lässt.

Der streitige Klammerzusatz könne daher nicht Teil eines Verbots sein, das sich auf § 2 PAngV stützt und müsse gestrichen werden.

Die Beschränkung des Verbots durch Streichung des Klammerzusatzes ist auch erforderlich, um für den Fall behaupteter Zuwiderhandlungen gegen das ausgesprochene Verbot deutlich zu machen, dass sich die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Verstoß vorliegt, allein an den übrigen im Verbot angeführten – gesetzeswortlautwiederholenden – Kriterien zu orientieren hat. Ob die klare Erkennbarkeit der Grundpreisangabe danach möglicherweise nur durch deren Angabe in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises hergestellt werden kann, ist eine Frage des jeweiligen Einzelfalles.

Kommentar von Mark

Ganz auf die Angabe von Grundpreisen darf nach wie vor nicht verzichtet werden. Der ausschlaggebende Punkt bei diesem Urteil ist die Anwendung der EU-Norm. Eine unmissverständliche, klar erkennbare und gut lesbare Angabe des Grund- und Gesamtpreises genügt jedoch. Jedenfalls, wenn wir den OLG Hamburg Urteil folgen. Und da ist dann auch des Pudels Kern: Ob und wann andere Gerichte, sowohl Land- wie auch Oberlandesgerichte dieser Meinung folgen steht noch in den Sternen. Auch wenn das Urteil Hoffnung gibt, der Drops ist noch lange nicht gelutscht. Jedoch habt ihr bei Anwendung einer geschickten Strategie die Chance vom hamburgischen Urteil im Abmahnfall zu profitieren.

Shopbetreiber aufgepasst: Zwingende Auswahl der Anrede verletzt Persönlichkeitsrecht

Die Auswahl einer Anrede im Bestellprozess eines Online-Shops wird häufig als Pflichtfeld gekennzeichnet. Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 3.12.2020 – 2-13 O 131/20) entschied nun, dass eine solche verpflichtende Auswahl zwischen der Anrede „Herr“ und „Frau“ im Registrierungs- und/oder Bestellprozess Personen mit nicht binärer Geschlechtsidentität in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzte.

Die Beklagte ist die Vertriebstochter eines deutschlandweit tätigen Eisenbahnkonzerns. Bei der Buchung einer Fahrkarte über ihren Internetauftritt muss der Kunde die Anrede „Herr“ oder „Frau“ wählen. Eine geschlechtsneutrale Anrede war nicht verfügbar. Die Auswahl kann nicht offengelassen werden. Auch die Registrierung als Kunde erforderte die Festlegung als „Herr“ oder „Frau“. Die klagende Person besitzt eine nicht-binäre Geschlechtsidentität. Sie ließ die Beklagte abmahnen und forderte Unterlassung dieses Auswahlzwangs und die Zahlung einer Entschädigung.

Das LG Frankfurt a.M. entschied, dass der klagenden Person der Unterlassungsanspruch zustehe. Mit der Auswahl einer dieser beiden eindeutig geschlechtsspezifischen Anreden, um ihre Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, zwinge die Beklagte die klagende Person, sich einem dieser Geschlechter zuzuordnen, was ihrer Identität nicht entspreche und worauf Beklagte auch keinen Anspruch habe. Ein Anspruch auf Entschädigung bestehe jedoch nicht.

Kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot

Einen Verstoß gegen das gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sah das Gericht nicht. Hiernach kann der Benachteiligte bei einem Verstoß gegen das in § 19 AGG vorgesehene Benachteiligungsverbot Unterlassung verlangen. Unzulässig ist danach eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen. Dies sei hier nicht der Fall.

Eine Benachteiligung bei Begründung liegt vor, wenn der Vertrag von vornherein nur unter Ausgrenzung bestimmter Personengruppen angeboten wird oder für bestimmte Personengruppen nur zu ungünstigen Konditionen (BeckOK BGB/Wendtland, 55. Ed. 1.8.2020, AGG § 19 Rn. 32). Dies ist hier nicht der Fall. Die klagende Person wurde vom Kauf an sich nicht ausgegrenzt, wie sich allein schon daran zeigt, dass sie … erwarb. Dies konnte sie auch zu denselben Bedingungen, etwa Preis, … etc., tun wie jeder andere Kaufwillige auch.

Eine Benachteiligung bei der Durchführung oder der Beendigung des Schuldverhältnisses sei ebenfalls nicht erkennbar.

Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht

Der klagenden Person stehe jedoch ein Unterlassungsanspruch aus den §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog zu.

Seit langem anerkannt ist, dass der seinem Wortlaut auf das Eigentum beschränkte Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 BGB entsprechend auf den Schutz aller anderen absolut geschützten Rechtspositionen im Sinne von § 823 Abs. 1 BGB anzuwenden ist. Zu den in § 823 Abs. 1 BGB genannten sonstigen Rechten gehört auch das verfassungsrechtlich in Artt. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1 GG verankerte allgemeine Persönlichkeitsrecht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht bietet dem Einzelnen zwar keine Gewähr, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie man sich sieht oder von anderen gesehen werden möchte (BVerfG, Beschluss vom 8. 4. 1999 – 1 BvR 2126-93 = NJW 1999, 2358, 2359).

Geschlecht völlig irrelevant

Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht schützt unter anderem die geschlechtliche Identität. Für das Auftreten in einer bestimmten Geschlechtsidentität sei nach allgemeinem Verständnis die Anredeform von zentraler Bedeutung, denn hierüber vollzieht sich regelmäßig die Zuordnung zu einem Geschlecht.

Indem die beklagte Partei die klagende Partei zwingt, eine dieser beiden eindeutig geschlechtsspezifischen Anreden zu wählen, um ihre Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen, zwingt sie die klagende Person sich einem dieser Geschlechter zuzuordnen, was ihrer Identität nicht entspricht und worauf die beklagte Partei auch keinen Anspruch hat, da für die von ihr erbrachten Dienstleistungen das Geschlecht des Vertragspartners völlig irrelevant ist und von ihr, wie sie selbst einräumt, lediglich für die Wahl der passenden – von ihr gewünscht geschlechtsspezifischen – Anrede verlangt wird.

Interessen der klagenden Person überwiegen

Die tatbestandsmäßige Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts der klagenden Person durch die nicht der Geschlechtsidentität entsprechende Anrede erweise sich unter Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen der Beklagten als rechtswidrig. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass andere Großunternehmen oder staatliche Akteure ebenfalls eine Auswahl verlangen oder nur binär-geschlechtliche Formen wählen – es gelte der Grundsatz „keine Gleichheit im Unrecht“. Auch das Argument, dass stattdessen anonym an Automaten gekauft werden könne, ließ das Gericht nicht gelten.

Dass […] auch anonym an Automaten oder anderswo gekauft werden können, lässt die Beeinträchtigung im Vertriebskanal über das Internet nicht entfallen. Vielmehr wirft dies die Frage auf, warum […] beim Online-Kauf überhaupt mit der geschlechtlichen Anrede „Herr“ oder „Frau“ versehen wird. Das Geschlecht spielt bei der […]Kontrolle gerade keine Rolle und ein Verweis auf ein Ausweisdokument (durch Angabe von Vor- und Nachnamen oder der Nummer), eine Kreditkartennummer oder ähnliches ist zur Identifizierung […] ausreichend, wie die beklagte Person auch einräumt.

Keine Pflicht zur Verwendung einer Anredevariante

Die Befolgung des Unterlassungsgebots sei der Beklagte auch nicht deshalb unzumutbar, weil sich noch keine allgemeingültige Anrede für Personen aus dem heterogenen Kreise der Personen mit nicht-binärer Geschlechtsidentität herausgebildet hat. Dies sei im Verhältnis zur klagenden Person irrelevant.

Die klagende Person hat bereits zu erkennen gegeben, dass sie gegen ein „Guten Tag …“ nichts einzuwenden habe. Ferner ist die beklagte Person wie eingangs erläutert, überhaupt nicht verpflichtet, für die klagende Person eine Anrede zu verwenden. Das Unterlassungsgebot ist ebenso bei einem Verzicht auf eine Anrede erfüllt. Das Weglassen einer auf die Geschlechtszughörigkeit schließenden Anrede ist mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht unbedenklich. Die Wahrung der Persönlichkeit ist nicht spezifisch gefährdet, wenn die Geschlechtszugehörigkeit nicht angegeben oder bezeichnet wird und die konkrete Geschlechtszugehörigkeit keinen Niederschlag findet […].

Selbst eine Annahme des Wunsches eines überwiegenden Teils der Kundschaft, weiterhin traditionell mit „Sehr geehrte Frau …“ oder „Sehr geehrter Herr …“ angesprochen zu werden, werde durch das Unterlassungsbegehren nicht berührt. Eine solche Anrede wäre auch dann noch möglich, wenn die beklagte Person weitere Anredevarianten zur Wahl stellt.

Kein Anspruch auf Entschädigung

Ein Anspruch auf Entschädigung in Geld wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei jedoch im Ergebnis abzulehnen. Nicht jede Rechtsverletzung löse einen solchen Anspruch aus. Nur unter bestimmten erschwerenden Voraussetzungen sei das unabweisbare Bedürfnis anzuerkennen, dem Betroffenen wenigstens einen gewissen Ausgleich für ideelle Beeinträchtigungen durch Zubilligung einer Geldentschädigung zu gewähren. Die schuldhafte Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts begründe dann einen Anspruch auf eine Geldentschädigung, wenn es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend aufgefangen werden kann. Zwar habe die Beklagte das Persönlichkeitsrecht der klagenden Person schuldhaft verletzt, aber nicht schwerwiegend.

