Archiv des Autors: Trusted Shops

Produkt kaputt – Was nun?

Der Kunde meldet sich nur wenige Wochen nach dem Kauf im Online-Shop und teilt mit, die Ware sei mangelhaft. Er verlangt Reparatur und wünscht zudem, dass der Händler die Ware direkt an seinem Wohnort abholen oder die Reparatur dort vornehmen soll. Ein Rückversand sei nach Meinung des Kunden ausgeschlossen. Müssen Online-Händler diesem Verlangen in jedem Fall nachkommen bzw. worauf kommt es wirklich an?

Das sagt der BGH

Als oberstes deutsches Zivilgericht versuchte der Bundesgerichtshof (BGH) bisher, einen differenzierten Lösungsansatz durchzusetzen. Bei der Frage des Nacherfüllungsorts komme es immer auf die Umstände des konkreten Einzelfalls an, sofern keine explizite und individuelle Vereinbarung zwischen den Parteien vorhanden ist.

So sei bei Geschäften des täglichen Lebens, beispielsweise beim Kauf im Ladengeschäft zu erwarten, dass die Kunden ihre Reklamationen regelmäßig unter Vorlage der Ware am Verkäufersitz vorbringen.

Gleiches soll für den Fall gelten, dass technisch aufwändige Diagnose- oder Reparaturarbeiten des Verkäufers erforderlich sind, wie z. B. beim Fahrzeugkauf. Diese könnten wegen der materiellen und personellen Möglichkeiten sinnvoll nur am Betriebsort des Händlers vorgenommen werden.

Anders seien Fälle zu beurteilen, in denen eine Nachbesserung an Gegenständen vorgenommen werden muss, die am Wohnsitz des Käufers als Bestimmungsort auf- oder eingebaut wurden oder wenn der Rücktransport aus anderen Gründen nicht oder nur unter erschwerten Umständen möglich ist. Hier soll – so der BGH –  die Nachbesserung am Wohnsitz des Käufers erfolgen. 

Und was sagt der Europäische Gerichtshof dazu?

Zu der Frage, wo genau der Nacherfüllungsort liegt, bzw. wenn diese Frage nicht eindeutig zu beantworten ist, nach welchen Kriterien der Ort bestimmt werden kann, musste sich zwischenzeitlich auch das höchste europäische Gericht, der Europäische Gerichtshof (EuGH) verbindlich äußern.

In dem von dem Amtsgericht Norderstedt initiierten Vorabentscheidungsverfahren ging es um ein fünf mal sechs Meter großes Zelt, das sich als mangelhaft erwies. Der Käufer weigerte sich, die Ware zur Reparatur zurückzuschicken und verlangte vielmehr eine Nachbesserung an seinem Wohnsitz.

Der EuGH stellte zunächst fest, dass auch in der maßgeblichen europäischen Richtlinie der Nacherfüllungsort nicht näher bestimmt ist. Das EU-Recht stelle jedoch bestimmte Bedingungen für die Nacherfüllung, die der Verkäufer zu erfüllen hat.

Die Nacherfüllung muss danach unentgeltlich, innerhalb einer angemessenen Frist und ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher erfolgen.

Bei der Frage der „erheblichen Unannehmlichkeiten“ wird indes klargestellt, dass ein gewisser Zeitaufwand, der z. B. im Zusammenhang mit der Verpackung und der Rückgabe der Ware normalerweise entsteht, nicht „erheblich“ in diesem Sinne sein kann. Maßgeblich sei, dass der Verbraucher aufgrund einer höheren Belastung nicht davon abgehalten werden darf, seine gesetzlichen Gewährleistungsrechte auszuüben.

Der EuGH unterstreicht dabei, dass ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Verbrauchers und denen des Verkäufers erzielt werden muss und die wirtschaftlichen Überlegungen des Verkäufers ebenfalls mit berücksichtigt werden müssen. Bei der Bestimmung des Nacherfüllungsorts seien daher folgende Kriterien besonders wichtig:

  • Art der Ware: Ist die Ware besonders schwer, sperrig oder zerbrechlich? Sind komplexe Anforderungen bei dem Versand zu beachten?
  • Konkreter Gebrauchszweck: Musste die Ware beim Kunden etwa auf- bzw. eingebaut werden?

In diesen Fällen kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die Nacherfüllung am Wohnsitz des Käufers erfolgen muss. Anders sieht es bei kompakten Waren aus, die keine spezielle Handhabung oder besondere Transportweise erfordern, so dass die Beförderung an den Geschäftssitz des Verkäufers keine erhebliche Unannehmlichkeit für den Verbraucher bedeuten würde.

Letztlich gelangt der EuGH zum Ergebnis, dass es eine klare Antwort auf die Frage des Nacherfüllungsorts nicht geben kann, vielmehr sind immer die Umstände des Einzelfalls entscheidend.

Wie agiere ich als Händler nun konkret in der Praxis?

Die vom EuGH – wie auch dem BGH – getroffenen Feststellungen, die die aktuelle Rechtslage zu diesem Thema abbilden, können zugegebenermaßen nicht zufriedenstellend sein, und zwar weder für Händler noch für Kunden. Denn es fehlt weiterhin an einer grundsätzlichen, klar definierten Regelung des Nacherfüllungsorts. Eine eigenständige Einschätzung entsprechend den Umständen des Einzelfalls birgt potentielle rechtliche Nachteile für beide Seiten, je nachdem wie ein Gericht in einem Streitfall letztlich entscheidet.

Unser Tipp

Wenn sich der Kunde auf einen Mangel beruft und sich weigert, das Produkt zur Einsicht und ggf. Reparatur / Neulieferung zurückzuschicken, lohnt es sich in jedem Fall zu prüfen, ob die Organisation des Rücktransports nicht ohnehin wirtschaftlich und logistisch sinnvoller erscheint.

Denn die gewählte Transportoption wird – je nach Produktart – im Zweifel günstiger ausfallen und ggf. Mehrkosten ersparen, die man im Falle eines Rückversands durch den Kunden tragen müsste.

Anti-Abmahngesetz: Experten-Anhörung im Bundestag

Von Dr. Carsten Föhlisch – Heute fand die Sachverständigenanhörung im Rechtsausschuss des Bundestages zum Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs statt, das missbräuchliche Abmahnungen bekämpfen soll. Wir waren live vor Ort und berichten, wie die Anhörung lief und wie es nun weitergeht.

Seit mehreren Jahren versuchen wir, nicht nur auf das Problem des Abmahnmissbrauchs hinzuweisen, sondern auch politisch dagegen vorzugehen. Nachdem wir an einem Verbändepapier und einem parlamentarischen Abend zum Thema mitgewirkt und vor allem zahlreichen Abmahnumfragen durchgeführt haben, legte die Bundesregierung im Juli endlich einen Gesetzentwurf zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vor.

Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages

Vor einem alternativen Entwurf der AfD-Fraktion und zwei Anträgen von FDP und Grünen, über die heute auch im Rechtsausschuss beraten wurde, gab es bereits eine erste Lesung im Bundestag und Anfragen zum Gesetzentwurf.

Heute fand nun die zugehörige Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages statt. Nicht nur wir waren etwas verwundert, dass fast ausschließlich Anwälte als Sachverständige geladen wurden, die naturgemäß einem Gesetz, das ihnen das Leben schwerer macht, krtisch gegenüberstehen. So nahmen nicht nur wir diesmal auf der Zuschauertribüne statt auf der Sachverständigenbank platz, sondern u.a. auch Vera Dietrich, die im April letzten Jahres als betroffene Händlerin eine Bundestagspetition zu Thema mit großem Erfolg gestartet hatte.

Im Verlauf der Debatte wunderte sich dann auch eine anwesende Parlaments-Abgeordnete, warum nur “Profis” als Sachverständige geladen wurde und keine betroffenen Kaufleute. Dementsprechend verlief auch die Anhörung.

Viel Gegenwind im Vorfeld

Bereits im Vorfeld wurde das Gesetz in der Anwaltschaft stark kritisiert. Insbesondere die Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz behauptete, es gebe das Problem überhaupt nicht. Wir wurden sogar persönlich angegriffen, weil unsere seit acht Jahren durchgeführte Abmahnumfrage, die in zahlreichen Stellungnahmen zitiert wurde, nicht wissenschaftlich sei.

Dies hatten wir auch nie behauptet, meinen gleichwohl, dass eine an ca. 60.000 Online-Händler gerichtete Umfrage, an der über 3.000 Händler teilnehmen, durchaus einen guten Eindruck zum Zustand des Abmahnunwesens liefern kann. Wir werden daher nicht müde, die Umfrage weiterhin durchzuführen, und zwar erneut mit großer Beteiligung.

Eingangsstatements der Sachverständigen

Am Anfang der Anhörung hatten die Sachverständigen Gelegenheit, ein vierminütiges Statement abzugeben, die meisten hielten diese Zeit auch ein. Hier auszugsweise die Eröffnungsaussagen der Experten:

Die Sachverständige Rechtsanwältin Nina Diercks betonte, es gebe keine DSGVO-Abmahnwelle. Daher sei es nicht nötig, einen besonderen Schutz gegen solche Abmahnungen einzuführen.

Dr. Martin Fries vom Max-Pack-Institut betonte, es sei richtiger, materielle Infrmationspfichten zu reduzieren statt die Rechtsverfolgung durch Abmahnungen einzuschränken.

Rechtsanwalt Dr. Martin Jaschinkski vertrat die Ansicht, Wettbewerbsrecht sei Verbraucherschutzrecht und habe sich bewährt. Eine Einschränkung gefährde den Verbraucherschutz.

Prof. Dr. Köhler sahe keine Notwendigkeit, DSGVO-Abmahnungen auszuschließen, da diese ohnehin nicht denkbar seien. Er schlug ein zentrals Melderegister für Abmahnungen vor.

Für Dr. Ottmar Lell vom vzbv sind die vorgeschlagegen Neuregelungen zur Klagebefugnis insgesamt ausgewogen. Das Gesetz sei richtig, da das grundsätzliche bewährte Abmahnwesen durch wenige Akteure in Verruf geraten sei.

Dr. Peter J. Schröder vom HDE meinte, der Gesetzentwurf sei ein großer Schritt nach vorn, der endlich Eindämmung des Abmahnunwesens bringe. Die Maßnahmen seien geeignet, insbesondere die Einschränkung des fliehenden Gerichtsstandes. Es handele sich um einen überfälligen Durchbruch nach zehnjähriger Debatte. Dr. Schröder war der einzige Sachverständige, der sich energisch für ein Gesetz gegen Abmahnmissbrauch einsetzte.

Rechtsanwalt Steinhoefel, der von der AfD benannt wurde und als schillernde Persönlichkeit als MediaMarkt Anwalt und Werbefigur bekannt ist, vertrat die Ansicht, der Entwurf verfehle das gesetzgeberische Ziel. Es gebe keine seriöse Datengrundlage, der Entwurf beruht auf Mutmaßungen und Spekulationen. Vielmehr gebe es offenbar ein Vollzugsdefizit im Onlinehandel, weil Vorschriften massenhaft nicht eingehalten werden. Der Verbraucherschutz sei durch das Gesetz gefährdet.

Auch nach Ansicht der Sachverstädigen Selonke (VSW) und RA Dr. Timmann sei ein Gesetz nicht nötig und erschwere die Rechtsdurchsetzung über Gebühr.

Diskussion um fliegenden Gerichtsstand und DSGVO

Im Anschluss stellten die Abgeordneten den Sachverständigen ihre Fragen. Dabei ging es bemerkenswert oft um den fliegenden Gerichtsstand und DSGVO-Verstöße. Aus meiner Sicht eher politische Themen als solche mit praktischer Relevanz bei der Bekämpfung des Abmahnunwesens.

Der fliegende Gerichtsstand sollte m.E. nicht angetastet werden, weil diese Maßnahme nur ein Tropfen auf den heißen Stein im Kampf gegen Missbrauch ist, jedeoch dazu führen würde, dass sich unkundige Gerichte häufiger mit Wettbewerbsrecht befassen müssten, was zu längeren und teureren Prozessen führen würde.

Eine DSGVO-Abmahnwelle gibt es nicht, daher muss dazu nichts geregelt werden. Das Thema scheint aber insbesondere zwischen SPD und CSU zum Politikum geworden zu sein.

Vielleicht sollte man diese Themen aus dem Gesetzentwurf ausklammern, um zu einem Konsens zu finden. Ob dieser hinsichtlich der übrigen Punkte vorhanden ist, war jedoch unklar, da die Themen Gerichtsstand und DSGVO zu viel Raum einnahmen.

Berechtigte Kritik

Zu Detailfragen kam auch durchaus berechtigte Kritik. So wies der VSW darauf hin, dass die Verfolgung verbraucherrelevanter Verstöße wie irreführende Aussagen zu Heilmitteln in Fernsehwerbespots sehr viel schwerer würde. Auch würden seriösen Verbänden zahlreiche bürokratische Pflichten auferlegt.

Dr. Schröder vom setzte “große Hoffnung” in die Regelung, dass Abmahnvereine sich überwiegend aus Mitgliedsbeiträgen und nicht Abmahngebühren und Vertragsstrafen finanzieren sollten, wies aber zugleich darauf hin, dass der fragwürdige IDO Verband möglicherweise auf die Liste der legitimierten Verbände eingetragen würde. Dieser Verband hatte laut der Trusted Shops Umfrage von 2018 mehr als die Hälfte aller Abmahnungen ausgesprochen, und zwar auf durchaus fragwürdige Art und Weise.

