Bei Produkten, die nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche zu einem festen Preis angeboten werden, besteht gem. § 2 Preisangabenverordnung die Verpflichtung, einen Grundpreis mit anzugeben. Das Thema fehlende Grundpreise ist gerade bei Internetangeboten ein häufiges Abmahnthema. Wie schon andere Gerichte zuvor, legt das LG Oldenburg bei der Platzierung der Grundpreise ausdrücklich einen liberaleren Maßstab an.

Es gibt kaum eine unangenehmere Abmahnung als ein fehlender Grundpreis. Hintergrund ist, dass die Rechtsfolgen weitreichend sind: Soweit in einer Abmahnung eine strafbewehrte Unterlassungserklärung gefordert wird, sollte diese nur dann abgegeben werden, wenn die Unterlassungserklärung auch sicher eingehalten werden kann. Anderenfalls droht eine Vertragsstrafe und eine erneute Abmahnung.

Gerade die Grundpreisdarstellung ist jedoch für Shopbetreiber oftmals nur schwer rechtssicher umzusetzen. eBay hat bspw. seit Jahren mit der automatischen Grundpreisdarstellung erhebliche technische Probleme. Umso wichtiger ist es, dass Shopbetreiber wissen, wie sie einen Grundpreis korrekt darstellen sollten.

EU-Richtlinie vs. Preisangabenverordnung

Die Vorgabe, wie ein Grundpreis darzustellen ist, wird in der Preisangabenverordnung anders geregelt als in der Preisangabenrichtlinie der EU:

Preisangabenverordnung (PAngV)

§ 2 Grundpreis

(1) Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren in Fertigpackungen, offenen Packungen oder als Verkaufseinheiten ohne Umhüllung nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbietet, hat neben dem Gesamtpreis auch den Preis je Mengeneinheit einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile (Grundpreis) in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises gemäß Absatz 3 Satz 1, 2, 4 oder 5 anzugeben.

Preisangabenrichtlinie 98/6/EG

Artikel 4

(1) Der Verkaufspreis und der Preis je Maßeinheit müssen unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein.

Wie man sieht, wird die Art und Weise, wie der Grundpreis darzustellen ist, höchst unterschiedlich vorgegeben:

Während die Preisangabenverordnung die Angabe des Grundpreises in unmittelbarer Nähe des Gesamtpreises fordert, muss sie nach Preisangabenrichtlinie „nur“ unmissverständlich, klar erkennbar und gut lesbar sein. Die Verpflichtung zur Anzeige in der räumlichen Nähe fehlt.

LG Oldenburg: Preisangabenverordnung ist richtlinienkonform auszulegen

Das Attribut der unmittelbaren Nähe gilt eigentlich seit dem 12.06.2013 nicht mehr. Zu diesem Zeitpunkt trat Art. 3 der Richtlinie 2005/2009/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) in Kraft. Eine nationale, d. h. deutsche gesetzliche Regelung darf nicht strenger sein, als eine EU-Regelung. Interessanterweise gab es zu der Thematik, ob der Grundpreis in unmittelbarer Nähe zum Preis dazustellen ist, bisher kaum Rechtsprechung.

Das Landgericht Oldenburg (LG Oldenburg, Urteil vom 18.04.2019, Az: 15 O 494/19, noch nicht rechtskräftig) hat diese Frage jedoch nunmehr entschieden. Wir von Internetrecht-Rostock.de hatten in diesem Verfahren den Beklagten vertreten. Der Abmahner hatte in einem gerichtlich geltend gemachten Unterlassungsanspruch die Angabe eines Grundpreises „in unmittelbarer Nähe“ zum Preis gefordert.

Diesem Ansinnen erteilte das Landgericht Oldenburg eine Absage:

„§ 2 PAngV ist im Übrigen richtlinienkonform dahingehend auszulegen, dass das über die Preisangabenrichtlinie hinausgehende, mithin restriktivere Näheerfordernis entfällt, die Verpflichtung zur Angabe des Grundpreises jedoch bestehen bleibt. Denn anderenfalls würde die praktische Wirksamkeit der Preisangabenrichtlinie, die auf europaweit einheitliche verbindliche Regelungen setzt, unterlaufen werden. Das Näheerfordernis in § 2 PAngV kann auch nicht aufgrund einer Mindestangleichsklausel in Artikel 10 der Richtlinie 98/6/EG aufrecht erhalten werden. Da das Vorenthalten des Grundpreises Art. 7 der Richtlinie 2005/2009/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) unterfällt, gilt deren Art. 3, wonach eine restriktivere nationale Vorschrift wie § 2 PAngV seit dem 12.06.2013 nicht mehr angewendet werden darf bzw. keine Gültigkeit mehr hat.“

Die Folgen sind weitreichend: Der Aufwand für Shopbetreiber ist ungleich höher, wenn im Rahmen einer gerichtlichen Unterlassungsverfügung dem Shopbetreiber aufgegeben wird dafür Sorge zu tragen, dass der Grundpreis in räumlicher Nähe zum Preis dargestellt wird. Dieses Erfordernis gibt es, so das Landgericht Oldenburg, nicht.

Unabhängig davon verbleibt es natürlich bei der Verpflichtung, bei grundpreispflichtigen Produkten einen Grundpreis mit darzustellen. Grundsätzlich sollte Preis und Grundpreis auf einem Blick erkennbar sein. Der rechtssicherste Weg ist immer noch eine Darstellung in der Nähe des Preises. Die meisten Internetshops stellen den Grundpreis direkt unterhalb des Preises dar. Zwangsläufig notwendig ist dies jedoch nicht.

Über Rechtsanwalt Johannes Richard

Rechtsanwalt Johannes Richard ist Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz und Partner der Kanzlei Richard & Kempcke. Er betreibt die Internetseite internetrecht-rostock.de und berät seit vielen Jahren Shopbetreiber und Abgemahnte.