Die Verletzung durch die Anrede „Herr“ im Rechnungsschreiben vom 12.03.2020 ist aber nicht derart schwerwiegend, dass sie nur durch Zahlung einer Geldentschädigung befriedigend aufgefangen werden könnte. Dies ergibt sich unter Abwägung aller hier relevanten Umstände. Einerseits ist zu berücksichtigten, dass sich die klagende Person durch das Verhalten der beklagten Person herabgewürdigt und psychisch belastet fühlte. Andererseits ist aber auch zu berücksichtigen, dass es sich nur um ein einzelnes Schreiben handelt, welches allein an die klagende Person gerichtet war und nicht der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Ferner fällt der beklagten Person keine Böswilligkeit zu Last. Im Gegenteil ist der Grad des Verschuldens der beklagten Person sehr gering. Bei der Abwicklung ihres Massengeschäfts kam es der beklagten Person nicht auf die Falschadressierung der klagenden Person an; vielmehr ist diese nur Reflex massenhafter Abwicklung standardisierter Vorgänge. Weiter äußerte die beklagte Person im Schreiben vom 05.02.2020 Verständnis für das Anliegen der klagenden Person, bekannte sich ausdrücklich zum Respekt und zur Förderung der Vielfalt in der Gesellschaft, betonte, dass alle Menschen gleich welcher geschlechtlichen Identität willkommen seien, berichtete, dass sie an der differenzierten Ansprache von Menschen mit einer nicht-binären Geschlechtsidentität arbeite und verwies darauf, dass in jenem Bestreben bereits bei Stellenanzeigen auf die Formulierung (m/w/d) umgestellt worden sei.

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.

Fazit

Um Ihren Kunden diskriminierungsfreie Bestellungen zu ermöglichen, sollten Sie die Auswahlmöglichkeit für die Anrede nicht als Pflichtfeld ausgestalten. Eine Auswahl ist für den Abschluss und die Ausführung des Vertrags grundsätzlich nicht erforderlich. Alternativ können Sie eine dritte Auswahlmöglichkeit aufnehmen, um auch Kunden mit nicht-binärer Geschlechtsidentität eine Einordnung zu ermöglichen.

Los geht’s: Das Anti-Abmahngesetz tritt heute in Kraft

Nachdem das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs im Oktober den Bundesrat passiert hat, wurde es heute im Bundesgesetzblatt verkündet. Es tritt in weiten Teilen morgen, am 2.12.2020, in Kraft und gilt ab diesem Zeitpunkt. Lediglich die Regelungen zur Änderung der Klagebefugnis treten am 1.12.2021 in Kraft.

Wir haben alle Änderungen und Auswirkungen bereits für Sie zusammengefasst. Nachfolgend finden Sie noch einmal einen Überblick.

Anforderung an die Klagebefugnis

  • Mitbewerber, die abmahnen, müssen künftig nach § 8 Abs. 3 Nr. 1 UWG-E tatsächlich geschäftlich tätig sein und in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen.

Schon bislang haben Schein-Mitbewerber mit unseriösen Anwälten abgemahnt. Auch künftig wird es noch unseriöse Akteure geben, die – gegen das neu geltende Recht – abmahnen und darauf spekulieren, dass einige sich nicht wehren, was sich dann schon als Geschäftsmodell rechnet. Eine Beratung durch einen auf Abmahnungen im E-Commerce spezialisierten Anwalt ist dringend zu empfehlen.

  • Abmahnvereine wie der IDO müssen künftig auf einer Liste der so genannten qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sein.

Damit Abmahnvereine in die neue Liste eingetragen werden, müssen sie nachweisbar aktiv sein und eine bestimmte Anzahl an Mitgliedern haben. Bis es soweit ist, dass nur noch eingetragene Vereine abmahnen dürfen, gibt es eine Übergangsfrist von einem Jahr, also bis Dezember 2021. Wir vermuten, dass sämtliche Verbände in dieser Übergangsphase noch einmal besonders aktiv sind, um durch nachweisbare Aktivitäten und steigende Mitgliederzahlen ihre Chance zu erhöhen, auf der Liste eingetragen zu werden.

Lediglich diese Änderungen der Klagebefugnis nach § 8 Abs. 3 UWG-E, § 3 Abs. 1 UKlaG-E und § 9 Abs. 2 BuchPrG-E treten am 1.12.2021 in Kraft, das übrige Gesetz am 2.12.2020.

Gegenansprüche des Abgemahnten

  • Bei missbräuchlichen Abmahnungen steht dem Abgemahnten ein Gegenanspruch zu (§ 8c Abs. 3 UWG-E)

Im Falle einer missbräuchlichen Geltendmachung steht dem Abgemahnten ein Gegenanspruch zu und er kann Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen fordern.

  • Bei formalen Fehlern oder unberechtigten Abmahnungen steht dem Abgemahnten ebenfalls ein Gegenanspruch zu (§ 13 Abs. 5 UWG-E ) und der Betroffene hat u.U. einen Anspruch auf Ersatz der ihnen entstandenen Kosten gegen den Angreifer.

Wenn die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht die formalen Anforderungen erfüllt, steht dem Abgemahnten nach § 13 Abs. 5 UWG-E ein Gegenanspruch zu. Abgemahnte haben in diesem Fall einen Anspruch auf Ersatz der ihnen entstandenen Kosten gegen den Abmahnenden, in diesem Fall jedoch auf die Höhe des geltend gemachten Aufwendungsersatzanspruchs beschränkt. Diese Einschränkung wurde „zum Schutz der qualifizierten Wirtschaftsverbände und qualifizierten Einrichtungen, die lediglich einen Anspruch auf eine Aufwendungspauschale besitzen“ hinzugefügt. Ursprünglich sollte dieser Gegenanspruch dazu führen, die finanziellen Anreize zu reduzieren und sicherstellen, dass Abmahner ihren Anspruch sorgfältig prüfen. Diesen Zweck erfüllt die Vorschrift nicht mehr.

Kein Aufwendungsersatz bei bestimmten Verstößen

  • Ein Mitbewerber kann keinen Ersatz der Aufwendungen für seine Abmahnung verlangen, wenn es sich um Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien handelt. Dasselbe gilt für Verstöße gegen die DSGVO oder das BDSG, in diesem Fall ist der Ausschluss jedoch auf Unternehmen oder Vereine beschränkt, die in der Regel weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.

Bei vielen häufig abgemahnten Verstößen geht es um Informationspflichten im E-Commerce. Hier müssen Mitbewerber künftig auf eigene Kosten abmahnen, d.h. können an den Abgemahnten keine Anwaltsrechnung schicken. Abmahnen können sie jedoch weiterhin. Ebenso bleiben sie weiterhin dazu berechtigt, Klage zu erheben.

An dieser Stelle schießt das Gesetz jedoch über seinen Zweck hinaus. Ursprünglich ging unser Vorschlag dahin, dass Bagatellen wie der fehlende Link auf die OS-Plattform oder fehlende Informationen zur Vertragstextspeicherung nicht mehr abgemahnt werden können. Dass nun sämtliche Verstöße gegen Informationspflichten (z.B. auch fehlende Allergene bei Lebensmitteln, fehlende Energiekennzeichnung oder fehlende Grundpreise) von Mitbewerbern nur noch auf eigene Kosten beseitigt werden können, wird zu einem unkontrollierten Informationsverlust in diesem für den Verbraucherschutz relevanten Bereich führen, den niemand beabsichtigt hat.

Nach der Gesetzesbegründung muss es sich nicht um spezielle Pflichten im Online-Handel oder auf Webseiten handeln, sondern es soll genügen, dass die Verstöße in diesem Bereich auftreten. Schon jetzt wird aber diskutiert, ob z.B. auch falsche Informationen mit fehlenden Informationen gleichzusetzen sind. Es darf sich nicht um Warnhinweise oder die grundsätzliche Pflicht zur Kennzeichnung geschäftlicher Handlungen handeln.

Vertragsstrafe

  • Mitbewerber dürfen nach § 13a Abs. 2 UWG-E keine Vereinbarung einer Vertragsstrafe fordern, wenn erstmalig eine Unterlassungsverpflichtung gefordert wird.

Auch wenn Konkurrenten bei der ersten Abmahnung keine Vertragsstrafe mehr in der Unterlassungserklärung verlangen dürfen, kann eine Unterlassungserklärung verwendet werden, um ein sog. Ordnungsgeldverfahren einzuleiten, d.h. nach § 890 ZPO kann ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 € verhängt werden. Daher wird auch künftig genau zu prüfen sein, ob mitgeschickte Unterlassungserklärungen unterschrieben werden sollten oder nicht, weil sie häufig viel zu weit formuliert werden und zu „Fallen“ führen. Wird weiterhin gegen die Unterlassungspflicht verstoßen, was sich häufig nicht ausschließen lässt, wird sicher auch die zweite Stufe (strafbewehrt) folgen. Dass Verstöße künftig „nichts mehr kosten“, täuscht also.

Erfolgt die erstmalige Abmahnung des Verstoßes dagegen durch einen Wirtschaftsverband, eine qualifizierten Einrichtung, eine Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer oder Gewerkschaft, besteht auch weiterhin die Möglichkeit, zur Streitbeilegung unmittelbar die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung zu verlangen.

  • In einfach gelagerten Fällen ist die Vertragsstrafe bei Verstößen auf maximal 1.000 € begrenzt, ebenso der Streitwert des Gerichtsverfahrens.