Rechtsanwalt Steinhöfel schlug vor, zunächst repräsentative Zahle zu Abmahnungen zu erheben, z.B. bei den spezialisierten Gerichten und sich dann in einem Jahr nochmal zu dem Gesetz zu treffen.

Wie geht es weiter?

Der Bundestag wird wohl noch dieses Jahr über den Gesetzentwurf abstimmen. Bei dem kontroversen Meinungsstand ist jedoch unklar, mit welchem Inhalt genau. Nachbesserungen werden insbesondere beim fliegenden Gerichtsstand, dem DSGVO-Thema, aber auch den neuen Missbrauchs-Vermutungsregeln und der Kostenerstattungspflicht gefordert.

Möglicherweise wird auch gar kein Gesetz kommen, wenn sich die Politik nicht einigen kann. Oder aber Verbände wie der IDO können mit staatlicher Legitimation ihr Unwesen weiter treiben. Das wäre angesichts der wirtschaftlichen Schäden, die das Abmahnunwesen verursacht, sehr bedauerlich. Wir halten Sie informiert.

Über Dr. Carsten Föhlisch

Rechtsanwalt und E-Commerce Rechtsexperte seit 2000. Lehrbeauftragter Universität Münster, zahlreiche Fachveröffentlichungen, u.a. im Verlag C.H. Beck und F.A.Z., mehrmals Sachverständiger im Deutschen Bundestag. Promotion mit dem Thema “Das Widerrufsrecht im Onlinehandel” bei Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster.

Grundpreise im Online-Shop? Hähhh?

Grundpreisangaben kennen wir alle aus dem Supermarkt oder aus dem Werbeprospekt, sei es nun von Cola, Gummibärchen oder Joghurt. Häufig bringen wir Grundpreisangaben mit Lebensmitteln in Verbindung, doch diese Verpflichtung erfasst viele weitere Produktkategorien.

Die Pflicht besteht neben dem Einzelhandel auch für Online-Shops. Fehlt folglich eine Grundpreisangabe oder ist sie fehlerhaft, drohen oft teure Abmahnungen. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie als Online-Händler achten müssen.

Das sagt der Gesetzgeber

Die Verpflichtung zur Grundpreisangabe ergibt sich aus der Preisangabenverordnung (§ 2 Abs. 1. S. 1 PAngV):

“Wer Letztverbrauchern […] Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises […] anzugeben.”

Dadurch soll der Verbraucher die Möglichkeit eines mengenunabhängigen und transparenteren Preisvergleiches bekommen.

Verpflichtende Angabe des Grundpreises

Der Grundpreis bezeichnet also den anzugebenden Preis je Mengeneinheit und erfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte. Die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises ist nicht auf ein bestimmtes Produktsortiment beschränkt und gilt unter anderem für:

  • Lebensmittel (Flasche Fruchtsaft, Packung loser Tee, Tüte Weingummi)
  • Drogerieprodukte (Sonnencreme, Zahnpasta, Gleitgel)
  • Bodenbeläge (Fliesen, Parkett)
  • Gartenbedarf (Sack Erde, Paket Dünger)
  • Bastelbedarf (Tube Kleber, Packung Knete)
  • Nähbedarf (Borte, Stoff)

Erst kürzlich entschied der Bundesgerichtshof, dass auch Kaffeekapseln grundpreispflichtig sind (Gewicht des Kaffeepulvers). Mehr dazu hier.

Die Grundpreisangabe trifft damit sowohl einen Online-Handel, der Feinkost anbietet wie auch den Mechaniker-Shop, der Motorenöl verkauft.

So wählen Sie die richtige Maßeinheit

Die Mengeneinheit für den Grundpreis ist gemäß § 2 Abs. 3 PAngV jeweils in 1 Kilogramm, 1 Liter, 1 Kubikmeter, 1 Meter oder 1 Quadratmeter anzugeben. Nur bei Waren, deren Nenngewicht oder –volumen 250 g/ml üblicherweise nicht übersteigt, dürfen Sie als Mengeneinheit einen Grundpreis von 100 g/ml angeben.

Beispiel: Bei dem Verkauf 2 kg Süßigkeiten ist die korrekte Mengeneinheit somit 1 kg, während bei 200 g auch eine Mengeneinheit von 100 g gewählt werden kann. Ein Grundpreis wird niemals „je Stück“ angegeben.

Keine Regel ohne Ausnahmen

Einige Produkte sind jedoch von der Pflichtangabe des Grundpreises ausgenommen. Dies umfasst etwa Waren mit weniger als 10 g/ml oder bestimmte kosmetische Mittel wie z. B. Lippenstift oder Nagellack. Des Weiteren können Sie auf die Angabe eines Grundpreises verzichten, wenn Grundpreis und Endpreis identisch sind.

Beispiel: Wird also eine 1 l Flasche Olivenöl für 5,00 € angeboten, ist keine zusätzliche Angabe des Grundpreises von 5 €/ l l erforderlich.

Was ist mit Warensets?

Weihnachten rückt immer näher und Geschenksets werden sicherlich auch dieses Jahr wieder Kassenschlager sein. Doch wie können Sie einen Grundpreis angeben, wenn neben dem Tee auch Kandis und eine Tasse Teil des Angebots sind?

Die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises entfällt gemäß § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV bei Waren, die „verschiedenartige Erzeugnisse enthalten, die nicht miteinander vermengt oder vermischt sind“. Hierunter kann beispielsweise das Angebot einer Flasche Wein zusammen mit Pralinen als Set fallen. Der BGH äußert sich hierzu klar (Urteil v. 28.06.2012, IZR 110/11):

 “Für solche zusammengesetzten Angebote – beispielsweise für ein Gebinde aus einer Flasche Wein und einer Käse- oder Schinkenspezialität – muss kein Grundpreis angegeben werden, obwohl für jedes von dem Angebot umfasste Erzeugnis bei gesonderter Abgabe der Grundpreis nach § 2 Abs. 1 PAngV genannt werden müsste.”

Die Ausnahme von der Grundpreispflicht greift jedoch nicht, wenn es sich bei dem einen Produkt um eine untergeordnete Beigabe handelt. Dies ist dann gegeben, wenn ein Erzeugnis im Vergleich zu den anderen in der Verpackung enthaltenen Erzeugnissen im Wert überwiegt, wie z. B. bei einem Paket Waschmittel mit einem Probetütchen Weichspüler (vgl. BR-Drs. 180/00 S. 32).

Auch muss es sich um verschiedenartige Produkte handeln. Handelt es sich um sehr ähnliche Produkt, kann auch bei Warensets eine Grundpreispflicht bestehen. Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei Kabelschläuchen mit unterschiedlicher Materialstärke und Durchmesser oder mehreren Farbtuben mit unterschiedlichen Farben nicht um verschiedenartige Produkte (LG Koblenz, Urteil v. 31.01.2017, 1 HK O 93/16; LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 10.03.2017, 4 HK O 7319/16).

Folglich sind auch Vorteilssets oder Bonuspacks, in denen die gleichen Produkte in einem Bündel günstiger zu erwerben sind nicht von der Grundpreispflicht befreit.

Wo muss der Grundpreis hin?

Die Grundpreisangabe müssen Sie nach der PAngV in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises platzieren. Hierzu hat der BGH 2009 entschieden, dass dies voraussetzt, dass der Verbraucher beide Preise auf einen Blick wahrnehmen kann (BGH, Urteil v. 26.2.2009, I ZR 163/06 – Dr. Clauder’s Hufpflege).

Die zugrunde liegende Preisangaben-Richtlinie der EU bestimmt hierzu, dass der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein müssen. Das Erfordernis der unmittelbaren Nähe stellt also eine darüber hinausgehende Regelung dar.

Seit Juni 2013 gelten die abschließenden Regeln der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken, strengere Regeln der einzelnen Mitgliedstaaten dürfen nicht mehr angewendet werden. Hieraus folgt nach Ansicht von Literatur und Rechtsprechung, dass auch eine unmittelbare Nähe des Grundpreises zum Gesamtpreis nicht mehr gefordert werden kann. Dies bestätigten erst kürzlich das LG Hamburg und das LG Oldenburg.

Höchstrichterliche Rechtsprechung gibt es bislang allerdings nicht. Wer auf der sicheren Seite sein möchte, sollte daher wie bisher die Grundpreise in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises angeben.

Grundpreise auch in der Werbung angeben

Als Online-Händler sollten Sie darauf achten, dass Sie den Grundpreis nicht nur auf der Produktseite angeben, sondern immer dann, wenn Sie Waren gegenüber Letztverbrauchern unter der Angabe von Preisen bewerben. Dies gilt auch für Start- oder Übersichtsseiten eines Online-Shops, auf denen Sie Angebote unter Preisnennung präsentieren.

Auch der BGH entschied bereits, dass es nicht ausreicht, wenn der Verbraucher erst auf der Produktseite die Grundpreisangaben finden kann, sofern schon auf vorgeschalteten Seiten unter der Angabe von Preisen geworben wird (BGH, Urteil v. 26.2.2009, I ZR 163/06 – Dr. Clauder’s Hufpflege).

Achten Sie bei Google Shopping auf Grundpreise!

Ein häufiges Abmahnthema sind fehlende Grundpreise bei Google Shopping. Besteht eine Pflicht zur Grundpreisangabe, so müssen Sie einen entsprechenden Hinweis am Produkt auch bei Google Shopping anbringen. Google liest die Produktdaten aus dem Feed aus. Dieser enthält verschiedene Attribute, unter anderem auch das Attribut: „unit_pricing_measure“, welches den Grundpreis widerspiegelt.

Zudem werden teilweise Angebote von Ebay und Amazon bei Google Shopping integriert. Dies kann durchaus zu technischen Problemen führen, bei denen der Grundpreis in der Folge nicht übernommen wird. Ein Wettbewerbsverstoß liegt dennoch vor.

Unser Tipp

Fehlende oder falsche Grundpreisangaben im Sinne der PAngV stellen einen abmahnfähigen Wettbewerbsverstoß dar, zudem kommen bei Verstößen Ordnungsgelder in Höhe von bis zu 25.000 € in Betracht.

Jeder Online-Händler, der grundpreispflichtige Waren verkauft, sollte daher überprüfen, ob die Grundpreise unter Nennung der korrekten Mengeneinheit überall dort wiedergegeben werden, wo unter der Angabe von Preisen geworben wird. Überprüfen Sie Ihre gesamte Online-Präsenz, vor allem auch Google Shopping.

Verstoß gegen Transportrecht im Onlinehandel nicht wettbewerbswidrig

Stellen die Vorschriften des Europäischen Übereinkommens über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG dar? Mit dieser Frage beschäftigte sich das Landgericht Memmingen (Urt. v. 25.09.2019 – 2 HK O 866/19, nicht rechtskräftig).

Das LG Memmingen entschied nun, dass es sich beim Fehlen einer erforderlichen Kennzeichnung nach der ADR um keinen Wettbewerbsverstoß handelt.

Der Sachverhalt

Die Klägerin vertreibt über ihren eBay Shop Werkstatt- und Heimwerkerartikel. Die Beklagte betreibt ebenfalls einen eBay Shop, über den sie Produkte aus dem gleichen Warensegment vertreibt. Im Rahmen ihres Online-Handels verkaufte die Beklagte einen Kleber, ohne die Transportverpackung, mit der die bestellte Ware ausgeliefert wurde, mit dem folgenden Kennzeichen zu versehen:

Die Klägerin verlangt von der Beklagten es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr gefährliche Güter des Werkstatt- und Heimwerkerbedarfs über den Güterverkehr auf der Straße zu versenden, ohne die für die Beförderung verwendete Verpackung ordnungsgemäß mit dem obigen Kennzeichen zu versehen.

Rechtlicher Hintergrund

Das Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR) enthält Vorschriften für die Verpackung, Kennzeichnung und Dokumentation gefährlicher Güter. Des Weiteren enthält das Übereinkommen Vorgaben für den Umgang mit den gefährlichen Gütern während des Transports. Bei der Beförderung bestimmter gefährlicher Güter schreibt die ADR insbesondere vor, dass bei bestimmten Produkten die Verpackung mit dem oben dargestellten Kennzeichen zu versehen ist.

Kennzeichnung von Versandstücken

So sieht 3.4.7. der Anlage A der ADR eine Kennzeichnung von Versandstücken vor, die „begrenzte Mengen“ enthalten. In diesem Fall muss das oben dargestellte Kennzeichen leicht erkennbar und lesbar auf der Verpackung des Versandstückes sein. Onlinehändler versenden durchaus Produkte, für die spezielle Kennzeichnungspflichten nach der Anlage A der ADR gelten.

ADR stellt keine Marktverhaltensregelung dar

Nach der Entscheidung des LG Memmingen ist eine fehlende Kennzeichnung des Versandstückes nach den Vorschriften der ADR jedoch zwischen Onlinehändlern nicht wettbewerbswidrig und kann somit nicht abgemahnt werden.

Das LG Memmingen vertritt die Ansicht, dass die ADR keine Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3a UWG darstellt. Daher bestehe auch kein Unterlassungsanspruch der Klägerin aus § 8 Abs. 1, 3 Nr. 1, § 3 Abs. l. § 3a UWG i.V.m. den Regelungen der ADR.