Schon 2013 hat der Gesetzgeber bei Privatpersonen im Urheberrecht versucht, den Streitwert bei „einfach gelagerten“ Fällen zu begrenzen. Dies führte dazu, dass Angreifer viel Energie darauf verwendet haben zu begründen, warum ihr Fall gerade nicht einfach ist. Die Gerichte haben häufig zugunsten der Abmahner entschieden. Dies wird auch bei dem neuen Gesetz nicht anders sein, so dass „geringe“ Vertragsstrafen und Gegenstandswerte i.H.v. 1.000 € eher selten sein werden und ein hohes finanzielles Risiko weiterhin bestehen bleibt.

Fliegender Gerichtsstand

  • Mit § 14 Abs. 2 UWG-E wird der fliegende Gerichtsstand bei Verstößen eingeschränkt, die auf Telemedien oder im elektronischen Geschäftsverkehr begangen werden

Die Anwaltschaft hat sich im Gesetzgebungsverfahren vor allem gegen die Abschaffung des sog. fliegenden Gerichtsstandes im Internet gewehrt. Diese teilweise Abschaffung wird den Missbrauch jedoch nicht eindämmen, sondern eher Nachteile mit sich bringen. Wenn unerfahrene Gerichte nicht im Sinne der Abmahner entscheiden, werden diese sich künftig nicht scheuen, durch mehrere Instanzen zu prozessieren, um doch mit der Abmahnung durchzudringen. Die Fokussierung auf diesen Nebenschauplatz hat jedoch von den wesentlichen Themen abgelenkt.

Die aktuelle Ausgabe des Bundesgesetzblattes finden Sie hier.

Grundlagen: Die CE Kennzeichnung

Ein beliebter >Running Gag< ist, dass CE für >China Export< steht. Dem ist nicht so, auch ist das CE Kennzeichen kein Qualitätssiegel. Daher ist auch eine Werbung damit unzulässig. Das Akronym steht für >Conformité Européenne< und bedeutet, dass das Produkt den Harmonisierungsanforderungen der Europäischen Union entspricht. Aber nun zu den Grundlagen: Aber was bedeutet das für Online-Händlerinnen und -Händler und welche Gefahren bringt ein Verstoß mit sich?

Bedeutung der CE-Kennzeichnung

Die EU-Verordnung (EG) Nr. 765/2008 legt allgemeine Grundsätze zur CE-Kennzeichnung fest. Die CE-Kennzeichnung ist nach Art. 2 Nr. 20 der VO eine

„Kennzeichnung, durch die der Hersteller erklärt, dass das Produkt den geltenden Anforderungen genügt, die in den Harmonisierungsrechtsvorschriften der Gemeinschaft über ihre Anbringung festgelegt sind“

Das CE-Zeichen ist also ein Zeichen dafür, dass auf verschiedenen Ebenen europäische Vorschriften erfüllt werden und damit für Kundinnen und Kunden ein Indikator für Unbedenklichkeit. Anders als viele Verbraucherinnen und Verbraucher glauben, handelt es sich dabei nicht um eine offizielle Prüfung seitens der EU oder ein besonderes Qualitätssiegel, sondern um eine Erklärung des Anbringenden, dass das Produkt die geltenden Anforderungen erfüllt.

CE China Export

Allerdings muss und darf nicht jedes Produkt ein CE-Kennzeichen tragen!

Kennzeichnungspflicht oder -verbot – Was gilt?

Die CE-Kennzeichnung darf grundsätzlich nur durch den Hersteller oder seinen in der Union niedergelassenen Bevollmächtigten angebracht werden. Mit der Anbringung der CE-Kennzeichnung erklärt der Hersteller seine alleinige Verantwortung, dass das Produkt allen geltenden Anforderungen des anzuwendenden Unionsrechts genügt und geeignete Konformitätsbewertungsverfahren erfolgreich durchgeführt wurden. Ohne eine entsprechende Kennzeichnung dürfen solche kennzeichnungspflichtigen Produkte nicht auf dem Markt bereitgestellt werden (§ 7 Absatz 2 Nr. 2 ProdSG). Sollte der Einführer oder Händler das Produkt unter seinem eigenen Namen oder seiner eigenen Marke in Verkehr bringen, übernimmt er alle Pflichten des Herstellers. In diesem Falle müssen ihm ausreichend Informationen über den Entwurf und die Fertigung des Produkts vorliegen, da er die rechtliche Verantwortung für das Anbringen der CE-Kennzeichnung übernimmt.

Sofern Sie als Händlerin oder Händler wissen oder wissen müssen, dass die vertriebenen Produkte nicht den Anforderungen der CE-Kennzeichnungspflicht entsprechen, dürfen Sie diese nicht vertreiben (§ 6 Absatz 5 Satz 2 ProdSG).

Eine Pflicht zur Kennzeichnung liegt dann vor, wenn es eine entsprechende EU-Vorschrift anordnet. Je nach Produkt können verschiedene Normen einschlägig sein.

Beispiel: Erfasst sind z.B. Spielzeug, Elektroartikel, Sportboote, Gasverbrauchseinrichtungen oder Messgeräte.

Ob eine Verpflichtung vorliegt, muss vom jeweiligen Inverkehrbringenden selbstständig geprüft werden. Eine Übersicht findet sich z.B. auf der Seite der EU-Kommission.

Ist die Kennzeichnung vorgeschrieben, ist das CE-Zeichen vor Inverkehrbringen des Produktes auf dem europäischen Markt anzubringen. Erst dann ist die Ware für den freien Warenverkehr zugelassen, unabhängig davon, ob sie in der EU hergestellt wurde oder nicht.

Ist eine Kennzeichnung jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben, dürfen Sie die Produkte nicht freiwillig kennzeichnen!

Selbstständige Prüfung erforderlich

Fehlt das CE-Kennzeichen auf dem Produkt, das Sie vertreiben wollen, müssen Sie eine Konformitätsprüfung durchführen, bevor Sie die Ware in den Verkehr bringen. Unter Umständen stehen Ihnen in diesem Fall Gewährleistungsansprüche gegen den Lieferanten zu.

Die meisten kennzeichnungspflichtigen Produkte dürfen Sie selbst auf die Konformität mit den für das spezifische Produkt einschlägigen EU-Vorschriften überprüfen. Sie sind dann selbst für notwenige Tests und Risikobewertungen verantwortlich.

Bei potentiell gefährlichen Produkten muss eine externe Konformitätsbewertungsstelle, die sogenannte benannte Stelle, herangezogen werden. Bei welchen Produkten das der Fall ist, richtet sich nach den einschlägigen Gesetzen. Mit der Suchfunktion auf der Seite der Europäischen Union können Sie nach den Vorschriften sortiert nach Produktkategorie suchen.

Dazu zählen zum Beispiel:

  • Medizinische Geräte
  • Aufzüge
  • Pyrotechnik
  • Maschinen
  • Warmwasserheizkessel

Technische Dokumentation und EU-Konformitätserklärung

Nach der eigenständigen Überprüfung, ob das Produkt den EU-Vorschriften entspricht, müssen Sie eine technische Dokumentation durchführen, die die Konformität des Produkts belegt. Die technische Dokumentation muss im Regelfall ab dem Datum des Inverkehrbringens des Produkts zehn Jahre ausbewahrt werden

Zudem ist eine EU-Konformitätserklärung abzugeben, die in bestimmten Fällen dem Produkt beizufügen ist. Mit dieser Erklärung versichern Sie, dass das Produkt den EU-Vorschriften entspricht.

Weitere Informationen hierzu finden Sie auf der Webseite der EU-Kommission.

Die richtige Darstellung

Die Kennzeichnung muss sichtbar, lesbar und dauerhaft angebracht sein. Die Farbe und Schrift des Kennzeichens können dabei variiert werden, wobei die Buchstaben eine Mindestgröße von 5 mm aufweisen müssen. Hier können Sie bei Bedarf das offizielle Logo herunterladen.

Wenn es nicht möglich ist das Kennzeichen auf dem Produkt selbst anzubringen, ist die Kennzeichnung der Verpackung oder der Begleitdokumente erlaubt.

Sofern eine benannte Stelle die Überprüfung durchführen muss, müssen Sie auch den Code der Stelle mit dem CE-Kennzeichen angeben. Die Kennzeichnung und der Code können separat angebracht werden, solange der Bezug eindeutig ist.

Werbung mit CE-Kennzeichen ist wettbewerbswidrig!

Das CE-Kennzeichen ist kein Gütesiegel oder Qualitätszeichen, sondern Voraussetzung, um ein Produkt auf dem Markt zu vertreiben und am freien Warenverkehr teilzunehmen. In den meisten Fällen unterliegen die Produkte der Selbstkontrolle der Hersteller und werden nicht staatlich überprüft. Begriffe wie „CE-Zertifiziert“ oder „CE-geprüft“ sind daher regelmäßig wettbewerbswidrig (OLG Frankfurt a.M., 21.06.2012 – 6 U 24/11, OLG Düsseldorf, Urt. v. 25.2.2016 – I- 15 U 58/15).

Konsequenzen bei Verstößen

Verstöße gegen die Vorschriften zur CE-Kennzeichnung sind Ordnungswidrigkeiten, die mit einem Bußgeld von bis zu 10.000 € geahndet werden können. Dabei stellt nicht nur die fehlende oder falsche Kennzeichnung einen Verstoß dar, sondern auch die Kennzeichnung von Produkten, für die keine Kennzeichnung vorgesehen ist oder das Anbringen von Zeichen, die mit dem CE-Kennzeichen verwechselt werden können. Dazu kommt, dass Kennzeichnungsfehler wettbewerbswidrig sind und abgemahnt werden können!

Unser Tipp

Die Verstöße gegen die Regeln zur CE-Kennzeichnung sind bußgeldbewehrt und wettbewerbswidrig. Informieren Sie sich rechtzeitig, ob Ihre Produkte kennzeichnungspflichtig sind und überprüfen Sie die ordnungsgemäße Kennzeichnung. Verkaufen Sie keine Produkte, die unerlaubt ein CE-Zeichen tragen oder umgekehrt kein CE-Zeichen tragen, obwohl sie das müssten.

Abmahnwelle trotz Krise: Stationärer- & Onlinehandel betroffen

In Zeiten wie diesen geht es neben der eigenen Gesundheit und der der Familie vor allem darum, dass das Wirtschaftsleben weiterläuft und bedrohte Existenzen kleinerer und größerer Unternehmen sowie deren Arbeitnehmer gerettet werden. Umso fassungsloser sind wir, dass Abmahner gerade verstärkt Existenzen gefährden, nicht nur im Onlinehandel, sondern auch durch Testkäufe in stationären (!) Geschäften.

Umsatzeinbußen durch Marktschließungen

Ein Kollege aus der Rechtsabteilung eines größeren Einzelhandelsunternehmens berichtet von ohnehin schon erheblichen Umsatzeinbußen durch die Schließungen sämtlicher Märkte in Italien, Österreich, Polen, Tschechien und der Slowakei.

Strikte Vorkehrungen in offenen Märkten

Die deutschen Märkte dieses Unternehmens sind glücklicherweise noch offen, allerdings sind die Öffnungen mit strikten Auflagen verbunden. Dort werden zum Schutz der Kunden und Mitarbeiter zahlreiche Vorkehrungen getroffen. Der Kollege berichtet nun von folgendem unfassbaren Vorfall:

Vor diesem Hintergrund hat mich die Abmahnung der Deutschen Umwelthilfe, die wir am 18.3.2020, also an dem Tag der Ansprache unserer Bundeskanzlerin (!) erhalten haben, umso mehr entsetzt. Denn die Deutsche Umwelthilfe hält es doch tatsächlich für notwendig, in Zeiten wie diesen ihre Mitarbeiter als Testbesucher in unsere Märkte zu schicken, um Verstöße gegen die Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (EnVKV) zu ahnden. Besonders interessant ist es hierbei, dass die vorgeschriebenen Energielabel in den konkret beanstandeten Fällen noch nicht einmal fehlten! Sie waren lediglich verdeckt oder zu klein.

Abmahnwelle auch im Onlinehandel

Über dieses Geschäftsgebaren wollen wir unbedingt informieren, denn es ist kein Einzelfall. Auch wir haben von mehreren mittelständischen Onlinehändlern in der letzten Woche zahlreiche Abmahnungen mit der Bitte um Verteidigung vorgelegt bekommen, vor allem von Abmahnanwalt Sandhage und dem Abmahnverein IDO. Der IDO macht seit Anfang des Jahres auch verstärkt Vertragsstrafen in Höhe von 5.000 € pro Fall aus teiweise vier Jahre (!) alten Unterlassungserklärungen geltend.

An Unanständigkeit kaum zu überbieten

Es ist schon grotesk, dass die Deutsche Umwelthilfe selbst in Zeiten wie diesen, in denen die Bundeskanzlerin und sämtliche Ministerpräsidenten der Bundesländer die Bevölkerung dazu auffordert, tunlichst zu Hause bleiben, ihre Mitarbeiter durch den Einzelhandel schickt, um Wettbewerbsverstöße festzustellen, die dann in der Folge abgemahnt werden.

Um das Ansteckungsrisiko in den Märkten für Mitarbeiter und Kunden zu reduzieren, haben stationäre Einzelhändler die Personaldecke in allen Märkten auf Notbetrieb runtergefahren. Viele Mitarbeiter, deren Kinder zu Hause betreut werden müssen, bleiben ebenfalls zu Hause. Und in dieser Zeit schickt die DUH ihre Leute zur Ahndung von Wettbewerbsverstößen in die Märkte, uns fehlen die Worte! Der Kollege schreibt wörtlich:

Sprechen Sie daher gerne die Warnung aus, dass die Deutsche Umwelthilfe auch während der Corona Krise Testbesucher durch den Einzelhandel schickt, um Verstöße gegen die EnVKV bei fehlerhafter Kennzeichnung von Backöfen, Klimageräten, Heizgeräten, Kühlschränken, Geschirrspülern, Dunstabzugshauben und Wäschetrocknern etc. zu ahnden.

Das tun wir hiermit. Und glauben einmal mehr, dass der Kampf gegen Abmahnmissbrauch auch in schweren Zeiten fortgesetzt werden muss. Wie viele Onlinehändler waren auch wir bei Trusted Shops letzte Woche vor allem damit befasst, Mitarbeiter ins Home Office zu schicken und uns für die nächsten Wochen zu wappnen. Die Abmahner sollten sich schämen, in solchen Zeiten derart unanständig vorzugehen.

Anleitung: So erstellt ihr eine eigene Presell-Page (2. Teil)

Im ersten Teil bekamt ihr die Frage beantwortet was eigentlich eine Presell-Page ist und warum sie weit besser zu Sales führt als eine gewöhnliche Landing Seite. Jetzt geht’s ins Eingemachte und ihr könnt lernen wie ihr nun eine eigene Presellpage an den Start bringen könnt. 9 Schritte zur perfekten Presell-Page. Here weg go!

Schritt 1: Überlegen Sie sich ein spannendes Thema für Ihre Zielgruppe, das zu Ihrem Produkt passt

Finden Sie heraus, welche Probleme bzw. Herausforderungen Ihre Zielgruppe hat, wie Sie ihnen helfen oder inspirieren können.

Hier ein paar Beispiele:

  • 5 Tipps für weniger Falten (Kosmetik)
  • Die 7 Winter-Trends für Männer über 30 (Kleidung)
  • So wird das Fell deines Hundes plüschweich (Tiernahrung)
  • Diese 3 Zeit-Killer sollten Sie sofort vom Schreibtisch schmeißen (Büroausstattung)
  • 11 Life-Hacks für einen gemütlichen Abend (Möbel/Deko-Shop)

Tipp: Wenn Ihnen die Muse gerade nicht wohlgesonnen ist, können Sie sich auch von Blogs aus Ihrer Branche inspirieren lassen. Finden Sie heraus, welcher der beliebteste Beitrag ist und – tadaaa – sie wissen, was bei Ihrer Zielgruppe ankommt.

Ob ein Beitrag beliebt ist oder nicht, lässt sich schnell an der Zahl der Kommentare und Shares feststellen.

Schritt 3: Der hilfreiche Content

Nachdem Sie die Aufmerksamkeit der potentiellen Kund*innen gewonnen haben, müssen Sie auch abliefern. Das bedeutet, dass der Text, die Tipps oder die Inspiration auch wirklich Mehrwert liefern muss.

Dies ist nicht der Moment, wo Sie Ihr Produkt verkaufen, sondern wo Sie das vertrauen der Besucher*innen gewinnen. Seien Sie also wirklich hilfreich, so dass der Leser begeistert von den Tipps ist.

Ob Sie diesen Teil selber erstellen oder von einem Werbetexter schreiben lassen, ist Ihnen (und Ihrem Budget) überlassen.

Tipp: Schreiben Sie so als würden Sie einem/einer guten Freund*in beratend zur Seite stehen und achten Sie darauf den Ton Ihrer Zielgruppe zu treffen.

Schritt 4: Stellen Sie Ihr Produkt vor

Nun ist der Zeitpunkt gekommen, wo Sie Ihr Produkt präsentieren. Trotzdem sollten Sie hier geschickt sein.

Mit einem schlichten Jetzt Produkt kaufen ist es nicht getan. Stellen Sie Ihr Produkt so vor, dass es zu den hilfreichen Tipps passt.

Beispiel:

Mit diesen 5 Style-Tipps sehen Sie mit wenig Aufwand besser aus. Doch auch das beste Outfit kann durch eine unschöne, alte Hundeleine ruiniert werden…

Warum sollte Ihr Hund nicht genauso elegant aussehen wie Sie?

Unsere Premium-Leinen aus echtem Leder werden in Italien von Hand gefertigt und haben eine bessere Qualität als die meisten Gürtel.

Quelle: Pinterest/Franck Mbemba

Tipp: An dieser Stelle können Sie Bilder von Ihrem Produkt in Aktion zeigen. Im besten Falle wie es von Ihrer Buyer Persona genutzt wird.

Schritt 5: Social Proof

Behaupten können Sie viel, glauben muss Ihnen Ihre potentielle Kundschaft deswegen noch lange nicht. Da viele tendenziell misstrauisch sind, sollten Sie unbedingt mit Social Proof arbeiten.

Social Proof ist eine mächtiges Element im Marketing-Arsenal. Viele Online-Shopper vertrauen auf die Meinung anderer, dabei macht es sogar kaum einen Unterschied ob es die Bewertung einer fremden oder bekannten Person ist.

In der Studie Local Consumer Review Survey von BrightLocal stellte sich heraus, dass…

  • 80% der Befragten Bewertungen genauso wie persönlichen Empfehlungen vertrauen
  • 68% einer positiven Bewertung vertrauen
  • 92% der Online-Shopper vor dem Kauf Bewertungen leben

Lese-TippWarum ein geschlossenes Bewertungsystem die Seriösität Ihres Unternehmens schützt 

Wenn Sie Ihrer potentiellen Kundschaft zeigen, wie andere das Produkt bereits nutzen oder tragen, erzeugt dies einen Vertrauensvorschuss und kann die Konversionsrate zusätzlich steigern.

Weitere Vertrauensfaktoren wie das Gütesiegel von Trusted Shops können das Vertrauen in Ihren Online-Shop noch weiter steigern.