Im Übrigen ist der Verfügungsantrag auch unbegründet, weil die ADR keine Marktverhaltensregelung i. S. v. § 3a UWG darstellt. Die Verfügungsklägerin hat daher gegen die Verfügungsbeklagte keinen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1,3 Nr. 1, §3 Abs. l. § 3a UWG i.V.m. den Regelungen des ADR. Andere Rechtsgrundlagen kommen nicht in Betracht. Insbesondere stellt ein etwaiger Verstoß gegen Regelungen ohne Marktbezug keine unlautere geschäftliche Handlung gemäß § 3 UWG dar, wenn die Handlung nicht den Tatbestand anderer spezieller wettbewerbsrechtlicher Normen gemäß §§ 4 ff. UWG verwirklicht. Ein Rechtsbruch begründet einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gemäß § 3a UWG nur, wenn die betroffene Vorschrift eine Regelung des Marktverhaltens zum Gegenstand hat.

ADR ist kein Schutzgesetz

Die Begründung des LG Memmingen ist nachvollziehbar. Das LG Memmingen vertritt die zutreffende Ansicht, dass die ADR lediglich die Sicherheit des Transportes nicht aber den Mitbewerber- oder Verbraucherschutz betrifft.

Als Marktverhalten ist die Tätigkeit auf einem Markt anzusehen, die objektiv der Förderung des Absatzes oder Bezugs dient und durch die ein Unternehmer auf Mitbewerber, Verbraucher oder sonstige Marktteilnehmer einwirkt (Köhler, aaO, § 3a Tz. 1.62). Vorschriften des Straßen- und Wegerechts stellen keine Marktverhaltensregelung dar, da sie weder den Mitbewerber noch den Verbraucherschutz, sondern der Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs dienen (Köhler, aaO Tz. 1.73). Die ADR betrifft lediglich die Sicherheit des Transports, nicht aber den Mitbewerber- oder Verbraucherschutz.

Über Rechtsanwalt Johannes Richard

Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kanzlei Richard & Kempcke. Er betreibt die Internetseite internetrecht-rostock.de und berät seit vielen Jahren Shopbetreiber und Abgemahnte.

Amazon zu Millionenstrafe verurteilt

Das Pariser Handelsgericht verurteilte am 2. September 2019 zwei Unternehmen der Amazon-Gruppe dazu, innerhalb von sechs Monaten sieben Klauseln der Allgemeinen Geschäftsbedingungen für den Marktplatz zu ändern und eine Geldstrafe von vier Millionen Euro zu zahlen.

Die Abhängigkeit der Händler von Marktplätzen ist in den letzten Jahren stark gewachsen. Durch diese Abhängigkeit entsteht das Risiko, dass die Marktplätze in einer Weise handeln, die den Händlern schaden kann. Dieses Risiko wird zusätzlich dadurch erhöht, dass Marktplätze und Händler im Wettbewerb stehen können, u.a. im Rahmen des Verkaufs eigener Produkte auf der Plattform.

In Anbetracht dieser Risiken hat die französische Wettbewerbsbehörde, die DGCCRF, in den Jahren 2015 und 2016 beschlossen, eine Ermittlung bezüglich der Praktiken auf diesen Marktplätzen durchzuführen. Amazon, das die mit Abstand größte Marktplatz-Plattform Frankreichs betreibt, ist auch Gegenstand dieser Untersuchung.

Basierend auf den Ergebnissen dieser Ermittlung erhob der Wirtschafts- und Finanzminister Bruno Le Maire im Jahr 2017 Klage gegen drei Unternehmen der Amazon-Gruppe (Amazon France Services, Amazon Payments Europe und Amazon Services Europe). Grundlage dieser Klage bildet Artikel L442-6 I des französischen Handelsgesetzbuchs. Er wirft Amazon vor, ein erhebliches Ungleichgewicht in 11 Klauseln des Vertrags, welchen Amazon und die Drittanbieter schließen, zum Nachteil der Drittanbieter geschafft zu haben.

In einem 48-seitigen Urteil analysiert das Gericht die Situation von Amazon auf dem französischen Markt und ihre Beziehungen zu den Drittanbietern, die Waren auf ihrer Plattform verkaufen.

1. Verfahrenstechnische Aspekte

Die Amazon-Gruppe besteht aus verschiedenen Unternehmen. Dazu gehören die drei Unternehmen, gegen die der Minister klagt: Amazon Services Europe (nachfolgend ASE), Amazon France Services (nachfolgend AFS) und Amazon Payments Europe (nachfolgend APE). Ein Drittanbieter muss, um Produkte auf Amazon.fr zum Verkauf anbieten zu dürfen, zwei Verträge abschließen: einen Vertrag schließt er mit ASE und den anderen mit APE. Der erste Vertrag regelt die Rechte und Pflichten des Verkäufers im Hinblick auf die Nutzung der Plattform, während der zweite die Verwaltung der Zahlungen der Kunden betrifft. Zwischen AFS und dem Drittanbieter kommt hingegen kein Vertrag zustande.

Das Gericht wies den von AFS gestellten Antrag auf Abweisung der Klage ab. Trotz des Nichtvorliegens eines Vertrages ist AFS direkt in die Beziehungen zwischen ASE und den Drittanbietern einbezogen (unter anderem für die Eröffnung und den Betrieb des Kontos der Drittanbieter). AFS ist ein kommerzieller Partner der ASE, was dazu geführt hat, dass sie Beziehungen zu Verkäufern unterhalten und sich daher an den beanstandeten Praktiken beteiligt hat.

APE hatte hierbei mehr Erfolg. Die Aktivitäten von Zahlungs- und E-Geld-Instituten (was Amazon Payments Europe ist) fallen in diesem Fall nicht in den Anwendungsbereich des Handelsgesetzbuchs, sondern unter die spezifischen Bestimmungen des Währungs- und Finanzgesetzbuches, welche Vorrang haben. Der zwischen APE und den Drittanbietern geschlossene Vertrag fällt nicht in den Anwendungsbereich von Artikel L442-6 I ° des französischen Handelsgesetzbuches, auf dessen Grundlage die Klage erhoben wird.

Die Klage richtet sich daher nunmehr gegen AFS und ASE. Aufgrund der Übersichtlichkeit wird im weiteren Verlauf des Artikels die Bezeichnung „Amazon“ für diese Unternehmen verwendet.

Daraufhin musste überprüft werden, ob überhaupt eine Zuständigkeit des französischen Gerichts vorliegt. Dies sei laut Amazon aufgrund einer Vertragsklausel, die die Zuständigkeit Luxemburgs festlegte, nicht der Fall.

Das Gericht erklärte das französische Recht aus zwei Gründen für anwendbar:

  • Zuständigkeit im Rahmen eines Deliktsverfahrens auf Grund des Ort des Schadens. Der Ort des Schadens liegt überwiegend in Frankreich, weil die in Frankreich ansässigen Drittanbieter Opfer der beanstandeten Klauseln sind.
  • Zuständigkeit aufgrund des räumlichen Anwendungsbereichs einer Eingriffsnorm. Eine Eingriffsnorm ist eine zwingende Vorschrift, deren Einhaltung von einem Staat als so entscheidend für die Wahrung seines öffentlichen Interesses, insbesondere seiner politischen, sozialen oder wirtschaftlichen Organisation, angesehen wird, dass sie auf alle Sachverhalte anzuwenden ist, die in ihren Anwendungsbereich fallen. Aufgrund dessen sind Vertragsbedingungen, wie z.B. vorliegend eine Zuständigkeitsklausel, unanwendbar.

Eine Klausel, die Luxemburg die Zuständigkeit überträgt, ist, basierend auf den beiden oben genannten Gründen, auf eine Klage des Ministers nicht anwendbar

2. Unterwirft oder versucht Amazon, Drittanbieter Verpflichtungen zu unterwerfen, die ein erhebliches Ungleichgewicht schaffen?

Wir haben nun den Kern des Urteils erreicht. Zur Verurteilung Amazons ist es nämlich erforderlich, dass alle Bedingungen der streitgegenständlichen Rechtsgrundlage erfüllt sind.  Dies bestritt Amazon jedoch.

In der damaligen Fassung normierte der Artikel L442-6 I 2° des französischen Handelsgesetzbuches das Verbot, einen Handelspartner Verpflichtungen zu unterwerfen, die ein erhebliches Ungleichgewicht in den Rechte und Pflichten der Parteien schaffen.

Es stellt sich die Frage, ob es eine Unterwerfung oder einen Versuch der Unterwerfung seitens Amazon gibt (Punkt a) und ob die fraglichen Klauseln ein erhebliches Ungleichgewicht schaffen, einerseits aus individueller Perspektive (Punkt b) aber auch im Hinblick auf einer Gesamtanalyse des Vertrages (Punkt c).

a) Liegt eine (versuchte) Unterwerfung von Drittanbietern durch Amazon vor?

Die Unterwerfung im Sinne der einschlägigen Vorschrift wird insbesondere durch das Vorliegen eines wirtschaftlich unausgewogenen Kräfteverhältnisses zwischen den Vertragsparteien offengelegt. Um die Existenz dieses unausgewogenen Verhältnisses festzustellen, stützt sich die französische Rechtsprechung auf ein Indizienbündel. In dem vorliegenden Urteil befasst sich das Gericht damit, die Verhandlungsbedingungen der zwischen Amazon und den Drittanbietern geschlossenen Verträgen, die Machtstellung von Amazon auf dem relevanten Markt und ihre Unvermeidbarkeit auf besagtem Markt zu prüfen und kommt zu dem Schluss, dass ein erhebliches Ungleichgewicht im Machtverhältnis zwischen Amazon und den Drittanbietern besteht.

b) Schaffen die vom Minister beanstandeten Klauseln ein erhebliches Ungleichgewicht?

Das Gericht überprüfte die 11 vom Minister angegriffenen Klauseln einzeln. Einige dieser Klauseln sind an verschiedenen Stellen des Vertrags verteilt oder sogar nur auf der Website sichtbar. Eine Klausel des Vertrages ermöglicht Amazon dieses Vorgehen. 7 dieser 11 Klauseln schaffen nach Ansicht des Gerichts ein erhebliches Ungleichgewicht zum Nachteil der Drittanbieter. Es fällt nicht leicht, die Gesamtheit der Überlegungen des Gerichts in wenigen Zeilen zusammenzufassen, da die Entscheidung für jede dieser Klauseln auf einer gründlichen und detaillierten Argumentation beruht. Es soll jedoch in dem folgenden Abschnitt versucht werden, einen Überblick zu bieten:

  • Die Klausel mit dem Titel “Vertragsänderungen” schafft ein eindeutiges Ungleichgewicht zwischen den Rechten und Pflichten der Parteien. Diese Klausel ermöglicht es Amazon, eine Vertragsänderung sofort und ohne Vorankündigung durchzuführen. Es besteht keine vertragliche Verpflichtung, die Vertragspartner persönlich und direkt per E-Mail über eine Vertragsänderung zu benachrichtigen. Vielmehr wird von den Vertragspartner erwartet, dass sie jeden Tag das Seller Central Tool überprüfen, um zu sehen, ob eine Klausel oder Leitlinie zufällig geändert wurde. Das Ungleichgewicht beruht insofern insbesondere auf der fehlenden Vorankündigung und auf dem Fehlen einer vertraglichen Verpflichtung zur individuellen Mitteilung.
  • Klauseln über die Aussetzung oder Kündigung des Vertrages – Das Gericht ist der Ansicht, dass die Klausel, nach der Amazon den Vertrag aus irgendeinem Grund und zu jeder Zeit durch einfache Benachrichtigung kündigen kann, rechtswidrig ist. Diese Klausel – die die Suspendierung oder den Ausschluss eines Verkäufers wegen Verschuldens oder unzureichender Qualität seiner Dienstleistungen betrifft– stellt ein erhebliches Ungleichgewicht dar. Sie ist zu allgemein (“aus irgendeinem Grund”), räumt Amazon ein Ermessen ein (keine vertragliche Begründungspflicht) und ist ungenau (keine Kündigungsfrist). Außerdem ist die Dauer der Suspendierung dem Drittanbieter nicht durch eine vertragliche Vereinbarung bekannt und steht nicht in einem angemessenen Verhältnis zu dessen Verfehlung.

Ein weiterer Punkt des Vertrages, der es Amazon ermöglicht, die Erbringung der Dienstleistungen für die Gesamtheit der Drittanbieter nach eigenem Ermessen und ohne Vorankündigung jederzeit ganz oder teilweise zu unterbrechen, stellt ein erhebliches Ungleichgewicht zum Nachteil des Drittanbieters dar. Dies beruht insbesondere auf der Mehrdeutigkeit des Wortlauts und des Fehlens eines Hinweises auf einen Grund für eine solche Unterbrechung.

Ein weiterer Punkt des Vertrages, der es Amazon ermöglicht, die Erbringung der Dienstleistungen für die Gesamtheit der Drittanbieter nach eigenem Ermessen und ohne Vorankündigung jederzeit ganz oder teilweise zu unterbrechen, stellt ein erhebliches Ungleichgewicht zum Nachteil des Drittanbieters dar. Dies beruht insbesondere auf der Mehrdeutigkeit des Wortlauts und des Fehlens eines Hinweises auf einen Grund für eine solche Unterbrechung.

Die Klauseln über die Leistungsindikatoren sind ebenfalls rechtswidrig, da

  • Amazon die Kriterien für die Bewertung der Leistung der Drittanbieter (hinsichtlich ihres Umfangs und der Folgen der Nichteinhaltung einiger dieser Kriterien) nicht erklärt;
  • sie diese nach eigenem Ermessen ohne Vorankündigung ändern kann;
  • und die Dauer der Sperrung des Kontos, die sich aus der Verletzung dieser Kriterien ergeben kann, willkürlich, ungenau und ohne Verhältnis zu dem Verstoß ist.