Doch auch bekannte Kunden, Testimonials, Case Studies, “Bekannt aus” und Social Shares können vertrauensbildende Elemente sein.

Schritt 6: Das Produkt im Detail

Nachdem Sie den Beweis erbracht haben, dass Ihr Produkt hält, was es verspricht, wird es Zeit für Details!

  1. Beschreiben Sie das Produkt (Größe, Gewicht, etc.)
  2. Zeigen Sie Produktbilder
  3. Nutzen Sie Produktvideos
  4. Nennen Sie den Preis
  5. Zusätzliche Informationen (Versand, Garantie, etc.)

Lese-Tipp: Checkliste: 10 Tipps für die perfekten Produktbilder 

Schritt 7: Der Verkauf

Der wohl wichtigste Schritt: Der Handlungsaufruf zum Kauf.

Schritt 1-6 haben dafür gesorgt, dass die potentielle Kundschaft Ihnen vertraut und begeistert von Ihrem Produkt ist. Im besten Falle so begeistert, dass sie es einfach haben müssen und kaufen.

Es ist empfehlenswert Storytelling-Elemente in die Presell-Page einzubauen, um eine noch stärkere Bindung zu Ihren Besuchern aufzubauen und sich von Ihrer Konkurrenz abzuheben.

Fazit

Eine Presell-Page kann einen erheblichen Unterschied machen, wenn es darum geht kalten Traffic in Kund*innen zu verwandeln. Wir raten Ihnen diese Marketing-Strategie auszuprobieren und zu analysieren, ob sich Ihre Konversionsrate so deutlich erhöht wie bei Boom.

Anleitung: Richtig werben mit Testergebnissen

Testergebnisse kommen bei Verbrauchern sehr gut an und schaffen Vertrauen in euch und eure Artikel. Sind die Tests dann auch noch von sehr vertrauenswürdigen Instituten durchgeführt worden, dann wäre es schon fast fahrlässig nicht damit zu werben. Aber wie? Das ist die Gretchenfrage, denn die falsche Werbung mit Testergebnissen lässt euch schnell in eine teure Abmahnfalle tappen. Hier findet ihr die wichtigsten Tipps, die ihr beachten solltet.

Nur für das getestete Produkt werben

Testergebnisse eines Produkts dürfen Onlinehändler nicht für ein anderes oder nur ähnliches Produkt nutzen. Wenn sie mit einem Testergebnis zu einem bestimmten Produkt werben möchten, sind in erster Linie die Kriterien der Wahrheit, der Sachlichkeit, der Vollständigkeit, der Aktualität und der Transparenz einzuhalten.

Geschieht dies nicht, liegt regelmäßig der Tatbestand der irreführenden Werbung vor. Eine Irreführung ist immer dann gegeben, wenn sich der Test nicht auf die beworbene, sondern eine andere Ware bezieht, auch wenn diese äußerlich ähnlich und technisch baugleich ist wie etwa bei Nachfolgemodellen.

Angabe der Fundstelle: Wer mit Testergebnissen werben möchte, sollte darauf achten, dass in der Werbung die genaue Fundstelle des Tests angegeben wird. Wird diese Information vorenthalten, beeinträchtigt dies die Möglichkeit des Verbrauchers, die testbezogene Werbung zu prüfen und insbesondere in den Gesamtzusammenhang des Tests einzuordnen. Es ist somit unzulässig, die Fundstelle von Testergebnissen nicht anzugeben.

Es muss eine leichte Erreichbarkeit zur Fundstelle führen. Ein Hinweis ohne weitere Angabe des Erscheinungsjahres oder der Ausgabe ist hierfür nicht ausreichend. Der Verbraucher muss ohne weitere Zwischenschritte zu der Fundstelle gelangen können.

Ihm soll die Suche nach der Fundstelle erspart bleiben. Diese Voraussetzung ist auch dann nicht erfüllt, wenn der Verbraucher mithilfe einer Onlinesuche über eine gängige Suchmaschine die Fundstelle selbst einfach ermitteln kann.

Werbung mit Testsieger

Hat ein Produkt bei einem Test besonders gut abgeschnitten, möchte man hierauf sicher gerne hinweisen. Allerdings darf die Werbung mit dem Testergebnis nicht dazu führen, dass über den Rang des Produktes im Verhältnis zu den Konkurrenzprodukten in die Irre geführt wird.

Bei Angabe des auf den Spitzenplatz hinweisenden Titels „Testsieger“ muss grundsätzlich nicht noch darüber informiert werden, ob er sich das Prädikat mit Wettbewerbern teilen musste oder wie groß der Abstand zu den Produkten der Wettbewerber ist.

Nur mit aktuellen Testergebnissen werben

Die Kunden erwarten einen Test aufgrund der aktuellen Marktlage und somit auch eine dementsprechend korrekte Bewerbung. Ein Test ist dann veraltet, wenn ein neuer Test für eine bereits getestete Produktkategorie existiert oder es von einem bewerteten Produkt ein Nachfolgemodell gibt. Eine reine Veränderung der Verpackung führt nicht dazu, dass ein Produkttest veraltet ist. Allerdings ist die Werbung mit älteren Testergebnissen dann unbedenklich, wenn der Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung erkennbar gemacht wird, für die Produkte keine neueren Prüfergebnisse vorliegen und die angebotenen Produkte mit den seinerzeit geprüften gleich und auch nicht durch neuere Entwicklungen technisch überholt sind.

Angabe der Platzierung erforderlich?

Die Angabe einer Rangfolge ist dann entbehrlich, wenn das Produkt die höchstmögliche vergebene Benotung erzielt hat.

In anders gelagerten Fällen ist regelmäßig eine Information, wie ein Produkt in das Umfeld seiner Konkurrenten im Test einzuordnen ist, erforderlich. Die Werbung mit Testergebnissen darf nicht über den Rang des beworbenen Produkts im Kreis des anderen getesteten Konkurrenzproduktes hinwegtäuschen.

Verwendung markenrechtlich geschützter Siegel nur mit Lizenz

In den meisten Fällen wollen Onlinehändler die Logos von Testsiegeln verwenden und nicht nur die Testergebnisse in Schriftsprache wiedergeben. Diese Logos sind meist markenrechtlich geschützt und dürfen nur verwendet werden, wenn eine Lizenz hierzu erworben wurde, und die Lizenzbedingungen der Testanbieter eingehalten werden.

Fazit

Eine grundsätzliche Pflicht, auf Testergebnisse hinzuweisen, besteht nicht. Darüber hinaus sollten Onlinehändler das Testergebnis nicht mit eigenen Worten wiedergeben, sondern den tatsächlichen Wortlaut des Testveranstalters verwenden. Häufig ist eine abschließende Beurteilung der Werbung mit Testergebnissen allerdings einzelfallabhängig.

Urteil: Pfand gehört in den Preis

Von Dr. Carsten Föhlisch – Das Urteil trifft nicht nur Händler aus dem Bereich Lebensmittel, es wirkt sich auf alle Artikel aus, bei denen Pfand erhoben wird, also auch z. B. Autobatterien. Zwar ist es bisher lediglich ein Landgericht, das so urteilte, jedoch solltet ihr beobachten, ob diese Meinung nicht >Schule macht<.

§ 1 Abs. 4 PAngV bestimmt, dass ein Pfand nicht in den Gesamtpreis einzubeziehen ist, sondern dessen Höhe neben dem Preis für die Ware oder Dienstleistung anzugeben ist. Das LG Essen (Urt. v. 29.8.2019 – 43 O 145/18) entschied, dass die Vorschrift keine Anwendung mehr finde und ein Pfand einen Bestandteil des Gesamtpreises darstelle.

Die Beklagte warb in einem Prospekt für Saft und stilles Wasser mit einem Preis von 0,79 €, ohne in den Preis das Flaschenpfand einzurechnen. Dieses wurde mit „zzgl. Pfand = 0,25 €“ angegeben. Tatsächlich zahlen musste der Verbraucher also 1,04 €. Deswegen mahnte der Kläger die Beklagte ab. Die Beklagte gab jedoch weder die geforderte Unterlassungserklärung ab noch zahlte sie die Abmahnkosten, woraufhin der abmahnende Wettbewerbsverband klagte.

Das LG Essen entschied, dass dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche zustehen und die Vorschrift des § 1 Abs. 4 PAngV keine Anwendung mehr finde.

Gesamtpreis umfasst tatsächlich zu zahlendes Entgelt

Das Gericht stellte klar, dass gem. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV Gesamtpreise anzugeben sind. Der Gesamtpreis i. S. v. § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV umfasse das tatsächlich zu zahlende Gesamtentgelt einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile und damit auch ein Getränkepfand. Dies ergebe sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung.

Der Verkaufspreis im Sinne der Art. 2 a), 3 Preisangaben-Richtlinie 98/6/EG umfasst neben den Steuern unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes sog. sonstige Preisbestandteile. Darunter sind alle unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises zu verstehen, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die eine Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden (EuGH GRUR 2016, 945f., Rn. 36f. – C-476/14 „Citroën“).

Auf der Grundlage dieser Vorgaben handelt es sich bei dem Getränkepfand um einen Preisbestandteil im Sinne der Art. 2 a), 3 Preisangaben-Richtlinie 98/6/EG und damit auch des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV.

Verkehrsauffassung maßgeblich

Für die Frage, ob der Pfandbetrag in den Endpreis einzubeziehen ist, sei die Verkehrsauffassung maßgebend, d. h. die Auffassung der Letztverbraucher, an die sich Angebot und Werbung richte. Gehe der Verbraucher von einem einheitlichen Angebot oder der Werbung hierfür aus, erwarte er auch einen einheitlichen Preis. Damit stelle das Pfand einen Bestandteil des Gesamtpreises dar, der zwingend einzubeziehen sei.

Entscheidend für die Verkehrsauffassung ist vielmehr, dass der Verbraucher den Pfandbetrag bei jedem Einkauf aufs Neue entrichten oder durch eine entsprechende Leergutrückgabe (dann ohne Rückerlangung des früher schon bezahlten Pfandgeldes) belegen muss, dass er also nicht nur für das Getränk, sondern auch für die Verpackung stets erneut zu zahlen oder eine wirtschaftlich gleichstehende Leistung aufzubringen hat. Der Verbraucher weiß also, dass er – ungeachtet der Möglichkeit, das Leergut zurückzugeben – notwendigerweise eine stets nur als Einheit abgegebene Sachgesamtheit erwirbt, für die ihm an der Kasse ein bestimmter Gesamtpreis berechnet wird (BGH MD 1994, 119ff., Rn. 16 – I ZR 218/91). […]

Danach ist das Pfand ein unvermeidbarer und vorhersehbarer Bestandteil des Preises, der obligatorisch vom Verbraucher zu tragen ist und zugleich – ungeachtet der rechtgeschäftlichen Beurteilung des Übergabevorgangs (dazu Palandt/Wicke, BGB, 78. Aufl., Überbl. v. § 1204, Rn. 7) – gewissermaßen eine „Gegenleistung“ für die Zurverfügungstellung des Getränkebehältnisses durch den Händler an den Verbraucher darstellt.

Keine Grundlage im europäischen Recht

Zwar sei nach § 1 Abs. 4 PAngV das Pfand ausdrücklich nicht in den Gesamtpreis aufzunehmen, sondern gesondert auszuweisen. Das Gericht stellte jedoch klar, dass die Vorschrift unanwendbar sei, da sie keine Grundlage im europäischen Recht habe.

Denn § 1 Abs. 4 PAngV hat keine Grundlage in dem der Preisangabenverordnung zugrunde liegenden, höherrangigen sekundären Gemeinschaftsrecht und ist daher unanwendbar […]. Die Preisangaben-Richtlinie 98/6/EG enthält keine ausdrückliche Regelung, die eine Ausnahme von der Nennung des Gesamtpreises für rückerstattbare Sicherheiten enthält.

Zwar seien nach Art. 10 PreisangabenRL nationale Ausnahmen möglich, allerdings dürfen die Mitgliedstaaten der EU seit dem 12.6.2013 keine Regelungen vorsehen, die strenger sind als das EU-Recht. Das bestimmt Art. 3 Abs. 5 S. 1 der RL über unlautere Geschäftspraktiken (RL 2005/29/EG).

Zweck der Ausnahmeregelung des Art. 3 Abs. 5 S. 1 der UGP-Richtlinie ist es, nach Ablauf einer Übergangsfrist im Interesse einer vollständigen Rechtsangleichung die Anwendung solcher Vorschriften des nationalen Rechts auszuschließen, die lediglich aufgrund einer Mindestangleichungsklausel erlassen oder beibehalten werden durften, aber restriktiver oder strenger sind als die UGP-Richtlinie (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., Vorb. PAngV, Rn. 11b). […] Wegen des Ablaufs der in Art. 3 Abs. 5 S. 1 der UGP-Richtlinie 2005/29/EG festgelegten Zeitspanne sind abweichende nationalstaatliche Regelungen nicht mehr möglich.

Verstoß war auch spürbar

Dieser Verstoß der Beklagten sei auch geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen. Die Beklagte versuchte, einen entschuldbaren Rechtsirrtum geltend zu machen, da schließlich eindeutige nationale Vorschriften bestehen. Dem folgte das Gericht jedoch nicht.

Auf die subjektiven Vorstellungen des Handelnden von der Rechtmäßigkeit seines Handelns kommt es nicht an, und zwar auch nicht bei der Prüfung der Relevanz im Sinne des § 3a UWG (Köhler/Bornkamm/Feddersen, UWG, 37. Aufl., § 3a UWG, Rn. 1.45). Zu dem zu berücksichtigenden Erfahrungswissen eines Gewerbetreibenden gehört nämlich auch die Kenntnis der Rechtslage. Soweit der Anspruchsgegner diese Rechtslage nicht zutreffend zu beurteilen vermag, mag er sich in einem entschuldbaren Rechtsirrtum befunden haben. Dies kann ihn allerdings grundsätzlich nur vor verschuldensabhängigen Schadensersatzansprüchen gemäß § 9 UWG und nicht vor den verschuldensunabhängigen Ansprüchen auf Beseitigung und Unterlassung gemäß § 8 UWG bewahren (BGH WRP 2017, 418ff., Rn. 36 – I ZR 258/15 „Motivkontaktlinsen“).

Das Gericht stellte klar, dass die gesonderte Ausweisung des Pfandbetrags zwar eine transparente Form der Preisauszeichnung darstelle, allerdings zulasten der Transparenz des zu zahlenden Gesamtpreises, auf den es ankomme.

Dies geht andererseits jedoch zugleich einher mit dem Verlust der Transparenz über die zu bezahlende Gesamtsumme, die durch die Regelungen der Preisangaben-Richtlinie und der UGP-Richtlinie gerade hergestellt werden soll. Dieser Aspekt ist für den Verbraucher ebenfalls relevant, da er regelmäßig wissen will (und soll), was ihn der Einkauf konkret, d. h. insgesamt, kostet (BGH MD 1994, 119ff., Rn. 17 – 218/91). […] Zweck der Regelung des § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV und seiner europarechtlichen Grundlage ist es zu verhindern, dass der Verbraucher selbst den letztlich zu zahlenden Preis ermitteln muss, um Preisvergleiche vornehmen zu können.

Zudem sei kein Kriterium für eine fehlende Spürbarkeit des Verstoßes, dass eine Preisauszeichnung nach den Vorgaben des § 1 Abs. 4 PAngV derzeit marktüblich ist.

Fazit

Die deutsche Vorschrift, nach der ein Pfand nicht in den Gesamtpreis einzubeziehen sei, hat keine Grundlage im Unionsrecht. Die Frist zur Aufrechterhaltung solcher nationaler Regelungen endete am 12.6.2013. Seit diesem Zeitpunkt darf die Regelung nicht mehr angewendet werden. Ein Pfand muss daher in den Gesamtpreis eingerechnet werden. Möglich ist jedoch weiterhin ein klarstellender Hinweis, dass im Gesamtpreis ein Pfandbetrag enthalten ist.

Update: Der HDE weist jedoch darauf hin, dass andere Gerichte diese Frage bereits anders entschieden haben (OLG Dresden, Urt. v. 17.9.2019 – 14 U 807/19; LG Leipzig, Urt. v. 29.3.2019 – 1 HK O 325/19; LG Bonn, Urt. v. 3.7.2019 – 12 O 85/18). Danach sei das Pfand kein Bestandteil des Gesamtpreises.

Über Dr. Carsten Föhlisch

Rechtsanwalt und E-Commerce Rechtsexperte seit 2000. Lehrbeauftragter Universität Münster, zahlreiche Fachveröffentlichungen, u. a. im Verlag C.H. Beck und F.A.Z., mehrmals Sachverständiger im Deutschen Bundestag. Promotion mit dem Thema “Das Widerrufsrecht im Onlinehandel” bei Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster.

Achtung: Änderungen bei Energiekennzeichnung von Leuchten ab dem 25.12.2019

Von Dr. Carsten Föhlisch – Bisher mussten Händler bei einem Angebot für Leuchten das Etikett beifügen und in der Werbung die entsprechende Energieeffizienzklasse und das Spektrum der auf dem Etikett verfügbaren Effizienzklassen angeben. Diese Pflicht wird zum 25.12.2019 durch die neue delegierte VO (EU) 2019/2015 aufgehoben. Wir bringen Sie auf den neuesten Stand.

Im März hatte die Europäische Kommission neue Vorschriften zur Kennzeichnung der Energieeffizienzklasse bestimmter Produkte erlassen, die neue Energielabels vorsehen und grundsätzlich ab 2021 gelten. Die Vorschriften wurden jetzt im Amtsblatt der EU (ABl. 2019 L 315) veröffentlicht.

Hintergrund

Bereits seit dem 1. August 2018 gilt die VO (EU) Nr. 2017/1369. Durch sie wurde die Europäische Kommission ermächtigt, neue Delegierte Rechtsakte für die Energieverbrauchskennzeichnung bestimmter Elektrogeräte zu erlassen. Bisher gibt es je nach Produktgruppe noch unterschiedliche Skalen, bei denen die oberste Klasse von A bis A+++ reichen kann. Zukünftig soll eine einheitliche Skala eingeführt werden, deren Energieeffizienzklassen von A bis G reicht.

Wegfall der Kennzeichnungspflicht

Künftig regelt die delegierte VO (EU) 2019/2015 die Kennzeichnung von Lichtquellen. Sie gilt ab dem 1. September 2021 und hebt zu diesem Zeitpunkt die bis dahin bestehende delegierte VO (EU) 874/2012 auf – mit einer Ausnahme: nach Art. 9 der neuen Verordnung werden die bisherigen Kennzeichnungspflichten nach Art. 3 Abs. 2 für Lieferanten und nach Art. 4 Abs. 2 für Händler bereits zum 25. Dezember 2019 aufgehoben. Damit entfällt die Kennzeichnungspflicht des Energieverbrauchs für Leuchten in der Werbung und die Pflicht zur Darstellung des Etiketts ab diesem Zeitpunkt.

Für Lampen besteht diese Pflicht jedoch fort.

Pflicht zum Entfernen?