Die Klausel, die Amazon das Recht einräumt, nach eigenem Ermessenden Zugang zu jeglicher Amazon-Website zu verbieten oder einzuschränken sowie das Angebot zum Kauf einer Ware des Verkäufers nach ihren eigenem Ermessen zu verzögern, auszusetzen oder zu verweigern, ermöglicht Amazon, willkürlich gegen die Verkäufe des Drittanbieters vorzugehen, obwohl dessen Produkte in direktem Wettbewerb mit den Produkten von Amazon stehen. Dies erachtete das Gericht als rechtswidrig.

Amazon darf die vom Verkäufer über die Produkte zur Verfügung gestellten Informationen (“Produktdatenblätter”) auch nach Beendigung des Vertrages nutzen. Dieses Recht besteht, weil der Drittanbieter, während der Vertragslaufzeit, selbst von der Arbeit anderer Drittanbieter profitiert hat, nachdem diese die Website verlassen haben.

Eine Klausel, deren Wortlaut die Möglichkeit einer Auslegung zulässt, nach der der Verkäufer verpflichtet ist, die Preisparität zwischen seinen verschiedenen Vertriebskanälen (z.B. Amazon und einem anderen Marktplatz) aufrechtzuerhalten, ist mehrdeutig. Diese Mehrdeutigkeit führt zu einem erheblichen Ungleichgewicht der Klausel, da Amazon mit den Händlern aufgrund des Verkaufs eigener ähnlichen Produkten in direktem Wettbewerb steht.

Die Haftungsfreistellungen für die Zusatzleistung “Versand durch Amazon” stellen ein erhebliches Ungleichgewicht dar, während die im Hauptvertrag vorgesehenen Haftungsfreistellungen dies nicht tun.

c) Gesamtanalyse des Ungleichgewichts

Das Gericht muss im Rahmen der Überprüfung der Unterwerfung oder der versuchten Unterwerfung eines Handelspartners unter die offensichtlich unausgewogene Klauseln kontrollieren, ob diese Unausgewogenheit nicht von anderen Aspekten ausgeglichen wird. Das Gericht bezieht die verschiedenen unbestreitbaren Vorteile, die Amazon Drittanbietern  ermöglicht (Image, Reputation von Amazon, Vertrauen der Verbraucher, Tools die zur das Management erleichtern und Kosten senken….) in seine Abwägung ein. Die verschiedenen Vorteile, die für den Drittanbieter entstehen, gleichen jedoch die Klauseln nicht aus, die ihm Beschränkungen auferlegen, die das Gericht für exzessiv erachtet.

Amazon verstößt damit in sieben Klauseln gegen Artikel L442-6 I 2° des französischen Handelsgesetzbuches und muss diese ändern.

3. Die Strafe

Schließlich ordnete das Gericht an, dass das Unternehmen die als rechtswidrig beurteilten Klauseln innerhalb von 180 Tagen nach Zustellung des Urteils unter Strafe eines Zwangsgeldes von 10.000 € pro Tag der Verspätung ändern muss.

Abschließend ordnete das Gericht an, dass Amazon eine Zivilstrafe in Höhe von 4 Millionen Euro zahlen muss. Die Zivilstrafe, die bei einem Verstoß gegen Artikel L442-6 I 2° des französischen Handelsgesetzbuches verhängt werden kann, ist auf 5 Millionen Euro begrenzt. Um jedoch der von Amazon erklärten Absicht, einige der vom Minister kritisierten Klauseln rasch und deutlich zu ändern, Rechnung zu tragen, entschied das Gericht, die Geldbuße auf 75 % der Obergrenze zu begrenzen.

(Bild: CreditEugene Garcia/Epa-Efe, via Rex, via Shutterstock)

Vertriebsbeschränkungen: Was dürfen Hersteller und was nicht?

Der Vertrieb von Markenwaren ist im Online-Handel längst angekommen. Einige Hersteller wünschen allerdings die Einhaltung gewisser Qualitätsstandards bei dem Vertrieb ihrer Produkte und versuchen daher, den Internetvertrieb gänzlich zu unterbinden oder zumindest einzuschränken. Wir erklären Ihnen in diesem Rechtstipp der Woche, welche Einschränkungen unzulässig sind und welche Vorgaben des Herstellers Sie beachten müssen.

Darf mir der Internetvertrieb in Gänze verboten werden?

Sowohl der EuGH als auch die Europäischen Kommission haben klar gestellt, dass das Internet jedem Händler als Vertriebskanal zu Verfügung stehen muss. Das bedeutet, dass Klauseln in Vertriebsvereinbarungen, die den Online-Verkauf verbieten, unzulässig und nichtig sind. Aber auch Klauseln, die de facto zum Ausschluss des Internetvertriebs führen, darf ein Hersteller nicht verwenden.

Beispiel für eine solche unzulässige Einschränkung ist  z. B. das Verbot, die Herstellermarke zur Internetwerbung zu nutzen. Unzulässig ist auch, Zwischenhändlern Rabatte einzuräumen, wenn diese sich verpflichten, Online-Händler nicht zu beliefern (OLG Düsseldorf, 13.11.2013 – VI-U (Kart) 11/13). 

Darf die Entgegennahme von Bestellungen auf ein Gebiet beschränkt werden?

Ebenfalls unzulässig ist es, Ihnen die Entgegennahme von Bestellungen nur dann zu gestatten, wenn der Kunde seine Rechnungsanschrift in einem bestimmten Gebiet hat.

Der Hersteller darf allerdings bestimmte Gebiete für den aktiven Verkauf sich selbst vorbehalten oder einem bestimmten Händler zuweisen und die anderen Händler aus dem aktiven Verkauf in diesen Gebieten ausschließen.

„Aktiver“ Verkauf in diesem Sinne bedeutet die aktive Ansprache einzelner Kunden, z. B. mittels Direktwerbung einschließlich E-Mail-Newsletter oder sonstige Werbemaßnahmen.„Passiver“ Verkauf bedeutet hingegen die Erledigung unaufgeforderter Bestellungen einzelner Kunden. 

Bei dem Verkauf über das Internet handelt es sich jedoch um einen passiven Verkauf, wenn Kunden nicht direkt, z. B. durch Newsletter, angesprochen werden. Der passive Verkauf darf nicht eingeschränkt werden.

Unzulässig ist daher, Sie dazu zu verpflichten, dass Ihr Online-Shop nur aus dem Gebiet erreichbar ist, das Ihnen für den aktiven Verkauf zugewiesen ist. Das Gleiche gilt für die Pflicht, eine Transaktion abzubrechen, wenn die Adresse des Verbrauchers außerhalb des zugewiesenen Gebiets liegt.

Werbemaßnahmen, die sich gezielt an Kunden aus „fremden“ Verkaufsgebieten richten, wie z. B. Newsletter, Werbebanner etc., können hingegen verboten werden.

Darf der Verkauf über Amazon und eBay bei Luxusprodukten eingeschränkt werden?

In der deutschen Rechtsprechung war umstritten, ob Markenhersteller auch den Verkauf über Plattformen wie Amazon und eBay hinnehmen müssen.

Die Frage hat der EuGH (Urt. v. 06.12.2017, C-230/16) zumindest für Luxuswaren im Rahmen von selektiven Vertriebssystemen entschieden. Danach ist das Verbot des Verkaufs über Drittplattformen zur Wahrung des Prestigecharakters der Waren unter folgenden Voraussetzungen zulässig:

  • Die Händler  müssen nach objektiven Kriterien qualitativer Art ausgewählt werden.
  • Diese Kriterien müssen für alle einheitlich festgelegt und diskriminierungsfrei angewendet werden .
  • Die Kriterien müssen sich auf das erforderliche Maß beschränken.

Ist die Teilnahme an Preissuchmaschinen erlaubt?

Der BGH (Urt. v. 12.12.2017, KVZ 41/17) musste sich wiederum mit der Frage befassen, ob die Teilnahme an Preissuchmaschinen eingeschränkt werden darf. Zumindest für Produkte, die keine Luxuswaren sind, ist eine solche Einschränkung unzulässig. Dabei haben die Richter die Bedeutung solcher Plattformen für Online-Händler betont.

Noch offen ist allerdings die wichtige Frage, welche Produkte Luxusartikel darstellen und welche nicht.

Tipp

Die aktuellen Entscheidungen des EuGH und des BGH schaffen zumindest für die entschiedenen Fälle Rechtssicherheit. Neben den Vorgaben des Kartellrechts stets berücksichtigt werden müssen allerdings auch die Vorgaben der Geoblocking-Verordnung. Denn die Einschränkung von Verkaufsgebieten ist bei länderübergreifenden Sachverhalten bereits nach der Geoblocking-Verordnung unzulässig.

Das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen erklärt

Nicht alle Unternehmensinformationen sind für fremde Ohren bestimmt. Wissen ist Macht, dies gilt vom Großkonzern bis zum Mittelstand. Neue unternehmerische Errungenschaften fördern Innovationen und liefern einen entscheidenden Faktor für den Markterfolg. Doch innovative Ideen oder Entwicklungen des Unternehmens sollte man vor Zugriffen schützen und nicht einfach preisgeben. Seit dem 26.04.2019 ist das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) in Kraft und bringt einige Neuerungen mit sich. Alles geheim? Natürlich nicht, hier das Wichtigste in aller Kürze.

Was sind Geschäftsgeheimnisse?

Es handelt sich um eine Information,

  • die in ihrer Ausgestaltung einem bestimmten Personenkreis (z.B. Mitarbeitern) weder allgemein bekannt oder ohne Weiteres abrufbar ist,
  • die für das Unternehmen von wirtschaftlichem Wert ist,
  • die durch angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen gesichert ist und
  • bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Die Information muss geheim, von wirtschaftlichem Wert für das Unternehmen sein sowie durch angemessene Schutzmaßnahmen geschützt sein.

Was muss ich als Unternehmen tun?

Neu ist der Begriff der angemessenen Schutzmaßnahme. Darunter fallen beispielsweise technische bzw. organisatorische Maßnahmen, wie Zugangssperren (passwortgeschützte Bereiche) oder Verschwiegenheitsvereinbarungen. In der Praxis werden gerade für Letztere vertragliche Vereinbarungen mit den im Unternehmen tätigen Mitarbeitern oder mit externen Dienstleistern geschlossen.

Eine entsprechende Vertraulichkeitsvereinbarung kann daher zusammen mit einem Vertrag zur Auftragsverarbeitung oder als Anhang zum Arbeitsvertrag geschlossen werden.

Wichtig ist, dass durch die vorgenommene Maßnahme ersichtlich wird, dass es sich hierbei um eine geschützte Information handelt und bei Offenlegung des Geheimnisses „unerlaubtes Terrain“ betreten wird.

Bestehen also bereits Geschäftsgeheimnisse in einem Unternehmen, müsste man demnach prüfen, ob diese auch weiterhin als geschützte Informationen gelten.

Ergriffene Maßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen müssen Unternehmer im Streitfall beweisen.

Wann liegt eine Verletzung von Geschäftsgeheimnissen vor?

Als verbotene Handlungen kommen beispielsweise die Wirtschaftsspionage, der Diebstahl von Daten, das unbefugte Kopieren von geheimen Informationen sowie der Verstoß gegen Geheimhaltungsvereinbarungen in Betracht. Wer unbefugt an die Informationen gelangt ist, darf diese nicht nutzen oder offenlegen.

Gegen den Rechtsverletzer stehen dem Inhaber des Geschäftsgeheimnis sodann insbesondere Ansprüche auf Beseitigung und Unterlassung oder Ansprüche auf Vernichtung und Herausgabe der erlangten Informationen zu. Handelt der Rechtsverletzer gar vorsätzlich oder fahrlässig, kann auch Schadensersatz gefordert werden.

Daneben stellt das unerlaubte Erlangen von Geschäftsgeheimnissen beispielsweise zur Förderung des eigenen Wettbewerbs eine Straftat dar und wird gemäß § 23 Abs. 1 GeschGehG mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe oder Geldstrafe bestraft. 

TIPP: Aus dem GeschGehG entstehen für Unternehmen erst einmal keine allgemeinen Umsetzungs- und Informationspflichten.
Möchten Unternehmer jedoch ihr eigenes Knowhow als Geschäftsgeheimnis schützen, ist es vor allem wichtig, konkrete Schutzmaßnahmen zu treffen. Die einschlägige Schutzmaßnahme ist einzelfallabhängig und kann nicht pauschal bestimmt werden. Kommt man den gesetzlichen Vorgaben nicht nach, fällt man womöglich nicht unter den Schutzzweck des Gesetzes und kann sich bei Verlust der Information nicht auf eine unerlaubte Offenlegung berufen.

EuGH: Webseitenbetreiber mitverantwortlich für Datenerhebung bei „Gefällt mir“-Button

Der Europäische Gerichtshof hat entschieden, dass Betreiber einer Website, die ein Social Plugin einbinden, für das Erheben und die Übermittlung der Daten über das Plugin mitverantwortlich sind (Urt. v. 29.7.2019 – C-40/17 – Fashion ID). Das OLG Düsseldorf hatte 2017 ein entsprechendes Verfahren ausgesetzt und dem EuGH mehrere Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Der Sachverhalt

Der Online-Shop Fashion ID hatte 2015 auf seiner Website den „Gefällt mir“-Button von Facebook eingebunden. Durch den „Gefällt mir“-Button können Nutzer den Inhalt einer Website mit ihrem Facebook-Profil verknüpfen und so kundtun, dass ihnen der verlinkte Inhalt gefällt. Die Einbindung des Buttons erfolgt dabei über einige HTML-Codezeilen, durch welche der eigentliche Programmcode direkt von den Servern des Anbieters geladen wird. Beim Aufrufen der entsprechenden Seite werden aufgrund dieser Einbindung personenbezogene Daten eines Besuchers an Facebook Ireland übermittelt, unabhängig davon, ob der Besucher Mitglied bei Facebook ist oder den Button angeklickt hat. Ist der Nutzer bei Facebook eingeloggt, kann der Besuch der Website direkt dem Profil zugeordnet werden.

Die Verbraucherzentrale NRW warf der Beklagten daher vor, personenbezogene Daten der Besucher ihrer Website ohne deren Einwilligung und unter Verstoß gegen die Informationspflichten nach den Vorschriften über den Schutz personenbezogener Daten an Facebook Ireland übermittelt zu haben.

Das LG Düsseldorf hatte in erster Instanz den Like-Button für rechtswidrig erklärt. Gegen dieses Urteil hatte die Beklagte Berufung eingelegt. Das OLG Düsseldorf setzte das Berufungsverfahren aus und legte dem EuGH mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vor.

Verbraucherschutzverbände können Verstöße ahnden

Die erste Vorlagefrage betraf die Frage, ob neben den Datenschutzbehörden und den Betroffenen auch Verbraucherverbände befugt sind, im Falle von Verletzungen gegen den Verletzer vorzugehen. Hier stellte der EuGH klar, dass die Datenschutzrichtline 95/46 keine umfassende Harmonisierung der gerichtlichen Rechtsbehelfe vorsehe.

Da die seit 2018 geltende DSGVO aber eine ausdrückliche Möglichkeit für Verbände vorsieht, im Falle von Datenschutzverstößen gegen den mutmaßlichen Verletzer vorzugehen (Art. 80 Abs. 2 DSGVO), hat diese Vorlagefrage keine praktische Relevanz mehr.

Gemeinsame Verantwortlichkeit

Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht im Wesentlichen wissen, ob der Betreiber einer Website (hier Fashion ID), der ein Social Plugin einbindet, das den Browser des Besuchers dieser Website veranlasst, Inhalte des Anbieters dieses Plugins anzufordern und hierzu personenbezogene Daten des Besuchers an diesen Anbieter zu übermitteln, als für die Verarbeitung Verantwortlicher angesehen werden kann, obwohl dieser Betreiber keinen Einfluss auf die Verarbeitung der auf diese Weise an den Anbieter übermittelten Daten hat.

Der EuGH stellte zunächst klar, dass das Ziel der weiten Definition des „für die Verarbeitung Verantwortlichen“ die Gewährleistung eines wirksamen und umfassenden Schutzes der betroffenen Person sei. Dieser Begriff könne mehrere Personen erfassen.

Zudem verweist der Begriff des „für die Verarbeitung Verantwortlichen“, da er sich, wie Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 ausdrücklich vorsieht, auf die Stelle bezieht, die „allein oder gemeinsam mit anderen“ über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet, nicht zwingend auf eine einzige Stelle und kann mehrere an dieser Verarbeitung beteiligte Akteure betreffen, wobei dann jeder von ihnen den Datenschutzvorschriften unterliegt.

Verantwortlichkeit des Einbindenden

Eine solche gemeinsame Verantwortlichkeit für dieselbe Verarbeitung setze jedoch nicht voraus, dass jeder Akteur zwangsläufig Zugang zu den betreffenden personenbezogenen Daten habe. Dies hatte der EuGH bereits in einem anderen Verfahren entschieden (Urt. v. 10.7.2018 – C‑25/17- Jehovan todistajat), in welchem eine Organisation, Koordination und Ermunterung zur Datenerhebung für eine Verantwortlichkeit genügte, ohne dass Zugang zu sämtlichen erhobenen Daten bestand.

Bereits im Rahmen seines Fanpage-Urteils stellte der EuGH klar, dass eine gemeinsame Verantwortlichkeit aber nicht zwingend eine gleichwertige Verantwortlichkeit bedeute (Urt. v. 5.6.2018 – C-210/16 – Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein). Dieser Linie bleibt der EuGH treu und entschied nun:

Da jedoch das Ziel von Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46 darin besteht, durch eine weite Definition des Begriffs des „Verantwortlichen“ einen wirksamen und umfassenden Schutz der betroffenen Personen zu gewährleisten, hat das Bestehen einer gemeinsamen Verantwortlichkeit nicht zwangsläufig eine gleichwertige Verantwortlichkeit der verschiedenen Akteure für dieselbe Verarbeitung personenbezogener Daten zur Folge. Vielmehr können diese Akteure in die Verarbeitung personenbezogener Daten in verschiedenen Phasen und in unterschiedlichem Ausmaß einbezogen sein, so dass der Grad der Verantwortlichkeit eines jeden von ihnen unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist.

Aus dieser Definition gehe hervor, dass eine Verarbeitung personenbezogener Daten aus einem oder mehreren Vorgängen bestehen kann, von denen jeder eine der verschiedenen Phasen betrifft, die eine Verarbeitung personenbezogener Daten umfassen kann.

Fashion ID für Erhebung und Weitergabe verantwortlich

Unter Berücksichtigung dieser Informationen stellten die Luxemburger Richter fest, dass die Vorgänge der Verarbeitung personenbezogener Daten, für die Fashion ID gemeinsam mit Facebook Ireland über die Zwecke und Mittel entscheiden kann, sowohl das Erheben der personenbezogenen Daten der Besucher als auch deren Weitergabe durch Übermittlung sei.

Die Beklagte sei daher für die Vorgänge des Erhebens personenbezogener Daten und deren Weitergabe durch Übermittlung gemeinsam mit Facebook Ireland verantwortlich i.S.v. Art. 2 Buchst. b RL 95/46/EG. Die Verantwortlichkeit sei jedoch auf die Vorgänge der Datenverarbeitung beschränkt, die für die sie tatsächlich über die Zwecke und Mittel entscheide, vorliegend also die Erhebung und die Weitergabe der entsprechenden Daten.

Der EuGH folgt damit der Meinung des Generalanwaltes Bobek (Schlussanträge 19.12.2018).

Berechtigtes Interesse des Websitebetreibers oder Plugin-Anbieters?

In einer weiteren Vorlagefrage ging es darum, auf wessen berechtigtes Interesse es nach Art. 7 Buchst. f RL 95/46/EG ankomme – auf das des Websitebetreibers oder das des Anbieters des Plugins.

Da angesichts der Antwort auf die zweite Frage in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden der Betreiber einer Website, der in diese Website ein Social Plugin einbindet, […], gemeinsam mit diesem Anbieter [des Social Plugins] als für die Vorgänge der Verarbeitung – d. h. das Erheben und die Weitergabe durch Übermittlung – von personenbezogenen Daten der Besucher seiner Website Verantwortlicher angesehen werden kann, ist es erforderlich, dass jeder dieser Verantwortlichen mit diesen Verarbeitungsvorgängen ein berechtigtes Interesse im Sinne von Art. 7 Buchst. f der Richtlinie 95/46 wahrnimmt, damit diese Vorgänge für jeden Einzelnen von ihnen gerechtfertigt sind.

Art. 7 Buchst. f RL 95/46/EG enthielt Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Verarbeitung personenbezogener Daten aufgrund eines berechtigten Interesses. Auch wenn diese Norm nicht mehr in Kraft ist, so ist der Wortlaut doch mit Art. 6 Abs. 1 Buchst. f DSGVO vergleichbar, welcher die Zulässigkeit der Datenverarbeitung aufgrund eines berechtigten Interesses regelt, sodass die Ausführungen des EuGH hier weiterhin Relevanz haben.

Wer muss die Einwilligung einholen und informieren?

Mit seinen letzten beiden Fragen wollte das OLG Düsseldorf beantwortet wissen, ob die nach Art. 7 Buchst. a und Art. 2 Buchst. h RL 95/46/EG zu erklärende Einwilligung dem Websitebetreiber oder dem Plugin-Anbieter gegenüber abzugeben ist und ob die Informationspflichten nach Art. 10 RL 95/46/EG auch den Websitebetreiber treffen.

Hinsichtlich der einzuholenden Einwilligung entschieden die Richter:

Was die Einwilligung […] betrifft, so muss diese vor dem Erheben der Daten der betroffenen Person und deren Weitergabe durch Übermittlung erklärt werden. Daher obliegt es dem Betreiber der Website und nicht dem Anbieter des Social Plugins, diese Einwilligung einzuholen, da der Verarbeitungsprozess der personenbezogenen Daten dadurch ausgelöst wird, dass ein Besucher diese Website aufruft. […] Die Einwilligung, die dem Betreiber gegenüber zu erklären ist, betrifft jedoch nur den Vorgang oder die Vorgänge der Verarbeitung personenbezogener Daten, für den bzw. für die er tatsächlich über die Zwecke und Mittel entscheidet.

Dagegen würden sich diese Verpflichtungen nicht auf Vorgänge der Verarbeitung personenbezogener Daten erstrecken, die andere, diesen Vorgängen vor- oder nachgelagerte Phasen betreffen, die die Verarbeitung der in Rede stehenden personenbezogenen Daten gegebenenfalls mit sich bringt.

Dies gelte auch für die zu erfüllenden Informationspflichten:

Daraus folgt, dass in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden auch die Informationspflicht gemäß Art. 10 der Richtlinie 95/46 den Betreiber der Website trifft, wobei dieser die betroffene Person jedoch nur in Bezug auf den Vorgang oder die Vorgänge der Verarbeitung personenbezogener Daten informieren muss, für den bzw. für die dieser Betreiber tatsächlich über die Zwecke und Mittel entscheidet.

Relevanz für DSGVO?

Die Entscheidung des EuGH erging noch zur Datenschutzrichtlinie 95/46/EG. Diese ist zwar mit Inkrafttreten der DSGVO am 25.5.2018 außer Kraft getreten. Dennoch hat die Entscheidung Bedeutung für die aktuelle Rechtslage.

Die Definition des „für die Verarbeitung Verantwortlichen” findet sich nun in Art. 4 Nr. 7 DSGVO und unterscheidet sich nur unwesentlich von der aus Art. 2 Buchst. d der Richtlinie 95/46. Auch die Datenverarbeitung auf Grundlage einer Einwilligung oder eines berechtigten Interesses bestehen unter der DSGVO in ähnlichem Wortlaut weiter.

Fazit für Shopbetreiber

Vor einigen Jahren waren Social Plugins wie der „Gefällt mir“-Button von Facebook noch in fast jedem Online-Shop zu finden. Seit den ersten Abmahnungen 2015 sind diese auf deutschen Webseiten immer seltener geworden. Auch wir empfehlen rechtssichere Alternativen wie z.B. Shariff oder reine Verlinkungen, um der oben dargestellten Problematik der Datenverarbeitung auf der eigenen Seite zu entgehen. Die Shariff-Lösung wird z.B. hier im Blog eingesetzt.

Ware nicht zustellbar – Was nun?

Weiterverkauf? Kaufpreiserstattung? Und was ist mit den Versandkosten?

Wie oft kommt es vor, dass die bestellte Ware bei dem Kunden nicht zugestellt werden kann? 

Sehr oft liegen die Ursachen in der Sphäre des Käufers . Er nimmt die Warensendung nicht an oder holt diese nicht in der Postfiliale ab.

Hier haben wir Sie bereits über Ihre wichtigsten Rechte für den Fall informiert, dass der Kunde eine falsche Lieferadresse angegeben hat.

In diesem Beitrag zeigen wir Ihnen, welche Rechte Ihnen zustehen, wenn Sie zwar an die richtige Lieferadresse liefern, der Kunde die Ware jedoch nicht annimmt.

Muss ich die Ware erneut versenden?

Zunächst kommt es darauf an, ob Sie mit dem Verbraucher einen wirksamen Kaufvertrag geschlossen haben. Um diesen zu erfüllen, müssen Sie die Ware an den Verbraucher versenden. Nimmt der Kunde die Ware nicht an, bleibt der Vertag weiterhin wirksam bestehen. 

Exkurs: Nicht-Annahme ≠Widerruf

Die Nicht-Annahme stellt keinenWiderruf dar. Ein dem Verbraucher zustehendes Widerrufsrecht muss aktivvon diesem ausgeübt werden. Der Verbraucher muss daher den Widerruf gem. § 355 Abs. S. 2 BGB gegenüber dem Verkäufer erklären. 

Doch heißt das auch, dass Sie die Ware erneut und ggf. sogar kostenfrei an Ihren Kunden senden müssen?

Der Kunde gerät gem. § 293 BGB in sog. Annahmeverzug. Dies berechtigt Sie, Mehraufwendungen, die Sie für das erfolglose Angebot sowie für die Aufbewahrung und Erhaltung der Ware hatten, zu verlangen. Gleichfalls werden davon die Kosten für eine weitere Versendung an den Kunden erfasst, denn diese Stellen ebenfalls eine Mehraufwendung dar. 

Auf Grund dessen, dass sich Ihr Kunde im Annahmeverzug befindet, können Sie die erneute Versendung der Ware von der Leistung weiterer Versandkosten abhängig machen und sich auf Ihr Zurückbehaltungsrecht aus § 273 Abs. 1 BGB berufen.

Darf ich die Ware einfach weiterverkaufen, wenn diese zurückkommt?

Die Antwort hängt von der Art der verkauften Sache ab. 

Wie bereits erklärt, besteht der Vertrag trotz der Nicht-Annahme durch den Verbraucher fort. Hat man eine Sache verkauft, die man lediglich der Gattung nach schuldet (also beinahe jede industriell hergestellte und nicht personalisierte Sache: Jeans, Handy, Notebook usw.), kann man die zurückerhaltene Ware verkaufen.