Noch nicht abschließend geklärt ist jedoch, ob die bisherigen Kennzeichnungen zu diesem Zeitpunkt entfernt werden müssen, denn Übergangsregeln sind nicht vorgesehen. Eine entsprechende Mitteilung der Europäischen Kommission hierzu, wie es sie auch zur Nichtigkeit der delegierten VO (EU) 665/2013 zur Kennzeichnung von Staubsaugern gab (2019/C 96/08), gibt es aktuell nicht. Jedoch kann auch der Wegfall einer Informationspflicht nicht mit einer Nichtigkeit der Verordnung gleichgesetzt werden.

Allerdings ist es Händlern nach Art. 6 d) VO (EU) 2017/1369 untersagt, für Produkte, die nicht von delegierten Rechtsakten erfasst werden, Etiketten zu liefern oder auszustellen, die die in dieser Verordnung oder den einschlägigen Rechtsakten vorgesehenen Etiketten nachbilden. Ob die Weiterverwendung der Etiketten unter dieses Verbot fällt, ist jedoch unklar, denn die neue delegierte Verordnung hebt lediglich die Pflicht zur Kennzeichnung au . Das Etikett selbst, wie es für Leuchten in Anhang I Abschnitt 2 der delegierten VO (EU) Nr. 874/2012 vorgesehen ist, ist jedoch nach wie vor in Kraft.

Auch wenn die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher eher gering ausfallen dürfte, sollte die Kennzeichnung aus dem Onlineshop sicherheitshalber entfernt werden.

So sieht es auch „Lightning Europe“, die von der EU gegründete Interessenvertretung der Beleuchtungsindustrie in ihrem Leitfaden:

Therefore, LightingEurope strongly advises dealers and retailers to stop using the luminaire label, both at the point of sale and on online markets. This change is in line with the end of the obligation required by Regulation (EU) No 874/2012, Art. 4(2), which itself has been repealed.

Zudem geht „Lightning Europe“ auch ohne Übergangsvorschriften davon aus, dass der Vertrieb bereits in Verkehr gebrachter Leuchten weiterhin möglich ist, trotz der Kennzeichnung auf der Verpackung der Leuchte.

Even though the energy label for luminaires is no longer required, some products already placed on the market may have such a label printed on the box. However, as the label is not illegal (only no longer required), the package does not need to be removed from the market.

Fazit

Ab dem 25. Dezember 2019 entfällt die Kennzeichnungspflicht des Energieverbrauchs für Leuchten. Auch wenn die Gefahr einer Irreführung der Verbraucher eher gering ausfallen mag, sollte aus Gründen der Rechtssicherheit die Kennzeichnung ab diesem Zeitpunkt aus dem Onlineshop entfernt werden. Bis dahin ist sie jedoch verpflichtend. Übergangsvorschriften sind nicht vorgesehen. Was die handwerkliche Qualität der EU-Gesetzgebung angeht, sehen wir noch Luft nach oben.

Über Dr. Carsten Föhlisch

Rechtsanwalt und E-Commerce Rechtsexperte seit 2000. Lehrbeauftragter Universität Münster, zahlreiche Fachveröffentlichungen, u. a. im Verlag C.H. Beck und F.A.Z., mehrmals Sachverständiger im Deutschen Bundestag. Promotion mit dem Thema “Das Widerrufsrecht im Onlinehandel” bei Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster.

Newsletter für E-Zigaretten unzulässig oder doch nicht?

Von Dr. Carsten Föhlisch. Das OLG Koblenz hatte im August 2019 darüber zu entscheiden, ob der Versand von Newslettern für E-Zigaretten und Tabakerzeugnisse zulässig sei oder nicht. Die Richter kamen zu dem Entschluss, dass es grundsätzlich unzulässig sei, diese Art von Werbung zu versenden, jedoch gibt es eine Ausnahme. Aber lest selbst.

Werbung für E-Zigaretten und Tabakprodukte ist durch den Gesetzgeber stark reguliert. Das OLG Koblenz (Urt. v. 14.8.2019 – 9 U 825/19) entschied nun, dass ein Newsletter, der durch Anmeldung auf der Website bestellt werden kann, sich an eine breite Öffentlichkeit richte und damit gegen § 19 TabakerzG verstoße. Newsletter an Bestandskunden i. R. d. § 7 Abs. 3 UWG seien jedoch möglich.

Die Beklagte betreibt einen Onlineshop für E-Zigaretten. Sie verschickte einen Newsletter, in dem für E-Zigaretten und nikotinhaltige Produkte geworben wurde. Der Kläger, ein Wettbewerbsverein, sah hierin einen Verstoß gegen § 19 Abs. 3 TabakerzG und verlangte Unterlassung.

Verbot nach § 19 TabakerzG

§ 19 Abs. 2, 3 TabakerzG enthalten folgende Regelung:

(1) Es ist verboten, für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. Abweichend von Satz 1 darf in einer gedruckten Veröffentlichung geworben werden,

1. die ausschließlich für im Handel mit Tabakerzeugnissen oder elektronischen Zigaretten oder Nachfüllbehältern tätige Personen bestimmt ist,

2. die in einem Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, gedruckt und herausgegeben wird, sofern diese Veröffentlichung nicht hauptsächlich für den Markt in der Europäischen Union bestimmt ist.

(3) Absatz 2 gilt für die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft entsprechend.

Newsletter ist Dienst der Informationsgesellschaft

Das Gericht stellte zunächst klar, dass es sich bei einem Newsletter um solch einen Dienst der Informationsgesellschaft handle.

Dabei handelt es sich um eine in bestimmter Weise elektronisch erbrachte Dienstleistung. Der Begriff „Dienstleistung“ impliziert, dass es sich um Leistungen handelt, die normalerweise gegen Entgelt erbracht werden. Allerdings können nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auch Leistungen wirtschaftlicher Art, die unentgeltlich erbracht werden, ein Dienst der Informationsgesellschaft sein, weil die Vergütung für einen Dienst, den ein Anbieter im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit erbringt, in den Verkaufspreis von Gütern und Dienstleistungen einbezogen werden kann. In diesem Sinne kann Onlinewerbung einen Dienst der Informationgsgesellschaft im Sinne der Richtlinie 2000 / 31 / EG darstellen (BGH, GRUR 2017, 1273). Auch ein per E-Mail übersandter Newsletter kann ein solcher Dienst sein (Kiontke, GRUR-Prax 2017, 567).

Kein Verstoß bei Werbung an Bestandskunden

Das Verbot setze voraus, dass sich die Werbung an eine breite Öffentlichkeit richte, so z. B. wenn der Newsletter durch Anmeldung auf der Website bestellt werden könne. Das war vorliegend der Fall. Das Gericht betonte jedoch, dass die Werbung zulässig sei, wenn der Newsletter nur an Bestandskunden i. R. d. § 7 Abs. 3 UWG verschickt werde, die sich nicht für seinen Bezug angemeldet haben, denn in diesem Fall richte sie sich nur an einen begrenzten Personenkreis und nicht an eine „breite Öffentlichkeit“.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es für die Entscheidung unerheblich, dass im Zeitpunkt des Versendens des E-Mail-Newsletters der Adressatenkreis feststeht. Streitgegenständlich ist nämlich nicht lediglich das Versenden von Newslettern, sondern die Werbung in E-Mail-Newslettern. Bei der Prüfung der Frage, ob der Verbotsbereich des § 19 Abs. 3 TabakerzG betroffen ist, kommt es darauf an, ob der Newsletter sich in dem Sinne an eine breite Öffentlichkeit wendet, das sein Bezug für einen unbeschränkten Personenkreis möglich ist. Dies ist vorliegend der Fall, soweit der Newsletter durch Anmeldung auf der Website des Onlineshops bezogen werden kann. Insoweit richtet sich der Newsletter an alle volljährigen Interessenten und damit an den vollständigen potenziellen Kundenkreis der Beklagten. Eine Werbung richtet sich auch dann an eine breite Öffentlichkeit, wenn nicht alle Nutzungsberechtigten davon Gebrauch machen, sich den angebotenen Zugang konkret zu erschließen. Die Tatsache, dass sich der Interessent registrieren muss, schränkt das Merkmal der breiten Öffentlichkeit in keiner Weise ein (OLG Hamburg, GRUR-RR 2008, 318). Auch der Bundesgerichtshof geht davon aus, dass Abonnenten einer Zeitschrift als breite Öffentlichkeit anzusehen sind (BGH, GRUR 2011, 631).

Mit der Werbung durch den E-Mail-Newsletter, soweit dieser durch eine Anmeldung bestellt werden konnte, verstieß die Beklagte gegen § 19 TabakerzG. Hierbei handle es sich um eine Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3a UWG. Das Gericht verurteilte die Beklagte damit zur Unterlassung.

Über Dr. Carsten Föhlisch

Rechtsanwalt und E-Commerce-Rechtsexperte seit 2000. Lehrbeauftragter Universität Münster, zahlreiche Fachveröffentlichungen, u. a. im Verlag C.H. Beck und F.A.Z., mehrmals Sachverständiger im Deutschen Bundestag. Promotion mit dem Thema “Das Widerrufsrecht im Onlinehandel” bei Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster.

OLG-Urteil: Grundpreispflicht bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform

Von Dr. Carsten Föhlisch. Müssen bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform Grundpreise angegeben werden? Nein, urteilte zuletzt das OLG Celle. Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 15.8.2019 – 15 U 55/19) hat diese Frage nun anders entschieden – die Angabe des Grundpreises nach § 2 Preisangabenverordnung sei erforderlich. Es handle sich um Produkte, die nach Gewicht angeboten werden.