Hat man hingegen ein Einzelstück (z. B. ein individuelles Gemälde, gebrauchte oder individuell hergestellte Sache verkauft), kann man die Ware nicht einfach weiterverkaufen. Andernfalls macht man sich selbst schadensersatzpflichtig.

In einem solchen Fall ist man verpflichtet, die Ware aufzubewahren, bis man diese entweder erneut (nicht kostenfrei) an den Kunden versendet oder vom Vertrag zurücktreten kann. Die Lagerkosten kann man hierbei im Wege der Aufwandentschädigung ebenfalls bei dem Kunden einfordern

Kann ich vom Vertrag zurücktreten? Was geschieht mit dem Kaufpreis?

Gem. § 323 Abs. 1 BGB können Sie auch vom Vertrag zurücktreten, sofern Sie dem Käufer eine angemessene Frist zur Abnahme der Ware gesetzt haben. In einem solchen Fall ist der bereits erhaltene Kaufpreis an den Käufer zurückzuerstatten. 

Es besteht die Möglichkeit vom Vertrag ohne eine vorherige Fristsetzung zurückzutreten, wenn bestimmte Voraussetzungen eingetreten sind:

– der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert;

– der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder

– im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.

Ob diese Voraussetzungen vorliegen, bedarf jeweils der Überprüfung im Einzelfall.

Kann ich den Verbraucher zur Abnahme zwingen?

§ 433 BGB bestimmt:

(1) Durch den Kaufvertrag wird der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Der Verkäufer hat dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.

(2) Der Käufer ist verpflichtet, dem Verkäufer den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen und die gekaufte Sache abzunehmen.

Daraus folgt, der Käufer von Gesetzes wegen verpflichtet ist, die Ware abzunehmen. Dieses Recht ist gerichtlich durchsetzbar. Offen bleibt an dieser Stelle der wirtschaftliche Nutzen einer gerichtlichen Durchsetzung der Abnahmepflicht.

Fazit

Nimmt der Käufer die Ware nicht ab, können Sie die weitere Versendung der Ware von der erneuten Zahlung von Versandkosten abhängig machen. Ferner können Sie die Ware, soweit es sich um eine Gattungsschuld handelt, weiterverkaufen. Nach entsprechender Fristsetzung oder wenn absehbar ist, dass der Kunde die Ware nicht annehmen wird, können Sie vom Vertrag zurücktreten. Ebenso können Sie Ihren Anspruch auf Abnahme der Ware gerichtlich durchsetzen.

Unser Tipp

Setzen Sie dem Kunden eine Frist zur Annahme der Ware und machen Sie die weitere Versendung von der Leistung weiterer Versandkosten abhängig. Wollen Sie den gerichtlichen Weg beschreiten führen Sie zunächst eine Wirtschaftlichkeitsprüfung durch.

Grundpreise auch bei Kaffeekapseln angeben

Bei Produkten, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche zu einem festen Preis angeboten werden, besteht gem. § 2 Preisangabenverordnung die Verpflichtung, einen Grundpreis anzugeben. Der BGH (Urt. v. 28.3.2019 – I ZR 85/18) entschied nun, dass diese Pflicht auch bei Kaffeekapseln besteht und teilte die Auffassung der Vorinstanzen.

(Die Jakobs Kapsel Listings entsprechen nicht der Anforderung)

Ein Elektromarkt hatte Kaffeekapseln verschiedener Hersteller in Packungen zu je zehn Stück angeboten. Auf dem dazugehörigen Aufsteller waren jeweils die Art der Kapseln, die Menge von zehn Stück je Packung und der Preis pro Packung angegeben. Die Angabe des Grundpreises für das in den Kapseln enthaltene Kaffeepulver fehlte. Dagegen war auf den Packungen selbst das Gesamtfüllgewicht aller Kapseln innerhalb einer Packung zu finden.

Kaffeepulver ist nach Gewicht anzugeben

Zunächst bestätigte der BGH, dass das in den Kapseln enthaltene Kaffeepulver aufgrund gesetzlicher Kennzeichnungspflichten nach Gewicht anzugeben sei und daraus die Pflicht zur Grundpreisangabe nach § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV folge. Gem. Art. 9 Abs. 1 Buchst. e LMIV ist nämlich die Angabe der Nettofüllmenge eines Lebensmittels verpflichtend. Diese wiederum hat gem. Art. 23 Abs. 1 Buchst. b LMIV bei Kaffeepulver nach Gewicht zu erfolgen.

(Die Nepresso Angebote entsprechen nicht der Anforderung)

Unabhängig davon bestehe diese Pflicht aber auch deshalb, weil es sich bei den Kaffeekapseln um Fertigpackungen im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV handele. Darunter sind Verpackungen zu verstehen, die in Abwesenheit des Käufers befüllt und verschlossen werden, wobei die Menge des Abgepackten nicht verändert werden kann, ohne die Verpackung zu öffnen oder merklich zu ändern.

Deshalb sei es unerheblich, dass die Beklagte die Kapseln lediglich nach Stückzahl verkauft hatte. Die Pflicht zur Angabe der Nettofüllmenge nach Gewicht bedeute immer, dass die Ware nach Gewicht angeboten wird.

Dementsprechend ist der Grundpreis immer dann anzugeben, wenn eine Angabe zur Füllmenge der in einer Verkaufseinheit angebotenen Ware gemacht werden muss. Insbesondere kann die Pflicht zur Grundpreisangabe nicht dadurch vermieden werden, dass Waren nicht nach der Füllmenge, sondern beispielsweise nach der Stückzahl der Verpackungen angeboten werden, obwohl nach spezialgesetzlichen Vorschriften die Füllmenge der Verpackungen angegeben werden muss.

Nicht “normalerweise nach Stückzahlen” in Verkehr gebracht

Die Beklagte war von der Pflicht zur Angabe der Nettofüllmenge auch nicht nach Art. 23 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 1 Buchst. c des Anhangs IX der LMIV befreit. Danach ist die Angabe der Nettofüllmenge ausnahmsweise nicht verpflichtend bei Lebensmitteln, die normalerweise nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht werden. Diese Ausnahme beziehe sich allerdings nur auf Lebensmittel und damit hier nur auf das Kaffeepulver selbst. Dieses wird im Gegensatz zu Kaffeekapseln aber nicht nach Stückzahlen in den Verkehr gebracht.

(Auch in der Produktdetailseite ist die PanGV nicht umgesetzt)

Stattdessen sei hier Art. 23 Abs. 3 in Verbindung mit Nr. 4 des Anhangs IX der LMIV einschlägig:

4. Besteht eine Vorverpackung aus zwei oder mehr Einzelpackungen, die nicht als Verkaufseinheiten anzusehen sind, so wird die Nettofüllmenge in der Weise angegeben, dass die Gesamtnettofüllmenge und die Gesamtzahl der Einzelpackungen angegeben werden.

Danach hätte hier die Nettofüllmenge so gekennzeichnet werden müssen, dass die Gesamtnettofüllmenge sowie die Gesamtzahl der Einzelpackungen angegeben wird. Die damit verbundene Pflicht zur Grundpreisangabe hatte die Beklagte aber eben nicht erfüllt.

Grundpreisangabe für Vergleichbarkeit

Eine weitere Ausnahme von der Pflicht zur Grundpreisangabe nach § 9 Abs. 4 Nr. 2 PAngV war vorliegend ebenfalls nicht anwendbar. Danach muss der Grundpreis nicht angegeben werden bei Waren, die verschiedenartige nicht miteinander vermischte oder vermengte Erzeugnisse enthalten. Bei den Kaffeekapseln handelte es sich jedoch nicht um ein solch zusammengesetztes Angebot.

(Richtige Umsetzung der Grundmengen-Preisangaben)

Die Grundpreisangabe solle dem Verbraucher den Preisvergleich erleichtern. Dabei gehe es dem Verbraucher nach Ansicht des BGH darum, die Preise des in den verschieden Kapseln enthaltenen Kaffeepulvers zu vergleichen. Dass sich der Preis der gefüllten Kapsel aus Kapsel und Inhalt zusammensetze, stehe der Vergleichbarkeit nicht entgegen.

Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts kommt es dem Verbraucher darauf an, den Preis verschiedener Kaffeekapseln nach dem Grundpreis des darin enthaltenen Kaffeepulvers zu vergleichen. Ein solcher Preisvergleich erlaubt eine Beurteilung der Preiswürdigkeit des Angebots, auch wenn sich der Preis der gefüllten Kaffeekapsel aus dem Preis für die Kapsel und dem Preis für das darin enthaltene Kaffeepulver zusammensetzt.

Die Beklagte verstieß damit gegen § 2 Abs. 1 Satz 1 PAngV. Beim Verkauf von Kaffeekapseln ist stets der Grundpreis anzugeben.

Dr. Carsten Föhlisch

Update: Gesetzentwurf gegen Abmahnmissbrauch

Das Bundeskabinett hat heute seinen Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung des fairen Wettbewerbs verabschiedet. Über den Referentenentwurf hierzu hatten wir bereits berichtet. Erfreulich viele Vorschläge wurden übernommen. Hierzu sollen umfangreiche Änderungen im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb vorgenommen werden.

Der Gesetzentwurf sieht zur Eindämmung missbräuchlicher Abmahnungen insbesondere eine Reduzierung der finanziellen Anreize für Abmahnungen vor. Im Gesetzentwurf wird geschätzt, dass mit dem neuen Gesetz 50 % der Abmahnungen verhindert werden können.

Anforderungen an die Klagebefugnis

Mit dem Gesetzentwurf werden die Anforderungen an die Anspruchsberechtigung von Wettbewerbern und Wirtschaftsverbänden erhöht und gleichzeitig die Möglichkeit zur Geltendmachung von Gegenansprüchen vereinfacht.

Die Anspruchsberechtigung der Wirtschaftsverbände wird davon abhängig gemacht, dass sie auf einer Liste der so genannten qualifizierten Wirtschaftsverbände eingetragen sind. Hierfür ist Voraussetzung, dass der Verein mindestens 75 Unternehmer als Mitglieder hat, seit mindestens einem Jahr im Vereinsregister eingetragen sein und seine satzungsgemäßen Aufgaben wahrgenommen haben. Zudem muss es aufgrund seiner bisherigen Tätigkeit sowie der personellen, sachlichen und finanziellen Ausstattung als gesichert erscheinen, dass der Verein seine satzungsmäßigen Aufgaben auch künftig dauerhaft wirksam und sachgerecht erfüllen wird und die Ansprüche, die einem qualifizierten Wirtschaftsverband zustehen, nicht vorwiegend geltend machen wird, um für sich Einnahmen aus Abmahnungen oder Vertragsstrafen zu erzielen.

Zudem dürfen den Mitgliedern keine Zuwendungen aus dem Vereinsvermögen gewährt werden und Personen, die für den Verein tätig sind, dürfen nicht durch unangemessen hohe Vergütungen oder andere Zuwendungen begünstigt werden. Die Voraussetzungen der Eintragung und deren weitere Erfüllung werden vom Bundesamt für Justiz (BfJ) überprüft.

Mitbewerber müssen künftig tatsächlich geschäftlich tätig sein und in nicht unerheblichem Maße und nicht nur gelegentlich ähnliche Waren oder Dienstleistungen vertreiben oder nachfragen. Diese Voraussetzungen muss der Abmahner nachweisen.

Unzulässigkeit missbräuchlicher Abmahnungen

§ 8b Abs. 2 UWG-E nennt Fallgestaltungen, bei denen Ansprüche missbräuchlich geltend gemacht werden und regelt die Haftung des Abmahnenden in solchen Fällen.

(2) Eine missbräuchliche Geltendmachung liegt insbesondere vor, wenn

1. die Geltendmachung der Ansprüche vorwiegend dazu dient, gegen den Zuwiderhandelnden einen Anspruch auf Ersatz von Aufwendungen oder von Kosten der Rechtsverfolgung oder die Zahlung einer Vertragsstrafe entstehen zu lassen,

2. ein Mitbewerber eine erhebliche Anzahl von Verstößen gegen die gleiche Rechtsvorschrift durch Abmahnungen geltend macht, wenn die Anzahl der geltend gemachten Verstöße außer Verhältnis zum Umfang der eigenen Geschäftstätigkeit steht oder wenn anzunehmen ist, dass der Mitbewerber das wirtschaftliche Risiko des außergerichtlichen und gerichtlichen Vorgehens nicht selbst trägt,

3. ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,

4. erheblich überhöhte Vertragsstrafen vereinbart oder gefordert werden oder

5. eine vorgeschlagene Unterlassungsverpflichtung erheblich über die abgemahnte Rechtsverletzung hinausgeht.

§ 8b Abs. 3 UWG-E enthält den Gegenanspruch des Abgemahnten im Falle missbräuchlicher Abmahnungen:

(3) Im Fall der missbräuchlichen Geltendmachung von Ansprüchen kann der Anspruchsgegner vom Anspruchsteller Ersatz der für seine Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen verlangen. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.“

Vorgaben an die Gestaltung der Abmahnung

§ 13 UWG-E enthält detaillierte Regelungen zu Abmahnungen und der Haftung bei unberechtigten Abmahnungen.

Abmahnungen müssen klar festgelegte Informationen enthalten.

Der Abgemahnte soll aus der Abmahnung ohne weiteres ersehen können, welches ganz konkrete Verhalten ihm vorgeworfen wird und warum dieses zu einer Rechtsverletzung führt. Missbräuchliche Abmahnungen zeichnen sich dagegen häufig durch gleichlautende Schreiben aus, die keine Beschreibung der Umstände der im Einzelfall abgemahnten Rechtsverletzung enthalten.

Abs. 2 regelt inhaltliche Vorgaben an die Gestaltung:

(2) In der Abmahnung muss klar und verständlich angegeben werden:

1. Name oder Firma des Abmahnenden sowie im Fall einer Vertretung zusätzlich Name oder Firma des Vertreters,

2. die Voraussetzungen der Anspruchsberechtigung nach § 8 Absatz 3,

3. ob und in welcher Höhe ein Aufwendungsersatzanspruch geltend gemacht wird und wie sich dieser berechnet,

4. die Rechtsverletzung unter Angabe der tatsächlichen Umstände,

5. in den Fällen des Absatzes 4, dass der Anspruch auf Aufwendungsersatz ausgeschlossen ist.

Nur wenn die Abmahnung diese Voraussetzungen erfüllt, steht dem Abmahnenden der Anspruch zu.

Vorgesehen ist zudem der Ausschluss des Anspruchs auf Ersatz der Aufwendungen für eine Abmahnung durch Mitbewerber, wenn es sich um Verstöße durch Kleinstunternehmen und kleine Unternehmen gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten in Telemedien handelt.

Die Ausnahme für Verstöße gegen Informations- und Kennzeichnungspflichten auf Telemedien berücksichtigt den Umstand, dass der Großteil der Abmahnungen von Wettbewerbern wegen Verstößen im Online-Handel ausgesprochen wird, weil in diesem Bereich Verstöße durch den Einsatz von Crawlern einfach und automatisiert festgestellt werden können und zahlreiche besondere Informationsverpflichtungen bestehen.

Auch Verstöße gegen die DSGVO werden ausgenommen.

Die sämtliche Datenschutzverstöße einbeziehende Sondervorschrift in Nummer 2 trägt den Sorgen insbesondere kleiner Unternehmen sowie gemeinnütziger Vereine vor kostenpflichtigen Datenschutzabmahnungen Rechnung.

§ 13 Abs. 4 UWG-E bestimmt hierzu:

(4) Der Anspruch auf Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Absatz 3 ist für Anspruchsberechtigte nach § 8 Absatz 3 Nummer 1 ausgeschlossen bei

1. im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten oder

2. sonstigen Verstößen gegen die Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1, L 314 vom 22.11.2016, S. 72) und das Bundesdatenschutzgesetz durch Kleinstunternehmen sowie kleine Unternehmen nach Artikel 2 des Anhangs zur Empfehlung der Kommission K(2003) 1422 sowie vergleichbare Vereine, soweit sie gewerblich tätig sind.

Hierzu zählen z.B. Verstöße gegen die Impressumspflicht, Informationspflichten im Fernabsatz, die Pflicht zur Widerrufsbelehrung oder Vorschriften der PAngV und ausdrücklich auch Verstöße gegen die DSGVO. Hierauf muss der Abmahnende hinweisen. Abmahnen können Wettbewerber jedoch weiterhin, sie können nur keine Erstattung hierfür anfallender Kosten verlangen. Ebenso bleiben sie weiterhin dazu berechtigt, Klage zu erheben. Qualifizierte Wirtschaftsvereine z.B. bleiben weiterhin zum Ersatz berechtigt.

Gegenanspruch des Abgemahnten

Wenn die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht die formalen Anforderungen erfüllt, enthält § 13 Abs. 5 UWG-E einen Gegenanspruch des Abgemahnten.

Es muss kein missbräuchliches Motiv des Abmahnenden vorliegen. Es ist ausreichend, dass kein Rechtsverstoß vorliegt oder die Abmahnung nicht den formalen Anforderungen genügt.

Abgemahnte haben in diesem Fall einen Anspruch auf Ersatz der ihnen entstandenen Kosten gegen den Abmahnenden.

(5) Soweit die Abmahnung unberechtigt ist oder nicht den Anforderungen des Absatzes 2 entspricht oder entgegen Absatz 4 ein Anspruch auf Aufwendungsersatz geltend gemacht wird, hat der Abgemahnte gegen den Abmahnenden einen Anspruch auf Ersatz der für die Rechtsverteidigung erforderlichen Aufwendungen. Bei einer unberechtigten Abmahnung ist der Anspruch nach Satz 1 ausgeschlossen, wenn die fehlende Berechtigung zur Abmahnung für den Abmahnenden zum Zeitpunkt der Abmahnung nicht erkennbar war. Weiter gehende Ersatzansprüche bleiben unberührt.

Auf diese Weise soll der finanzielle Anreiz für Abmahnungen reduziert werden und sichergestellt werden, dass die Voraussetzungen der Abmahnung erfüllt werden.

Der Gegenanspruch reduziert den finanziellen Anreiz für Abmahnungen und stellt sicher, dass der Abmahnende sorgfältig prüft, ob die inhaltlichen Voraussetzungen an Abmahnungen in § 13 Absatz 2 UWG-E eingehalten werden sowie ob eine Zuwiderhandlung tatsächlich vorliegen kann.

Vertragsstrafe

§ 13a Abs. 2 UWG-E schließt zudem die Vereinbarung einer Vertragsstrafe mit einem Mitbewerber aus, wenn der Mitbewerber erstmalig eine Unterlassungsverpflichtung fordert. Erfolgt die erstmalige Abmahnung des Verstoßes dagegen durch einen Wirtschaftsverband, eine qualifizierten Einrichtung, eine Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer oder Gewerkschaft besteht auch weiterhin die Möglichkeit, zur Streitbeilegung unmittelbar die Abgabe einer mit einer angemessenen Vertragsstrafe bewehrten Unterlassungsverpflichtung zu verlangen.

In einfach gelagerten Fällen soll die Vertragsstrafe bei Verstößen auf maximal 1000 € begrenzt werden.

(3) Vertragsstrafen dürfen eine Höhe von 1 000 Euro nicht überschreiten, wenn die Zuwiderhandlung angesichts ihrer Art, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigt.

Fliegender Gerichtsstand

§ 14 Abs. 2 UWG-E sieht eine Einschränkung des fliegenden Gerichtsstands vor. Er bleibt nur in Fällen anwendbar, in denen der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat.

(2) Für alle bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, mit denen ein Anspruch auf Grund dieses Gesetzes geltend gemacht wird, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat. Nur wenn sich die geschäftliche Handlung an einen örtlich begrenzten Kreis von Marktteilnehmern wendet, ist auch das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde. Das Gericht, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begangen wurde, ist ferner zuständig, wenn der Beklagte im Inland keinen allgemeinen Gerichtsstand hat.

Begrenzung des Streitwerts

Zudem sieht der Entwurf eine Änderung des Gerichtskostengesetzes (GKG) und damit eine Verringerung des Streitwertes vor im Fall eines gerichtlichen Verfahrens im Anschluss an eine Abmahnung. Hierfür wird der Auffangwertes von 1 000 Euro auf Zuwiderhandlungen, die angesichts ihrer Art, ihrer Schwere, ihres Ausmaßes und ihrer Folgen die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern in nur unerheblichem Maße beeinträchtigen, erweitert.

Der Entwurf soll noch im Juni im Bundesrat beraten werden und wahrscheinlich im September im Bundestag. Bereits Weihnachten könnte dann das neue Gesetz gelten, ein schönes Geschenk für Onlinehändler. Über das weitere Gesetzgebungverfahren werden wir Sie auf dem Laufenden halten.

Über Dr. Carsten Föhlisch

Rechtsanwalt und E-Commerce Rechtsexperte seit 2000. Lehrbeauftragter Universität Münster, zahlreiche Fachveröffentlichungen, u.a. im Verlag C.H. Beck und F.A.Z., mehrmals Sachverständiger im Deutschen Bundestag. Promotion mit dem Thema “Das Widerrufsrecht im Onlinehandel” bei Prof. Dr. Thomas Hoeren, Universität Münster.

Grundpreis nicht zwangsläufig in räumlicher Nähe zum Preis

Bei Produkten, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche zu einem festen Preis angeboten werden, besteht gem. § 2 Preisangabenverordnung die Verpflichtung, einen Grundpreis mit anzugeben. Das Thema fehlende Grundpreise ist gerade bei Internetangeboten ein häufiges Abmahnthema. Wie schon andere Gerichte zuvor, legt das LG Oldenburg bei der Platzierung der Grundpreise ausdrücklich einen liberaleren Maßstab an.

Es gibt kaum eine unangenehmere Abmahnung als ein fehlender Grundpreis. Hintergrund ist, dass die Rechtsfolgen weitreichend sind: Soweit in einer Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert wird, sollte diese nur dann abgegeben werden, wenn die Unterlassungserklärung auch sicher eingehalten werden kann. Anderenfalls droht eine Vertragsstrafe und eine erneute Abmahnung.

Gerade die Grundpreisdarstellung ist jedoch für Shopbetreiber oftmals nur schwer rechtssicher umzusetzen. eBay hat bspw. seit Jahren mit der automatischen Grundpreisdarstellung erhebliche technische Probleme. Umso wichtiger ist es, dass Shopbetreiber wissen, wie sie einen Grundpreis korrekt darstellen sollten.

EU-Richtlinie vs. Preisangabenverordnung

Die Vorgabe, wie ein Grundpreis darzustellen ist, wird in der Preisangabenverordnung anders geregelt als in der Preisangabenrichtlinie der EU:

Preisangabenverordnung (PAngV)

§ 2 Grundpreis

(1) Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben.

Preisangabenrichtlinie 98/6/EG

Artikel 4

(1) Der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit müssen unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein.

Wie man sieht, wird die Art und Weise, wie der Grundpreis darzustellen ist, höchst unterschiedlich vorgegeben:

Während die Preisangabenverordnung die Angabe des Grundpreises in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises fordert, muss sie nach Preisangabenrichtlinie „nur“ unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein. Die Verpflichtung zur Anzeige in der räumlichen Nähe fehlt.

LG Oldenburg: Preisangabenverordnung ist richtlinienkonform auszulegen

Das Attribut der unmittelbaren Nähe gilt eigentlich seit dem 12.06.2013 nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt trat Art. 3 der Richtlinie 2005/2009/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) in Kraft. Eine nationale, d. h. deutsche gesetzliche Regelung darf nicht strenger sein, als eine EU-Regelung. Interessanterweise gab es zu der Thematik, ob der Grundpreis in unmittelbarer Nähe zum Preis dazustellen ist, bisher kaum Rechtsprechung.

Das Landgericht Oldenburg (LG Oldenburg, Urteil vom 18.04.2019, Az: 15 O 494/19, noch nicht rechtskräftig) hat diese Frage jedoch nunmehr entschieden. Wir von Internetrecht-Rostock.de hatten in diesem Verfahren den Beklagten vertreten. Der Abmahner hatte in einem gerichtlich geltend gemachten Unterlassungsanspruch die Angabe eines Grundpreises „in unmittelbarer Nähe“ zum Preis gefordert.

Diesem Ansinnen erteilte das Landgericht Oldenburg eine Absage:

„§ 2 PAngV ist im Übrigen richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass das über die Preisangabenrichtlinie hinausgehende, mithin restriktivere Näheerfordernis entfällt, die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises jedoch bestehen bleibt. Denn anderenfalls würde die praktische Wirksamkeit der Preisangabenrichtlinie, die auf europaweit einheitliche verbindliche Regelungen setzt, unterlaufen werden. Das Näheerfordernis in § 2 PAngV kann auch nicht aufgrund einer Mindestangleichsklausel in Artikel 10 der Richtlinie 98/6/EG aufrecht erhalten werden. Da das Vorenthalten des Grundpreises Art. 7 der Richtlinie 2005/2009/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) unterfällt, gilt deren Art. 3, wonach eine restriktivere nationale Vorschrift wie § 2 PAngV seit dem 12.06.2013 nicht mehr angewendet werden darf bzw. keine Gültigkeit mehr hat.“

Die Folgen sind weitreichend: Der Aufwand für Shopbetreiber ist ungleich höher, wenn im Rahmen einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung dem Shopbetreiber aufgegeben wird dafür Sorge zu tragen, dass der Grundpreis in räumlicher Nähe zum Preis dargestellt wird. Dieses Erfordernis gibt es, so das Landgericht Oldenburg, nicht.

Unabhängig davon verbleibt es natürlich bei der Verpflichtung, bei grundpreispflichtigen Produkten einen Grundpreis mit darzustellen. Grundsätzlich sollte Preis und Grundpreis auf einem Blick erkennbar sein. Der rechtssicherste Weg ist immer noch eine Darstellung in der Nähe des Preises. Die meisten Internetshops stellen den Grundpreis direkt unterhalb des Preises dar. Zwangsläufig notwendig ist dies jedoch nicht.

Über Rechtsanwalt Johannes Richard

Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kanzlei Richard & Kempcke. Er betreibt die Internetseite internetrecht-rostock.de und berät seit vielen Jahren Shopbetreiber und Abgemahnte.

Änderung ElektroG: Passive Elektrogeräte ab dem 1. Mai 2019 erfasst

Die Stiftung ear passt ihre Verwaltungspraxis an und sieht ab dem 1. Mai 2019 auch sog. passive Elektro- und Elektronikgeräte vom Anwendungsbereich des ElektroG erfasst. Mit dieser Erweiterung des Anwendungsbereichs soll eine Harmonisierung mit dem Vorgehen vieler anderer EU-Mitgliedsstaaten erreicht werden. Damit gilt für Hersteller dieser Produkte eine Registrierungspflicht.

Was sind passive Elektro- und Elektronikgeräte?

Passive Elektro- und Elektronikgeräte sind Endgeräte, die Ströme lediglich durchleiten. Betroffen sind Endgeräte, die für den Betrieb mit Wechselspannung von höchstens 1000 Volt oder Gleichspannung von höchstens 1500 Volt ausgelegt sind. Hierfür nennt die Stiftung ear als Beispiele

  • Antennen
  • Adapter, Klinken,
  • Buchsen,
  • Anschlussfertige Kabel
  • Schalter, Taster
  • Schmelzsicherungen

Reine Bauteile nicht erfasst

Bloße Bauteile fallen jedoch weiterhin nicht in den Anwendungsbereich des ElektroG. Bauteile werden zur Herstellung eines Endgerätes verwendet und sind zum Einbau in ein anderes Produkt oder zum Zusammenbau bestimmt. Kennzeichnend für sie ist, dass sie unfertig sind und dem Endnutzer keine direkte Funktion bieten.

Die Stiftung ear nennt als Beispiele für Bauteile Schalter, Taster, Dosen und Stecker für den Einbau in ein Gerät, Kabel als Meterware oder Lampenfassungen.

Folge: Registrierungspflicht

Ab dem 1. Mai 2019 gilt damit auch für Hersteller von passiven Elektro- und Elektronikgeräten die Registrierungspflicht nach § 6 Abs. 1 ElektroG:

Bevor ein Hersteller Elektro- oder Elektronikgeräte in Verkehr bringt, ist er oder im Fall der Bevollmächtigung nach § 8 sein Bevollmächtigter verpflichtet, sich bei der zuständigen Behörde mit der Geräteart und Marke registrieren zu lassen.

Als Hersteller gilt nicht nur der Produzent oder jemand, der Geräte produzieren lässt, sondern z.B. auch Personen, die erstmals aus einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder aus einem Drittland stammende Elektro-oder Elektronikgeräte auf dem Markt im Geltungsbereich dieses Gesetzes anbieten (§ 3 Nr. 9 c) ElektroG).

Hersteller im Zweifel überprüfen

Wenn Sie als Händler nicht sicher sind, ob Ihr Hersteller sein Produkt bei der Stiftung EAR registriert hat, sollten Sie dies unbedingt überprüfen, denn ansonsten gelten Sie gemäß § 3 Nr. 9 ElektroG ebenfalls selbst als Hersteller:

als Hersteller gilt zugleich auch jeder Vertreiber nach Nummer 11, der entgegen § 6 Absatz 2 Satz 2 vorsätzlich oder fahrlässig neue Elektro- oder Elektronikgeräte nicht oder nicht ordnungsgemäß registrierter Hersteller oder von Herstellern, deren Bevollmächtigte nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind, zum Verkauf anbietet

In diesem Fall drohen Ihnen als Händler Abmahnungen. Das Thema wird sicher nicht nur von Konkurrenten, sondern auch Umweltverbänden aufgegriffen werden.

Folgen für Händler bei fehlender Registrierung

Vertreiber dürfen Elektro- und Elektronikgeräte nicht zum Verkauf anbieten, wenn die Hersteller oder im Fall der Bevollmächtigung deren Bevollmächtigte nicht oder nicht ordnungsgemäß registriert sind (§ 6 Abs. 2 S. 2 ElektroG). Zuletzt hatte das OLG Frankfurt a.M. entschieden, dass ein Verstoß gegen die Registrierungspflicht wettbewerbswidrig ist.

Sie sollten stets prüfen, ob der Hersteller oder dessen Beauftragter ordnungsgemäß registriert ist, denn ansonsten gelten Sie als fiktiver Hersteller (§ 3 Nr. 9 ElektroG). Wenn Sie als Hersteller gelten, obliegen Ihnen dieselben Pflichten wie einem Hersteller, der jedoch daneben verpflichtet bleibt (vgl. BT-Drs. 18/4901, S. 81).

Fazit

Die Änderung der Verwaltungspraxis der Stiftung ear führt dazu, dass auch passive Endgeräte ab dem 1. Mai 2019 vom Anwendungsbereich des ElektroG erfasst werden und damit eine Registrierungspflicht besteht. Händler sollten stets prüfen, ob der Hersteller oder dessen Beauftragter ordnungsgemäß registriert ist.

Quelle:
https://shopbetreiber-blog.de/2019/04/15/aenderung-elektrog-passive-elektrogeraete-ab-dem-1-mai-2019-erfasst/

Mit diesem einfachen Trick erzielst du fast 100% mehr Sales

78% der Käufer würden mehr kaufen, wenn Retouren kostenlos wären. Hier erfahrt ihr, warum einfache und kostenlose Retouren ein entscheidender Faktor für Shopper sind.

78% der Käufer würden mehr kaufen, wenn Retouren kostenlos wären

Die meisten Online-Shopper würden langfristig mehr bestellen, wenn ein Online-Händler kostenlose Retouren anbietet. Und ganze 84% der Käufer würden nicht nochmal in einem Shop kaufen, wenn Sie eine schlechte Erfahrung bei der Rückgabe eines Produktes gemacht haben.

Dies stellte sich in einer von Klarna durchgeführten Studie, bei der 2.000 Shopper aus dem Vereinigten Königreich befragt wurden, heraus.

Ebenso ist die Mehrheit der Online-Shopper der Meinung, dass Retouren heute ein normaler Bestandteil des Online-Shopping sind.

Einfache und kostenlose Retouren ziehen (wiederkehrende) Kunden an.

Wann immer sie sich für einen Einzelhändler entscheiden müssen, mit dem sie ihr Geld ausgeben wollen, gaben drei von vier Käufern an, dass einfache Retouren ein wichtiger Entscheidungsfaktor sind.

Ein guter Retourenprozess kann Online-Händlern nicht nur dabei helfen neue Kunden zu gewinnen, sondern auch dabei, diese Kunden bei sich zu behalten.

Ganze 78% der Befragten gaben an, dass sie im Laufe der Zeit mehr bei einem Einzelhändler kaufen würden, wenn die Rückgabe eines Produktes kostenlos wäre.

Die Studie wurde bereits in 2017 durchgeführt und lässt so einen aktuellen Vergleich zu. Es zeigt sich, dass die Anzahl der zurückgegebenen Online-Artikel um 14% gestiegen ist, während die Verbraucher, die fehlerhafte Artikel zurücksenden, in nur zwei Jahren von 12% auf 26% gestiegen sind.

“Wenn Einzelhändler ihre Online-Renditen reduzieren wollen, sollten sie sich bemühen, ihre Online-Produktdarstellungen zu verbessern, wobei 81% der Käufer sagen, dass bessere Fotos und Beschreibungen dazu beitragen würden, den “Effekt der falschen Erwartungen” und damit den Betrag, den sie zurückgeben, zu reduzieren”, erklärt Klarna.


Kommentar von Mark Steier

Kostenlose Retouren sind ein Reizthema bei euch. Klar, der Missbrauch der ‚kostenlosen Retoure‘ ist existent. Er lässt sich nicht wegleugnen. Aber: Excel is your Friend! – Die Erfassung der mutmaßlichen Missbrauchsfälle in einer Excel-Tabelle macht euch erstmals die Zahlen transparent. Und mit diesen könnt ihr dann eine validierte Entscheidung treffen.

Spannendes Urteil: Keine Zahlartgebühren für Sofortüberweisung und PayPal

Seit dem 13.1.2018 sind gem. § 270a BGB Vereinbarungen über zusätzliche Gebühren für eine Zahlung per SEPA-Lastschrift, SEPA-Überweisung oder Zahlungskarte unwirksam. Das LG München hat entschieden, dass diese Regelung auch in Bezug auf die Zahlungsarten Sofortüberweisung und PayPal gilt.

Die Beklagte, die FlixMobility GmbH, die unter anderem Fernbusreisen anbietet, stellte auf ihrer Internetseite die Zahlungsarten EC-Karte, Kreditkarte, Sofortüberweisung und PayPal zur Verfügung. Für letztere beiden erhob sie ein zusätzliches Entgelt.

Hierin sah die Wettbewerbszentrale einen Verstoß gegen § 270a BGB und nahm das Unternehmen auf Unterlassen in Anspruch.

Sofortüberweisung entspricht SEPA-Überweisung

Mit Urteil vom 13.12.2018 (17 HK O 7439/18) gab das LG München I der Klage der Wettbewerbszentrale in vollem Umfang statt. Sowohl die Zahlungsart “Sofortüberweisung” als auch “PayPal” seien vom Anwendungsbereich des § 270a BGB eingeschlossen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Die Beklagte hatte sich bezüglich der Gebühr für “Sofortüberweisung” damit verteidigt, diese würde nicht für die Überweisung selbst erhoben, sondern falle für eine eigenständige Dienstleistung der Sofort GmbH an. Diese überprüfe die Kontodeckung des Kunden, löse die Überweisung aus und unterrichte den Zahlungsempfänger sofort darüber. Hierin liege also eine Dienstleistung iSd. Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 260/2012, die eine Ausnahme von § 270a BGB vorschreibe.

Dem konnte die Kammer nicht zustimmen:

“Es mag zwar richtig sein, dass ein Dritter, nämlich die Sofort GmbH eingeschaltet wird, welche die Überprüfung der Kontodeckung vornimmt, eine Überweisung auslöst und die sofortige Unterrichtung des Zahlungsempfängers, der Beklagten unternimmt.

Letztendlich erfolgt die Überweisung allerdings tatsächlich durch eine SEPA-Überweisung, welche lediglich die zwischengeschaltete Sofort GmbH auslöst.”

Vereinbarungen über die Zahlung einer zusätzlichen Gebühr für die Verwendung von “Sofortüberweisung” seien damit nach § 270a BGB unwirksam.

Keine Zahlartgebühren für Sofortüberweisung und PayPal

Sofortüberweisung dient Interessen des Unternehmers

Auch die Ausnahme nach Art. 1 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 260/2012 komme nicht zur Anwendung, da die zusätzliche Dienstleistung im Sinne der Vorschrift lediglich der Beklagten, nicht aber dem Kunden, zugute komme. Das sei bereits daraus ersichtlich, dass ein Vertragsverhältnis nur zwischen der Sofort GmbH und der Beklagten und nicht zwischen der Sofort GmbH und dem Kunden zustandekomme. Die Sofort GmbH stelle das Entgelt für die erbrachte Leistung außerdem nicht dem Kunden, sondern dem Unternehmen in Rechnung.

“Das Einschalten der Sofort GmbH dient nach Auffassung der Kammer aber nicht den Interessen der Kunden, sondern in erster Linie den Interessen der Beklagten, welche durch die Einschaltung dieses Dritten sich selbst die Überprüfung der Bonität des Kunden erspart.”

Es entspreche der allgemeinen Lebenserfahrung, dass der Großteil der Kunden, die eine Busreise buchen, über eine ausreichende Bonität verfügen, den Ticketpreis bezahlen zu können. Daher diene die Bonitätsprüfung in der Regel dem Interesse der Beklagten.

Auch auf PayPal anwendbar

Außerdem sei § 270a BGB auch auf die Zahlung per PayPal anwendbar. Dies ergebe sich aus der konkreten Funktionsweise der Zahlungsabwicklung.

Die Zahlung per PayPal erfolge entweder über das PayPal-Guthaben, per Kreditkarte oder per Lastschrift. Bei der Kreditkartenzahlung sei es nicht erforderlich, dass das Geld zuerst auf das PayPal-Konto eingezahlt wird, sondern könne bereits direkt vom Kreditkartenkonto eingezogen und dem Empfänger gutgeschrieben werden. Dies sei in einer Vielzahl der Fälle der Fall.

Der Zahlung per PayPal liegt also in einer Vielzahl der Fälle entweder eine SEPA-Überweisung, eine SEPA-Lastschrift oder eine Kreditkartenzahlung zugrunde. In Bezug auf die Zahlung mit SEPA-Überweisung und die SEPA-Lastschrift gelten damit die Ausführungen zur Sofortüberweisung entsprechend.

PayPal kann auch “Zahlungskarte” sein

Bezüglich der Kreditkartenzahlung erklärt § 270a BGB auch Vereinbarungen über zusätzliche Gebühren  für Zahlungskarten für unwirksam, wenn diese von Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren ausgegeben werden. Dieser etwas sperrige Begriff wird in Art. 2 Nr. 17 der Verordnung (EU) 2015/751 definiert:

“Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren” ein Kartenzahlverfahren, bei dem vom Zahlungskonto eines Zahlers kartengebundene Zahlungsvorgänge auf das Zahlungskonto eines Zahlungsempfängers geleistet werden, unter Zwischenschaltung des Kartenzahlverfahrens, eines Emittenten (auf der Seite des Zahlers) und eines Acquirers (auf der Seite des Zahlungsempfängers)

Das bedeutet, dass sowohl dem Zahler als auch dem Empfänger jeweils noch eine weitere Entität zur Seite stehen muss, die die Zahlung mittels eines Kartenzahlverfahrens abwickelt.

Bei der Kreditkartenzahlung über PayPal nahm das Gericht an, dass ein solches Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren vorliegt:

“Der bestellende Kunde ist dabei der Zahler, die Beklagte der Zahlungsempfänger, PayPal der Acquirer, nämlich ein Zahlungsdienstleister, der mit einem Zahlungsempfänger (der Beklagten) eine Vereinbarung über die Annahme und die Verarbeitung kartengebundener Zahlungsvorgänge schließt, was den Transfer von Geldbeträgen zum Zahlungsempfänger bewirkt, sowie die die Kreditkarte ausgebende Bank des zahlungspflichtigen Kunden der Emittent.”

Entsprechend handele es sich hier um eine reguläre Zahlung mittels einer Zahlungskarte iSd. § 270a BGB. Auch hier seien damit Vereinbarungen über zusätzliche Entgelte unwirksam.