Ein Händler hatte über seinen Onlineshop Nahrungsergänzungsmittel in Kapselform angeboten, ohne den Grundpreis anzugeben. Es handelte sich um Aminosäureprodukte, die als Kapseln zu je 30 Stück in einer Verpackung verkauft wurden. Der Kläger sah hierin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung und verlangte Unterlassung. Dem folgte das LG Wuppertal nicht. Hiergegen legte der Kläger Berufung ein.

Das OLG Düsseldorf entschied, dass der Beklagte gegen § 2 Abs. 1 PAngV verstoßen habe, indem er keinen Grundpreis angegeben hat.

Angebot nach Gewicht

Bei dem Produkt handle es sich um eine Fertigverpackung, die nach Gewicht angeboten werde. Hierfür sei nicht die Gewichtsangabe auf der Verpackung entscheidend. Vielmehr folge das Angebot nach Gewicht aus einer spezialgesetzlichen Pflicht zur Angabe der Füllmenge des Nahrungsergänzungsmittels.

Dementsprechend ist der Grundpreis immer dann anzugeben, wenn eine Angabe zur Füllmenge der in einer Verkaufseinheit angebotenen Ware gemacht werden muss. Besteht eine dahingehende spezialgesetzliche Pflicht, wird die Ware folglich im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 PAngV nach Gewicht angeboten. Eine etwaige Umgehung einer bestehenden Kennzeichnungspflicht lässt die Verpflichtung zur Angabe eines Grundpreises nicht entfallen […]. Wird die Ware beispielsweise nach Stückzahl (der Verpackungen) angeboten, obwohl nach spezialgesetzlichen Vorschriften die Füllmenge der Verpackungen angegeben werden muss, kann dadurch nicht die Grundpreisangabe vermieden werden.

Das mit der angegriffenen Werbung gemäß Anlage AST 1 beworbene sowie angebotene Aminosäurenprodukt ist ein Nahrungsergänzungsmittel im Sinne des § 1 NemV und damit unstreitig ein Lebensmittel. Als Lebensmittel darf es aufgrund einer gesetzlichen Kennzeichnungspflicht nur unter Angabe der Füllmenge nach Gewicht angeboten und beworben werden.

Ob diese Pflicht aus §§ 6, 7 FpackV oder Art. 23 Abs. 3 i.V.m. Anh. X LMIV erwachse, sei vorliegend nicht entscheidend, da nach beiden Vorschriften andere als flüssige Lebensmittel nach Gewicht bzw. deren Nettofüllmenge nach Gewicht zu kennzeichnen seien.

Ausnahme greift nicht

Eine Ausnahme von dieser Pflicht enthält jedoch Anhang IX Nr. 1 c) LMIV. Danach ist die Angabe der Nettofüllmenge nicht verpflichtend bei Lebensmitteln, die normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht werden, sofern die Stückzahl von außen leicht zu sehen und einfach zu zählen ist oder anderenfalls in der Kennzeichnung angegeben ist. Die Beklagte vertrat die Ansicht, die angebotenen Kapseln würden hiervon erfasst, da sie unzerkaut vom Verbraucher geschluckt werden und für diese allein die Verzehrempfehlung von Bedeutung sei, nicht hingegen das Gesamtgewicht aller Kapseln.

Dies sah das Gericht jedoch anders:

Erfasst sind „stückige“ Produkte wie Obst und Gemüse, Eier, aber auch Backwaren, mithin Produkte, bei denen aus Sicht der Verbraucher das Stück die „natürliche“ Mengeneinheit bildet. […] Die Sichtweise der Verfügungsbeklagten verengt den Begriff des Lebensmittels von vornherein auf die/eine bestimmte Darreichungsform des Lebensmittels. Dafür bietet Nr. 1c des Anhangs IX jedoch weder einen Anhaltspunkt noch einen Anlass. In der Norm heißt es: „Die Angabe der Nettofüllmenge ist nicht verpflichtend bei Lebensmitteln, […]“. Klarer Anknüpfungspunkt für die Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht ist demnach „das“ Lebensmittel, nicht hingegen seine (vom Hersteller frei wählbare) Darreichungsform. Diese wird nicht als Kriterium erwähnt und es ist auch nicht ersichtlich, weshalb darauf abgestellt werden sollte. […]

Ferner würde die genannte Sichtweise letztlich dazu führen, dass bei Lebensmitteln, die in verschiedenen Darreichungsformen angeboten und vertrieben werden, von unterschiedlichen Lebensmitteln im Sinne der Nr. 1c des Anhangs IX auszugehen wäre, obwohl das Lebensmittel als solches bzw. inhaltlich identisch ist. Für die eine Form (bezogen auf ein Nahrungsergänzungsmittel, z. B. Pulver, Liquid) wäre die Nettofüllmenge anzugeben, während dies für die andere Form (bezogen auf ein Nahrungsergänzungsmittel, z. B. Kapsel, Tablette) nicht notwendig wäre.

Grundpreis dient der Preisklarheit

Die Beklagte versuchte sich mit dem Argument zu verteidigen, dass die Angabe des Grundpreises keinen Vorteil für den Verbraucher habe, da dieser in keiner Beziehung zu dem enthaltenen Wirkstoff stehe, weshalb aus einem Vergleich von Grundpreisen kein Vergleich der Wirkstoffe erreicht werde. Für den Verbraucher sei daher nur die tägliche Verzehrempfehlung von Interesse. Dem folgte das Gericht nicht. Diese beiden Pflichten bestehen vielmehr nebeneinander. Der Vergleich der Wirkstoffe verschiedener Nahrungsergänzungsmittel sei nicht Gegenstand von § 2 Abs. 1 PAngV.

§ 4 Abs. 2 Nr. 2 NemV statuiert zwar die Pflicht, auf der Verpackung eines Nahrungsergänzungsmittels die empfohlene tägliche Verzehrmenge in Portionen des Erzeugnisses anzugeben. Die Angabe der Verzehrmenge darf sich hiernach also nicht auf das Gewicht oder das Volumen des Gesamterzeugnisses beziehen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass damit die Pflicht zur Grundpreisangabe obsolet bzw. aufgehoben würde. Die Pflicht gem. § 2 Abs. 1 PAngV steht vielmehr unabhängig neben der Kennzeichnungspflicht nach der NemV, die im Übrigen für alle Darreichungsformen gilt mit der Folge, dass das von der Verfügungsbeklagten behauptete vermeintliche Interesse des Verbrauchers an sich für sämtliche Produktformen bestehen müsste. Die beiden Pflichten dienen unterschiedlichen (Verbraucherschutz-)Zwecken: Während die Pflicht zur Angabe des Grundpreises der Preisklarheit dient, sollen mit Hilfe der Verzehrmengenangabe Mindest- und Höchstmengen für einen bestimmten Zeitraum fixiert werden. Folglich ersetzt die eine Vorschrift nicht die andere und die Pflicht zur Angabe des Grundpreises bleibt von der Pflicht zur Angabe der Verzehrmenge unberührt und umgekehrt.

Wesentliches Kriterium für die Kaufentscheidung

Dieser Verstoß der Beklagten sei geeignet, die Interessen der Verbraucher spürbar zu beeinträchtigen. Preisvergleiche seien für Verbraucher trotz unterschiedlicher Einnahmezwecke und Aminosäureprofile verschiedener Produkte möglich.

Mittels dieses Grundpreises kann der Verbraucher das Preis-Mengen-Verhältnis erkennen und ohne Schwierigkeiten einen Preisvergleich vornehmen. Der Preis eines Produktes ist ein wesentliches Kriterium, das die Kaufentscheidung beeinflussen und den Verbraucher zu einer anderen Kaufentscheidung veranlassen kann. […] Ein im Interesse der Preisklarheit leichter Preisvergleich kann des Weiteren bezüglich anderer Aminosäurenkapseln anderer Anbieter vorgenommen werden. […] Die Angabe des Grundpreises nach Gewicht ist folglich ein sinnvolles Kriterium für den Verbraucher, um nachvollziehen zu können, ob ein Aminosäuren(Kapsel)-Produkt preisgünstig oder teurer ist. Gleiches gilt bezüglich der Aminosäurenprodukte, die in einer anderen Darreichungs- oder Verpackungsform angeboten werden. Anhand eines Grundpreises bezogen auf das Gewicht ist insbesondere ein Vergleich des angebotenen und beworbenen Kapselproduktes mit Produkten möglich, die als Pulver – unter Nennung des Gewichts und somit auch unter Nennung des Grundpreises – in den Verkehr gebracht werden.

Fazit

Das Urteil des OLG Düsseldorf ist innerhalb kurzer Zeit die zweite Entscheidung zu der umstrittenen Frage, ob bei Nahrungsergänzungsmitteln in Kapselform ein Grundpreis anzugeben ist. Die Frage, ob solche Nahrungsergänzungsmittel normalerweise nach Stückzahl in den Verkehr gebracht werden, hat zuletzt das OLG Celle noch anders beantwortet und entschied, dass kapselförmige Nahrungsergänzungsmittel von der Ausnahme in Anhang IX Nr. 1 c) LMIV erfasst werden. Wünschenswert wäre eine ausdrückliche Regelung in der LMIV für eine solche Sonderkonstellation gewesen. Bis zu einer endgültigen Klärung empfehlen wir, einen Grundpreis anzugeben.

Über Dr. Carsten Föhlisch

Rechtsanwalt und E-Commerce Rechtsexperte seit 2000. Lehrbeauftragter Universität Münster, zahlreiche Fachveröffentlichungen, u. a. im Verlag C.H. Beck und F.A.Z., mehrmals Sachverständiger im Deutschen Bundestag. Promotion mit dem Thema “Das Widerrufsrecht im Onlinehandel” bei Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster.